S»t. Jugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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XXX —
19. Jahrg.
Deutsche Kolonialpolitik.
(Die Grenzboten.)
Fürst Bismarck hat seine frühere Anficht, daß
dionien für Deutschland äberflüssig seien, insofern
ufgegeben, als er zwar keine Kolonien von Reichs-
degen gegründet wissen, wohl aber Privatunter⸗
ehmungen nach dieser Richtung hin vom Reiche
irdern und stützen lassen will. Dieser Gedanke,
er an die Anfänge des anglo-ostindischen Reiches
rinnert, führt uns in die große Konkurrenz um
»e noch nicht vergebenen überseeischen Preise ein,
»enn auch nicht direkt, als Staat, und Manches
neb bei der Erörterung der Angelegenheit wohl
nausgesprochen, obwohl es an einer leisen Andeu—
ing weiterer Pläne fehlte. Man darf dabei an
deuguinea und vielleicht auch an andere Punkte in
zolhynesien denken. In einigen Jahren wird die
arische Landenge durchstochen und damit die reiche
nselwelt des Stillen Oceans und der Südsee, die
zzt noch größtentheils herrenloses Land ist, für
uropa verhältnißmäßig nahe gerückt sein. Es wird
n Wettstreit der Nationen um diese Gebiete be—
mnen, und wenn Deutschland, mit seiner Handels—
otte, der dritten im Range, in dieser Beziehung
ur schwächer als Großbritanien und die nordame—
tanische Union, davon nicht ausgeschlossen sein
ill, muß es sich in der Zeit, wo der Wettstreit
»ginnt, wie andere Mächte dort schon an einigen
hunkten festgesetzt haben. Die Postdampfer, welche
uübventionirt werden sollen, könnten das vorbereiten.
Wie aber der Reichskanzler jetzt zu der Kolonial⸗
zage eine andere Stellung einnimmt, so auch die
dation, soweit sie an großer Politik theilnimmt.
ei der Samoafrage waren die Meinungen im
uublikum noch sehr getheilt, und biele verhielten
ch gegen das betreffende Projekt noch gleichgültig,
iele verwarfen es. Jetzt dagegen begegnetie der
eue Versuch, den Reichstag fuͤr eine bestimmte
olonialpolitik zu gewinnen, nahezu aller Orten
eunigem Willkommen und die Ablehnung der Vor—
ge durch die Majorität lebhaftester Mißbilligung.
dassenhaft gingen dem Reichskanzler aus den ver—
hiedensten Gegenden Deutschlands Dankadressen für
ne Initiative in der Sache zu, Vereine aller Art in
Lürttemberg, in Baden, in Sachsen (Oresden,
ipzig, Meerane), in Hessen und den Rheinlanden
vünschten ihm Glück zu seiner überseeischen Politik
nd erklärten die Verschleppung des Subventions—
esetzes für eine Schädigung der wirthschaftlichen
uteressen und der nationalen Entwicklung des
reiches, und es steht zu hoffen, daß man bei den
aͤchsten Reichstagswahien sich dessen erinnern, die,
belche die Verschleppung veranlaßten, nicht für ge⸗
gnete Vertreter des Volkswillens ansehen und statt
stet solche Männer wählen wird, welche das In⸗
esse Deutschlands besser verstehen und ihm nicht
ne tiefere Stellung als ihrem Hasse gegen den
anzler, ihrer Partaͤtheorie und ihrer —A
it anweisen. Fort mit dieser Opposition, diesen
liquenpolitikern, diesen ewigen Hemmschuhen alles
ntlichen Forischrittes diesen nörgelunden Klein—
stern! sei die Wahlparole, und dabei lasse man
d nicht dadurch irre machen, daß einige Herren,
— sie gemerkt, daß ihre Haltung ihnen bei den
ahlen schaden könnte, nothgedrungen die Politik
s Kanzlers anerkannten. Die Verschleppung blieb,
nd nicht an ihren Reden, sondern an ihren Thaten
iben wir ihren Werth zu messen. Sie haben sich
eder einmal —VV———
non dem nationalen Bewußtsein geschieden sie
im unbelehrbare und unverbesserliche Gegner der
ßröße des Vaterlandes. Der Kanzler hat im
eichstage und in seiner Antwort auf die Adresse
»er Freiburger Handelskammer erklärt, daß das
Subventionsgesetz dem neuen Reichstage wieder vor⸗
jelegt werden soll, und wir hoffen, daß dann auch
iber die Beweggründe zu demselben, die der Vorlage
iefere politische Bedeutung geben, aber jetzt ver⸗
chwiegen werden mußten, Aufschluß ertheilt werden
ann. Mit Sicherheit ist für diesen Fall voraus—
usagen, daß die Herrschaften, die ihre Hauptpflicht
n der Verweigerung der Mittel erblicken, welche
»er Kanzler zur Verwirklichung nützlicher Pläne
sedarf, und die sich dabei auch in Sachen der
ußeren Politik höchst lächerlicherweise klüger und
esser unterrichtet zu sein einbilden als er, ihr altes
Spiel wieder beginnen werden, wenn sie die Wahlen
sinter sich und das vielgeliebte Mandat wieder in's
ẽrockene gebracht haben. Darum nochmals fort mit
hnen und gute Patrioten an ihre Stelle.
VPolitische Uebersicht.
Deutjches Reich.
Muünchen. Zum Bau einer neuen Infan—
erie⸗ Bataillonstaserne in München sind durch das
nit dem letzten Landtage vereinharte diesbezügliche
Besetz vom 1. April d. J. 700,000 Mt. bewilligt
vorden; wie die A. A. nun vernimmt, sind die
Blaäne für diesen Neubau bereits fertig gestellt und
oll mit den Bauarbeiten demnächst begonnen wer—
»en und wird die neue Kaserne auf das nördliche
Terrain des Marsfeldes zu stehen kommen.
S. Maj. der Kaiser von Rußland haben dem
.Regierungs- und Polizeidirektor von München,
Vilh. Frhr. v. Pechmann, den k. russischen
7ztanislausorden 1I1. Classe mit dem Stern, und
em Polizeiassessor Ludwig Meixner denselben Orden
II. Classe verliehen.
Nachdem von der nationalliberalen Partei das
Iperationsfeld ihre Wahlthätigkeit im Großen
imschritten worden ist und die zahlreich abgehaltenen
Zarteiversammlungen hinlänglich die Meinung über—
ill geklürt haben, wird nunmehr mit regem Eifer
in die Wahlarbeit im Kleinen gegangen. Von
llen Seiten regnet es schon Nachrichten über Auf⸗
tellung von Candidaturen, die erkennen lassen, daß
»er neue Reichstag voraussichtlich eine ziemiich ver—
inderte Physiognomie gegen seinen Vorgänger zeigen
ürfte und daß der Kampf der Parteien mit einander
in sehr hartnäckiger sein wird. Einer der meist⸗
imworbenen nationall. Candidaten ist Herr v. Schauß,
»er an nicht weniger als 4 Orten nominirt wurde:
n Alzey⸗Bingen, in Fürth, in Halle und in Immen⸗
tadt. Drei der angebotenen Mandate sind von
hym auch angenommen worden. In Allzey stellte
cch am vergangenen Sonntage Hr. Direktor v. Schauß
einen Wählern vor und entwickelte vor einer etwä
300 Köpfe zählenden Versammlung sein politisches
Zrogramm. Dasselbe schließt sich im Wesentlichen
öllig der Heidelberger Erklärung an. Eine sehr
ichtvolle Beleuchtung fand durch ihn die Stellung
»es Nationalliberalismus zur neueren Zollpolitik,
um Sozialistengesetz, zum Unfallversicherungsgesetz,
zur Postdampfersubvention und der Colonialpolitik
des Kanzlers. Die Sachlichkeit, mit welcher Hr.
»on Schauß seine Ansichten vortrug, trotz der kaum
laublichen Anfeindungen seiner Person im Wahl—
reis Alzey-Bingen — ein anonymer Brief drohte
ym gar mit dem Hängen — die Würde, mit
nescher er seinen Mahsagegner hehandelfe. gewonner
hm schnell viele neue Freunde, und steigerten die
Siegeszuversicht der nat. lib. Wähler ganz bedeutend.
luch für die anwesenden Pfälzer speziell war das
Auftreten Herrn v. Schauß' von entschiedenem Inter⸗
esse, zumal er es sich zur Aufgabe gemacht, die eigen⸗
artigen Landesculturverhältnisse des Rheingaues und
der Pfalz mehrfach in Betracht zu ziehen. Etwas
zurückhaltend geht man hinsichtlich der Wahlvorbe—
ceitungen bei uns in der Pfalz selbst ans Werk,
vo zwar keine tiefer im Volke wurzelnde Partei⸗
derschiebung seit 1881, noch weniger eine solche bei
den seitherigen pfälzischen Vertretern im Reichstage
tattgefunden hat, wo aber doch mit antinationalen
iberalen Einflüssen genugsam gerechnet werden muß.
Jeder nationalgesiunte Mitbürger sollte deshalb bei
Zeiten auf dem Platze sein und fleißig die Werbe⸗
rommel rühren. Cantonsversammlungen haben schon
einige und zwar kürzlich erst eine solche im Wahl⸗
reis Bergzabern⸗Germersheim und am Sonntag
ine andere zu Ludwigshafen stattgefunden. Sobald
»ie nöthigen Vorverhandlungen zu Ende geführt
ind, werden wir nicht ermangeln für die 6 Wahl⸗
reise die Namen unserer Partei⸗Candidaten als
SZammelparole auszugeben. (Pf. L. C.)
Durch die Eröffnung der Congoländer bietet
ich den Colonisationsbestrebungen aller
Fulurvölker ein neues vielversprechendes Feld zur
Erprobung ihrer Kräfte. Ein Ausspruch des Abg.
Zamberger mit welchem gegen die Dampfersubven⸗
ionsvorlage neulich im Reichstage argumentirt wer⸗
en sollte, dahin lautend, daß Amerika sich vor
eder die Macht des Landes etwa schwächenden Co—
onialpolitik zu hüten wisse, wird damit vielleicht
eine alsbaldige praktische Wiederlegung finden.
Man hat nämlich die Idee gefaßt, gerade den ame⸗
itanischen Schwarzen, die zum Theile von moderner
dulinr bereits durchdrungen sind, die Aufgabe zu⸗
uweisen, das Innere Afrika's gänzlich dem euro⸗
päischen u. amerikanischen Handel u. heutiger Ci—
ilisation zu erschließen. In Anlehnung an den
ereits bestehenden Negerfreistaat Liberia hofft man,
»aß unter Leitung von amerikanischen Schwarzen
ieue Staaten entstehen und daß die in ihre alte
deimath Zurückgewanderten in freier Entwickelung,
iber unter Fortbildung der ihnen bereits eigenthüm⸗
ichen abendländischen Bildung eine neue afrikanische
dultur schaffen werden. Es eröffnen sich so, wie
nan glaubt, die weitesten Perspectiven für einen
veit verzweigten, regen Handel zwischen Amerika
i. Afrika und unter diesem Gesichtspunkt erfährt
)enn auch das Vorgehen des Washingtoner Cabinets
n der Congofrage eine ganz besondere Beleuchtung.
Zeiläufig gesagt, ist übrigens auch von deutscher
Seite an die Associaton internationale du Congo
die Frage gerichtet worden, ob sie wohl geneigt
väre, unter günstigen Bedingungen deutschen Händ—
ern u. Pflanzern, die sich an den Ufern des Congo
niederlassen wollen, Land zu überlassen. Die Asso—
iation hat sofort darauf geantwortet, ihr Gebiet
väre Jedermann offen, und gern würde sie mit
»eutschen Handelsfirmen und Landwirthen unterhan⸗
deln, die fähig wären, ernstliche Unternehmungen
in Westafrika einzurichten. Außerdem hat Kapitän
daussons Chef der Station Bolobo, u. A. berichtet,
daß das Land in der Umgebung der Station An—
vflanzungen jeder Art gestaättet. (Pf. L. C.)
Berlin, 26. Jüli. Unerlaubte Auswander⸗
ing wegen der langen Militärdienstzeit. Nach dem
—D
icht weniger als 15,877 Verurtheilungen wegen
nerlquhter Answanderung erfolaf. In dem Jahr—