vt. Jugherter J
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
her ‚St. Ingberter Anzeitzer“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donueréstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
zlatt und Sonutagß mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 10 75 4, einschließlich
d ⸗ Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Kaum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfalzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 8, Neclamen 30 3. Bei maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet.
99.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 19. Mai. Die „Allgem. Ztg.“
neldet, der König verlieh dem Großfürsten Thron⸗
olger von Rußland den Hausxitterorden des
zeiligen Hubertus.
München, 19. Mai. Das weitere Erscheinen
zer hiesigen Süddeutschen Post ist auf Grund des
Zozialistengesetzes verboten. Das Verbot basirt auf
er gesammten Haltung des Blattes und auf der
Stellung des Herausgebers Viereck und des Redak⸗
eurs Schönlank als sozialistische Agitatoren.
Berlin, 19. Mai. Die Grundsteinlegung
um Reichstagsgebäude soll, wie Hofbericht-
ratter melden, für nächsten Sonnabend Vormittag
in Aussicht genommen sein.
Ausland.
Paris, 20. Mai. Die Regierung hat be—
chloffen, bei der Kammer ein Projekt einzubringen,
velches die Erhöhung der franzöfischen Eingangs-
ͤlle aff Mehl und Vieh zum Gegenstande hat.
kokale und pfälzische Nachrichten.
*»Blieskastel, 20. Mai. Wie alhjährlich,
o itt auch heuer wieder das unweit Lautzkirchen
zelegene Pfergthal der Zielpunkt vieler Mai—
wisflüge. In der That verdient dieses durch so
ahlreiche Naturschönheiten bevorzugte ganz besonders
empfohlen zu werden, zumal hier jederzeit für ein
risches Glas Bier und für gute Speisen gesorgt ist.
Bei dem Veloziped⸗ Rennen in Frankfurt
rang Herr August Becker von Kaiserslau-
ern einen ersten Preis im Werthe von 50 Mt.
derselbe durchfuhr eine Bahn von 2000 Meter
Ange in 4 Rin. 4 Sekunden.
— Neustadt, 19. Mai. Am Samstag
lbend siel der Sohn des Fuhrmannes Schulz von
jer deim Holzfahren schlafend von dem Fuhrwerk
erab und wurde bon etwa nG hintereinander sich
wegenden beladenen Wagen überfahren und todi
uufgehoben.
T,Winzingen, 18. Mai. In der gestern
lbend 7 Uhr daͤhier Statt gehabten Gemeindeversamm⸗
ung in welcher von 89 stimmberechtigten Gemeinde⸗
uirgern 76 anwesend waren wurde die von der
adtvertretung Neustadt angestrebte Vereinigung
r Gemeinden Neustadt und Winzingen ein
uimmig abgelehnt und dem Antrage des
igen Gemeinderaths auf Bannabtretung voll
ind ganz zugestimmt.
Ja Ilbesheim bei Kirchheimbolanden
Jug am Sountag Nacht der Blitz in das Gebaude des
bnomen Valentin Baum ein und tödtete 4 Kühe
J Kalt. Dieselben sind nicht versichert, Zur
umichen Zeit schlug der Blitz in den Güterschop⸗
ddt pfätzischen Vahnen in Albisheim a d Hit.
n.jedoch ohne zu zünden. Abgesehen von der
ttümmerung mehrerer Balken wurde kein weiterer
haden angerichtet.
Vermischtes.
Dun gen 19. ean Die Nochricht, daß
t jüngst verstorbene G. Kolb 1870 fürdie
autralität Bayerns stimmte,. bedarf der Berichtig⸗
d. Kolb stimn in der ersten Lesung gegen
“— frieg, weil er sagte, daß man auf Zeitungs⸗
ttihte und ofsiziose Mittheilungen hin nich!
uen so chwerwiegenden Entschluß zu einem Kriege
—
Oonnerstag, 22. Mai 1884.
assen könne; als den Tag darauf die Frage zur
weiten Lesung kam nund mittlerweile offizielle Mit⸗
heilungen von Berlin eingelaufen waren, stimmte
dolb für Anschluß an die Kriegserklä—
rung, für den Krieg mit Frankreich.
FMünchen, 19. Mai. Heute Vormittag
dergiftete ein in der Schönfelderstraße wohnender
Nbnograbh sich und seine drei Kinder. Motiv:
oth.
F. Forchheim, 16. Mai. Ein dreijähriges
Mädchen fiel in die reißende Wiesent; da eilte
muthig das 424 jährige Töchterchen des Papier⸗
abrikanten Herrn Ebbinghans, wuͤhrend das ältere
echsjährige Schwesterchen davon sprang um Hilfe
jerbeizurufen, an eine kleike Einsteigbrücke, streckte
dem daherschwimmenden Kinde die Hände enigegen
und zog dasselbe unter Anwendung aller Kräfte
aus dem Wasser.
F Neustadt a. S., 16. Mai. Vorgestern
vurde im benachbarten Premich ein gewisser
-chneider verhaftet, weil er im Verdachi steht,
einer Zeit den Forstgehilfen Hesselbach in Steinach
rschossen zu haben.
F Ueber eine gewöhnliche Ursache des X⸗Beines
Knick⸗ oder Bäckerbein) der Kinder theiit Professor
Lücke, Direktor der chirurgischen Klinick in Straß⸗
burg, im „Centralblatt für Chirurgie“ eine Be⸗
ybachtung mit, die geeignet ist, auch weitere Kreise
zu interessiren. Er sagt, daß sich die X-Beine der
dinder seit den letzten 10 Jahren in steigender
Progession vermehren und auch bei ganz gut ge⸗
aährten, gesunden Kindern vorkommen, Die Ursache
dieser Difformität war in allen Fällen dieselbe: das
Tragen elastischer Strumpfhalter, welche am Strumpf
ußen festgenäht sind, nach oben über die äußere
Seite des Oberschenkels hinlaufen und dann am
Korset oder Unterjäckchen festgeknüpft werden. Die
Wirkung des beim Gehen oder Laufen sich spannen⸗
den elastischen Bandes wird auf den vom Strumpf
umschlossenen Unterschenkel übertragen und wird sich
horzugsweise im Kniegelenke in der Weise geltend
nachen, daß der Unterschenkel nach außen gedreht
wird. Ein stärkeres elastisches Band wird auch
hurch direkte Gewalt wirken. So bildet fich all—
nählich ein X-Bein aus. Lücke empfiehlt gewebte
der wollene Bänder, die im unteren Dritiel des
Iberschenkels als Strumpfbänder umgelegt werden,
damit „uns nicht unvermerkt eine knickebeinige
Jugend zuwächst.“
F Homburgv.d. H., 16. Mai. Das fünf⸗
jährige kerngesunde Söhnchen des Herrn Chr.
Schwaab jun. wollte sich auf die Straße begeben,
Us ihm eine Ratte zwischen die Beine lief. Das
ind schrie vor Schreck laut auf und konnte sich
bvon dieser Zeit an nicht mehr beruhigen. Oefter
fuhr es in der Nacht im Bett auf und schrie:
„Die Ratt' kommt, die Ratt' ist im Bett!“ In—
folge der fortdauernden Aufregung stellten sich
rümpfe ein, die oft mehrere Stunden lang an—
jielten und sich wiederholten und bei welchem es
einen Tod fand. — Bei dieser Gelegenheit macht
nan mit Recht darauf aufmerksam, daß es Leute,
a, sogar Eltern gibt, welche die Kinder durch
rgend welche Vorspiegelung „fürchten“ zu machen
juchen; es hat diese gedankenlose Spielerei oder
derkehrte Erziehungsart schon öfter die Kinder
öörperlich oder geistig vorübergehend oder für's
ganze Leben krank gemacht, wenn auch nur selten
rsache und Wirkung so drastisch sich darstellen,
ils in dem hier vorliegenden Falle, an dem Nie—
nand eine Schuld und Verantwortung trifft.
19. Jahrg.
F Barmen, 12. Mai. Ein Stiergefecht in
Barmen dürfte bisher noch nicht dagewesen sein.
Gestern Morgen um 7 Uhr ereignete sich hier ein
derartiger wilder Kampf. Auf dem Bahnhof Mittel-
barmen war ein junges Rind aus einer eben an⸗
zekommenen Viehladung entwischt und in rasendem
valopp über die Dörnerbrücke in den Ickler'schen
hof an der Scharfbrückenstraße gelaufen. Ein Versuch,
as Thier hier einzufangen mißlang, indem es uüͤber
die sechs Fuß hohe Mauer sprang und dann in
»en Hof der kath. Schule an der Hohestraße lief.
dier eingeschlossen, machte der Metzger U., der ein⸗
ige, der Muth genug hatte, sich dem wuthschäumen⸗
»en wilden Thiere zu nähern, abermals den Ver⸗
uch, es einzufangen und zu fesseln. Nachdem U.
inige Male vor den Angriffen des Thieres auf den
Abort geflüchtet, gelang es ihm endlich, „den Stier
in den Hörnern zu packen“; er wurde nun aber
nit gewaltigen Sprüngen durch die Arena getrieben
und schließlich mit einem furchtbaren Stoß gegen
die Mauer gedrüdt. Die um den Hof postirte auf⸗
geregte Menge hielt den kühnen Torero bereits ver⸗
oren; dieser hatte sich indeß, ohne die Hörner los
zu lassen, rasch seitwärts gedrückt, in Folge dessen
das Thier gegen die Wand rannte und sich hier
ein Horn abstieß, seinem Bändiger aber nuͤr die
dose aufschlitzte und ihm eine Fleischwunde bei—
drachte. In diesem kritischen Augenblick kamen dem
Metzger zwei Knechte zur Hülfe und nunmehr ge⸗
ang es endlich, das Thier zu fesseln und in
Sicherheit zu bringen. Das lebensgefährliche Bra—
vourstück des Herrn U. erregte Grauen und Eni—⸗
setzen bei der zahlreichen Menge, welche diesem
Stierkampf zusah.
TGier⸗A-B-⸗C) In einem Restaurant
der Chausseestraße zu Berlin befindet sich in der
Nähe des Büffets unter Glas und Rahmen ein
'alligraphisches Meisterstück folgenden Inhalts: „Meine
zeehrten Gäste können von meinen reinen und un—
erfälschten Getränken so viel trinken, als sie wollen,
»hne daß sie einen Affen bekommen. Sie werden
nuf's angenehmste angeschickert, aber nie angeäthert,
angeraucht, angeschossen oder angerissen werden.
Wer bei mir Bier oder Wein hinter die Binde
zießl, der wird nicht die Balance verlieren, benebelt,
betrunken, berauscht werden, noch dem Himmel für
eine Baßgeige halten. Wer bei mir einen bläst,
dem steigt wohl beglückende Begeisterung ins Capi-
olium hinauf, aber nimmer wird er vom Curse
berschlagen werden. Nichts wird er doppelt sehen,
noch wird er Ecken umreißen und ganz fertig
verden. Wie mancher hat schon bei mir zu tief
ins Glas gesehen, ohne gläserne Augen davonge⸗
tragen, ohue seine Großmutter für einen Trompeier
gehalten, ohne einen Haarbeutel oder Hieb bekommen
zu haben. Von meinen Stammgästen ist wohl
schon mancher illnminirt, aber noch keiner in den
Zustand von Knickebeinen versetzt worden. Das
ogenannte Kübeln oder Lampebegießen bewirkt in
neinem Lokal keineswegs ein Laviren oder Marode—
verden. Ich behaupte zuversichtlich, daß selbst ein
Dutzend Schoppen, bis zur Nagelprobe geleert, das
Oberstübchen in keinen „Oelkopp“ verwaudeln wird.
Wer freilich in anderen Lokalen schlechte Getränke
»ocolirt, kann sich nicht wundern, wenn ein qual⸗
michter Schädel und ein gewaltiger Rausch auf dem
Fuße folgen, wenn er in Schuß oder Sturm ge⸗
räth, einen Spitz kriegt und so selig wird, daß er
mit vollen Segeln schwankt, hin und her torckelt,
in Thran kommt, umfallt, sich mit den Beinen ver—
jeddert oder bedenklich wackelt. So wahr XFunpen