Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Mountag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Slatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet viertelijährlich 1.4M 60 2 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 75 H, einschließlich 
40 ⸗ Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren RKaum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Erxpedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M IJT. Samstag, 26. Januar 1884. 
19. Jahrg. 
.Für die Monate Februar und 
März nehmen die Postanstalten, 
zie Austräger und die Expedition Bestell— 
ungen auf dieses Blatt entgegen. 
Unter den Einwohnern finden sich alle Racen ver— 
treten: Araber, Syrier, Dongolaws, Griechen, 
Türken, Juden, Armenier, Egypter und dazu nod 
Zuropäer aller Art. Alle haben in Khartum et 
vas zu verlieren; der Abschied ist daher schwer. 
ꝛangsam schiffen sie sich in die 200 Noggurté 
Schiffe von 10-20 Tonnen) ein, unter dem 
Schutze der Nildampferflottille, die 15 Schiffe zählt 
und mit Feldgeschützen versehen ist. Die Fahrt läßt 
sich vortrefflich an, denn hinter Khartum, wo sich 
der Weiße und Blaue Nil vereinigen, dehnt sich 
der Fluß aus, und wenn nicht einige Schiffe ab⸗ 
laufen oder in den Katarakten umschlagen, kommen 
die Flüchtlinge wohlbehalten in Berber an. Dort 
beginnt die Schwierigkeit. Berber ist nichts als 
eine Oase voller Dattelpalmen und Gärien; hinter 
ihr erstreckt sich viele Hunderte von Meilen weit 
die Wüste. Von Suagkim liegt es 280 Meilen 
entfernt, von Korosko 370. Der Weg nach Sua⸗ 
kim itt durch feindliche Stämme gesperrt. Der Weg 
nach Korosko aber führt durch den schlimmsten 
Theil der nubischen Wuͤste, die nur bitteres Wasser 
für den Durst bietet. In Friedenszeiten ist dies 
ein hartes Stück Arbeit; jetzt aber dei dem Man— 
gel an Kameelen unausführdar. Man bleibe also 
am besten in Khartum, meint Sir S. Backer, 
da dajselbe sich leicht vertheidigen lasse. Nur müßte 
nan einen Graben um die Stadt ziehen, Nilwasser 
zineinfließen lassen und dahinter Erdwerke eröffnen. 
Da die umliegende Gegend flach ist, würden die 
Heschütze der Dampfflottille mit Leichtigkeit den 
Feind in Schach halten und zugleich einer fouragi⸗ 
cenden Mannschaft es ermöglichen, an den Ufern, 
velche den einzig fruchtbaren Theil des Landes bil 
den, die nöthigen Nahrungsmittel für die Stadt 
einzuheimsen. Kurzum, Baker ist gleich Gordon 
der Meinung, daß unter solchen Umständen Oberst 
Cötlogon in Kharthum ruhig ausharren solle. 
dieser Erweiterung dar und führte aus, daß auch 
für den Fall der Aufhebung der Schule die Er— 
weiterung den Verkauf des Gebäudes wesentlich er— 
leichtern würde. Daraufhin erfolgte Genehmigung. 
Muünchen, 28. Januar. In der gestrigen 
Plenarsitzung der Abgeordnetenkammer empfahl der 
Referent Abg. Walter die Petitionen der Gemeinden 
Diessen, Hornbach und Göllheim um Wieder— 
errichtung von Amtsgerichten, resp. Errichtung 
von Amtstagen, der k. Staatsregierung zur Würdig- 
ung. .. Abg. Sittig freut sich über die vorge— 
schlagene Aufbesserung der Tagschreiber, wünscht 
aber für dieselben eine Gehaltsskala von 800 M. 
anfangend und in Triennien bis 1200 Mark steigend. 
Abg. Märcker ersucht um Einrichtung von Amis— 
tagen in der Ueberzeugung, daß auf eine Wieder— 
errichtung von Amisgerichten nicht zu hoffen sei. 
Abg. Vaillant wünscht für Göllheim Einführung 
cines Amtstages. Abg. Kuby ist erstaunt, daß 
bei den sächlichen Ausgaben Ersparungen gemacht 
worden seien; er habe das Gegentheil gehört. .. 
Minister von Fäusile bemerkte u. A.: Die Wieder⸗ 
errichtung von Amisgerichten könne er nicht in Aus— 
siicht stellen, der Konsequenzen und großen Kosten 
halber. Durch die Organisation sei dem Lande 
kein Kreuzer an Kosten erwachsen. Die Einführ— 
ung von Amtstagen für die Pfalz wolle er baldigst 
in Erwägung ziehen und, wenn ärgendwie möglich. 
durchführen. Für eine Gehalsskala der Tagschreiber 
ronne er sich nicht erwärmen. “. Dem Abg. Kuby 
müsse er erwiedern, daß für Errichtung von Ge— 
däuden Alles geschehe, was sich als nothwendig 
herausstelle. Hierauf wird die Position „Amtsge⸗ 
richte“ nach dem Ausschußantrage nebst den dazu 
gehörigen Petitionen genehmigt. 
München, 23. Januar. Bei der gestrigen 
dandtags-Verhandlung wendete sich der Justizminister 
noch gegen das Verlangen einer Einschrankung des 
öffentlichen Gerichtsverfahrens; denn niemals sei in 
Bayern die öffentliche Sicherheit mehr gefährdet, 
die Zahl der Verbrechen größer gewesen, als zu 
der Zeit des geheimen Gerichtsverfahrens, zur Zeit 
der Folterund der schwersten Leibesstrafen. 
Tegernsjee, 22. Jan. Gestern Mittag fand 
im Schlosse durch den Pfarrer von Tegernsee die 
Taufe des am 17. ds. Mis. gebornen Sohnes des 
Herzogs Karl Theodor statt. Die Pathenstellen 
haben Se. Maj. König Ludwig J. von Bayern 
und Herzog Wilhelm von Braunschweig übernom⸗ 
men, weßhalb der Neugeborne die Namen Ludwig 
Wilhelm erhielt. Als Vertreter Sr. Maj. des 
zönigs war Se. k. Hoh. Prinz Ludwig anwesend. 
Das Befinden der hohen“ Wöchnerin wie des kleinen 
Prinzen ist ein vorzügliches. 
Berlin, 22. Januar. Der Volkswirihschafts⸗ 
rath wurde heute durch den Staatsminister v. Böt⸗ 
ticher eroffnet. In seiner Begrüßungsrede hob der⸗ 
selbe hervor, wie die Staatsregierung bedauere, für 
die großen Opfer, welche manche Mitglieder in 
naterieller Beziehung zu bringen gezwungen sein, keine 
Entschadigung gewaͤhren zu können. Je mehr die 
Staatsregierung die Opfer, Zeit und Kraft würdige, 
desto höher schätze sie die Bereitwilligkeit des Volks- 
wirthschaftsraths. Sie hoffe, auch dieses Mal aus 
den Berathungen reiches werthvolles Material für 
die Ziele zu gewinnen, welche sie sich gesteckt. Nach 
Erledigung geschäftlicher Sachen beschließt die Ver— 
ammlung, zunächst auf die Ausschußberathung der 
Unfallvorlage zu verzichten und sofort in die Gene⸗ 
raldebatte einzutreten. 
VPolitische Uebersicht. 
Der Finanzausschuß der Abgeordne— 
lenkammer beschäftigte sich vorgestern mit dem 
Deficit der Pfälzer Bahnen pro 1884. 
Dasselbe wurde auf 1,428,000 Mk. veranschlagt. 
Nach einem Telegramm des „Frkftr. Irls“ bemerkte 
der Minister von Crailsheim das Deficit werde sich 
300,000 Mk. niedriger stellen. Zur Petition aus 
Kaiserslautern, betreffend die Herabsetzung der Koh— 
lentarife, erklärte der Minister, für den Hausbedarf 
existirte kein Nothstand! Bezüglich der industriellen 
Reclamationen sei die Petition allerdings theilweise 
begründet, Aenderungen würden aber finanziell von 
solcher Tragweite sein, daß es schwer sei daran zu 
gehen. 
In England läßt die Furcht vor Atientaten 
die Herren Britten manchmal Gespenster sehen, wo 
teine sind. So besuchte der Prinz von Wales in 
der vorigen Woche den Baron Alfred v. Rothschild 
in Halton. Wie nun die Morning Post berichtet, 
ollen kurz vor der Einfahrt des Hofzuges in dem 
Tunnel von Primrose⸗-Hill im Norden Londons 
einige Packete mit Dynamit auf den Schienen ge⸗ 
unden worden sein. Bei der Rückfahrt des Thron⸗ 
olgers wurden in Folge dieser Entdeckung die 
rößten Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die nähere 
Antersuchung hat aber erwiesen, daß das in vem 
Tunnel gefundene Dynamit mit der Absicht eines 
Attentats nicht in Zusammenhang zu bringen sei. 
ẽs war nur eine kleine Menge des Sprengstoffes 
in einer Papierdüte, und dieselbe lag auf dem sechs 
Fuß breiten Zwischenwege, welcher die beiden Bahn⸗ 
zeleise trennt. Ein Packet lag zwischen den 
Schienen auf dem Geleise, welches der Hofzug nicht 
zu pasfiren hatte. Unter keinen Umständen war 
eine ernstliche Gefahr zu befürchten, selbst dann nicht, 
venn der Sprengstoff unter die Räder des Zuges 
gerathen wäre. Unter den Bahnbeamten herrscht 
die Meinung vor, daß das Dynamit von Jeman⸗ 
dem aus dem Fenster eines der Personenzüge ge⸗ 
worfen wurde, der des gefährlichen Sprengstoffes 
los werden oder aber eine Panik hervorrufen wolite, 
und daß kein Grund vorliege, die Sache mit der 
Keise des Thronfolgers in Zusammenhang zu bringen. 
König Oskar von Schweden erhielt, wie 
dem „Fr. Irl.“ gemeldet wird, vor eiwa 14 Tagen 
einen Drohbrief mit dem Poststempel Drammen“, 
worin man ihn mit Erschießen bedrohte, wenn er 
nach Norwegen kommen wuͤrde. Der Polizei ist es 
Rlungen, den Absender zu endecken und zu ver⸗ 
haften. Er ist bereits hierher zur Untersuchung 
transportirt worden. Es ist ein kürzlich aus Amerika 
eimgekehrter Schuhmacher. 
Vom Kriegsschauplatz im Sudan (Af⸗ 
rila) kommt die Nachricht, daß die Stadt Kharium, 
velche die Engländer zu räumen beabsichtigten, ge⸗ 
jalten werden soll. In einem Londoner Blatt, der 
„Pall Mall Gazette“ schilder ein genauer Kenner 
es Sudan's, S. Bager, recht anschaulich, welche 
Schwierigkeiten die Raäumung dieses wichtigen 
Platzes bieten wuͤrde. Hören wir ihm zu: Das 
srompetensignat erschallt und die 6000 Soldaten 
ind mit 10000 Einwohnern zum Abzuge bereit. 
Deutsches Meich. 
München, 22. Januar. In der heutigen 
Sitzung des Finanzausschusses der Abgeordnelen. 
kammer wurde der Petition des Generalkomite's 
für Errichtung eines Landesdenkmals für die im 
französischen Kriege gefallenen Bayern, einen Staats⸗ 
zuschuß von 20,000 Mark zu gewähren, einstimmig 
in so weit stattgegeben, daß die Summe von 5000 
Mt. in den Etat eingestellt werden soll. Die Lan⸗ 
desbersammlung zu dem besagten Zwecke hat be⸗ 
anntlich bis jetzt 37,000 Mark ergeben. Für die 
ꝛegelmäßigen internationalen Kunstausstellungen ist 
wieder ein Betrag von 8600 Mark eingesetzt. An 
Juschüssen für öffentliche Erziehungsanstalten sind 
36,260 Mt. postulirt. Für die Erweiterung des 
Studiengebäudes in Speier sind 17,315 Mt. ge⸗ 
'ordert; dieselben werden ohne Debatte bewilligt. 
Für eine Winterturnhalle in Zweibrücken ist das 
dor zwei Jahren abgelehnte Postulat von 7250 
Mt. reproduzirt. Der Referent beantragte auch 
diesmal Adlehnung. Ministerialkommissar Wiesbed 
dat um Genehmigung und wurde darin von Dr 
Buhl unterftützt. Luthardt sprach sich gegen die 
jetzige Art des centralisirten Winterturnens wegen 
des schädlichen Staubens aus. Auch der Vorsitzende 
sprach im gleichen Sinne; er sei grundjätzlich gegen 
jede Winterturnhalle. Der Referent hielt, obwohl 
lein prinzipieller Feind des Turnens, seinen Antrag 
aufrecht; demselben wurde zugestimmt. Zur Er—⸗ 
weiterung des Gebäudes der Präparandenschule in 
Blieskastel find 6148 Mk. eingestellt. Der Mini⸗ 
terialkommifiär Wisbeck legte die Nothwendigkeil