Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Internationale“ gegeben, wo es eine Idee gegeben 
hjabe. Vor 1789 habe selbst eine Internationale 
es Adels existirt. Er verlangt vor Allem die 
Begnadigung Krapotkins „dieses Philosophen“, und 
vbeleuchtet das Mißverhältniß der Strafe und der 
Verbrechen, die Louise Michel begangen habe, die 
darin bestanden, daß sie eine schwarze Fahne 
spazieren geführt habe. Dafür seien sechs Jahr 
sehr hart. Ein junger Legitimist, der neulich eine 
weiße Fahne aufgepflanzt, sei nur in sein Regiment 
zurückgeschickt worden (C,und Bontoux!“ wird aus 
der Versammlung dazwischen geworfen) Bontour 
befindet sich in Freiheit. Der Minister des Innern, 
Waldeck⸗Rosseaun, erwiedert hierauf sehr sachlich: 
Die Amnestie ist eine politische Maßregel, die einen 
Konflikt zwischen zwei Parteien voraussetzt, in dem 
der eine der Sieger, der andere der Besiegte ist. 
Diejenigen Personen, für die man die Amnestie 
derlangt, sind wegen Aufreizung zur Plünderung 
und zu Vergehen des gemeinen Rechts verurtheilt. 
Lange hat man geglaubt, diesen Aufreizungen durch 
die Verachtung antworten zu können. Schließlich 
hat aber eine Handvoll Menschen eine ganze Be⸗ 
Fölkerung tyrannisirt. Keine Partei kann diese 
Menschen für sich reklamiren, die aus dem Fort⸗ 
chritt der Wissenschaft eine Waffe gegen das Vater⸗ 
land machen. Die „Internationale“ ist ja die 
Negation des Vaterlandes. Die Regierung weist 
mit Energie jede Amnestie zurück! (Großer Lärm 
bei den Radikalen.) Wem würde sie zu Gute 
kommen? Den Berühmtheiten der Zuchtlosigkeit, 
nicht den Verführten. Für die Letzten ist die Gnade 
da, sobald sie Reue fühlen. Was aber die Führer 
anlange, so habe er weder den Geschmack, noch 
das Bedürfniß, um ihre Freundschaft zu werben. 
Lebhafter Beifall im Centrum.) Auch der radikale 
Abgeordnete Laguerre, der in der korsischen Frage 
eine so seltsame Rolle spielte, vermag Louise Michel, 
deren Leben so rein, so groß sei, nicht dem Gefäng⸗ 
niß zu entreißen. Schließlich endete diese bei 
erdrüdender Sonnengluth heiß geführte Diskussion 
mit der Ablehnung des Amnestie-Vorschlags durch 
eine Majorität von 160 Stimmen. Von allen 
Seiten wurde die korrekte Haltung des Ministers 
des Innern anerkannt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 15. Juli. Zu dem am 
nächsten Sonntag, den 20. ds. Mis., stattfindenden 
l10-jährigen Stiftungsfeste unseres Krie— 
gerbereins haben bereits 20 Vereige mit circa 
300 Mitgliedern ihre Betheiligung zugesagt. Etliche 
derseiben werden ihre eigne Musik mitbringen. Als 
Festplatz ist der hohe Bu chenwald am Schürer 
Weg, rechts oberhalb Schloß Elsterstein, bestimmt. 
Als Festmusik hat der hiesige Kriegerverein die 
Kapelle Lindener von Altenwald engagirt. Keine 
Vorbereitung zur Verherrlichung des Festes wird 
bersäumt. Allen Anzeichen nach scheint denn auch 
das Fest großartige Dimensionen anzunehmen, und 
dürfte sich unsere Stadt bei rinigermaßen günstiger 
Witterung am nächsten Sonntage eines bedeuten⸗ 
den Zuspruchs von Fremden zu erfreuen haben. 
Sit. Ingbert, 15. Juli. Gegenwärltig 
zirkuliert hier eine Liste, welche zur Gründung eines 
Farten“ und Obstbauvereines für unsere 
Stadt auffordert und zugleich zum eventuellen Bei⸗ 
sritle einladet. Wir freuen uns dieses gemeinnützigen 
Vorhabens um so mehr., als die Ausführung des— 
selben durch zahlreiche Beitrittserklärungen bereits 
Jesichert ist. Wie wir hören, hat der durch seine 
zusgezeichneten praktischen und literarischen Leistungen 
nuf dem Gebiete der Pomologie bekannte Herr 
Pfarrer Rütter in Erfweiler den Bestrebungen 
der hiesigen Garten- und Obstbaum⸗Freunde that⸗ 
kräftigste Unterstützung zugesagt. 
x*Im benachbarten Rohrbach brannte, 
wie uns mitgetheilt wird. in der verflossenen Nacht 
»in Wohnhaus ab. Näheres über den Brand konnten 
wir nicht erfahren. 
R. Von der Blies, 13. Juli. Einige Nach⸗ 
zügler haben die verflossene Woche die Heuernte 
Feschlossen. Der Ettrag derselben ist bezüglich der 
Qualität sowohl, als auch der Quantitaͤt ein sehr 
guter zu nennen. Keine Handvoll schlechtes Futter 
Hurde eingebracht und gegen die vorjährige Ernte 
hat die heurige gut 50 oo mehr ertragen. — Gleich⸗ 
eitig hat auch in der abgelaufenen Woche die 
ornernte begonnen. Wenn auch der Rost, 
er vor etwa 6 Wochen unsere Kornflur befallen, 
auf eine mindergute Kornernte schließen ließ, so 
zan doch das anbhaltend trockne Wetter und die 
SZonnenhitze vielen Schaden wieder gut gemacht, so 
»aß das Sprüchwort wiederum seinen alten Werth 
»ehält: Die Sonne scheint keinen Bauer aus dem 
rand. — Die Leiche des am 11. ds. Mts. beim 
Baden in der Blies ertrunkenen, zwölfjährigen 
Znaben des Schneiders Jörg von Blickweiler ist 
»is heute Nachmittag noch nicht aufgefunden worden. 
R. Von der Blies, 14. Juli. Heute Mor— 
gen zwischen 5 und 6 Uhr brachte ein heftiges 
Hewilter uns wiederum eine nicht zu unterschätzende 
Regenmenge; jedoch hat der Thermometerstand nach 
»emselben sich nicht wesentlich verändert. 
— Frankenthal, 14. Juli. Ein gräß— 
licher Unglückefall ereignete sich vorgestern nacht 10 
Uhr in der hiesigen Stärkefabrik. Ein Ardeiter, 
ein ungemein kräftig gebauter Mann wurde von 
einem Riemen erfaßt, kam in die Transmission 
und wurde derart herumgeschleudert, daß er mit 
zerdrücktem Kopf, ausgerissenem Arm und sonst zer⸗ 
chmetterten Gliedern aus dem Getriebe tot heraus⸗ 
zezogen wurde. Der Verunglückte war verheiratet 
ind 'hinterläßt eine trauernde Witwe nebst einem 
inde. (Fr. Tgubl.) 
—Ein guter Einfall. In einem pfäl—⸗ 
ischen Dorfe wurde einem Manne iu den letzten 
stächten aus seinem Dickrübenloche mehrmals Dick- 
rüben entwendet. Der Bestohlene machte seine An⸗ 
eige und die betreffende Vehörde, Polizeidiener und 
Feldschütze, wachten mehrere Nächte, allein — sie 
rwischten den Dieb nicht. Endlich wurde den 
Wächtern des Gesetzes die Sache zu langweilig und 
ie sannen nach über Mittel und Wege, wie sie den 
Dieb erwischen könnten, ohne ihre nächtliche Ruhe 
ppfern zu müssen. Beim Feldschützen wurde lange 
Jeit hierüber vergeblich beratschlagt, bis derselbe 
udlich mit wichtiger Miene ausrief: „Halt! ich 
abs! Da hab ich neulich vom Verfasser der 
Ostereier“ (Christ. Schmid) eine Geschichte gelesen, 
vie jemand einen Eierdieb endeckt hat. So müssen 
vir's auch machen,“ „O geh,“ sagte ein Dritter, 
der an den Beratungen theilgenommen, „Eierdieb 
ind Dickrübendieb, wie paßt das zusammen?“ 
Aber der pfiffige Polizeidiener ließ sich nicht beirren 
ind teilte insgeheim dem Feldschützen seinen Plan 
nit, der dann auch verständnißinnig mit dem Kopfe 
azu nickte. Nächilicherweile aber machte sich Feld— 
hütz und Polizeidiener an der befagten Dickrüben— 
zrube etwas zuschaffen und gingen dann ruhig 
jachhause. Zwei Tage später kommt wieder die 
Neldung: es sind abermals Rüben gestohlen worden 
Der Polizeidiener eilte zum Feldschützen; „Allons, 
asch! Sie sind gestohlen; jetzt kriegen wir den 
Dieb!“ Beide gehen nun zu jemanden, den sie schon 
ängst im Verdachte des Diebstahls hatten. „Habt 
hrnoch von den Dickrüben, die Ihr neulich im 
keller gehabt?“ Gei diesem war nähmlich vor 
urzem in diesbezüglicher Angelegenheit Untersuchung.) 
O ja, wollt ihr dadon kaufen? ich habe noch ge— 
zug.“ „So, dann holt sie!“ Er holt sie, zeigt 
je. Mit Argusaugen besehen Polizeidiener und 
Feldschütz die Rüben mit den Worten: „Sind die 
iuf Euerm Acker gewachsen?“ „Ja“, antwortete 
zer Gefragte, „hinten auf meinem Allmendstück, das 
zhr ja kennt.“ „Ei, ei,“ lächelte der Polizeidiener, 
seit wann wachsen denn in Euere Rüben solche 
leine Hölzchen hinein?“ Der Diehb verstummte 
r war entlarvot. 
— In Cincinnati Ehio) hielt der dortige 
Rheinpfälzer Männerchor“ am 15. Jun 
eine Fahnenweihe ab, welche Festlichkeit eine un⸗ 
—DV——— 
on zwölf in Weiß gekleideten Damen überreicht 
vurde, ist aus schwerer Seide, 713 Fuß lang und 
3 Fuß breit. Die eine blaue Seite zeigt eine Lyra 
nit Eichenkranz umgeben, um welchen die Worte 
tehen: „Rheinpfälzer Männerchor, gegründet 25 
März 1883.“ Die andere rothe Seite trägt die 
Inschrift: „Gesang verschönert das Leben.“ Auf 
eiden Seiten ist in der obersten Ecke die Ver— 
inigten⸗Staaten⸗Fahne angebracht. Als Festjung— 
rauen fungirten die Damen Frl. Amalie Heß, M. 
federmann, K. Diehle, K. Arnold, Schauffert, 
zurck, Lübbert, Schäntzle, Frau Hoffmann, Rühl—⸗ 
nann, Martill und Lehmann. Die Festrede hielt 
herr Schuck und citiren wir aus derselben folgende 
„tellen: „Das deutsche Volk ist ein singendes 
holk, die süßen Klänge seiner köstlichen Lieder, die 
zer Deutsche bis in die Urwälder fremder Regionen 
rtönen läßt, zaubern ihn wie im Traume hin in 
ene heimathlichen Gefilde, nach welchen das Heim⸗ 
veh in unseren Herzen nie ganz erstickt. Wer als 
Zfälzer könnte die frohliche Vfalz ganz vergessen? 
Und indem unser Lied hier erklingt, ist es unz 
als hören wir das Rauschen durch die gesegnelen 
Gauen der verlassenen Heimath, und als llänge 
sein Echo zu uns herüber von den Bergen unh 
Rebenhügeln, da wir uns als Kinder einst lustig 
tummelten. Unsere herrliche Fahne, der wir nun 
folgen, erinnere uns mit ihrem blauen Grunde an 
unser liebes altes Vaterland, dem wir dankbar sein 
wollen, indem wir das deutsche Lied pflegen umd 
damit auch deutsche Sprache und deutsche Sitte ehren. 
Aber auch jenes Sternenbanner geinahne uuns, daß 
wir in dem Lande wohnen, das nun im Völkerge 
woge eine feste Burg der Freiheit ist und bleiben 
soll, und daß zum Leben mehr gehört, als der he— 
rückende Mammon, der auch die Besten in seinen 
verderblichen Abgrund lockt — das laßt uns als 
gute Amerikaner zeigen, indem wir, anhänglich und 
treu unserem jetzigen Heimathlande, höhere und ed— 
lere Genüsse erstreben, dazu erwecke uns siets das 
deutsche Lied.“ (Pf. Vztg.) 
Vermischtes. 
Karlsruhe. Der in letzter Zeit einge⸗ 
tretene Krach in amerikanischen Eisenbahnpapieren 
hat sich zwar in ganz Süddeutschland fühlbar ge— 
macht, ganz empfindlich ader ist von ihm die sons 
qgöchst solide badische Residenz betroffen worden. 
Das Unglück hat es gewollt, daß gerade hierher 
die Bonds der Denver Rio Grande und der Buffalo 
Pittsburg Bahn, welche beide gut empfohlen waren 
hcen Lauf nahmen, stärker als nach irgend rine 
Stadt Süddeutschlands. Von beiden Bahnen 
jollen sich mehrere Hunderttausend Dollars sich in 
der Stadt befinden und leider nicht etwa bei kühnen 
Spielern und Spekulanten, sondern in zahlreichen 
bürgerlichen Familien, welche namentlich nach 
derabsetzung des Zinsfußes der deutschen und zum 
Theil auch der österreichischen Papiere sich wieder 
einen höheren Zins verschaffen wollten. Leider ist 
auch in amerikanischen Aktien spekulirt und dabei 
viel Geld verloren worden. Ein hiefiger Bankier 
und der Mitdirektor eines Mannheimer Bankinstituts 
begeben sich schon in den nächsten Tagen nach 
Newyork, um an Ort und Stelle über den Stand 
der Buffalo⸗Pittsburg Bahn sich Gewißheit zu ver— 
chaffen. Auch im vorigen Jahre hatte schon eir 
darlsruher Bankier die gleiche Oceanreise zu einen 
ihnlichen Zwecke gemacht. Ausdrücklich sei hien 
veigefügt, daß kein Bankhaus oder Kredttinstitut in 
irgend einer Weise durch diese Verluste erschütter 
worden ist; im Gegentheil ist es ja das besondert 
Kennzeichen der Verluste in „Amerikanern“, daß 
don ihnen ganz vorzugsweise das Privatpublikum 
betroffen wird, an welchem solche Papiere hängen 
bleiben. Mit den eigentlichen Emmissionsfirmen 
welche zum Theil riesige Gewinnste machen, sollt 
die öffentliche Meinung ganz anders zu Gerich 
zehen, als sie es in Wirklichkeit thut. Die Ver 
luftziffern, welche hier für einzelne Familien in 
einer und derselben Gattung solcher Papiere genannl 
werden, sind fast unglaublich und heweisen immer 
hin, daß der unumgaͤnglichste Grad von Vorsicht 
Rer bei Geschäften solcher Art denn doch erkorderlid 
st, gefehlt hat. 
FMannheim, 14. Juli. Gestern Abend 
gegen 7 Uhr wurde die Feuerwehr alarmirt: daß 
am Rheinhafen gelegene Zoll-Lagerhaus stand in 
hellen Flammen. Der reiche Inhalt fiel demn 
vwüthenden Element zum Opfer. Die Löscharbeiter 
nußten sich auf die Rettung der benachbarten Ge⸗ 
zäulichkeiten beschränken. Da im Laufe des Taget 
Riemand Zutritt zu dem niedergebrannten Haue 
hatte, vermuthet man, daß durch Selbstentzündung 
einer dort lagernden Waare der Brand verursach! 
vurde. Noch in den Morgenstunden stiegen Flam— 
men und dichter Rauch von der Brandstätte auf 
Die 37 Bierbrauereien München— 
haben in der 1888,83er Sudperiode zusammen 
749,550 Hektoliter und die drei Weißbierbrauereier 
usammen 11,145 Hektoliter, mithin die 40 Braue⸗ 
eien Münchens im Ganzen 760,695 Heltoliten 
Malz versotten. Der Aerarialmalzaufschlag hierau— 
heziffert 4,364, 170 Mk., was ungefähr dem achter 
Theil des budgetgemäßen Anschlags des Malzau— 
chlagsgefälles im Königreich überhaupt entspricht 
Die Spatenbrauerei Gebr. Sedlmayer allein enb— 
cichtet für 147,528 Hektoliter 875.168 M. Aera⸗ 
rialmalzaufschlag. 
4 Eine Anzahl Münschener Bürger hat au 
dem Gedonschen Nachlasse ersteigerte — 
iterumerin anen Gesammtankaufswerthe don 
ben 14000 Ni. dem dahrischen Nationalmuse—