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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingabert.
Der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstagz, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
Blalt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1.M 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 H, einschließlich
¶0 ⸗ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I35 H, Reclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 135.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 12. Juli. Der Germania zufolge
eht die Publikation des Aktiengesetzes binnen Kurzem
bebor. Der Reichskanzler habe dasselbe bereits
unterzeichnet und nächster Tage werde es dem Kaiser
unterbreitet.
Berlin, 12. Juli. Geh. Rath Dr. Koch
wird am Montag aus Südfrankreich wieder hier
eintreffen.
Leipzig, 12. Juni. Der König hat eine
an ihn gerichtete Einladung zum Besuch des deut⸗
schen Bundesschießens angenommen und wird am
19. d. Mk. zu mehrtägigem Aufenthalte hier ein—
lreffen.
Ein Memorandum über die Colo⸗
nialpolitik. Ein Münchener Blatt will wissen,
Fürst Bismarck lasse gegenwärtig ein Memorandum
„über die rechtlichen Grundlagen und die Grenzen
einer Colonialpolitik“ zur Mittheilung an „die
segierungen“ ausarbeiten. Ob mit den Regierungen
die deutschen oder die auswärtigen gemeint sind,
vird dabei nicht gesagt
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 14. Juli. Die gestern
Nachmittag von dem Verein „Gemuthlichkeit“ ver⸗
anstaltete Waldparthie war sehr gut besucht,
und war es von dem genannten Vereine recht an⸗
erkennenswerth, auch Nichtmitgliedern freien Zutritt
u gewähren. Auf dem Festplatze — in der Nähe
des Schlosses Elsterstein an der Elversbergerstraße
— hertschte ein bewegtes Leben und Treiben. Die
dapelle Burkhardt aus Dudweiler spielte recht wacker.
In den Zwischenpausen trugen die Aktiren der
„Gemüthlichkeit“ mehrere Chöre vor, welche wohl—
berdienten Beifall fanden. Später ließ sich auch
noch ein Gesangverein aus Elversberg hören. Ju—
lendliche Feststimmung verstieg sich in der Kuͤhle
des Abends sogar zu einem Tänzchen, zu dem leider
der sandige und unebene Waldesboden schlecht ge⸗
eigenschaflet war. Vorzügliches zur allgemeinen
Lefriedigung leistete der Festwirth Herr Johann
Weirich, der in Bezug auf Speise und Trank
und Raschheit der Bedienung alles Lob verdient.
Nach 9 Uhr trat die Gesellschaft unter den Klängen
er Musik den Heimweg an, um sich noch einige
Stunden in Weirich's Viergarten zu vergnügen.
*St. Ingbert, 14 Juli.“ Die Gemahlin
unseres Reichstagsabgeordneten, Frau Hüttenwerks⸗
besizer Ozkar Kramer dahier, und deren Mutter,
drau Bankier Hauck aus Frankfurt, haben für
die hiesige protestantische Kirche eine Thurmuhr
estif et. Die Herstellung des Werkes ist dem
Thurmuhrfabrikante a Herrn Sed bo nd in Lamen
ibertagen.
Nach einem Zirkular des kgl. Bezirksamts
domburg haben die Einlagen in die dortige Be—
sezirksSpar⸗- und Hirfstasfe, welch:
r 10 Jahten gegründet wurde, bereils die Summe
»on 8303,000 “Hark überstiegen, worunter sich
808 Mark 69 Pfg. aus 44PfennigSpar—
asfen befinden. Die Gesammsumme ist dis auf
an bestimmungsgemäßen Reservefondsan 408
Sculdner (Hypothelen oder Handschrift unter dop⸗
welter Bürgschaft gegen annuitaͤlenweise Rückzahlung)
Botliehen. Ursprünglich nur für die Distriki
bonbins und Waldmohr bestimmi, ersireckt fich die
v und Hilfskasse seit 1882 auch auf den Kanton
andstuhl. Di- sen zwei Jahren errichteten Pfen—
Montag. 14. Juli 1884.
nig⸗Sparkaffen, welche sich an die Spar⸗ und
hilfskasse anlehnen, haben bereits die Zahl 44
erreicht.
— Die 42. Generalversammlung des Vereins
Pfälzischer Thierärzte findet Samstag
den 9. August, um 11 Uhr Vormittags, im Zwei⸗
hrücker Hof zu Zweibrücken statt.
— Eduard Jost bringt im A. W.“ in Er—
nnerung, daß es vor wenigen Tagen gerade 195
Jahre waren, daß Landau von einem ent—
jetzlichen Unglück heimgesucht wurde. In der Nacht
yom 27. Juni 1689 nämlich brach dort an sech?
Stellen zugleich Feuer aus, das französische Hand
in beispielloser Tücke gelegt hatte. Am ärgsten
wüthete das Feuer im „Maulbeerbaum“ und im
sogenannten „Salzhause“. Die Franzosen hatten,
um jedes Löschwerk zu verhindern, die Queich in
die Festungsgräben abgeleitet und alle Löschgeräth⸗
schaften beseitigt. Am Morgen des 29. Juni war
die einstige Reichsstadt Landau in einen ungeheuren
Aschenhaufen verwandelt, aus dem wie klagend
aur der Thurm der Stiftskirche, der Giebel der
Augustinerkirche in der Königsstraße und der Thurm
der Katharinenkapelle emporragte. — Vielen Pfäl⸗
zern wird es nicht bekannt sein, daß der Pfalzver⸗
vüster Monclar seine letzte Ruhestätte in Landau
zefunden hat. Derselbe liegt hinter dem Hochaltar
der Stiftskirche begraben, und die schwarze Mar⸗
nortafel auf dem prachtvollen Grabmonument nennt
diesen Schergen des „großen“ Königs Ludwig XIV
heros magnanimus“ — und „Seipio christianus!“
— Nun, wir stehen heute anders da und wollen
die Todten ruhen lassen.
— Von der Haardt wird berichtet, daß trot
des Auftretens des Heuwurmes die Aussichten auf
einen ertragreichen Herbst recht gute seien. — In
Frankenthal wurde bei sonst völliger Windfiille
am vorletzten Samstag in der Nähe der Leck'schen
Mühle ein Wirbelwind beobachtet, der eine
zrößere Anzahl zum Trocknen aufgehängter Wäsche⸗
tücke in die Luft wirbelte, einige sogar auf Nim—
merwiedersehen entführte. — Deidesheimer
188 Ler Weine sind zur Zeit ein gefragter Artikel;
in letzter Zeit wurden dort verschiedene Käufe ab⸗
geschlossen zu 2500, 83000 Mark und höher
1882er dagegen ist wenig gefragt und 1888er auch
nur in kleinen Posten. Die Aussichten für den
derbst sind wieder sehr gute. — Auf der Straße
don Bruchweiler nach Bobenthal wurde plötzlich
das Pferd des Bauunternehmers Lucas aus Pir⸗
masens scheu, ging durch, sprang die Straßen⸗
döschung hinab, die Chaise flürzte um, wobei Herr
Lucas bedeutende Verletzungen davontrug, während
der Kutscher durch einen Sprung sich rettete. —
In Dahn feierten die Eheleute Marr Leiser am
Dienstag das Fest der goldenen Hochzeit. — In
Wilgartswiesen ging am vorletzten Samstag
ein schweres Unwetter mit Hagel nieder, welches
diel Schaden anrichtete. Die Queich stand 40 em
über den bis jetzt bekannten höchsten Wasserstand.
— In Oppau wollte vor Kurzem ein junger
Mann ein lange geladenes Gewehr abfeuern. Das⸗
selbe zersprang und brachte dem jungen Manne
zrhebliche Verletzungen bei. — In Wolfstein
wurde der in einer Sandgrube beschäftigte Bäcker
Behm von einer herabstürzenden Sandschichte ver⸗
chüttet, wobei er beide Beine und einen Arm brach,
außerdem noch verschiedene Quetschungen erlitt.
Man zweifelt an seinem Aufkommen.
— Speyer. Bei dem am 16. ds8. Mis.
in Kirchhbeimbolanden stattfindenden Jabresfeste des
19. Jahrg
Hauptvereins der Pfälzischen Gustav⸗Adolf ⸗Stiftung
werden mit Allerhöchster Genehmigung als aus⸗
wärtige Festredner auftreten die Herren Geheimrath
Dr. Firnhaber aus Wiesbaden, Stadtpfarrer Ruck-
haber aus Mannheim, und Siadipfarrer Ritsert
aus Darmstadt. Da die vorberathende Versamm⸗
lung schon am Vorabend des Festes stattfinden
muß, so wird das Eintreffen der Herren Abgeord⸗
neten am Festorte schon Dienstag den 15. Juli
erwartet.
— Aus der Pfalz, 10. Juli. (Kulius⸗
Umlagepflicht. — Eisenbahnprojekte) Von dem
Bezirksamt Speyer ist betreffs der Kultus-Umlage⸗
pflicht in gemischten Ehen eine Entscheidung ge—
troffen worden, welcher eine tiefeingreifende Be—
deutung innewohnt und die deßhalb mit großer
Lebhaftigkeit allerwärts in der Pfalz besprochen
wird. In Ludwigshafen und anderwärts bestand
nämlich bisher der Brauch, daß bei gemischten
Ehen für die eine Hälfte der umlagepflichtigen
Steuersumme der protestantischen, für die andere
Hälfte der katholischen Kultusgemeinde die ent⸗
sprechende Umlage geleistet wurde. So betrug
z. B. dortselbst die Kultusumlage für die katholische
irchengemeinde 10 pCt., für die protestantische
dagegen nur 8 pCt. Hiergegen wurde kuürzlich von
einem Betheiligten Beschwerde erhoben und letztere
auf Grund des Gesetzes vom 17. Nov. 1837 für
begründet erachtet. In demselben heißt es: „Die
Umlagen, welche für Zwecke des Kultus einzutreten
haben, erstrecken sich auf alle Religionsgenossen der
betreffenden Pfarrei, nach Maßgabe ihrer in dem
Sprengel derselben zu entrichtenden Gesammisteuer“.
Diese bisher in Ludwigshafen und anderen Orts
unangefochten beobachtete Praxis wird nun für die
Folge nicht mehr zur Geltung kommen, es soll
pielmehr nur derjenige Theil, welcher Steuern in
der betreffenden Kultusgemeinde entrichtet, nach
Maßgabe derselben zu den Kultusumlagen heran⸗
gezogen werden. Hiernach hätte also eine in ge⸗
mischter Ehe lebende Frau nur dann Kultusum⸗
lagen zu zahlen, wenn sie besonders steuerpflichtig
ist. — Die mit den letzten Landtagssitzungen in
München verstummten Erwägungen der verschieden⸗
sten Bahnbauprojekte in der Pfalz, an denen es
bekanntlich in keinem Kreise fehlt, werden seit
einigen Tagen aufs Neue rekapitulirt und mehrere
Linien sehr angelegentlich in den Blättern zur
Ausführung empfohlen. Als besonders rentabel
gilt dabei allgemein eine selbst von der kgl. Staats⸗
regierung längst in's Auge gefaßte Sekundärbahn
Dürkheim⸗Ludwigshafen. Möglich ist es sogar, daß
an deren Stelle eine Hauptbahn treten könnte.
Die Projektirungskosten sind von den betheiligten
Gemeinden bereits nahezu voll aufgebracht. Das
ist also schon ein erheblicher Schritt zur Verwirk—
lichung des qu. Bahnbaues. Weniger günstig sind
die Aussichten der Bitscher Bahn. Hier gilt es
noch sehr, Beweise für die Nothwendigkeit oder
Nützlichkeit eines solchen Unternehmens beizubringen.
In dieser Hinsicht macht man soeben auf die in
der That vielversprechende Ausbeute des Franken⸗
holzer Kohlenbergwerks aufmerksam. Neuere Unter⸗
suchungen haben ergeben, daß dasselbe bei gutem
Betriebe recht gut im Stande wäre, mit den Gruben
von St. Ingbert zu konkurriren und den Elsaß
auf dem billigsten Wege dann mit Kohlen zu ver⸗
sorgen. Durch frühere Arbeiten schon hat die
Frankenholzer Gesellschaft in einer Tiefe von
300 Mtir. sieben bauwürdige Flötze aufgeschlossen
mit einer Gesammtmächtiokeit von 7144 Mir Ooßlen