Full text: St. Ingberter Anzeiger

In Dortmund verurtheilte das Schwur⸗ 
zericht am 17. d. M. den Mörder des Forsteleven 
Hubert Wilsmann, Fritz Hodde, zum Tode, 15 
Fahren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust; den 
Zruͤder des Mörders, Heinrich Hodde, wegen Wider⸗ 
standes gegen den Forstbeamten und wegen Dieb— 
ttahls zu 15 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren 
Ehrverlust. 
In Meiderich besitzt der Händler und 
Wirth J. Paquay ein Schwein, welches 700 Pfund 
wiegt. Dasselbe ist 1 Meter hoch und hat eine 
Länge von 6 Fuß. 
F In Wanne starben einem Lokomotivführer 
imn vergangener Woche in der Zeit von 24 Stun—⸗ 
den 6 Kinder an akuten Krankheiten. Gewiß ein 
harter Schicksalsschlag für die Familie! 
4 In Niederlahnstein fand man in einem 
Weinberg bereits blühende Gescheine. 
F Marburg, 20. Januar. (Student ver⸗ 
mißt.) Sejit dem 10. d. M., Abends, wird der 
ztud. med. Karl Seck von hier vermißt. Bis jetzt 
ist über seinen Verbleib keine Spur gefunden wor⸗ 
den, und fordert daher die hiesige Polizei auf, ihr 
eiwaige Anhaltspunkte über seinen Verbleib unge— 
jaͤumt aufzugebeg. 
F Strasburg (Westpreußen), 16. Januar 
(Unschuldig verurtheilt, Unterm 17. Oktober v. 
Is. wurde der Pferdehändler Senkbeil aus Kol. 
Brinsk wegen Diebstahls zu einem Jahr Gefängniß 
jerurtheilt und sofort verhaftet. Senkbeil war be⸗ 
chuldigt, dem Bäcker P. aus B. ein Pferd, für 
welches P. dem Senkbeil selbst 22 Thaler gezahlt 
jatte, nebst einem mit Holz beladenen Wagen für 
usammen 21 Thaler abgekauft und ihm später das 
bortemonnaie mit dem Gelde aus der Hand gerissen 
zu haben. Da sich nun aber Zeugen fanden, welche 
die Aussagen der Belastungszeugen anfochten, so 
heantragte Senkbeil die Wiederaufnahme des Ver⸗ 
fahrens, und die Sache kam deshalb gestern noch— 
mals vor der hiesigen Strafkammer zur Verhand⸗ 
iung. Dieselbe endete mit der Freisprechung des 
Angeklagten, welcher in Folge dessen aus dem Ge— 
zängniß entlassen wurde. 
F Die deutsche Reichsfechtschule zu Magde— 
burg hat in Durchführung ihres Mottos viel 
Wenig machen ein Viel“ in der Zeit vom 13. 
Ottober 1880 bis Ende 1883 ein Kapital von 
nicht weniger denn 222,000 Mk. zusammengebracht, 
und das Jahr 1884 scheint weitern großartigen 
Fortschritt verbürgen zu wollen, da schon jetzt über 
20, 000 Mitgliedskarten für 1885 ausgegeben sind. 
der jährliche Beitrag beträgt nur 30 Pfg. Die 
von der Reichsfechtschule herausgegebene gleichnamige 
Wochenzeitschrift erscheint bereits in einer Auflage 
don zwölftausend Exemplaren und in jeder Nummer 
wird von weiterer Verbreitung des Vereins berichtet. 
Dder Reinertrag der Sammlungen dient zur Be— 
aründung und Ausstattung von Waisenhäusern. 
fEine Seiltänzer-Vorstellung im 
kisenbahnwagen hat dieser Tage in einem 
Wagen 4. Klasse auf der sächsischen Staatsbahn 
von Therandt nach Dresden statigefunden. Als 
ich der Zug in Bewegung setzie, entiedigte sich einer 
der Mitfahrenden rasch seiner Oberkleider und stand 
zu nicht geringer Ueberraschung der Reisegefährten 
n dem üblichen Seiltänzerkostüm da. Seiner Bitte, 
hm eine Extravorstellung zu gestatten, wurde 
von der Gesellschaft gerne gewillfahrt — der mitt— 
lere Theil des Wagens wuͤrde ihm überlassen und 
im Nu begann der Akrobat seine Kunststüke, mit 
denen er während der Fahrt seine Reisegefahrten 
so angenehm unterhielt, daß die am Schlusse der— 
antaltete Sammlung ihm reichen Lohn einbrachte 
xIn der Nacht zum Mittwoch meldete einer 
non den Posten in den Gängen des k. Schlosses in 
derlin, er habe die weiße Frau feierlich den 
Lorridor entlang schreilen sehen. (Die weiße Frau 
ist det Sache nach der Geist der Gräfin don Orla. 
münde, welcher erscheint, wenn im Hause Hohen⸗ 
zollern ein Trauerfall beborsteht.) Wie der Soldat 
ju dieser Meldung kam, bedacf noch die Aufklär⸗ 
ung. Daß die Phantafie auf einsamem Posten in 
mitternuchtiger Stunde erregt ist, läßt sich denken. 
k,Ein sehr merkwürdiger und'freqher 
—A— dieser Tage in einer ganz be⸗ 
v— Gegend Berlins ausgefuͤhrt. Dort statteten 
iebe einem Holzhändler einen Besuch ab, stahlen 
7 acht sehr werthvolle Hühner, schlachteten die- 
tlten an Ort undSielle ab und nahmen schließ 
dng noch den zur Bewachung des Grundsiückes 
9 besindlichen großen schwarzen Bernhardiner⸗ 
F Ein in Berlin wohnender ehema 
liger Königs-Grenadrier (vom 2. westpr 
Inf.⸗Regt. Nr. 7) ist erst dieser Tage sein „Kriegs— 
andenken“, eine im Halse sitzende Chassepotkugel, 
losgeworden, nachdem die Aerzte mehrmals ver— 
gebens danach gesucht hatten. Nach plötzlichem 
heftigen Niesen platzte eine vor einiger Zeit ent⸗ 
standene Geschwulst; alsbald spürte der Blessirte 
einen harten Gegenstand im Mund, und siehe da, 
es war die breitgeschlagene Kugel, die ihm vor 
134 Jahren in den Hals geschossen worden war. 
f Die Arbeiterkolonie Willhlelmsßp 
dorf hat in ihrem neuesten Bericht miigetheili, 
daß die Anstalt bis jetzt 1578 Arbeit suchende 
Männer aufgenommen habe, von denen 1088 auf 
das Jahr 1883 kommen. 1036 haben durch die 
Vermittlung der Anstalt anderweitig Arbeit gefun⸗ 
den, 129 zogen in ihren alten Kleidern ab, da sie 
ich neue noch nicht in der Kolonie verdient hatten, 
veil ihnen die ausdauernde Arbeit nicht gefiel 
31 haben sich unredlicher Weise entfernt, ohne ihre 
dleider ganz abverdient zu haben. 363 Mann 
ind jetzt in der Kolonie anwesend. Im Allge— 
neinen spricht sich der Bericht dahin aus, daß die 
große Mehrzahl der Kolonisten der Anstalt dauernd 
Freude gemacht hat auch nachdem die Leute ander⸗ 
weitig in Arbeit getreten waren. Irgend welchen 
Zwang oder polizeiliche Hilfe ist in der Kolonie 
niemals nöthig gewesen. 
FWien, 18. Januar. Das Befinden des 
Bankiers Eisert und seines Sohnes hat sich sehr 
derschlimmert. — Der als Mitthäter des Pongracz 
verhaftete Dengg ist unschuldig. 
F(Ger Frauenmörder Schenk.) Die 
Untersuchung gegen Hugo Schenk und Genossen hat 
zwei weitere Verbrechen aufgedeckt, von denen das 
eine durch einen Zufall verhindert, das andere aber 
zelungen ist. Im Monat Juli v. J. erhielten 
einige in Wien ansässige Juweliere und Wechsel⸗ 
tubenbesitzer aus Marbach in Niederösterreich Briefe, 
nit den Namen des Pfarrers und des Foörsters 
von Marbach. Da bei einer Sendung mit Post⸗ 
nachnahme keine Gefahr zu befürchten ist, so gingen 
hatsächlich von einzelnen Firmen die bestellten Gegen⸗ 
tände nach Marbach ab. Die Postverbindung mit 
Marbach ist derartig, daß der Briefträger des Ortes 
von der in der Nähe befindlichen Eisenbahnstation 
die Briefschaften und Postseudungen abholt und 
dieselben dann nach Marbach trägt. Der Weg 
führt durch einen großen dichten Wald und auf 
diesen Umstand hatten die verwegenen Gesellen ihren 
Plan aufgebaut. Alle Drei lauerten zur bestimmten 
Stunde, da der Briefträger den Wald passiren 
mußte, dem Postboten auf, von dem sie wußten 
daß er die mit Nachnahme aus Wien eingelangten 
Sendungen mit sich führe. Der Plan war der— 
maßen verabredet worden, daß Schlossarek, wie von 
ingefähr, dem Briefträger sich anschließen und ihn 
zegleiten solle. Nach einiger Zeit sollte er den 
Briefträger durch ein starkes narkotisches Mittel be⸗ 
zäuben, worauf Karl und Hugo Schenk sich an 
die Ausraubung der Tasche des Briefträgers ge⸗ 
macht hätten. So weit wäre der Feldzugsplan 
ntworfen gewesen, und es unterliegt auch kaum 
»inem Zweifel, daß er gelungen wäre, wenn nichl 
ein zufälliger Umstand alle Combinationen zu nichit 
jemacht hätte. An jenem Tage nämlich hatte sich 
wvas sonst nie geschah, dem Briefträger ein Post⸗ 
amtsdiener zugesellt, und Schlossarek, der als Erster 
ins Treffen geschickt werden sollte, hatte nicht den 
Muth, es mit Zweien aufzunehmen. Die Raub— 
moͤrdergesellschaft überlegte dann noch, ob es nichl 
möglich wäre, sich der eingelangten Werthpapiere 
und Pretiosen durch einen Einbruch im Postgebäude 
zu versichern, allein die Situation war so ungünstig, 
daß auch diese Idee aufgegeben werden mußle, und 
so zogen denn die Drei unverrichteter Dinge wieder 
ab. Der zweite Fall, der in den Monat April 
des Jahres 1881 fällt, ist der folgende: Zu jener 
Zeit hat ein Mann, der sich Langer nannte und 
dessen Personsbeschreibung auf Hugo Schenk paßt, 
einem bei einer Wiener Firma beschäftigt gewesenen 
Tomptoiristen unter der listigen Vorspiegelung, daß 
er ihm einen Dienstposten als Magazinier in der 
Schafwollwaarenfabrik Franz Kallab und Söhne 
in Groß⸗Meseritsch verschaffen werde, als angebliches 
Darlehen einen Betrag von 70 fl. entlockt. 
fGEine SomnambuleimLöwenkaäfig.) 
In Reims fand jüngst ein unheimliches Schauspiel 
im Lirkus statt. Der Löwenbändiger Pianet ließ 
den Magnetiseur de Torch, welcher in der Krönungs⸗ 
tadt Vorstellungen gibt, mit dessen Medium, der 
schönen Lucia, in seinen Lowenzwinger treten. Wah⸗ 
rend Pianet die knurrenden Bestien mit seiner Peitsche 
in einen Winkel des Kafigs drängte, magnetifierte 
de Torcy Fräulein Lucia. Sobald daß Medium 
fich in kataleptischem Zustande befand, ließ Pianet 
seine Bestien die Somnambule umkreisen, dann 
etzte er jene auf einen Stuhl und ließ die Lowen 
über die Schlafende wegspringen, und endlich steckte 
er gar den Arm und Kopf der schönen Lucia dem 
ʒestdressierten Löwen in den Kachen. Als de 
Torch sein Medium wieder zum Bewußtsein ge— 
zracht hatte, schien dieses keine Ahnung von den 
Erperimenten zu haben, welche Pianet während des 
Schlafes mit ihr angestellt hatte. So berichten 
französische Blätter. Es ist wunderbar, daß die 
Polizei in Reims es duldete, daß man das arme 
Frauenzimmer einer so furchtbaren Gefahr aussetzte. 
Ob ein Mädchen sich in kataleptischem oder nor⸗ 
malem Zustande befindet, macht bei dem Löwen, 
der es zerreißen will, doch wahrscheinlich nicht den 
geringsten Unterschied. 
Geutschenhetze.) An dem Hause Nr. 5 
an der Straße Gambetta in Lille erblickt man, wie 
Pariser Blätter melden, an den Fenstern des Re⸗ 
staurants C. Delplanque folgenden Anschlag: „Der 
Eintritt ist jedem Individuum, welches Ariikel aus 
Deutschland kolportiert, untersagt.“ 
In Nordwales ist das Wetter gegen⸗ 
wärtig so mild, daß in den Thälern und auf An⸗ 
höhen Primeln, Schneeglöckchen, Jelängerjelieber 
und Rosen blühen. In den Niederungen erwacht 
die Vegetation ebenfalls rasch und in dem Vale of 
Llangollen stehen die Obstbäume in voller Blüthe. 
F. Das „Muster“ eines Verschwenders ist der 
russische Furst Bjeloserski. Er hat in wenigen 
Jahren ein Vermögen von 60 Millionen Rubel 
durchgebracht. Für einen Lieblingspapagei, der 
hm starb, veranstaltete er ein Leichenbegängniß, 
das 300,000 Rubel kostete. Sämmtliche Mieths⸗ 
fuhrwerke von Petersburg mußten dem „Leichenzuge“ 
jolgen. Ein andermal handelte es sich um die 
Wette, das feinste „Souper“ in der kürzesten Zeit 
vorfahren zu lassen. Als die Reihe an Bijeloserski 
kam, gab er erst vier einfache Gunge. Zum Dessert 
wurde dann von einer Anzahl Diener eine mächtige 
silberne Schüssel aufgetragen. Als man den Deckel 
lüftete, erblickte man darin, umgeben von Blumen 
und feinen Früchten, eine bekannte Schauspielerin 
als Bachantin verkleidet. Die Unparteiischen erklärten 
darauf die Wette von Bjeloserski als gewonnen. 
Die silberne Schüssel im Gewicht von mehreren 
Centnern schenkte der Fürst der Schauspielerin als 
Badewanne. 
FNew⸗York, 18. Januar. An die Stelle 
Villards (Hilgards) wurde der bisherige Vizepräsi— 
dent der Erie-⸗Eisenbahn, Mr. Robert Harris, zum 
Bräsidenten der Northern⸗Pacific⸗Eisenbahn erwaͤhlt. 
Alle New-Yorker Berichte über das 
Schicksal des unter seiner Sorgenlast erkrankten, 
von seinen Präsidentenstellungen zurückgetretenen 
drn. Henry Villard (Hilgard) gelaugen zu 
dem Hauptergebniß, daß er fast sein ganzes 
Vermögen durch den schlimmen Rückgang der 
aach ihm benannten Werthe eingebüßt hat. Selbst 
das Vermögen, welches er in besseren Tagen seiner 
Frau zugeschrieben, soll bei nutzlosen Versuchen, den 
durs der Northern⸗Pacifie, Oregon und Trans⸗ 
continental zu heben, verloren gegangen sein. Zwei 
Theile seines neuen schönen Hauses hat Villard an 
seine Anwälte verkauft. Was den persönlichen Ruin 
Villards beschleunigte, war der Umstand, daß die 
Northern⸗Pacific durch ihren Charakter verpflichtet 
war, eine gewisse Zahl Meilen Bahn zu bauen. 
the ihr gestattet wurde, neue Bonds autzzugeben. 
Zwischen der Gewährung dieser Erlaubniß uͤnd dem 
Beldbedarf für den Bau entstand oft eine große 
Zeitlücke, welche Villard opfermuthig durch eigenes 
finanzielles Dazwischentreten auszufüllen strebte. 
Als seine Feinde an der Börse die Verschwörung 
gegen die Villard-Werthe in Szene setzten, suchte 
Villard die ihm von Freunden behufs Anlage ver⸗ 
trauten Summen durch Aufopferung des eigenen 
Vermögens zu retten; aber es mißlang, und er hat 
jetzt Nichts, als das Zeugniß, ehrlich gehan 
delt zu haben. 
f.Boston, 20. Januar. Der Kapitain des 
gescheiterten Dampfers „City of Columbus“ erklärt 
ꝛs für unwahr, daß der Steuermann seinen Posten 
am Steuerrade verlassen hatte. Nach den neuesten 
Feststellungen sind, wie zuerst gemeldet wurde, 104 
bersonen, nicht 119 umgekommen