Full text: St. Ingberter Anzeiger

günstig bleibt und dadurch das Hängengebliebene 
sich um so besser und vosltommener entwickelt. — 
Was das Geschäft betrifft, so ist dessen Lage eine 
vorherrschend ruhige, besonders was die 1883er 
anbelangt. In Dürkheimer 1878er wurde ein 
Posten um M. 1500 pro 1000 Liter und in 
IsSler um M. 825 — 1380 abgegeben. Der 1883er 
notirt, natürlich mit Ausnahme der Hauptweinorte, 
M. 400-500. — Daß unsere Weinpreducenten 
mit dem Ausfall der Arbeiten der betr. Reichs⸗ 
commission in Bezug auf den Artikel Wein nicht 
zufrieden sind, braucht wohl nicht erst noch besonders 
beiont zu werden. Production und Handel hatten 
nämlich gehofft, daß an das Nahrungsmittelgesetz 
selbst die bessernde Hand in dieser Beziehung ge— 
legt werden würde. Doch was noch nicht ist, kann 
ja vielleicht noch werden; gut Ding will eben 
Weile haben! 
gudwigshafen a. Rh., 19. Juli. Wir 
haben jüngst einen Beschluß des kgl. Bezirksamts 
Speyer vom 30. April ds. Is. mitgetheilt, wonach 
die dahier bisher unbestritten gewesene Praxis, daß 
bei gemischten Ehen die Kultus⸗Umlagen zu gleichen 
Theilen auf die konfessionell verschiedenen Eheleute 
ausgeschlagen wurden, als der —X 
lage entbehrend bezeichnet war. Durch Verfügnng 
hoher königl. Regierung der Pfalz vom 30. Juni 
wurde diefer bezirksamtliche Beschluß außer Wirk⸗ 
samkeit gesezt und vinsichtiich der Pflicht zur Zah— 
iung von Kultusumlagen bei gemischten Ehen die 
bisherige Praxis in vdudwigshafen als richtig an— 
erkannt, wonach der Mann für seine und die 
Rultusgemeinde seiner Frau mit je dem halben 
Betrage zu den betreffenden Kultus Umlagen bei— 
gezogen wird. (K.) 
vBei dem furchtbaren Gewittersturm am 16. 
ds. fehlte es bei alledem auch nicht an einer hei⸗ 
seren Scene; vor Oggersheim gegen Franken⸗ 
thal zu, war ein dienstmädchen mit Feldarbeit 
beschäftigt; bei der großen Hitze hatte dasselbe sich 
der Kleidungsstücke bis auf einen Rock entledigt 
und dieselben unter einen Baum gelegt; als der 
Sturm begann und die Kleidungsstücke vor sich 
her trieb, lief das Mädchen denselben nach, konnte 
sie aber nicht mehr erreichen und verlor bei dieser 
Gelegenheit noch den einzigen Rock, den sie trag, 
Idem der Sturm denselben ebenfalls als Beute 
entführte, so daß das arme Mädchen genöthigt 
war, mit dem nothwendigsten Kleidungsstücke, was 
dem Menschen näher liegt als der Rock, den Heim⸗ 
weg anzutreten. 
Bermischtes. 
— Das Liederfest des schwäbischen Sängerbundes 
in Uhm schließt mit einem Defiait von ca. 10.000 
Mark ab. 
Ein neuer liebenswürdiger Zug unseres 
Kronprinzen wird dem „Berl. Tagebl.“ durch 
einen Augenzeugen des nachstehenden Vorgangs 
mitgetheilt: Von Stralau⸗Rummelsburg kommend, 
stieg der Kronprinz gestern gegen Mittag auf dem 
Bahnhof Alexanderplatz aus. Wie üblich, beeilte 
sich der Vorsteher des genannten Bahnhofes, Herr 
Ruͤtmeistet v. Arnim, die Honneurs zu machen 
und den hohen Herrn zu geleiten. Beim Passiren 
der Haupttreppe, an welcher augenblicklich einige 
bauliche Reparaturen vorgenommen werden, wen⸗ 
dete fich der etwa einen Schritt vorausgehende 
Herr v. Arnim um, um den Kronprinzen auf diese 
Jauarbeiten aufmerksam zu machen. Im selben 
Augenblick kam eine Bauersfrau die Treppe herauf 
und lief an Herrn v. Arnim so hart an, daß 
dieser stolperte, mehrere Stufen der Treppe hinun⸗ 
terfiel und sich dabei eine kleine Schramme an der 
linken Schläfe zuzog. Der Bauersfrau aber war 
dabei eine Schnapsflasche, welche sie in der Hand 
trug, entfallen. Der Kronprinz bückte sich, hob die 
Schnapsflasche auf und meinte: „Na, da soll auch 
Finer nicht fallen!“ und zu Herrn v. Arnim ge⸗ 
wendet, fragite er in theilnehmendstem Tone: „Sie 
haben sich wohl wehe gethan?“ — „Nur eine 
kleine Schramme, kaiserliche Hoheit!“ — „Nur 
gleich tüchtig kühlen!“ — „O, kaiserliche Hoheit, 
die Schramme ist nur ganz unbedeutend.“ — 
„Na ja, ich weiß wohl,“ erwiderte der Kronprinz 
Jüt änem Blick auf das eiserne Kreuz, welches 
die Brust des Herrn v. Arnim ziert, „wir können 
alle Beide was vertragen!“ 
Die Zahl der Ehrenbürger von 
Berlin beträgt z. Z. nur noch vier. Es sind 
zies der Reichslanzler Fürst Bismarck, der General 
Feldmarschall Graf von Moltke, der „alte Kochhann“ 
der langjährige Vorsitzende der Stadtverordneten⸗ 
Versammlung, und Dr. Schliemann, der Neuent⸗ 
deder des alien Troja. In früheren Jahren befand 
sich, wie wohl nicht allgentein bekannt sein mag, 
a der Reihe der Berliner Ehrenbürger auch der 
aiser Nikolaus von Rußland, Nachdem dieser im 
Jahre 18388 das Haus Unter den Linden 7 ange⸗ 
auft hatte, machte er dem Magistrat ein Geschenk 
hon 5000 Dukaten, welche Summe infolge eines 
cZommunalbeschlusses zur Verwendung des Nikolaus- 
gürgerhospitals bestimmt wurde. Die Stadt ver⸗ 
ieh damals dem kaiserlichen Wohlthäter das Ehren⸗ 
dürgerrecht. 
P Aus Köln berichtet man der „Frankf. Ztg.“: 
Unser „Hohenstaufenbad!, dies ist der Name 
des hier im Bau begriffenen Winterschwimmbades, 
geht seiner Vollendung entgegen. Anfangs Januar 
jächsten Jahres hofft die Verwaltung dasselbe dem 
Helciebe übergeben zu können. Die Anstalt wird 
thalten: 1) Fin Volksbad, dessen Wasserspiegel 
4,6 m lang und 9,5 mm breit wird; 2) 28 Wan⸗ 
enbäder 2. Kl.; 8) 28 Wannenbäder 1. Kl.; 
) 4 Vollbäder; 5) eine Schwimmhalle für Männer, 
— EVD—— 
) eine Schwimmhalle für Frauen mit ein m Wasser⸗ 
piegel von 19 zu 8 m Größe; 7) ein vollstän⸗ 
diges römisch-irisches Bad; 8) ein Zimmerdampf⸗ 
had. Alle diese Badräumlichkeiten werden mit kalten 
und warmen Douchen reichlich ausgestattet werden; 
endlich 9) einen reservierten Saal und —10) eine 
Wohnung für den Vorsteher des Hauses. Der 
Zostenanschlag beläuft sich auf 340,234 Mk. für 
die eigentliche Bauanlage, 88,8300 Mark für die 
mechanischen Einrichtungen nebst den baulichen 
Rebenarbeiten derselben, 81,466 Mk. für Zinsen, 
Mobiliar und Belriebskapital, dazu 120,000 Mt. 
Zosten des Bauplatzes gibt 600,000 Mk. Aktien⸗ 
apital, für welches die Stadt 312 pCt. Zinsen 
Jarantirt hat. Außerdem hat die Stadt 20,000 
Mark zur Herstellung einer geschmackvolleren Fassade 
in Sandstein beigetragen, außerdem den 2800 Om 
umfassenden Bauplatz zu einem sehr mäßigen Preise 
jergegeben. 
F'Mannheim. Der Verein deutscher In⸗ 
— 0 1-4 September 
. J seine diesjährige Hauptversammlung in Mann⸗ 
heim, wozu seitens des Fest-Comites umfassende 
HZorbereitugen getroffen werden; man rechnet auf 
inen Besuch von ca. 400 Gästen, deren man — 
zußer der Erledigung des wissenschaftlichen und 
geschäftlichen Theiles derartiger Zusammenkünfte — 
Jen Aufenthalt in unserer gastfreundlichen Stadt 
so angenehm als möglich zu machen sucht. Die 
Stadt Mannheim gibt den Festtheilnehmern ein 
solennes Abendessen, außerdem sind Dampferfahrten 
zuf dem Rheine, großartige Festlichkeiten im Stadt⸗ 
harke, verschiedene Diners und Bouquets ⁊c. ꝛc. in 
Aussicht genommen. Der Glanzpunkt des Festes 
dürfte wohl in der für den 2. September endgiltig 
testgestellten Parthie nach dem nahegelegenen Heidel⸗ 
zerg mit seiner unübertroffenen reizenden Umgebung, 
einem herrlichen Schloße etc. liegen; diese mächtigste 
zeutsche Burgruine soll in einer noch nie dagewesenen 
zroßartigen bengalischen Beleuchtung erstrahlen, so⸗ 
zald die Festtheilnehmer auf Kähnen, von Ziegel- 
Jausen kommend, nach Heidelberg zurückehren. — 
da der größte Theil der genannten Kosten durch 
insehnliche freiwillige Beiträge der Industriellen von 
Mannheim und Ludwigshafen gedeckt werden, auch der 
Ztadtrath von Mannheim das Fest in hervorragender 
Weise subventionirt, so dürfe die diesjährige 25. 
dauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure 
vohl zu den glanzvollsten, aber auch zu den minder 
tostspieligsten zu rechnen sein, welche der Verein 
eit seiner Gründnng hatte. 
Saargemünd, 18. Juli. Am Dienslag 
Abend ertrank in der Blies ein 10jähriger Knabe 
zurch einen sonderbaren Zufall. Derselbe war mit 
einem Vater und einem Neufundländerhund an das 
gliesufer gegangen. Hier sprang der Hund so un— 
ücklich auf den Kleinen, daß dieser rücklings ins 
Wasser fiei. Der des Schwimmens unlundige 
Hhater mußte sein Kind unter seinen Augen um— 
ommen lassen, ohne auch nur das Geringste für 
eine Retiung thun zu können. Erst nach einer 
Jalben Stunde wurde die Leiche des bedauerns ⸗ 
verthen Knaben mittels eines Hackens aufgefischt. 
f Aus Stuttgart, 14. Juli, witrd dem 
Frkf. Journ.“ geschrieben: Bekanntlich ließen es 
ie Genossenschafter der Volksbank i. L., welche für 
Fnde 1881 ihren Austritt erklärt hatten, auf eine 
rerichtliche Enischeidung ankommen, ob sie voll zum 
Amlageverfahren herbeigezogen werden lönnen. Das 
Jiesige Landgericht sowohl als das Oberlandesgericht 
jatte die Frage zu Ungunsten der Genossenschaftet. 
somit also zu Gunsten der Konkursmasse entschieden. 
sunmeht hat auf eingelegte Revision beim Reichz 
Jericht in Leipzig auch diese Stelle dieses Urtheil 
hestätligt, und ist somit der Prozeß endgültig zu 
Bunsten der Genossenschaft entschieden worden. Die 
auf Ende 1881 aus der Genossenschaft ausgetrete— 
rien Mitglieder, ca. 100, müssen sonach voll am 
Amlageverfahren theilnehmen, wodurch selbstverständ⸗ 
lich eine entsprechende Erleichterung der Leistungen 
der nicht ausgetretenen Genossenschafter eintritt. 
4(Gas Krupp'sche Etablissement) 
Fin im Berggeist veröffentlichter Bericht enthält über 
die Größe des Krupp'schen Etablissements und die 
deistungsfähigkeit desselben folgende Angaben: Die 
folgenden statistischen Notizen zeigen uns die gegen— 
wättige Ausdehnung und Leistungsfähigkeit der 
Krupp'schen Stahlwerke, sowie die ungemeine Zu— 
nahme der Größe derselben während der letzten 10 bis 
20 Jahre. Im Jahre 1860 betrug die Zahl der 
in Essen beschäftigten Arbeiter 1764; bis 1870 
war die Zahl derselben auf 7084 gestiegen, während 
heute ungefähr 20,000 Arbeiter daselbst ihr Brod 
verdienen. Die Zahl der Familienglieder der in 
dem Etablissement beschäftigten Menschen beträgt 
45776, einschließlich 13,000 Schulkindern, so daß 
also im Ganzen 65,381 Personen auf den Werken 
ihren Unterhalt finden. Von dieser Anzahl leben 
19,000 Menschen in Arbeiterhäusern, die der Krupp⸗ 
schen Firma angehören. Gegenwärtig umfaßt das 
rupp'sche Etablissement folgende Abtheiluugen: 1) 
das große Etablissement in Essen, 2) drei Kohlen⸗ 
bergwerke dei Essen und Bochum, 3) 547 Eisen⸗ 
bergwerke in Deutschland, 4) verschiedene Eisen⸗ 
bergwerke im Norden Spaniens, bei Bilbao, 58) 
—DDD 
65) einen 17 Kmir. langen Schießplatz in Meppen 
tür Versuche mit Kanonen, 7) Probeschießplätze in 
Dülmen, 714 Km. lang, 8) vier Oceandampfer, 
M verschiedene Lehm und Sandgruben und Stein⸗ 
orüche. In den Abtheilungen Nr. 126 sind gegen⸗ 
pärtig in Betrieb 11 Hochöfen, 1542 andere Oefen 
verschiedener Art, 489 Dampfkessel, 82 Tampfhämmer 
»on LUbis 40 T. Gewicht, 21 Walzmühlen, 450 
Dampfmaschinen, jede von 2—1000 Pferdekraft, was 
zusammen 185, 000 Pferdekraft ausmacht. Die Ge⸗ 
ammiproduktion der Werke in Essen allein betrug 
m Jahre 1881 260,000,000 Kg. Stahle und 
Zchmiedeeisen, welches auf dem Werke selbst für 
driegs- und Friedenszwecke fertig gestellt wurde. 
der Verbrauch an Kohlen beträgt 83100 T. per 
Tag und ungefähr 1500 T. Eisenerz werden taglich 
n den Hochoͤfen verarbeitet. Um nur die Arbeit 
zuf dem Essener Werke zu bewerkstelligen, braucht 
819 Km. Eisenbahngeleise, 28 Locomotiden, 888 
risenbahnwagen, 69 Pferde und 191 Wagen, bo 
m. Telegtaͤphenlinien, 38 Stationen und bö 
Norsemaschinen; ferner ein chemisches und, physi 
calisches Laboratorium, 1 photographisches Atelier, 
J lithographische Anstalt, J1 Druckerei mii 3 Schnell⸗ 
und 6 Handpressen, 1 Buchbinderei und eine stän⸗ 
ige Feuerwehr von 63 Mann, die nichts Anderes 
hun. In den Consumanstalten, welche zu dem 
Werk gehören, und die man allein für das Wohl 
der dortigen Angestellten errichtete, wurden im Jahre 
1882 Waaren im Werthe von beinahe 4 Millioner 
Mark verausgabt. Diese Anstalten umfassen en 
ausgezeichnetes Hotel, 8 Bierwirthschaften, 1 Seb 
serwasserstube, Dampfmühle, Igroße Bächeren 
1 Schlachthaus mit Fleischhalle, 1 Schneiderboutique. 
2 Schusterläden und 46 Detailhandlungen, woselbs 
die Angestellten zum Selbstkostenpreis ihre Waaren 
—VV00 Auffchlag vor 
5 pCt. 
p Leipzig, 20. Juli. Beim heutigen vn 
desfestschießen war der Festzug ein außerordenlit 
lanender Besonders derdienen hervorgehoben J 
derden die Gruppen Germania, Lipsia, Fiora u 
der Jagd. Gegen 4000 fremde Schützen n 
anwesend, worunter die Oesterreicher besonders 
geistert empfangen wurden. Unter Sonnensch 
hollzog sich die Uebergabe der Bundesfahne. 6 
jerrscht eine sehr gehobene Stimmung. des⸗ 
p'Leiprig, 20. Juli. Während dhi * 
zuges stürzte das Gerüst des neuen Borsenge * 
in, auf welchem sich viele Personen — 
hon dort aus den Fefizug in Augenschein zu ne 
2 Personea wurden jchwer, 6 leicht verleht. — 
Wien, 21. Juli. Im Penoleunn 
Drohobycz fanden gestern Abend Judenlrawo