Full text: St. Ingberter Anzeiger

iche. Verschiedene Todesfälle sollen irrthümlich der 
Cholera zugeschrieben worden sein. — Die Muni—⸗ 
aͤpalitäãt beschloß, die Illumination am 14. d. nicht 
Nutfinden zu lassen und die dafür bestimmten Mittel 
n Nothleidenden zuzuwenden. 
CGuch eine Folge der Unwahrheit.) 
Fin Trupp eleganter Touristen aus den besten 
zreisen war beim Roulette in den Spielsälen von 
Nonaco versammelt. Unter den Zuschauern stand auch 
Frau b. B. mit mehreren Bekannten am Arm ihres 
Jahen. Sie verfolgte das Spiel mit lebhaftem 
Interesse. Plötzlich schien ihr ein Gedanke durch 
Zn Kof zu fahren: „Was meinst du,“ wandte sie 
sch lächelnd an ihren Gatten, „wenn ich einmal 
uf mein Alter setzte? Du weißt, du hast mir 
elbst davon gesprochen.“ „Ja“, sagte Herr v. B. 
zist ganz gewiß, daß eine Dame, die auf die 
Immer ihres Alters setzt, das erstemal gewinnt.“ 
das werden wir ja sehen,“ meinte Frau v. B. 
chelmisch, öffnete ihre Borse und nahm zwei Gold⸗ 
Ade heraus. Alles reckte die Hälse, um zu sehen, 
uf welche Nummer die Dame ihre zwei Goldstücke 
eten würde. Sie beugte sich graziös vor und 
puͤhlte die Nummer 30. -Frau v. B. war sehr 
sübsch, sehr anmuthig, sehr elegant, und die Num— 
er jchien aufrichtig gewählt zu sein. Rien ne 
a pius! ertönte es in diesem Augenblick. Tie 
zdugel rollte, fiel, rollte noch ein Stück weiter und 
lied endlich auf 36 stehen: „Siehst du“, sagte der 
hemahl der Dame, „daß mein Rath gut war? 
Hhättest du die Wahrheit eingestanden, so hättest du 
etzt 70 Louisdor gewonnen! Die Dame war be— 
rürzt, aber nicht darüber, daß fie nicht gewonnen 
atte. 
(Aus Rußland.,) Allgemeine Entrüstung, 
chreibt man aus Lodz, herrscht unter dem hiesigen 
ßublikum über folgenden, fast unglaublich klingenden 
Horfall. Ein Knabe von etwa 11 Jahren beschwor 
einen Lehrer eines Tages unter Thränen, ihm eine 
bessere Censurnummer als die bereits ertheilte, zu 
geben, sonst würde er in die weite Welt wandern 
der sich das Leben nehmen müssen. Anfangs 
gächelte der Lehrer über diese tragische Eröffnung, 
ber wer beschreibt sein Entsetzen, als das Kind 
ihm endlich nach vielen Ermahnungen eröffnete, daß 
ein Schwager, ein junger Lehrer, der gleichzeitig 
ein Pensionat für Knaben hält, ihn sicherlich er⸗ 
morden würde, wenn er ein so schlechtes Zeugniß 
mit nach Hause bringe. Man besichtigte den Kör— 
zer des jugendlichen Märtyrers und fand denselben 
bon oben bis unten mit blutigen Striemen und 
Beulen bedeckt. Die natürliche Folge war eine 
polizeiliche Untersuchung, und dabei stellte sich Fol— 
sendes heraus: Der edle Pädagoge hatte für seine 
zöglinge eine wahre Folterkammer eingerichtet. Un⸗ 
laublich aber wahr — stundenlang wurden die 
jungen Menschenkinder an den Fußboden angekettet, 
und zwar in einer Art Maschine, wie sie die Fol— 
terkammer eines mittelalterlichen Inquisitions-Gerichts 
aum grausamer aufzuweisen hatte. Kaltblütig ging 
er würdige Lehrer während dieser Zeit im Zimmer 
pazieren, rauchte seine Cigarre und blieb von Zeit 
u Zeit vor seinen Opfern stehen, weidete sich an 
ihren Qualen und versetzte ihnen mit irgend einem 
Instrument empfindliche Streiche, die derartige 
Jeichen zurückließen. Vor dem Schlafengehen nahm 
vieser Erzieher der heranwachsenden Jugend seinen 
Schutzbefohlenen Taschenmesser, Bindfaden und 
Streichhölzer sorgsam ab, damit sie sich nicht aus 
Verzweiflung das Leben nehmen sollten. Da ein 
Nrartig unverantwortlicher Gingriff in alle Men— 
schenrechte strafbar ist, wurde der Verbrecher sofort 
xefaͤnglich ein gezogen, aber vor einigen Tagen gegen 
Lrledigung einer Caution von 3000 Rubeln wieder 
auf freien Fuß gesetzt. 
— Von dem patriarchalischen Verkehr, der zwi⸗ 
ihen den höchsten Würdenträgern und dem Volk 
n Rußland noch möglich ist, berichtet die 
Ninuta“ folgende Anekdote als Beleg: Es war 
in einem der Empfangstage des Finanzministers. 
Unler den um eine Audienz nachsuchenden Personen 
»efindet sich auch ein ärmlich gekleidetes, blasses, 
bgehärmtes Weib. „Du, mein Täubchen“, redete 
viden Minister an. — „Was hast Du nöthig, 
Matterchen ? fragt sie Staatssekretär v. Bunge. 
„Ja, so ist's, mein liebes Herrchen. Absicht⸗ 
ich habe ich Dich aufgesucht, Du mein Engel!“ 
Nun, mach' etwas schneller. Was ist's?“ — 
Gott schenke Dir Gesundheit und auch Deinem 
Suhhen . Der NMinister sieht die Bitt⸗ 
ielerin erstaunt an, denn er ist bekanntlich unver— 
eirathet. „Nämlich die Sache ist die“ — fährt 
has Frauenzimmer fort — „ich habe eine Näh— 
maschine, die ist aber versetzt für 830 Rubel, und 
wenn ich sie nicht heute einlöse, so ist sie für mich 
berloren. Hilf Du mir, mein Retter! Und Gott 
stehe Dir allezeit bei, Gesegneter!“ Herr v. Bunge 
zing in das nebenanliegende Cabinet, holte 80 
Rubel und übergab sie der Alten. Ein einfaches 
Weib aus dem Volke hatte somit hier mehr Glück, 
als viele Bankdirektoren, Concessionäre und andere 
deute, die den Minister aufsuchen mit Petitionen 
um Anleihen, Vorschußkredit ꝛc. 
(Wie man in Thessalien Wein be— 
reitet.) Die Weinlese beginnt in der ersten 
hälfte des September, wenn die Trauben voll⸗ 
sommen reif sind; in unregelmäßigen Kufen, mit 
den Füßen gemostelt, werden Kalk, Gyps, Nuß—- 
haumblätter, Eibischblüthen, Beeren vom Flieder 
u. a. m., was dem Weine ein Aroma verleihen 
kann, beigemengt und so durch 15 Tage der Gäh— 
rung überlassen. Ist der Wein „gemacht“, so wird 
er in Fässer abgelassen und ihm eine gewisse Menge 
in Alkohol aufgelöstes Harz beigegeben, welches die 
weitere Gährung verhindert. Ist der Wein zum 
Verkaufe bestinmt, so werden 6—7 pCt. Alkohol 
»eigegeben, ist er jedoch für den eigenen Hausbedarf, 
o wird sehr wenig zugegeben oder gar keiner. 
Solch' präparirter Wein ist aber für daran nicht 
zewöhnte Gaumen ein unmögliches Getränk. Man 
zarf sich demnach nicht wundern, wenn solche „Weine“ 
nitunter einen etwas fremdartigen Beigeschmack zeigen. 
F New⸗-⸗York. Der Generalpostmeister hat 
den Postmeister von New-York angewiesen, alle für 
Italien via Frankreich bestimmten Postsendungen 
in mit Kreosot getränkte und getheerte Säcke ein— 
uschließen. 
W. H. Vanderbilt's Geldgewölbe in New⸗ 
hHort, in dem er ungefähr hundert Milliönchen 
dollars in Sicherheit brachte, ist eine der sichersten 
Schatztammern der Welt, macht aber, von außen 
zesehen, nicht diesen Eindruck. Dasselbe ist in 
Felsen gesprengt, der Oberbau besteht aus einer 5 
Fuß starken Vorderwand, 3 Fuß starken Hinter⸗ 
und Seitenwänden, aus besten Ziegelsteinen mit 
Braunsteineinfassung. Alle Träger, Balken, Säulen 
und Pfeiler sind von Eisen und Marmor. In 
dem ganzen Bau ist absolut kein Holz verwendet. 
Ddas Allerheiligste, das eigentliche Gewölbe, ist 36 
Fuß breit und 41 Fuß tief und befindet sich im 
untersten Stockwerke. Die vier Thüren, die hinter 
einander in dasselbe führen, wiegen 8200 Pfund 
und sind unübertroffene Meisterstücke, sowohl was 
hre Festigkeit als die Schließvorrichtungen anlangt. 
Das Gewölbe, in welchem der amerikanische Crösus 
eine Schätze untergebracht hat, ist absolut diebes-, 
seuer⸗ und wasserfest. 
4 Ein gräßliches Lynchgericht fand dieser Tage 
n Conty Burleson im südlichen Theile des 
nittleren Texas statt. Ein Neger Namens Gibbs 
hatte die Gattin des Farmers L. P. Moore er—⸗ 
nordet, weil sie ihm nicht gestatten wollte, am 
elben Tisch mit ihrer Familie das Abendessen ein— 
unehmen. Als Moore nach Hause kam, fand er 
eine Frau ermordet. Die ganze Bevölkerung setzte 
dem Mörder nach und fing ihn am folgenden 
Nachmittag ein. Der Neger setzte sich zur Wehre 
ind ward verwundet. Er wurde nach Moore's 
pPflanzung zurückgeschleppt, wo die entrüsteten Bür— 
jer ihn an einen Pfahl fesselten, ein Feuer an— 
‚ündeten und ihn zu Tode rösteten. Gibbs war 
ein entlaufener Sträfling und hatte einen sehr 
chlechten Ruf. 
r7 Eine Reisplantagein SüdCarolina 
wird in einer amerikanischen Zeitung, wie folgt 
hbeschrieben: „Ein Ritt von sieben Meilen (von 
Tharleston aus) gab uns einen Eindruck von der 
Ausdehnung der ganzen Plantage. Ein herrlicher 
Reitweg — den Schmutz zu unsern Füßen ließen 
vie uns nicht nicht anfechten — führte uns durch 
eine Eichenallee hinaus, bis wir uns auf den zahl— 
'osen kleinen Dämmen zwischen den einzelnen Reis— 
eldern verloren. So ein Ritt im feierlichsten 
Bänsemarsch auf den oft kaum drei Fuß breiten 
—A 
die wogenden Wasserspiegel entlang, unter deren 
Oberfläche die jungen Pflanzen sich baden und 
zeitweise neckisch in Licht und Luft emportauchen, 
ist in der That herrlich — eine Tour man weiß 
nicht — zu Wasser oder zu Land. Da sahen wir 
das uns fremde Gewächs der Tropenländer in 
langer, unübersehbarer Reihe gepflanzt, unter den 
pielenden Wellen seine schlanken Halme und grünen 
Blätichen entfallten, meist ganz bedectt, dann wieder 
gerade hoch genug, um einen grüuen Schimmer 
nn den Silberglanz von Wasser und tanzenden 
AVV0 
Begriff davon, wie viel Arbeit und Aufwand es 
ostet, all' die Kanäle, Deiche und Dämme in 
Stand zu halten, um diesen allerdurstigsten Sohn 
»er Ceres zufrieden zu stellen, welcher wie ein 
raffinierter Trinker von Zeit zu Zeit auf's Trockene 
zesetzt werden will, um sich dann immer reichlicher 
»egießen zu lassen. Und heimtückisch genug lohnt 
er seinen Bebauern — natürlich nicht seinen schwarzen 
dandsleuien aus den Tropen — mit Fiebern und 
oͤdtlichen Krankheiten, wofern sie sich nicht eiligst in 
veite Fernen zurückziehen, sobald er sein Haupt 
erhebt. (Was sagt der freundliche Leser zu einer 
Tour durch halb Europa, Deutschland Schweiz und 
Italien im herrlichen Monat Mai, während zu 
Haus bei 90 Grad lustig der Reis wächst?) — 
Anser Ziel, die stolz gelegene Reismühle, die von 
Ferne schon wie eine schwimmende Burg uns winkte, 
war bald erreicht. Um sie her schaukeln sich die 
hreiten Reichsbarken wie im trägen Halbschlummer, 
und unsere Gesellschaft besichtigt unter der Führung 
des Verwalters alle die Einrichtungen zum Dreschen, 
steinigen und Aufspeichern des Reises. Der Name 
„Mühle“ ist im amerikanischen Sinne zu verstehen 
ind bezeichnet nur eben Alles, was läuft. Ge— 
mahlen wird hier gar nicht, sondern nur gedroschen 
ind das Getreide gereinigtf und der Hülsen ent— 
ledigt. Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, 
das die Hülse des Reises außerordentlich hart ist, 
und glasscharfe Kanten hat; so fräst er die Holz— 
wände der Elebatoren in wunderlichen Zeichnungen 
aus. Die weicheren Theile des Holzes geben zuerst 
nach, während die härteren wiederstehen, und so 
erzielt sich eine Art Gravierung und Reliefdildung, 
velche fast den Gedanken einer neuen Art Holz- 
chnitzerei uns nahe legt. Es muß hier ein ge— 
chäftiges Treiben sein in den Monaten Augst bis 
Septemöber, wenn 80,000 bis 40,000 Bushel Reis 
zum Handel fertig gemacht und verschifft werden.“ 
F (Gorrekt.) Eine Schlächtersfrau stieß 
ürzlich an der Kasse des Belle-Alliance-Theaters 
m Gedränge einen Käsehändler, der sich ihr vor— 
drängte, gemüthlich mit den Worten bei Seite: 
„Nee, Herr A., so haben wir nicht gewettet, wär 
mir nee scheene Wirthschaft, erst kommt der Braten 
und nachher Butter und Käse.“ 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 8. Juli. (Fruchtmittelpreis und Vik— 
ualienmarkt.) Weizen O M. — pf., Korn 8 M. 20 pf. 
Spelz — M. — Pf., Spelzkern — M. — Pf., Dinkel 
— RM. — Pf., Mischfruht 8 M. 84 Pf., Hafer 8 M. 
65 Pf., Erbsen - M. — Pf., Wicken — M. — P.f, 
Berste zweireihige — M. — Pf., vierreihige 0O M. --pfi, 
Heu 3 M. 20 Pf., Stroh J. Qual. 3 M. JI0 Pf., Qual. II. 
2 M. 80 pf., Kartoffeln 2 M. 60 Pf., Weißbrod 1/3 Kilo 
52 Pf., Kornbrod 8 Kilo 68 Pf, Gemischtbrod 3 Kilo 
78 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pif., Rindfleisch J. Qual. 
60 Pf., II. Qual. 56 Pf., Kalbfleisch 50 Pf.. Hammel⸗ 
leisch 60 Pf., Schweinefleisch 90 Pf., Wein J Liter 80 Pf., 
Bier J1 Liter 24 Pf., Butter /2 Kiloar. O M. 90 Pf. 
Homburg, 2. Juli. (Fruchtmittelpreis und Viktu— 
alienmarkt., WBeizen 9 M. 84 pjsj, Korn 8 M. — ppf., 
Spelzkern — M. — Pf. Spelz — M. 0 Pf., Gersie 
dreihige O M. — Pf. Becrste 4reihige — M. — pf., 
dafer 8 M. 51 Pf., Mischfricht 8 M. 30 Pf., Erosen 
— M. — Pf. Wicken — M. — Pf. Bohnen O M. 
— Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korndrod 6 Pfund 
383 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 75 Pf., Ochsenfleish — Ppf. 
Rindfleisch 60 Pf. Kalbfleisch 50 Pf. Hammelleis 60 Pf. 
Schweinefleisch 46 Pf., Butter 1 Pfund 1 M. — pjf. 
dartoffeln per Zentner 2 M. 40 Pf. 
Laudstuhl, 30. Juni. (Fruchtmittelpreis und Vik, 
iualienmarkt.) Weizen O M. —-Pf., Korn 0 M. — pf. 
Spelz O M. — Pf, Hafer 0O Mt. — Pf., Gerste 0 M 
— Pf. Wicken — M. — pf., Erbsen — M. — pf.“ 
dinsen — M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf. Kartofseln 
per Ztr 9 M. — Pf., Kornbrod 6 Pfd. 65 Pf., Weis⸗ 
hrod 2 Pfd. 45 Pf. Gem. Brod 2 Pfd. 85 pf., Butter 
per Pfd. O M. 80 Pf., Eier per Dutzend 54 Ppf. 
Kaiserslautern, 1. Juli. (Fruchtmittelpreis und 
Viktualienmackt. Weizen 9 Mk. 08 Vf., Korn 7 M. 
36 Pf., Spelzkern — M. — Pf., Svpelz 7 M. 08 pf., 
Gerste 7 M. 50 Bf., Hafer 8 M. 25 Pf. Erbsen — M. 
— Pf., Wicken O M. — Pf., Linsen — M. — Pf. Klee⸗ 
samen — M. — vf., Schwarzbrod 6 Pfund 68 Pf., 
3 Pfd. 34 Pf., Gemischtbrod 3 Pfund 89 Ps., Butter pro 
Pfd. O M. 95 Pf. Eier per Dd. 66 Pf. Kartoffein per 
Zentner 2 M. 80 Pf. Stroh J. Qual. 3 M 59 pPf., 
II. Qual. 3 M. — Pi., Heu pro Ctt. 8 M. — vi, 
dleeheu O M. — pf. 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demetz.