Full text: St. Ingberter Anzeiger

pens. Pachmeisters Heinrich Rautenberg von hier 
jezogen. Ob hier ein Unglücksfall oder ein Selbst⸗ 
noͤrd vorliegt, muß noch ermittelt werden. 
Saarbrücken, 6. Juli. Die Förder⸗ 
ung der fiskalischen Gruben hat im Mo—⸗ 
nat Juni 444,527 Tonnen Kohlen betragen gegen 
153,183 Tonnen im Juni 1883. Bei diesem 
Vergleiche ist zu berücssichtigen, daß der verflossene 
Monat nur 23 Arbeitstage hatte, während in den 
Juni v. J. 25 Arbeitstage fielen. Der Absatz der 
Fruben, welcher 425,321 Tonnen betrug, ist im 
hergangenen Monate durch den Umstand wesentlich 
heeinträchtigt worden, daß die Schifffahrt in der 
zweiten Hälfte des Monats wegen Sperrung des 
Saarkanaͤls behufs Reparaturen gänzlich unter⸗ 
brochen war. Die Förderung im Vierteljahre April 
bis Inni hat im Ganzen 1,429,566 Fonnen er— 
reicht gegen 1,877,944 Tonnen im Vorjahre; 
ferner der Absatz 1,412,722 Tonnen gegen 
1,382,815 Tonnen im Vorjahre, was einem An⸗ 
vachsen um 3,8 bezw. 2,2 Prozent entspricht. 
F Fischbach, 5. Juli. Auf der hiesigen 
Bahn hatte ein junger Mann aus Merzig, der 
nvorsichtigerweise einen Zug besteigen wollte, wel— 
her sich schon in Bewegung gesetzt hatte, das Un⸗ 
glück, unter die Räder zu kommen und überfahren 
u werden. Der Tod trat nach kurzer Frist ein. 
F Rimlingen, 4. Juli. Ein Fuhrmann 
von hier ist vorgestern auf eine merkwürdige Weise 
»erungluckt. Derselbe kam mit seinem mit einem 
schweren Baumstamm beladenen Fuhrwerke aus dem 
Losheimer Wald und fuhr gegen Bachem zu. Circa 
1000 Schritt vor Bachem ließ er den Wagen 
halten und bemühte sich den sog. „Sprenkel“ fester 
anmzuziehen. Dieses ist eine quer über den Wagen 
liegende Stange, die auf beiden Seiten mit Ketten 
am Wagen festgemacht ist und dazu dienen soll, die 
nuf dem Wagen liegenden Gegenstände festzuhalten. 
Hierbei nun entglitt betr. Fuhrmann die Stange und 
hlug ihm gerade auf den Kopf und zwar so un— 
Jlücklich, daß er sofort todt war. 
FeReinsfeld, 3. Juli. Die vorige Woche 
var für unsern Ort sehr verhängnißvoll. An drei 
auf einanderfolgeuden Tagen fiel je ein Mann vom 
Dach seines Hauses wo sie mit Reparaturen be— 
chaftigt waren. Der erste verstauchte sich den 
Arm, der zweite brach einen Arm, und der letzte 
drach das Genick und blieb todt auf der Stelle. 
Letzterer, in Mann von 70 Jahren, verletzte im 
Follen seinen Sohn, der ihn aufssangen wollte, 
hedeutend am Kopfe. 
Dilsburg, 5. Juli. Ein junger Ar— 
heiter auf der hiesigen Grube, der erst seit kurzer 
Zeit hier arbeitet, hatte heute das Unglück, von 
einem Schlammkasten in der Grube erfaßt und in 
einen Wassertümpel hinabgerissen zu werden, aus 
dem man 'ihn erst nach einiger Zeit als Leiche 
wieder herausholen konnte. Der Schmerz der Eltern, 
deren ältester, hoffnungsvoller Sohn der Verstorbene 
var, findet hier allerseits die tiefste Theilnahme. 
Steele, 4. Juli. In der Nähe der Dreh⸗ 
icheibe bei Ueberruhr stürzte vor einigen Tagen ein 
Zjähriger Knabe beim Spielen hintenüber in einen 
Brunnen, welcher 80 Fuß Tiefe und einen Wasser—⸗ 
tand von 12 Fuß hat. Da die mitspielenden Kinder 
lautes Hiilfegeschrei erhoben, eilten sofort Männer 
herbei, welche den Eimer hinabließen. Das Kind 
ergriff zwar den Eimer; da es aber zweifelhaft 
waͤr, ob es Kraft genug haben werde, sich bis oben 
zestzuhalten, ließ sich ein Bergmann an einem Strick 
in die Tiefe hinab, band den Jungen fest und 
tieß sich mit demselben hinaufziehen. Der Knabe 
hat nur eine geringe Verletzung am Kopfe davon⸗ 
getragen. 
Sülz, 7. Juli. Einem hier wohnenden 
Taglöhner, welcher erkrankt war, wurde von dem 
zu Rathe gezogenen Arzte eine Medizin, ein Opiat, 
berordnet, von welcher er dreimal täglich fünfzehn 
Tropfen einnehmen sollte, für 5 Tage ausreichend. 
Stait nun die Medizin gemäß ärztlicher Vorschrift 
zu gebrauchen, nahm der Kranke dieselbe auf ein⸗ 
mal ein, infolge dessen er bald starb. 
F Kreuznach, 4. Juli. Der Sprendlinger 
Meßgermeister, welcher sich vor etwa vierzehn Tagen 
am Finger verletzte, sodaß dieser abgenommen werden 
—D——— 
— Die Großh. Staatsanwaltschaft in Karls⸗ 
ruhe erläßt folgende Bekanntmachung: In den 
etzten Monaten ist eine außergewöhnlich große An⸗ 
sahl falscher Silbermünzen deutschen 
ßeprägs, (rsünf-, Zwei- und Einmarkstücke) in 
ven Amtsgerichtsbezirken Karlsruhe, Rastatt, Baden 
ind Bruchsal verausgabt worden, ohne daß es bis 
etzt gelungen ist, den Verfertigern und den Ver— 
reitern der falschen Münzen auf die Spur zu 
ommen. Die Meisten dieser Münzen sind an dem 
chlechten Gepräge und dem fetten Glanze leicht als 
zefälschte zu erkennen. Die Gendarmerie und 
zie Schutzmannschaft sind zur sorgfältigsten Nach— 
forschung und Fahndung aufgefordert. Zugleich 
ersuͤche ich aber auch die Beamten der Kassenver⸗ 
valtung, die Inhaber von Bankinstituten, Wirthe 
ind Kaufleute, die einzelnen Münzen bei der Ein— 
nahme genau zu besichtigen, diejenigen Personen, 
ie falsche Münzen ausgeben, sofort festhalten zu 
assen und der nächsten Polizeibehörde oder Gen— 
armeriestation Anzeige zu erstatten. — Auch in 
der Pfalz sind viele falsche Silbermünzen, nament⸗ 
liich Einmarkstücke, im Umlauf. 
München, 6. Juli. Heute Morgen um 
alb 7 Uhr fand in der Angerfrohnveste die Hin⸗— 
ichtung des Raubmörders Ziegelgänsberger statt, 
velcher im September vorigen Jahres den Kutscher 
Vogl in den Innauen bei Rosenheim ermordet und 
eraubt hatte. Mit seiner Hinrichtung ist die fünfte 
eit etwa zwei Jahren vollzogen worden; der erste, 
der nach längerer Zeit wieder den Tod erleiden 
nußte, war Castulus Rami, ihm folgte Reißmann, 
dann Faßl und Strohhofer und nunmehr Ziegel⸗ 
zänsberger. 
— Bei dem Militär-Befreiungs-Prozesse spielte 
ekanntlich ein gewisser Wolff aus Mainz eine 
»auptrolle. Derselbe wußte seine Person noch 
echtzeitig in Sicherheit zu bringen. Derselbe hat 
nus sicherem Versteck verschiedenen Personen in 
Frankfurth a. M. Erpressungsbriefe geschrieben, in 
velchen er droht, er werde sie verrathen, daß sie 
— 
aͤrdienste befreit hütten, wenn sie ihm nicht einen 
»estimmten Geldbetrag sendeten. Diese Drohungen 
jat er nun zur Wahrheit gemaht und verschiedene 
Zersonen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. 
F Ems, 6. Juli. Der Kaiser ist heute 
Nachmittag um 4 Uhr nach Beendigung der Brun⸗ 
jenkur mittelst Extrazug von hier nach Koblenz ab— 
jereist. Zur Verabschiedung waren auf dem Bahn⸗ 
jofe anwesend: Regierungspräsident v. Wurmb, 
dandrath Rolshoven, Badekommissar v. Lepel, 
Zürgermeister Spangenberg, Polizeiraih Bornheim, 
ZJostdirektor Kuhns, Geheimrath Dr. Orth, Mit— 
zlieder der Geistlichkeit und destinguirte Badegäste. 
der Kaiser erschien überaus frisch und rüstig und 
vurde von der zahlreich versammelten Menschen⸗ 
nenge durch enthusiastische Hochrufe begrüßt. 
F (Ein neues Spiel.) Demnächst wird 
n der Verlagshandlung von Herm. Weißbach in 
Weimar ein neues Spiel unter dem Namen 
Congo-Spiel“ erscheinen, dasselbe besteht aus 
inem großen effektoollen Plane (mit dem Wappen 
und den Landesfarben der vier Nationen: Deutsch- 
and, Frankreich, Großbritanien, Portugal, einem 
dartenbilde von Afrika (2c.), 16 Figuren aus Holz 
jedrechselt und einem Würfel; alles in einem ele— 
jant ausgestatteten Papp-Karton, mit Erläuterung 
n deutscher, französischer und englischer Sprache. 
Altona, 4. Juli. Die von verschiedenen 
Jeitungen zu einer politischen Demonstration auf—⸗ 
sebauschten Vorfälle vor der Besitzung des Reichs- 
anzlers in Friedrichsruh, Pfingsten dieses Jahres, 
anden heute ihren Abschluß in einer Verhandlung 
vor dem hiesigen Geschworenengericht, in welcher 
sich die Arbeiter Heise, Pahl, Meßling, Gramm 
ind Schmidt wegen Aufruhrs und Beamten-Belei— 
»igung zu verantworten hatten. Die Geschworenen 
derneinten die Frage des Aufruhres bei allen An— 
Jeklagten, sprachen den Heise von der Beamtenbe— 
eidigung, den Schmidt auch von dem Widerstand 
rei, erklären jedoch die Angeklagten Pahle, Heise, 
hramm und Meßling des Widerstandes schuldig. 
Der Gerichtshof faßte die Sache auch milder auf 
ind verurtheilte die Angeklagten zu je 4 Monat 
ßefängniß, von welcher Strafe jedoch 1 Monat 
ius durch die Untersuchungshaft verbüßt abgerechnet 
bird. 
FBerlin, 3. Juli. Für Errichtung eines 
-—chulze⸗Delitzsch Denkmals in Berlin waren, wie 
zas Komité bekannt macht, bis zum 13. Juni 
nsgesammt 65,964 Mk. eingegangen. 
F Die geretteten Bergleute von der Grube 
Deutschland haben an den Kaiser eine Dank— 
dresse gerichtet; dieselbe hat folgenden Wortlaut: 
Znappichafts⸗ Lazareth zu Königshütte, den 1. Juli 
884. Allergnädigster Kaiser! Allerdurchlauchtigster 
dönig und Herr! Tief ergriffen durch Ew. Maje— 
tät huldvolle Theilnahme an unserer glücklich er. 
'olgten Rettung, sprechen wir 43 Bergleute Euer 
Majestät unseren tiefgefühltesten Dank aus. Au⸗ 
chrecklicher Todesgefahr und Verzweiflung durch di 
Bnade des Himmels dem Leben wiedergegeben, ver 
ichern wir Euer Majestät unserer Hingebung und 
Treue und flehen Gottes reichsten Segen herab aif 
kaiser und Reich. Allzeit Glückauf Kaiser um 
deutschland!“ 
4 Marseille, 7. Juli. In der vergangenen 
acht sind hier 16 Personen an der Cholera ge⸗ 
torben. Die Zahl der in der vergangenen Nagt 
in das Hospital aufgenommenen Cholera- Kranken 
»etrug 20. 
F Frankreich hat, wie die „Justice“ zu— 
ammenstellt, seit 530 Jahren 4 Choleraepidemien 
jehabt. Die erste kam aus Indien und trat, nach— 
em sie im übrigen Europa gewüthet, im Jahie 
832 über Calais in Frankreich auf. Auch da 
weite Mal kam die Seuche aus Indien und wurde 
n Frankreich gleichfalls von Calais her eingeschleppt 
Die dritte Epidemie kam 1883 von der Ostsee her 
Während 14 Monaten starben in Paris 9219 
Menschen. Die vierte endlich trat in Frankreich in 
; Perioden auf. Sie stammte aus Mexiko und 
rschien 1865 in Marseille und sprang von da 
zirekt auf Paris über. In dieser Periode zählte 
nan 6000 Todesfälle. Einige Monate nachher 
auchte sie wieder auf und forderte diesmal 7000 
Ipfer; einige vereinzelte Fälle zeigten sich noch im 
zahre 1867. 
F GPetroleum als Heilsquelle) Da 
Pariser Figaro bringt einen von Hofrath J. Klacz 
o aus Wien an den Dichter Eduard Poailsleron in 
Jaris gerichteten Brief, der auf das Petroleum alß 
ine Schutzwehr gegen Cholera aufmerksam macht 
Galizien“ — schreibt Herr Hofrath Klaczko — 
besitzt zahlreiche Petroleumquellen. Nun hat man 
eobachtet, daß die erdölhaltigen Gegenden stets von 
er Cholera verschont geblieben sind, während sie 
ingsum wüthete. Die Landleute, als gute Beobachter 
hreiben das den öligen Ausdünstungen zu, welche das 
Pestthier“ tödten sollen, und führen zum Beweisce an, 
aß dieselben Ausdünstungen auch alle Insekten 
ödten. In der That sieht man in diesen Gegenden 
wie ich selbst beobachtet habe — weder Fliegen 
och Mücken, noch Flöhe, noch Wanzen. Wäre es 
emnach nicht angezeigt, in den Spitälern Versuche 
nit Petroleum-Verdunstung zu machen, das heißt, 
nit natürlichem, nicht raffinirtem Petroleum. Ich 
zitte Sie, diese Mittheilung, welche ich Ihnen im 
rinverständnisse mit mehreren Freunden aus Gali— 
jen mache, Fachmännern und besonders Ihrem be⸗ 
ühmten Collegen Pasteur mitzutheilen.“ 
London, 4. Juli. Vor einigen Tagen 
ꝛeröffentlichten alle Londoner Blätter interessant— 
Mittheilungen über eine Meuterei im Zuchthauße 
u Dartmoor. Wie nun von dorther gemeldet wird. 
st die ganze Geschichte erfunden. 
London, 4. Juli. Die selbstständigen 
Frauen Englands, denen das Unterhaus die Aus: 
ibung des parlamentarischen Stimmrechts verweigert 
at, wollen sich dadurch revanchiren, daß sie die 
Stelerzahlung verweigern. Eine Dame, Ftäub. 
Zenrieite Müller, hat den Fall schon praktisch wer— 
zen lassen und hat nicht allein die Steuerzahlunn 
»erweigert, sondern sich auch auspfänden lassen. 
Nach der Pfändung wurde in dem Salon von Riß 
Müller ein Entrüstungsmeeting von ihr gleichgesinn 
en Damen abgehalten, welches mit der Annahne 
olgender Resolution seinen Abschluß fand: * 
st ein Prinzip der englischen Verfassung, daß Bu 
jeuerung ohne Vertretung eine Tyrannei ist— und 
3 ist wunschenswerth, daß viele andere Damen de 
n der englischen Geschichte so oft angewendete bon 
titutionelle Methode, der Steuerzahlung Widerstan 
u leisten, bis Frauen das Stimmrecht untet du 
elben Bedingungen gewährt wird, wie es Manmn 
ewährt ist, defoigen sollten und wir laden a 
»ausmietherinnen ein Miß Müllers —Al — 
uahmen.“ Zur Unterstützung der Resolution 
Niß Müller eine Rede, in welcher sie u. I. 
nertte: Es ist stets schwierig für eine Frau s 
jegen Gesetz und Obrigkeit aufzulehnen, 6 
zroße Widerwille, den ich gegen ein solches * 
ahren empfand, wurde beseitigt, als das Untehu⸗ 
i Regierung und sogar Mr. Gladstone gegen 
Perleihung des Slimmrechts an Frauen 8 
siellen und stimmten. . .. Jede Frau in Ñ 
st dadurch beleidigt worden und diese Beleidig 
sann nur geahndet werden, indem Schlag far sch 
rtheilt wird.“ (Lebhafter Beifall.)