Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Inaberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
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12. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 17. Januar. Das Deutsche Tage— 
att meldet die nunmehr erfolgte Ernennung des 
generallieutenanrs v. Loẽ zum Commandeur des 
Armeecorps. 
Berlin, 17. Januar. Der Kaiser conferirte 
zormittags mit dem Kriegsminister und empfing 
—XD— 
zeneralfeldmarschall von Manteuffel, den Botschafter 
nn Paris, Fürsten Hohenlohe, den Herzog von Ra⸗ 
ibor und die anderen bis jetzt eingetroffenen Ritter 
des Schwarzen Adlerordens. 
Ausland. 
Paris, 16. Januar. Die Aufsehen erregenden 
Worte Caftelar's in der gestrigen Sitzung der 
panischen Deputirtenkammer über die Reise des 
dönigs Alfons lauteten nach den hiesigen Blättern: 
„Ich beschuldige den Kaiser von Deutschland, daß 
er in der Person ihres Königs die stolze spanische 
Nation beschimpfen wollte, indem er den König 
von Spanien als Mittel benutzte, um die feindlichen 
Hesinnungen Frankreichs hervorzurufen. Es wäre 
pflicht der spanischen Minister gewesen, deshalb 
Aufklärungen vom deutschen Reichskanzler zu ver— 
angen.“ 
Die Arbeiterbewegung in Paris dürfte aller 
Wahrscheinlichkeit nach der gegenwärtigen Regierung 
noch manche sorgenvolle Stunde bereiten. Wie schon 
urz mitgetheilt, hat am Sonntag in Paris eine 
gersammlung von Arbeitern stattgefunden, in welcher 
ine Reihe von Rednern auftraten, die in ihren 
Anforderungen an die Regierung nichts weniger 
ils blöde waren. Ein „Bürger“ Allemane stellte 
olgende Forderungen auf: Der Staat bewilligt so— 
sleich 20 und die Stadi Paris 5 Millionen, ferner 
vird Alles in den Leihhäusern verpfändete Bett⸗ 
ind Arbeitzeüg freigegeben und lassen der Staat 
ind die Stadt unverweilt alle projektirten Arbeiten 
wsführen. Im Laufe des Winters eröffnet die 
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chung der Arbeitszeit auf 8 Stunden ohne Herab⸗ 
etzung des Lohnes angeordnet und läßt der Staat 
zrod, Fleisch u. s. w. zu dem Kostenpreise ver⸗ 
aufen. Ein anderer Redner, Pouchet, sagt: Da 
zie Regierung dem Auslande Spanien, England, 
Deutjchland, Waffen gegen die franzöfischen Arbeiter 
irfert, indem sie die Einfuhr fremder Produkte ge⸗ 
tattet, muß man sich gegen sie rüsten und auf alle 
Weise Waffen aufzutreiben trachten. Der Buͤrger 
Brun, welcher Pouchet ablöste, hat es noch eiliger 
ind rieth zum Sturme gegen das Palais Bourbon. 
So ging es weiter und immer weiter, bis be— 
chlossen wurde, die Sozial⸗Revolution zu verkünden, 
ind ihr dadurch Anhänger zu verschafien, daß all⸗ 
vöchentlich ähnliche Meetings in den verschiedensten 
bierteln von Paris abgehaiten werden. Offenbar 
inter dem Eindruck dieser Kundgebungen läßt die 
egierung in ihren Blättern erklären, daß der 
Minister des Innern, Waldeck Ronsseau schon qus 
igenem Antriebe eine Untersuchung über die Lage 
»er Arbeiter in Paris angeordnet habe. Das Er- 
ebniß dieser Untersuchung hätte dargethan, daß die 
dage für die Arbeiter zwar keine glänzende, aber 
nuuch nicht so schlimm sei, wie sie von den Anar— 
hisien in ihren Verfammlungen dargestellt werde. 
Bir wollen dies dem Herrn Minister ohne Weiteres 
lauben; ebenso gewiß aber werden sich die Arbeiter, 
die Nationalwerkstätten des Jahres 1848 mit 
Arbeit und quter Bezahlung vorschweben. 
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19. Jahrg. 
nit den papierenen Versicherungen des Herrn Hnahme ebendenselben Anspruch auf Unfallschaden⸗ 
MNinisters nicht zufrieden geben. Ersatz bezw. Pension für seine Hinterbleibenden für 
Petersburg, 17. Januar. Graf Herbert den Fall des Lebensverlustes im Betrieb. Damit 
v. Bismardk ist gestern hier eingetroffen. ällt ferner die z. B. auch vom Saarbrücker Verein 
Jezogene Altersgrenze, bei welcher die Aufnahme— 
ähigkeit überhaupt aufhörte, hinweg. (Der Verein 
2f. J. O. Die Unfall-Versicherung der derlangt, daß der Knappschaftskassen⸗Genosse noch 
Arbeiter. nicht 40 Jahre alt sei oder 10 Jahre ununter— 
„rochen auf dem Werke gearbeitet habe.) Es fällt 
Aus den Aeusberungen der verschiedenen Partei- auch jede sonstige Möglichkeit hinweg, dem Arbeiter 
xgane ist erfreulicher Weise zu erkennen, wie sich rrm der materiellen Vortheile der Kassen willen 
ereits eine Mehrheit für das neuvorgeschlagene jarte Aufnahmebedingungen zu stellen, deszleichen 
veseß zusammensindet, die womöglich noch etwas die Möͤglichkeit, die Anspruchssrechte eines von einem 
tattlicher der Zahl nach ausfallen wird, als die in's andere Werk übhertretenden Arbeiters daselbst 
Nehrheit beim Krankenkassengesetz. Dieser endliche vieder zurückzuschrauben, eudlich auch die Ungleich— 
ẽrfolg ist der sich ausbreilenden Erkenntniß zu vere jeit der Belastung des Arbeiters mit Kassenbeiträgen. 
auken, daß die sozialpolitische Aktion im Reiche Was die „Meistberechtigten“ betrifft, so hört bei 
ss eine Sache für sich selbit zu nehmen ist, die hnen die „Unwirksamkeitsziffer auf. Brentano er⸗ 
hließlich mit Parteifragen in gar keiner Beziehung mittelt als solche für den Saarbrücker Verein 7.04 
sehen sollte. Sind wir aber erst nur einmal auf »o, für den oberschlessischen Knappschaftsberein 
»schem Boden, dann „fließt die Arbeit munter 10,08, für Neunkirchen 13,660, für alle übrigen 
ort“. Und von diesem Siandpunkte aus dürfen dreußischen Kassen sogar über 30 Prozent. In 
vir ohne Befangenheit die Lichte und Schatten- Zukuaft wird jeder versicherte Arbeiter auch wirk⸗ 
eiten der „Grundzüge“ in Erwägung ziehen. am sein versichert. 
Von dem Verhältniß zwischen der Ausdehnung 
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geschränkung der Unfallversicherungspflicht auf die 
in Sinne des Hafftypflichtgesetzes zu verstehenden 
zeiriebsunternehmer in der „Groß⸗-Industrie“ war 
ereits die Rede. Aus den Motiven zu der Vor⸗ 
age haben wir inzwischen entnommen, daß Denen, 
ie gegen Anfall jetzt noch unversichert bleiben, ein 
Vechsel auf absehbare Zeit ausgestellt werden soll. 
zezuͤglich der Bau⸗ und der landwirthschaftlichen 
irbeiler läßt sich aber das Wechselgeschäft vielleicht 
voch noch umgehen und gleich eine greifbare Leist⸗ 
ing vollbringen, wenn auch nur in der Richtung, 
aß etwa die beiden unteren Verwaltungs⸗Instanzen 
ie Versicherung anordnen, wenn dies im öffent⸗ 
chen und im Interesse der Beschäftigten liegt; das 
Reichsversicherunggamt“ wäre ja dazu da, um die 
Zereinbarung zwischen ständig und vorübergehend 
rämienpflichtigen Unternehmern in die Wege zu 
eiten. Gelänge dies, so möchten wir uns mit dem 
Pechsel für die gewerblichen und sonstigen nicht 
zurch Maschinenbetrieb besonders der Unfallgefahr 
rusgesetzzen Arbeiter allenfalls befreunden, vorbe⸗ 
altlich einer späteren Herabsetzung der Beiträge 
er Arbeitgeber in diesen Betrieben zu den Kranken⸗ 
assjen, wenn der Wechsel s. Z. nicht eingelöst wer⸗ 
en kanu. 
Die wohlthätigste Seite der neugeplanten Ar— 
eiterversicherung auf Kosten der Betriebseigenthümer 
cheint uns nun nach dem Gebiete der Knappschafts- 
assen hin zu liegen. Dort hört vor allen Dingen 
zie Klasse der „Minderberechtigten“ auf, in welcher 
in Arbeiter durchschnittlich 23 Jahre ununter⸗ 
rochen „dienen“ mußte, bevor er zu den Meistbe⸗ 
echtigten aufrückte, denen nicht nur Ersatzansprüche 
ür den Fall des Verunglückens im Betrieb 
iebst Pensionsrechten für die Hinterbliebenen zustand. 
zom Saarbrücker Verein, der die Arbeiter auf 9 
gl. Steinkohlengruben umfaßt, abgesehen, verlangte 
nan im Saargebiet bis zu sieben, auf den Werken 
es Herrn Kommerzienraths Stumm zu Neunkirchen 
ogar acht Jahre Dienstzeit als Minderberechtigte. 
die nach Zehntausenden zählenden Mitglieder dieser 
tzteren Klasse werden durch das Gesetz mit einem 
zchlage gleichberechtigt mit den bisherigen Mit⸗ 
liedern der ersten Klasse. Und in Zutunft hat 
der Arbeiter mit dem Augenblick der Arbeitsüber⸗ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
x*St. Ingbert, 18. Jannar. Wie aus 
dem Annoncentheil unseres Blaites ersichtlich, hält die 
Allgemeine Kranken- Unterstützungs— 
ind Sterbe-Kasse St. Ingbert kommenden 
Sonntag eine statutengemäße Generalversamm— 
ung ab. Da uns der Zweck dieses so wohlthätig 
virkenden Vereins bekannt ist, und uns von be— 
reundeter Seite über dessen stetes Wachsen und 
kmporblühen Mittheilung wurde, so können wir 
nicht unterlassen, unsern Lesern, sofern sie demselben 
nicht bereits schon beigetreten sind, auf diese Ver— 
ammlung aufmerksam zu machen, zu der, wie in 
der Annonce bemerkt, der Zutritt Jedermann gestattet 
ind somit Gelegenheit geboten ist, das Streben 
)esselben kennen zu lernen. Wir werden auch 
aicht versäumen, an dieser Sielle eingehenden Be— 
richt über das Ergebniß dieser Versammlung folgen 
zu lassen. 
RBreitfurt, 16. Januar. Der hiesige 
kranken ⸗ Unterstützungs ˖ Verein kann das abgelaufene 
Jahr 1883 als ein glückliches bezeichnen, da er 
pährend desselben an keines seiner Mitglieder eine 
Anterstützung zu verabreichen hatte. Außer einer 
Ausgabe (Vereinsdienergehalt) war sonst keine zu 
yerzeichnen und schließt dessen Rechnung deshalb 
nit einem Kassenüberschuß von 130,97 Mk. In 
der letzten Generalversammlung wurden die beiden 
Vorstände Lehrer Reiß und Schneider Frenger 
owie der bisherige Rechner wieder gewählt. 
— Zufolge einer Meldung des „L. Tgbl.“ 
türzte bei Gelegenheit einer Beerdigung iun einem 
dorfe des Haardtgebirges dieser Tage beim 
dinabsenken des Sarges in die letzte Ruhestätte 
eines verlebten Inhabers der dabei wirkende, aber 
bom „Neuen“ stark angesäuselte Todtengräber kopf- 
über in das offene Grab, und es bedurfte geraumer 
Zeit, bis derselbe wieder an das Tageslicht befördert 
war. Die Entrüstung der Leidtragenden über ein 
solches Vorkommniß ist leicht begreiflich. 
— Grünstadt, 13. Jannar. In der heu⸗ 
tigen Stadtrathssitzung wurde der Gehalt eines 
Lehrers an der hiesigen Volksschule auf 1000 Mk. 
jestgesetzt und eine Alterszulage von 40 Mk. für 
en5 in hiesiger Stadt zurüchgelegte Dienstjahre bis 
ium Maximum von 200 Mke. bewillidi