Full text: St. Ingberter Anzeiger

voraussichtlich noch auf viele Jahre hinaus fast die 
dinsen des Vereinsvermögens ausreichen, somit die 
esammten Mitgliederbeiträge stets zum Kapitale 
/dmassirt werden können. Angelegt ist das Ver⸗ 
insvermögen in sicheren Hypotheken zur J. Stelle 
ind in vinkulirten bayer. Werthpapieren, letztere 
eponirt bei der bayer. Hypotheken⸗ und Wechsel⸗ 
hunk in München. 
Die Betheiligung geschieht in selbst zu wählen⸗ 
en Einschreibsummen, woraus sich sowohl die 
deistungen als Gegenleistungen berechnen und be— 
saden die Jahresbeiträge 8.690 und die einmalige 
Fintrittsgebühr 425060. Mit dem Pensionsbezuge 
hört jede Beitragsleistung auf. 
Allenfallsige Aufschlüsse werden jederzeit gerne 
ertheilt von dem Zweigvbereine St. Ingbert 
Vorstand Herr Lehrer Drumm), sowie von den 
hereinsmitgliedern, den Herren: Polizeibediensteter 
Jung, Schneidermeister Keipert und Schuh—⸗ 
Jachermeister Bastian, wo auch Statuten ⁊c. zu 
xhalten sind. 
— 
Vermischtes. 
Am 1. Januar 1884 bestanden im deutschen 
sKeiche und Deutschösterreich 2998 Turnvereine, von 
denen 2655 den großen Bund der deutschen 
Turnerschaft bilden. Diese letztere umfaßt 
ine Mitgliederzahl von 243,677 Mitgliedern, die 
sich auf 2275 Vereinsorte vertheilen. Diese große 
Passe don Vereinen und Turnern ist in folgender 
Weise organisirt. Nach geographischen Grundsätzen 
ist Deutschland und Deutschösterreich in 17 Kreise 
getheilt. Jeder dieser Kreise zerfällt wieder in eint 
Anzahl von Gauen, deren Verwaltung nach einheit. 
üchen Gesichtspunkten geregelt ist. 
Aus Wien schreibt der „Dürkh. A.“: Die 
hbauber'sche patentirte Zentral-Lufthei— 
sung erwirbt sich ihrer längst anerkannten Vor⸗ 
lrefflichkeit wegen auch hier wie anderwärts, z. B 
in München ꝛc., immer mehr Anhänger. Unter 
inderen öffentlichen und Privat-Gebäulichkeiten wird 
egenwärtig die von Kaiser Joseph dahier gestiftete 
Suͤhne⸗ Kapelle, welche an Stelle des abgebraunten 
fingtheaters erbaut wurde, mit diesem bewährten 
—RVV 
sreut uns um so mehr, als dieselbe die Thätigkeit 
ines pfälzischen Landsmannes betrifft. Auch in 
mserer Pfalz verbreitet sich jene empfehlenswerthe 
Fentralheizungseinrichtung. sowie die Hauber'schen 
stegulir⸗Fuͤllöfen immer mehr, was wohl am Besten 
jüt deren Brauchbarkeit und die damit gegenüber 
deraltet en Heizeinrichtungen erzielten große Vortheile 
ollgültiges Zeugniß ablegt. Aus diesem Grunde 
jat denn auch der Patentinhaber Herr L. H. Hau⸗ 
der zu München einen Vertreter in Herrn E. Henn 
in Kaiserslantern für die Pfalz, Hessen und Baden 
bestellt, welcher bereitwilligst alle nähere Auskunft 
ertheilt. — In den neuerbauten Stiftungsgebäu— 
ichkeiten zu Wachenheim a. H. gelangt bekannt⸗ 
ich erwähntes Heizungs- und Ventilationssystem 
sleichfalls zut Einführung. 
Mannheim, 17. Aug. (N. B. L.) Ein 
—XX 
5chwetzingen gemeldet. Gestern fand dort die 
dochzeit der Tochter des Dr. Werner mit einem 
Beaniten aus Metz statt. Nach derselben um 11 
Uhr wollten einige Gäste, 3 Herren und eine Dame 
nach Heidelberg in einer von dort genomnienen 
dtoschle zurücksahren. Der Kutscher fuhr jedoch — 
wahrscheinlich berauscht — fehl, kam auf die Chaussee 
nach Brühl und fuhr direkt in den Rhein. 
Von den Insassen ert rank der amtirende Pfarrer, 
ein Mann von 70 Jahren und Verwandter des 
Brautpaares und der Kutscher, sowie die Pferde. 
die Dame wurde von den beiden Herren geretlet. 
f München, 16. Aug. Nach einer Mit 
theilung der Polizeidirektion hat die Generaldirek- 
lion der Verkehrsanstalten eine Belohnung bis zum 
Betrage von 5000 Mtk. für die Entdeckung der 
Diebe und die Wiedererlangung des gestohlenen 
Heldes zugesichert. Unter der gestohlenen Summe 
befinden sich eine Tausendmarknote, sieben Packete 
zu je 53000 Mk. in Fünfhundertmarknoten, drei 
einzelne Fünfhundertmarknoten und fünf Packete 
uu je 1000 Mk. in Fünfzigmarknoten. Ueber die 
Thaͤterschaft fehlt bis heule Mittag jede Sypur. 
Der „Thüringer Hausfreund“ berichtet: In 
berrenbreitungen, wo seit Jahren die 
Thurmuhr nicht mehr geht, rief am Sonntag der 
—X 
Hherten und laßt Euch sagen — die Glocke hat 
nichts geschlagen — die Herren haben das Schmie— 
ren vergessen — das Oel im Salat gegessen — 
dobet Gott den Herrn!“ 
f Elberfeld, 16. Aug. Gegnadigung. 
der wegen Mordes, begangen an der eigenen 
Battin, am 2. Februar d. J. nach einwöchentlicher 
Gerichtsverhandlunug von dem Schwurgericht zu 
Elberfeld zum Tode verurtheilte Barbier Albert 
Ziethen ist laut gestern Abend eingelaufenem 
taiserlichen Schreiben d d. Gastein ꝛ⁊c. zu lebens⸗ 
änglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden. Im 
Landgerichtsgefängnisse dahier, woselbst Ziethen in⸗ 
ternirt ist, wurde dem Verurtheilten heute Nachmit⸗ 
tag 4 Uhr von seiner Begnadigung Kenntnik ge⸗ 
zeben. Er soll bei dieser Gelegenheit, wie dem 
Fr. J.“ aus zuxerlässiger Quelle mitgetheilt wird, 
ebenso wie seiner Zeit vor dem Schwurgerichte, 
wiederum die Erklärung abgegeben haben, daß er 
unschuldig sei und hoffe, daß seine Unschuld noch 
an den Tag kommen werde. 
In Wehlau in Ostspreußen war kürzlich 
das Gerücht verbreitet, die Juden hätten ein Christen⸗ 
kind geraubt, um es zu schlachten. Das unsinnige 
Gerücht fand auch beim Volke vielfach Glauben 
und es wäre waährscheinlich zu einer richtigen Juden⸗ 
hetze gekommen, wenn es nicht einem Gendarmen 
gelungen wäre, den wahren Schuldigen zu ermitteln. 
Derselbe war ein christlicher Bauer aus dem näch« 
ten Dorfe. Er gestand seine Frevelthat auch bald 
unumwunden ein, und befragt, zu welchem Zwecke 
er das Kind geraubt, gab er zur Antwort, daß er 
sich nur einen Spaß habe machen wollen. Zu Be⸗ 
kannten jedoch soll er die Aeußerung gethan haben, 
daß er das Kind mit sich genommen, um die Juden 
zu verdächtigen, indem ihnen dies Verbrechen zur 
rast gelegt worden wäre. Die in Untersuchung 
efindlichen Juden wurden selbstverständlich sofort 
reigelassen und der schuldige Bauer verbüßt nun⸗ 
nehr seine wohlverdiente Strafe. 
FCGEinLiebesdrama.) In einem Breslauer 
Hotel vergifteten sich der Optikus Bruno Kallmann 
aus Liegnitz und die Frau dis Handelsgärtners 
Prove aus Jauer mit Cyankali. Beide hatten 
rrüher ein von den Eltern der Frau Proves miß⸗ 
»dilligtes Verhältniß gehabt, dem die Eltern durch 
Verheirathung ihrer Tochter ein Ende zu machen 
offten. 
— Eine Probe von turnerischem Muth und 
Beist haben laut „Aargauer Nachrichten“ zwei 
junge Turner von Aarburg an den Tag gelegt. 
Bei heftigem Gewitter kehrten sie in finsterer Nacht 
yon Zofingen nach Hause zurück. Da schlug der 
Blitz in ein Strohhaus bei Oftringen und steckte 
dasselbe sofort in Brand. Die beiden kräftigen 
Burschen eilten hinzu und vernahmen, daß im obe⸗ 
ten Zimmer des schon überall brennenden Hauses 
noch ein 83jähriger Greis sich aufhalte. Sofort 
tellte der eine, Albert Bohnenblust, eine Leiter an 
das Haus und sein Freund, Emil Hunkeler, stieg 
nit eigener Lebensgefahr durch das Fenster, aus 
»em bereits die Flammen schlugen. In besagtem 
hemach fand er den Greis, der dem sicheren Feuer⸗ 
ode eptgegensehen mußte und glücklich konnte er 
denselben retten. 
— Idyllische Eisenbahnzustände scheinen bei der 
Zduzerner Seethalbahn, welche die Nordost⸗ 
dahnlinie Zürich- Aarau mit der Gotthardbahn ver⸗ 
hindet, zu herrschen. Da wird erzählt: Ein paar 
urstige Kehlen waren irgendwo ausgestiegen, um 
inen Schoppen zu trinken. Die Bahn fuhr eiwa 
inen Kilometer weit, da vermochten die Freunde 
der Zurückgebliebenen eine Rückkehr zu bewirken, um 
die Zecher nachzuholen. In Hochdorf versagte so— 
»ann die eine der zwei Lokomotiven. Der anderen 
zing weiter vorn der Athem auch aus und es hieß: 
Alles aussteigen!“ Natürlich wurde so der An⸗ 
chluß an die Centralbahn ganz verfehlt. Im künst⸗ 
erisch ausgefertigten Fahrplane fehlt die Haupt⸗ 
ache: die richtige Angabe der Züge. Wenn die 
dohlen auf der Maschine ausgehen, so nimmt der 
Deizer ein paar Scheite von einem Holzhaufen, bei 
zem der Zug passirt! Dagegen scheint das Per⸗ 
—XX— 
vohl mit dem gebremsten Wigen fahren kann. Oft 
nuß der Lokomosioführer von seinem Vehikel springen, 
im ein im Wege stehendes offenes Scheunethoc zu 
chließen, damit der Zug ungehindert passiren kann, 
ind jüngst enteilte der Heizer während der Fahrt 
jum Brunnen, um seinem Schatz den Wasserzuber 
nuf den Kopf zu heben. 
4 (Cholerafurcht.) In dem kleinen, bei 
Vintimille in der Umgegend von Nizza ge— 
legenen Dorf Latte hat sich ganz Unerhörtes ereignet 
In diesem Dorfe starb vor einigen Tagen ein an— 
geblich an der Cholera erkrankter Mann. Die 
Furcht des Bauernvolkes war so groß, daß man, 
ohne den Besuch des Todtenbeschauers abzuwarten 
und dem Worte des Pfarrers vertrauend, welcher 
dem Sterbenden die Sterbesakramente verabreicht 
datte, die Leiche in einen schnell fertiggestellten 
Sarg legte und diesen dann in ein am Eingange 
des Kirchhofes befindendes Loch warf, das früher 
als Kohlengrube gedient hatte. Vier Tage später 
iah der Todtengräber, als er sich zu seiner Arbeit 
begab, einen ganz nackten Mann, der auf einem 
Jalb offenen Sarge saß. Es war dies angeblich 
der an der Cholera Verstorbene, der aus seiner Er⸗ 
tarrung erwacht war und genug Kraft hatte, um 
die Bretter seines Sarges zu zerbrechen. Die un⸗ 
heimliche Nachricht verbreitete sich schnell und die 
in Schrecken versetzte Bevölkerung wollte den Wieder⸗ 
auferstandenen vollends tödten und ihn in sein 
Grab zurückzuwerfen. Glücklicher Weise legten sich 
einige entschlossene Männer ins Mittel und das 
cheußliche Verbrechen wurde nicht begangen. Der 
Arme, schließlich nach seiner Wohnung gebracht, 
tarb nach kurzer Zeit, aber nicht an der Cholera, 
welche er nie gehabt, sondern an den Folgen seiner 
hiertägigen Einscharrung. 
F GVon Stufe zu Stufe.) Vorige Woche 
'anden Pariser Polizisten einen alten, nur noth— 
zürftig gekleideten Mann unter einer Bank auf dem 
Boulevard Magenta schlafen. Auf dem Polizei— 
bureau erklärte derselbe ohne Umschweife: „Ich bin 
der Marquis v. B......, aus der Guyenne, 
79 Jahre alt und ohne Familie. Mit dem 21. 
Jahre gelangte ich in den Besitz eines großen Ver⸗ 
mögens, ging nach Paris, wo ich dasselbe binnen 
vier Jahren durchbrachte. Mit 10,000 Fres., die 
mir verblieben, ging ich nach Amerika, wo ich alles 
Mögliche versuchte, in eine Gesellschaft Schwindler 
gerieth und zu zwanzig Jahren verurtheilt wurde. 
Ich entfloh und kam 1835 wieder nach Frankreich. 
An der Roulette bei Frascati gewann ich viele 
hunderttausende, womit ich mein früheres Leben 
wieder aufnahm. In zwei Jahren war es zu 
Ende, ich verfiel nochmals dem größten Elend. 
1842 wurde ich wegen Diebstahls von Werth⸗ 
papieren zu 7 Jahren, 1851 zu einem Jahre 
wegen Betrug und seitdem noch zehnmal wegen 
ähnlicher Vergehen verurtheilt. Jetzt bin ich fertig, 
jabe keine Kräfte mehr. Ich bitte den Herrn 
Zommissar, mich in ein Gefängniß führen zu lassen, 
im ruhig sterben zu können.“ Der arme Marquis 
vurde nach der Polizeipräfektur befördert, wo unter 
den aufgespeicherten Akten sehr bald diejenigen auf— 
jefunden wurden, welche seine Aussagen bestätigten. 
F Ein Zwergenkind. In Birmingham 
wird jetzt ein 6 Wochen altes Mädchen gezeigt, 
das nur 9 Zoll lang ist und ein Gewicht von 10 
Unzen hat. Das liliputanische Geschöpf ist in 
Birmingham geboren. 
F Die chilenische Regierung beabsichtigt zur 
Umbildung des Schulwesens in Chile, insbeson— 
dere zur Leitung von Lehrerseminaren, deutsche 
Lehrer heranzuziehen. Sie hat einen höheren Be⸗— 
amten nach Deutschland abgesandt, um die erfor⸗ 
derlichen Schritte zu thun. Den Lehrern, die sich 
mehrere Jahre zu verpflichten haben, sollen ganz 
besonders günstige Bedingungen zugestanden werden. 
F Die japanische Mordsitte, das 
Harekiri“ hat in Indien ein noch greulicheres 
Begenstück: das „Kamalpudscha“. Das „Evaugel. 
Missionsmagazin“ sagt darüber: Das indische Heiden⸗ 
hum ist immer noch widerstandsfähiger, als man 
ich gewöhnlich vorstellt. Selbst die ärgsten heid—⸗ 
zischen Greuel sind hie und da noch im Schwunge. 
In alten Zeiten kam es öfters vor, daß Hindus, 
um den Zorn der Götter zu versöhnen und sich die 
—A 
das eigene Haupt zum Opfer brachten. Dieses 
sogenannte Kamalpudscha ist von der englischen 
Regierung verboten worden. Wer dazu hilft oder 
darum weiß, ohne es anzuzeigen, wird bestraft. 
Trotzdem hat neulich eine ganze Baniafamilie in 
atjawar sich dem „Ganapati“ geopfert. Es scheint, 
daß der älteste Sohn des Hauses zuerst den beiden 
Eltern, seinen vier Brüdern, drei Schwägern und 
wei Schwestern die Köpfe abschlug und dann selbst 
in einen Brunnen sprang. Man fand die zehn 
stöpfe vor einem „Ganapati“-Bild aufgestellt und 
dabei eine schriftliche Erklärung, daß hier kein Ver— 
hrechen, sondern ein freiwilliges Selbstopfer vorliege. 
Der Indian Spektator bemerkt bei dieser Gelegenheit: 
Das Kamalpudscha ist nichts Unerhörtes in Indien.