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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
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Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 14. Juli. Die kgl. Kreisregier⸗
ingen sind beauftragt, zum Vollzug des Reichsge⸗
ehes vom 15 Juni 1883, betr. Kran kenver—
sherung der Arbeiter, von den königlichen
hezirksämtern bis längstens J. August ds. Is.
die Berichte der ihnen untergebenen Gemeindebehörden
jber die Höhe des im Gemeindebezirk üblichen Tage—
sohns gewöhnlicher Tagarbeiter einzufordern und
mit gutachtlicher Aeußerung vorzulegen.
300 Millionen egyptische Bonds.
die Mittheilung der Nordd. Allg. Ztg., daß wir
q Süddeutschland an 300 Miillionen egyptische
gonds haben, hat doch allgemein überrascht; so
hoch hat man den Betrag kaum geschätzt. Daß
inter diesem Gesichtspunkte das Interesse Deutsch⸗
lands an der Regelung der egyptischen Finanzen
nindestens gleichberechtigt dem französischen und
aglischen wird, ist fraglos.
Berlin. Der französische Botschafter war beauf⸗
ragt, dem Bedaue rn seiner Regierung Ausdruck zu
—V
inem Gasthof angebrachte deutsche Fahne
neruntergerissen geworden ist; wegen der Schnellig—
eit des ganzen Vorganges habe die Polizei nich!
rechtzeitig einschreiten können.
Der „Reichsanzeiger“ publiziert das Inkraft—⸗
relen des Reichsversicherungsamtes sowie
ie Bekanntmachung, betreffend die Anmeldung der
infall versicherungspflichtgen Betriebe. Damit
mpfinden wir zum erstenmale das Inslebentreten
ieser großen Institution, welche bestimmt ist, Bahn
u brechen auf einem bisher von keinem Staate
etretenen Gebiete. Es ist gar nicht so lange her,
sa war Deutschland der Spott aller Völker nicht
uur inbezug auf seine auswärtige Vertretung, son⸗
ern auch inbezug auf seine inneren Verhältnisse,
dielregiererei und sozialen Zustände. Wie hat sich
das alles seit 25 Jahren verändert! Derselbe
Nann, welcher dem Deutschen Reiche nach Außen
in nie dagewesenes Ansehen verschaffte, hat mit
äiner großartigen Vielseitigkeit des Genies auch die
innere Politik und das soziale Leben des Volkes
auf Bahnen gelenkt, welche vom Auslande bewun⸗
ert und gleichfalls beschritten werden. Wie oft
var der Vorwurf ausgesprochen worden, daß
hreußen als Militärstaat wenig oder gar nichts
iür die Industrie und die Arbeiter gethan habe,
ind nun finden wir dasselbe Land, resp. Deutsch—
and an der Spitze der industriellen und der Ar⸗
riterbewegung marschierend. Lernen wir daraus,
uß der Wille alles kann und wünschen wir, daß
ese Aera des Willens sich auf die ganze Zukunft
yer deutschen Geschichte übertragen möge.
Ausland.
Bad Gastein, 15. Juli. Kaiser Wilhelm
tum 594 Uhr Abends hier wohlbehalten einge—
teen und von den Sitzen der Behörden und dem
dublikum herzlichst begrüßt worden.
„VPVaris, 14. Juü. Die Feier des National-
ües verlief wie in den Vorjahren. Der Truppen⸗
rewue, sowie der Rebue der Schülerbataillone auf
em Stadthausplatze wohnte eine zahlreiche Volks⸗
denge bei. Vor der Elsaß⸗Statue erschien so viel
doll als vorher noch nie und gab seiner Revanche—
ust in der ungestümsten Weise Ausdruck. Vor
m Hotel Conitental wurde die Feier durch einen
dwischenfal gestört. Mehrere Schüler eines Collegs
Donnerstag, 17. Juli 1884.
19. Jahrg.
gewahrten deutsche Fahnen und forderten durch
Rtufen und Schreien zum Zurückziehen derselben
auf. Hinzukommender Pöbel zerriß die Fahnen
und schlug die Fensterscheiben an der Eingangsthür
zum Hotel in der Rue Castiglione ein. Als Je—
mand rief: „Nieder mit Frankreich!“ erhob sich
wüthendes Geschrei: „Ins Wasser mit den Prussien!“
Derjenige, welcher diesen Ruf erhoben, rettete sich
durch das Marineministerium, das zwei Ausgängt
hat. Die Polizei zerstreute die Ruhestörer.
Paris, 15. Juli. Die Morgenblätter sprechen
ich mißbilligend über den gestrigen Vorfall am
Hotel Continental aus. „Figaro“ sagt, weder die
Hariser Bevölkerung, noch die Regierung sei für
derartige Vorfälle verantwortlich; das seien keine
Patrioten, die sich solche Handlungen zu Schulden
kommen ließen, sondern Schwachköpfe oder Agents
provocateurs.
Hrn. Lehrer Krebs in Weidenthal für die an der
Volksschule erledigte Stelle gewählt; demselben wer⸗
den die außerhalb verbrachten Dienstjahre angerechnet,
odaß sein Gehalt 2160 Mk. beträgt.
— Speyer, 14. Juli. Unfere Stadt hat
zestern ihrem Ehrenbürger Hilgard einen
'o festlichen Empfang bereitet, wie er einem Manne
zebührt, der in fernem Lande zu Macht und An—
jehen gelangt, seiner Heimath stets in so überaus
verkthätiger Liebe gedacht hat. Hilgard hat im
Dollarlande mit Eisen Bahn gebrochen der Kultur,;
er hat mit rastloser Energie weite Landstriche dem
Weltverkehr erschlossen und dadurch vor Allem sich
den Dank der Nation erworben, der er in erster
Linie gedient. Wie diese ihn heimgezahlt, ist in
zuter Erinnerung. Um so herzlicher begrüßen die
Pfälzer ihren Landsmann, auf dessen Thaten sie
ttolz sind. Sein Einzug in Speyer glich
auch dem eines Fürsten. Mit dem um 128
Uhr Abends von Neustadt hier eintreffenden Zuge
kam Herr Hilgard an in Begleitung des ihm ver—
wandten Herrn Dr. Bürklin mit Gemahlin aus
Wachenheim und seines Freundes Herrn Regierungs⸗
rath Späth, der ihm nach Schifferstadt entgegen⸗
zefahren war. Im Bahnhofe wurde er empfangen
on dem Herrn Bürgermeister mit den beiden
Herren Adjunkten, dem Vorstande des Diakonissen⸗
hauses und einigen Herren vom Presbyterium, die
hn nach kurzer Begrüßung zu den bereitgehaltenen
Wagen geleiteten. Eine große Menschenmenge er⸗
wartete den Ehrengast und gab ihrer Freude Aus—⸗
druck durch stürmische Hochrufe, die sich fortpflanzten
durch die mit Fahnen und Laubgewinden
eich gezierten Straßen, durch welche der
Zug seinen Weg nahm. Um 14 10 Uhr brachte
die Liedertafel dem Herrn Hilgard ein Ständchen.
Sie stellte sich mit ihren buͤnten Leuchten in dem
in farbigem Lampenschein erglänzenden Garten vor
der Wohnung des Herrn Späth auf, bei dem der
Befeierte abgestiegen ist. Nachdem sie das Lied
„In der Ferne“ gesungen, wurde der Ausschuß der
Liedertafel von Herrn Hilgard empfangen, der
einen herzlichen Dank aussprach für die schöne
Dvation. „Frühlingsnahen“ und,Das deutsche
Lied“, herrlich vorgetragen, bildeten den Schluß des
Ständchens, welches einer tausendköpfigen Zuhörer⸗
chaft hohen Geauß bereitete. Mit einem dreifachen
Hoch auf den Ehrenbürger unserer Stadt zog die
Liedertafel sich zurück, beschienen vom bengalischen
Lichte, welches Garten und Haus zu einem farben⸗
reichen Bild gestaltete.
— Die pfalz. Bahnen vereinnahmten im
exsten Halbjahr 1884 7,015,486 Mk. ; gegen den
zleichen Zeitraum von 1883 ist das ein Mehr von
324.,711 Mk.
LZokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 17. Juli. Wie wir der
Juli⸗Nummer der „Phöbe“ entnehmen, haben Herr
und Frau Heinrich Krämer von hier in
hochherziger Weise der Diakonissenanstalt in Speyer
ils Jubiläumsgabe ein Geschent von baaren 2000
Mark gespendet zur Ausstattung einer
ranzen Krankenabtheilung.
— Dahn, 14. Juli. Heute früh hat der
Blitz in den Thurm der kath. Kirche zu Bruch⸗
weiler eingeschiagen und gezündet; doch hat die
Feuerwehr den Brand noch im Entstehen unterdrücken
dnnen, sodaß also ein erheblicher Schaden nicht zu
v»eklagen ist.
gKaiserslautern, 18 Juli. (Pfälz.
Gewerbemuseum.) Der Herr Bierbrauereibesitzer
Zarl Engel aus Philadelphia hat gelegentlich
einer Anwesenheit hier dem pfälz. Gewerbemuseum
500 Mtk. zum Ankaufe eines Kunstgegenstandes für
dessen Sammlungen überwiesen.
— Kaiserslautern, 15. Juli. Herr
Heinrich Hilgard traf heute Morgen mit dem Schnell⸗
ug 1040 in Begleitung Sr. Excellenz des Hertn
RKtegierungspräsidenten v. Braun und des Herrn
Regierunzsraths Späth hier ein. Am Bahnhafe
varen zum Empfange des Herrn Hilgard Herr
Bezitksammtmann Schmitt, Herr Bürgermeister Reu—
neher, die Herren Adjunkten Dr. Orth und Gelbert,
die Mitglieder des Stadtraths, Herr Direltor Spatz.
die Ausschußmitglieder des Gewerbemuseums, Herr
Rector Rohe als Vorstand des Gewerbevereins, so—
vie mehrere hervorragende Industrielle erschienen.
Herr Bürgermeister Neumayer begrüßte den gefeier⸗
en Gast Ramens der Stadt mit einer kurzen warmen
Ansprache, die derselbe mit herzlichem Dank erwi—
erie, und es fand alsdann die Vorstellung der
Anwesenden statt, worauf man sich in die bereit
tehenden Chaisen begab und zum Gewerbemuseum
uhr.
— Landau, 14. Juli. Vor der Straf—
'ammer des kgl. Laadgerichts wurde heute das Ur—
heil gegen den Weinhändler Joseph Kern
don Roschbach verkündet. Dasselbe lautet auf
1500 Mk. Geldstrafe wegen Weinfälschung und auf
500 Mark Geldstrafe wegen Verkaufs gefälschten
Weines in 10 Fällen.
— Edenkoben. Die hiesige Löwenapotheke
nebst Haus ging gestern durch Kauf in den Besiz
des Apothekets Herrn G. Ludwig um den Preis
hon 100,000 Mk. über.
— Neustadt. Der Stadtraih hat mit 15
Stimmen gegen die eine des Hrn. Bürgermeisters
Vermischtes.
Aus Straßburg, 14. Juli, wird folgen⸗
des gemeldet: Einige Unteroffiziere saßen gestern,
Sonntag Nachmittag, in der Wirthschaft zur Krone
in Eckbolsheim, woselbst sie von den verschiedenen
Burschen von Eckbbolsheim beschimpft wurden, sodaß
sich der Wirth und die Gäste veranlaßt sahen, die
Ruhestörer an die Luft zu fetzen. Die Unteroffi⸗
ziere entfernten sich und begaben sich nach Fort
Bismarck, von wo einer derselben mit einer Mili—
tärpatrouisle bald darauf nach Eckbolsheim zurück—
kehrte, um die Rädelsführer zu verhaften. Bei
dieser Gelegenheit sahen sich die Soldaten veranlaßt,
don ihrer Waffe Gebrauch zu machen, was den
ungiücklichen Ausgang hatte, daß der Unteroffizier