Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Jnabert. 
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xX 131. 
Heer und Colonien. 
In dem allgemeinen Programm des Reichs⸗ 
imzlers hinsichtlich der Colonialbestrebungen und 
aeren Schutz durch das Reich ist ausdrücklich her— 
orgehoben, daß die Regierung in keiner Weise be— 
oͤschtige, Colonien nach französischem Muster, d. h. 
nit bewaffneter Hand zu gründen. Aus dieser Er— 
lärung ist von Seiten der Colonialfeinde, die sich 
a auch so ziemlich mit den Feinden unseres natio— 
nalen Aufschwunges überhqupt decken, vielfach argu— 
wentirt worden, daß deutsche Colonien demnach 
imter allen Umständen eines wirklichen Schutzes 
entbehreu müßten, da militärische Aufwendungen 
r sie nicht beabsichtigt seien und sie schon um 
deßwillen keinen dauernden Bestand haben könnten. 
Es wird hierbei übersehen, daß erstens der 
teichskanzler auf das Beispiel der ostindischen Com⸗ 
nagnie hingewiesen hat, welche anfänglich ihre eigene 
nilitäcische Organisation hatte, und zweitens, daß 
iner Colonie, welche unter dem Schutze der deutschen 
Flagge steht, dieser Schutz gegebenen Falles auch 
zraktisch gewährt werden wird. Denn dieser Schutz 
dedeutet eben, daß das Deutsche Reich genau ebenso 
vecyflichtet und gewillt ist, eine deutsche Niederlas⸗ 
ung gegen Gewaltthaten zu schützen, voie es bisher 
ceien Augenblick gezögert hat, in China, in Afrika 
ind in der Südsee durch seine Kriegsschiffe zu Gun⸗ 
ien von Leben und Eigenthum deutscher Reichs— 
innee u interbveniren, wenn Gewaltmaßregeln 
en. 
Also des Schutzes unserer Marine werden die 
bolonien jedenfalls sicher sein können, denn mit 
fücsicht auf solche Aufgaben der Zukunft hat in 
den leßten Jahren eine erhebliche Vermehrung der 
ppeziell für weite Reisen bestimmten Kriegsschiffe, 
der sogen. Kreuzer, stattgefunden. Eine Verwend⸗ 
ung de⸗ Landheeres zum Colonialschutz ist allerdings 
eeen nicht beabsichtigt, und das ist nicht 
lein klug, sondern auch patriotisch gedacht, da eine 
Fersplitterung des Landheeres bei der politischen 
Weltlage, wie sie noch Jahrzehnte lang sich erhallen 
— dem nationalen Interesse und der nationalen 
e nur schädlich sein würre. Aber das 
hließt nicht aus, daß eine deutsche Colonie sich 
ie eigenen militärischen Einrichtungen, unabhängig 
un dem Wehrfshstem des Munlerlaudes schafft 
nan, wie dies seiner Zeit die oftindische Com 
e gethan hat. Es ist hierzu keine andert 
so gut vorbereitet, wie gerade das deutsche 
al durch die allgemeine Wehrpflicht, und wir sind 
Hlheneuat. daß in jeder deutschen Colonie sich 
w eine Schaar waffengeübter Männer zusammen⸗ 
en würde, die unter Führung ehemaliger Land⸗ 
r de Reserveoffiziere volllommmen im Stande 
9— en Schutz der Colonie auch zu Lande zu 
en Ob von Reichswegen die Beschaffung 
igen Waffen und sonstiger Kriegsmittel ger- 
b& müßte, kann bis zu concreten Fällen als 
sene Frage gelten jedenfalls würden derglei 
bdürfmisse aus d 2 ut en erg eichen 
unn us den reichen militärischen Friedens⸗ 
un es Mutterlandes ohne besondere Auf—⸗ 
ungen leicht zu decken sein. Ebenso braucht 
3 Hand nicht unsere Sorge zu sein, in⸗ 
—9 — freiwillige militärische Organisationen 
dr de Zeit auswachsen konnen und müssen, 
in ich wird deutsche Thattraft und Mann⸗ 
un dnu hierbei das Richtige finden, um 
F ad allgemeinen mächtigen politischen Schutze 
—* es us eigener Kraft heraus die spezielle 
—* Din aenen gegen feindliche Angriffe 
ühren zu können! (Fr. Journ.) 
Dienstag, 8. Juli 1884. 
Io. Jahrg 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 6. Juli. Gegenüber einem Artikel 
des „Moniteur de Rome“, welcher die Aufmerk—⸗ 
amkeit der Mächte, namentlich Rußlands, auf die 
deutschen Colonisations-Pläne und besonders auf 
zie Gründung einer Kolonie in Syrien lenkt. 
chreibt die Nordd. Allg. Ztig.“ offiziös: Der un— 
innige Inhalt des Artikels bedarf nicht einer ernst⸗ 
saften Widerlegung. Er beweist nur, daß der 
„Moniteur“ für die polnische Propaganda arbeitet, 
ndem er Mißtrauen zwischen Deutschland und 
Rußland wachruft. Die polnischen Blätter haben 
von der Fruchtlosigkeit dieser Versuche überzeugt 
hereits längere Zeit ihre Taktik geändert und be— 
mühen sich jetzt eine feindselige Stimmung zwischen 
Rußland und Oesterreich wachzurufen. 
— Kaiserslautern, 5. Juli. Das Pro— 
zramm zum Kreisrealschuljubiläum wurde wie folgt 
kestgestellt: Samstag den 2. August: Abends 8 
Uhr: Begrüßungs-Reunion im Schuck'schen Garten. 
Sonntag den 3.: Morgens 8 Uhr: Besichtigung 
der ausgestellten Schülerarbeiten, des naturhistorischen 
Museums, der sonstigen Sammlungen, der Stadt 
ec. ꝛxc. Präzis 11 Uhr: Festakt im Fruchthallsaale 
unter Betheiligung der Festgäste und Eltern der 
Schüler. Nachm. 3 Uhr: Schauturnen der Schüler. 
127 Uhr: Concert im Gelberi'schen Felsenkeller. 
3 Uhr: Bankett. Montag den 8.: 13211 Uhr 
Vorm.: musikalischer Frühschoppen bei Wächter und 
Ort. 23 Uhr Nachm.: Ausflug ins Dunkelthälchen. 
— Germersheim, 4. Juli. Das Gasthaus 
„um Salmen“ ging heute um den Preis von 
28,000 Mk. in das Eigenthum des Herrn Josef 
Schreiner in Spehyer über. 
— Weingarten. In unserer Gegend haben 
vir eben eine eigenthümliche Ernte. Das erste 
Blatt der Pfeffermünzpflanze, die bei uns verhält— 
aißmäßig stark angepflanzt wird, ist so weit ent— 
vickelt, daß es abgezupft und eingeheimst werden 
ann. Das gedörrte Blatt wird zentnerweise ver— 
auft und werden heuer äußerst hohe Preise bezahlt. 
Der Ertrag war sehr lohnend und ist der Anbau, 
vorausgesetzt, daß die zweite und namentlich die 
dritte Ernte entsprechend ausfallen, sehr rentabel. 
Dabei haben unsere hiesigen Produzenten den Vor⸗ 
heil. daß sie bezüglich des Absatzes durchaus nicht 
in Verlegenheit kommen, da eine Engroßhandlung 
die Produkte von hier und Umgegend zu sehr ent— 
sprechenden Preisen aufkauft. 
— Speyer, 3. Juli. Das Auftreten der 
Cholera im südlichen Frankreich läßt es geboten 
erscheinen, schon jetzt das Entsprechende vorzukehren, 
um einer Einschleppung der Seuche möglichst vor— 
zubeugen. Die k. Kreisregierung hat die k. Bezirks— 
imter daher zunächst angewiesen, dem Fremden⸗ 
verkehre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden; es 
ist auch dafür Sorge zu tragen, daß in allen 
Logirhäusern, Gasthöfen, Herbergen und sonstigen 
Wirthschaften die Aborte und Pissoirs fortwährend 
zehörig desinfizirt, die Schlafstätten ent— 
prechend rein gehalten und etwa vorkommende Er— 
krankungen sofort zur Anzeige gebracht werden. 
Den Vollzug der desfallsigen Anordnungen haben 
die kgl. Bezirksämter entsprechend kontrolliren zu 
assen; etwaige Mißstände sind sofort abzustellen. 
Die Herbergen mit größeren gemeinschaftlichen 
Schlaflokalen müssen regelmäßig ärztlich untersucht 
uind stets in einem den Anforderungen der Sani— 
äts⸗Polizei entsprechenden Zustande erhalten werden. 
Die kgl. Bezirksämter sind angewiesen, allen auf 
Grund dieser Entschließung erlassenen Anordnungen 
einen prompten Vollzug zu sichern und gegen Zu— 
widerhandelnde unnachsichtig einzuschreiten.“ 
— Speyer, 7. Juli, Bei einer am Samstag 
Abend in der Hafenstraße stattgehabten Messeraffaire 
wurde der verheirathete Schuhmacher Franz Kuby, 
Vater von 4 Kindern, von dem Ziegler Georg 
Schoner aus Neustadt a. d. Aisch durch 3 Stiche 
lebensgefährlich verwundet. Der Fuhrknecht Wilh. 
Jäger von hier wurde ebenfalls, jedoch nuͤr leicht, 
durch einen Stich verletzt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
MSchnappbach, 7. Juli. Gestern ent— 
tand im Altenwald, nahe an der Grenze, 
wischen einigen Arbeitern ein Streit, wobei auch 
das Messer wieder florierte und einer der Bethei— 
igten gestochen wurde. Die Verwundung soll jedoch 
aicht gefährlich sein. 
ꝙ0 Wittersheim, 7. Juli. Bei schönster 
Witterung fand gestern im Walde zu Erfweiler 
durch den dortigen Kampfgenossenverein ein patrio— 
isches Fest statt. Zur Erinnerung an das 700— 
ährige Jubiläum unseres erhabenen Königshauses 
vurde nämlich ein Denkmal fertiggestellt u. feierlich 
ingeweiht. Der dortige Lehrer hielt an die zahl— 
eiche Menge eine längere patriotische Ansprache und 
chloß mit einem Hoch auf unsern edlen König, in 
»as begeistert eingestimmt wurde. Der dortige 
Besungverein unterhielt die Versammlung mit meh— 
reren patriotischen Gesängen. Ein Hoch auf unsern 
). Bezirksamtmann schloß den offiziellen Theil der 
Feier, dem ein gemüthlicher nachfolgte. Möchte 
zurch das Denkmal noch späteren Generationen das 
jerrliche Fest von 1884 in freudiger Erinnerung 
oleiben. 
O Erfweiler, 7. Juli. In der heutigen 
Bemeinderathssitzung wurde der hiesige interimistische 
Schulverweser, Herr Andreas Stöcklein aus 
Oberfranken einstimmig als Schulverweser h. kgl. 
Regierung in Vorschlag gebracht. 
— In Winzeln bei Pirmasens ist am 
Samstag der 21jährige Schuhmacher Amann vom 
Blitz erschlagen worden. 
F Das landwirthschaftliche Bezirks— 
komité Kusel beschloß, in diesem Jahre wieder 
4 Preisevertheilungen für das schönste 
Rindvieh der Glan-⸗Raçe im Bezirke Kusel abzu—⸗ 
halten. Auf dem zu Kusel am 19. August Statt 
findenden Markte werden 12 Prämien im Betrage 
jon 7—30 Mk. für junge Zuchtstiere, welche zum 
Sprunge verwenbet werden können, zuerkannt. 
Der Preiszuchtviehmarkt zu Quirnbach wird am 
26. August, der zu Lauterecken am 8. September 
und der zu Kusel am 23. September abgehalten. 
Auf jedem dieser Märkte kommen 8 Preise für 
Zuchtstiere, 5 für Zuchtkühe, 4 für Zuchtrinder und 
20 für Jungvieh zur Vertheilung. Zur weiteren 
Zdebung und Veredlung des Glanviehes werden 
gJleich den Vorjahren 8— 10 ganz raçereine und 
normal gebaute Zuchtstiere angekauft, welche unter 
)en bekannten Bedingungen am 2. August, Vormit⸗ 
ags 8 Uhr, zu Altenglan versteigert werden. 
Vermischtes. 
FSt. Johann, 7. Juni. Am Samstag 
Nachmittag gegen 5 Uhr wurde aus der Saar 
oberhalb der hiesigen Badeanstalt die Leiche des