Full text: St. Ingberter Anzeiger

roraure und pfalzische Nachrichten. 
x St. Ingbert, 11. Juli. Endlich ist die 
ropische Hitze durch reichlichen Niederschlag einer 
ngenehmeren Tempeiatur gewichen. Am meisten 
Aen komimt dieser Umschlag der Vegetation, 
w die der Regen noch zur rechten Zeit kam. — 
im näöchsten Sonntag veranstaltet der Verein 
Gemüthlichkeit; eine Wal dparthie. Hoffent- 
id haben sich die „Gemüthlichen“ hierzu die richtige 
Bitterung bestellt. 
-Ingweiler, 9. Juli. Betreffs des Bahn— 
zaues Hochfelden⸗ Buchsweiler⸗Ingweiler⸗Wingen— 
eisenthal · Münzthal Et. Louis)⸗Wolmünster⸗ 
hornbach⸗Zweibrüden findet nächsten Sonntag den 
Z. Juli, Nachmittags 3 Uhr, in Hornbach CLokal 
dfthoff) eine Versammlung statt, wozu die Inter— 
ssenten dieser Linie eingeladen werden, recht zahl 
ich zu erscheinen. Die bayerischen Deputirten, 
e Herrn Bürgermeister Märcker und Oberlands— 
richtsrath Hessert von Zweibrücken werden hier 
en Rechenschaftsbericht über ihre Kammerthätigkeit 
ud namentlich aber über die Einrichtung einer 
ßahnverbindung von Zweibrücken direct 
Jach Hochfelden ablegen. Von elsaß—lothe⸗ 
aingischer Seite wird in obiger Versammlung über 
die letzte Landes-Ausschußverhandluug über den 
Sachderhalt obiger Bahn ⁊c. berichtet und weitere 
Schritte zur Ereichung dieses Bahnbaues berathen 
rden. 
oerden In Quirnbach liegt die Dienstmagd des 
HRekonomen Hrn. Karl Müller bereits schon 14 
Tage in Schlafsucht darnieder; ihre Hauptnahrung 
t Wasser. 
Speyer, 9. Juli. Auf urserem gestrigen 
arkte gedachte der Dürkheimer Bäcker Friedrich 
Zeel einlgutes Geschäft zu machen, indem er billiger 
als die hiesigen Bäcker Brod feil hielt. Die Polizei 
iat ihm jedoch einen Strich durch die Rechnunig ge— 
segen indem sie das Brod wog, mindergewichtig 
ind und konfiszierte. Die 98 Sechspfünder, von denen 
rinzelne nur 5 Pfd. wogen, wurden der Armen— 
oflege übergeben. (Sp. 3.) 
— Böhl, 8. Juli. Es dürfte nicht uninte— 
ant sein, daß die hier lebende Wittwe Mattern 
ie Freude erlebt hat, mit 78 Jahren Ur:Ur⸗ 
Froßmutter zu werden. Ihr Sohn ist mit 58 
gahren Urgroßvater, dessen Tochter mit 36 Jahren 
roßmutter und deren Tochter, die junge Mutter, 
st 18 Jahre alt. 
- Am 5. August geht wieder ein Extrazug 
»on Straßburg nach Berlin (über Landau, 
leustadt, Sachsenhausen, Bebra). Von Landau, 
wo derselbe um 22* Nachm. abgeht, kostet das 
Billet fir Hin- und Rückfahrt: 1. Kl. Mk. 51.60, 
2. Kl. 37. 90, 3. Kl. 25.20; in Neustadt 
Ahgang 296, Preise: 50.40, 37. 20. 24.70. Die 
dillete haben 35tägige Giltigkeit. 
Vermischtes. 
fvLouisenthal, 9. Juli. (EErtrunken.) 
Gestern Abend halb 7 Uhr badeten drei junge 
Lergleute aus Völklingen hier in der Nähe des 
Vehr im Saarkanal, wovon nur einer schwimmen 
hnte. Einer der Nichtschwimmer hatte sich zu 
weit hineingewagt und ging unter. Als dieses 
in Famerad merkte, warf er sich nach der Stelle 
in. um demselben schwimmend Hilfe zu bringen, 
doch in demselben Roment tauchte der Verun— 
lütte unter ihm auf, faßte ihn am Halse und 
wihn mit in die Tiefe. Hier konnte er sich nur 
auit großer Anstrengung von demselben, der ein 
niftiger Bursche war, befreien und in dem Augen 
lüce als er sich an die Oberfläche arbeiten wollte, 
wde er von dem Verunglückten an einem Fuße 
hazt und wieder untergezjogen. Mit den Fuͤßen 
wimmend ausstoßend, um nach oben zu kommen, 
ude er von seinem Kameraden frei, war aber 
eschöpft, daß er sich kaum noch aus Ufer ar— 
witen kounte, während von dem Verunglückten 
ihtz mehr zu sehen war. Während dessen stand 
nr Dritte am Ufer, anfähig zu helfen, da er nicht 
wuimmen konnte und in der Nähe auch keine 
cungen zur Hand waren. Die Leiche des Er—⸗ 
intenen wurde 2 Stunden später dort gelandet. 
Aus Singen, 7. Juli, schreibt man der 
ud. Losztg.“. In dem benachbarten Orte Ehingen 
dten 10 junge Leute vor dem Gewitter unglück 
heneise wiede einmal Schutz unter einem Baume, 
unmittelbar darauf von einem furchtbaren 
ihstrahl getroffen wurde. Zwei Mädchen von 
u 27 Jahren blieben sofort todt ein drittes 
ichwer verletzt danieder und zwei kleinere 
Mädchen von etwa 10 Jahren mußten ebenfalls, 
seichter verletzt, zu ihren bestürzten Eltern getragen 
werden. 
F Würzburg, 7. Juli. Heute wurde in 
dem Mainviertel ein stellenloser Büttnergeselle ver⸗ 
haftet, welcher einen Brand in dem Leipold'schen 
Dampfsägewerk gelegt haben soll. Derselbe war 
rüher bei dem Nachbar Leipold's in Diensten und 
jatte Drohungen ausgestoßen: „Er werde seinem 
Meister schon etwas anthun, woran er mitzutragen 
)aben werde.“ Auch sah ein dort in der Nähe 
tehender Militärposten eine Stunde vor Ausbruch 
des Brandes einen dem Verhafteten gleichenden 
Mann iun das Leipold'sche Anwesen gehen und nach 
einiger Zeit dasselbe wieder verlassen. 
F Aus dem bayerischen Walde wird 
geschrieben: Von einem gehörigen Appetit hat dieser 
Tage in einem Dorfe an der böhmischen Grenze 
ein Holzarbeiter ein Exempel abgelegt. Derselbe ist 
nämlich die Wette eingegangen, zwölf Maß Suppe, 
og. „Topfersuppe“ sammt 7 Wecken à 6 Pfg. zu 
vertilgen. Nicht damit allein wurde der Mann 
ertig, sondern er trank auch noch drei Liter Bier 
und aß ein halbes Pfund Käse dazu. Zum 
Schlusse meinte er, noch ein paar Pfund Fleisch 
önnten auch nicht schaden. 
fF Unsägliches Herzeleid verursachten 
)orgestern, wie der Han. Anz. berichtet, drei hoff⸗ 
auugsvolle Jungen im Alter von 10, 11 und 12 
Jahren ihren Eltern und Familien, geachteten Orlks⸗ 
ewohnern Großauhei'm (bei Hanau). Mittags 
jegen 1 Uhr schwammen die erwähnten Jungen 
jebst einem vierten über den Main, was auf dem 
dinweg auch gelungen. Zum Rückweg wählten 
ie eine andere Stelle, geriethen aber an eine Un— 
iiefe; die Kräfte verließen den einen Kameraden, 
wei andere wollte helfen, wurden jedoch mit in 
die Tiefe gerissen und sind bis gestern Abend noch 
nicht aufgefunden worden; der vierte erreichte 
zlücklich das diesseitige Ufer. Allgemeinen Antheil 
nimmt die ganze Gemeinde an dem traurigen Ge⸗ 
chicke der schwergeprüften Eltern. 
FGettung vom Tode) Am Samstag 
Abend badete in Worms ein Brauerschüler der 
Schneider'schen Anstalt in der Militärschwimmschule, 
hekam den Krampf und verschwand in den Wogen. 
Fin Unteroffizier sprang herzu, doch gelang es ihm 
zicht, den sich Anklammernden zu retten. Schnell 
entschlossen, sprang Lieutenant Fink vom hiesigen 
Bataillon in ganzer Uniform ins Wasser und in 
einigen Minuten brachte er den Besinnungslosen 
unter großen Anstrengungen aufs Trockene. 
— Unter Hinweis auf die Ausstellung von 
Schülerzeichnungen, die im vorigen Monat in Ber— 
in stattfand, giebt der „Verein deutscher Zeichen⸗ 
ehrer“ eine Darlegung der von ihm verfolgten 
zmecke und Ziele, aus der wir in Nachstehendem 
inige ihrer wesentlicheren Ausführungen wiedergeben. 
Der Verein wendet sich zunächst gegen die Stigmo— 
zraphie, d. i. das Zeichnen im Linien- und Punktnetz 
oie gegen jedes Zeichnen in den drei ersten Schul— 
ahren (sechstes bis neuntes Lebensjahr). Er erklärt, 
»as Zeichnen sei in diesem Jahr nicht nothwendig, 
»a es auf den späteren Zeichenunterricht ohne Einfluß 
leibe; es sei daher Zeitwerschwendung, durch welche 
die Jugend vom Spiel und von dem Genuß frischer 
Luft zurückgehalten werde; es sei geradezu schädlich, 
ha es nach dem Urtheile vieler Augenärzte das 
ugendliche Auge angreife; es belaste den Lehrer 
der ein⸗ und zweiklassigen Schule in ungehöriger 
Weise und leite die Kinder zu Gedankenlosigkeit 
und Flüchtigkeit. Der Verein bekämpft alsdann 
das Körperzeichnen nach der sog. Hamburger Methode, 
das Zeichnen kleiner Holzkörper, an denen perspekti— 
vische Verkürzungen nicht wahrgenommen werden 
können, im Einzelunterrichte. Dasselbe führe ebenso 
vie das Zeichnen im Linien oder Puanktnetze zu 
»erständnißloser Arbeit und geistiger Stumpfheit. 
Emmpfohlen wird dagegen das Zeichnen nach großem 
Drahtoder Holzmodelle im gemeinsamen (Massen-) 
Unterricht. Die „Grundsätze“ des Vereins setzen 
azuch die Farbe in ihr Recht; sie soll nicht bloß 
jezeigt und gesehen, sondern auch angewendet werden. 
ẽndlich sucht der Verein dahin zu wirken, daß in 
den oberen Klassen das Zeichnen der menschlichen 
Figur, das durchaus künstlerisches Geschick voraus— 
etzt, aufhöre und das Ornament zur Geltung komme. 
F Ein berüchtigter Räuber ver— 
haftet.) Aus Nyiregyhaza wird geschrieben: Der 
Inspektor der Brodroph-⸗Regulirung Paul Horvath 
uind dessen Gehilfen überraschten vor Kurzem zu— 
ällig in einer einsamen Csarda bei Sarospatak den 
chon lange ohne Erfolg gesuchten und weit und 
breit gefürchteteu Räuber Samu Jakab in betrunke— 
nem Zustande, warfen ihn zu Boden und brachten 
in an Händen und Füßen mit Stricken gefesselt 
aach Sarospatak. Jakab hat eine Reihe bestialischer 
Lerbrechen auf dem Kerbholz. So ergriff er vor 
iniger Zeit mit vier Genossen den 72 jährigen 
fraelitischen Wirth Moses Pollak in Hackasz' in 
einer Wohnung an, stieß ihm mit dem Messer 
beide Augen aus, peinigte den hilflosen Greis!in 
diehischer Weise zu Tod und trank sich sodann, 
auf der Leiche des Gemarterten sitzend, einen Rausch 
an. Dabei zwangen die entmenschten Strolche 
die 15 jährige Tochter des Ermordeten, daß fie 
ein mit dem Blute ihres Vaters gefülltes Gals auf 
einen Zug austrinke, wenn sie ihre Ehre und ihr 
deben retten wolle. In dieser Angelegenheit haben 
der Gerichtsnotär Josef Bary und der Gendarmerie— 
ührer Josef Lanczay mit dein Gefangenen Verhöre 
in Halasz vorgenommen. Von den vier Complicen 
Jakabs bei dieser bestialischen Schandthat wurde 
eider bisher kein einziger eruirt. 
F In Temesvar (Uungarn) hat die 20 J. a. 
Restaurations-Kassiererin Emilie Blum aus der 
hekannten Ott'schen Millionenerbschaft in 
Wien nachträglich und wider Erwarten 120,000 fl. 
erhalten. Die Großmutter des Mädchens war eine 
Jeb. Ott aus Zimmern. 
F. Paris, 9. Juli. Dr. Koch hat gestern seine 
Arbeiten in Toulon beendet und ist heute Morgen 
— begleitete 
ihn zum Bahnhofe. Die von ihm gemachten Be— 
obachtungen stimmen durchaus mit seinen Wahr⸗ 
aehmungen in Indien. Dem Gesundheitsausschusse 
in Toulon hat Koch gerathen, eine erhebliche An— 
zahl wirklicher Aerzte, nicht Studirende der Medizin, 
kommen zu lassen. Er empsiehlt, das von den 
stranken gebrauchte Leinenzeug zu berbrennen und 
die von ihnen benutzten Zimmer eine Woche lang 
zeschlossen zu halten, die Briefe zu desinficiren, die 
Brunnen zu schließen, die Versendung von Milch, welche 
die Mikroben enthalte zu untersagen. Als Desin— 
icirungsmittel schlägt er Carbolsäure vor. Die im 
Zahnhof getroffenen Maßregeln bezeichnet er als 
inzulänglich. — In Toulon und Marseille hat 
ich der Sachberhalt wenig geändert: in Air sind, 
vie schon gemeldet, drei, in Coublevie bei Voiron, 
m Departement Isore, ist ein Choleratodesfall vor 
jekommen. — Es greift die Befürchtung sum sich, 
»aß die Cholera auch nach Paris komien werde. 
Dr. Koch ist in Marfeille angekommen. 
Petersburg, 9 Juli. In den letzen 
Tagen nahmen die Verhaftungen größtentheils paß⸗ 
oser Individuen derartige Dimensionen an, daß die 
tädtischen Gefängnisse vollständig überfüllt sind. 
Die Verhafteten wurden per Etappe in die Hei—⸗ 
nath geschickt. Die Zahl herumstreichender Indi⸗ 
piduen ist in diesem Jahre wegen des allgemeinen 
Nothstandes besonders groß. 
fUeber die deutsche Presse in den 
rändern jenseits des Meeres sind dem 
Globus“ folgende Mittheilungen zu entnehmen. 
Die Ziffern der in den einzelnen Ländern erschei⸗ 
ienden deutschen Zeitungen stellen sich für die an— 
Jegebene Zeit wie folgt: Canadan38, Vereinigte 
Ztaaten 535, Chile 1, Ärgentinien 4, Brasilien 11, 
ZSüdaustralien 1, Viktoria ĩ, Queensland 1, Neu⸗ 
eeland 1, Japan 1, Captolonie 2 und Aegypten 1. 
Auf Amerika entfallen also 554, auf Australien 3, 
auf Asien 1 und auf Afrika 3 deutsche Zeitungen. 
Diese Ziffern stehen im engsten Zusammenhang mit 
der Anzahl der in den einzelnen Länder lebenden 
Deutschen. Die Zahl der in den Vereinigten Staaten 
ebenden, teils selbst eingewanderten, teils von deut⸗ 
schen Eltern abstammenden Deutschen (d. h. solcher, 
die das Deutsche als Muttersprache reden, nicht 
aber derjenigen, die noch deutsche Bürger sind) be— 
läuft sich nach der zuverlässigsten Schätzung auf 5 
Millionen. Einzelne Schriftsteller haben sich sogar 
his auf 11 Millionen verstiegen, und diese Angabe 
mag nicht ganz unrichtig sein, wenn man alle die— 
jenigen Elemente, in deren Adern vermischt oder 
invermischt deutsches Blut rinnt, die aber jetzt das 
Englische als Muttiersprache redeu, mit in Rechnung 
ieht. Die deutsche Bevölkerung Canadas wird auf 
205,000, diejenige von Chile auf 8000, diejenige 
»on Argentinien auf 10,000 (außerdem eiwa 1000 
Desterreicher und 12,000 Deutsch⸗Schweizer), die⸗ 
enige Brasiliens auf 200,000, Südaustraliens auf 
50,000, Viktorias auf 10,000, Oeenslands auf 
8,500—, Nenseelands auf 12,000, Japans auf 
3500, Aeayptens auf 1000 (aber wei mehr Ofser.