Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
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M 164. 
Volitische Uebersicht. 
Es scheint sich zu bestätigen, daß die Gerüchte 
„on einer nahe bevorstehenden Dreikaiser⸗ 
zusammenkunft begründet sind. Von deutscher 
Seite ist allerdings eine solche Bestätigung noch 
nicht erfolgt. Dagegen wird sowohl auf österreich⸗ 
scher als auf russischer Seite die Wahrscheinlichkeit 
eiont, daß die Entrevue in kurzer Zeit zustande 
ommen werde. Von Warschau aus wird sogar 
creits der Ort der Zusammenkunft bezeichnet; es 
zl hierzu Bernewitze im Fürstenthum Lowitsch, 
m der Warschau⸗Wiener Eisenbahn gelegen, in 
dussicht genommen sein. Es bedarf keiner weiteren 
dugführung, wie die Tragweite der Varziner Be⸗ 
prechungen und ihre hohe Bedeutung für die 
Sicherung des Friedens und des guten Einver⸗ 
iehmens der Ostmächte durch eine bald darauf 
olgende Zusammenkunft der Monarchen mächtig 
erstärkt werden würde. 
Mit den neuesten erfreulichen Nachrichten über 
ous Aufhissen der deutschen Flagge an der West— 
rüste von Afrika tritt die Kolonialpolitik und 
die überseeische Politik Deutschlands überhaupt noch 
nehr in den Mittelpdunkt de Wahlbewegung. 
ils bisher. Zum ersten Male wieder, nachdem das 
dationalgefühl in Deutschland durch die Widrigkeiten 
rines kleinlichen Partei- und Interessenkampfes — 
janz zu schweigen von den tiefgreifenden Wirkungen 
eineß erbitterten Kirchenstreites — ganz zurückge⸗ 
ängt zu sein schien, weht es, wie die „Nat.⸗Lib. 
vorresp.“ ausführt, wieder wie ein frischer Hauch 
ationaler Begeisterung, nationalen Lebens⸗ und 
chatendranges durch unser Volk. Freilich, die sub⸗ 
iterne Kritik, welche im letzten Reichstage so höhnisch 
on der „Schützenfeststimmung“ sprach und, ihre 
ahlentabellen in der Hand, die „Phantasie“ in der 
bolitkk der Nationen verspottete, wird darüber 
icheln. Das deutsche Volk aber wird sich dadurch 
üicht irre machen lassen. Es fühlt, daß das, was 
n Afrika geschieht, die ersten, wenn auch winzigen, 
o doch bahnbrechenden Schritte einer zuiunftreichen 
xuschen Kolonialpolitik sind. Ueber die „Schützen⸗ 
etttimmung“, in welcher die liberal⸗patriotische Be⸗ 
nedisamkeit des Herrn Bamberger und seiner Freunde 
ainstmals gedieh, sind diejenigen Kreise des deutschen 
bolles gluͤcklich hinaus, deren patriotische Empfin⸗ 
dung sich gestählt hat in der ernsten Schule einer 
bohtit der That. Wo Bismard'sche Politik zu⸗ 
wrift, da gilt es zumeist mehr als ein Schühzen⸗ 
at. Und dieses Vewußtsein ist eßs eben, was' die 
Valion in so lebhafte Bewegung versetzt in dem 
lugenblicke, in welchem der Reichskanzler, wie auf 
bielen andern Gebieten, so auch auf dem neuen 
xt überseeischen Politik die Ziele steckt, die Wege 
rezeichnei und mil bewundernswerther Sicherheit die 
Lindernisse hinwegräumt, welche sich dem Beschreiten 
neser Wege entgegenstellen. 
Lüderitzland und Kamerun sollen die 
iden Erstlingskolonien Deuts hiande heißen 
s der Sprochtünftler der — Kolnischen Zeitung! 
nnen Widerspruch erfahrt. Luderißlaud s 
wportugiefische Angra Pequena ( kleine Bucht) 
geten und damit zugleich den Vorlampfer für das 
deschthumn der afrikanischen Westküste ehren. 
damerun ist die verdeutschte Schreibung des 
aglischen Cameroon (auch Cameroons). Es 
ouch der HRan— fuͤr 3 Punkte: 1) für 
Sdulkanische Gebirge in der Valrn 
Montag 25. Augqust 1884. 19. Jahrg. 
Biafra, östlich von der Nigermündung, wo 
auch die spanische Insel Fernando Po liegt, 2) für 
einen Fluß, welcher, aus dem noch unbekannten 
Innern kommend, in die Bai von Biafra mündet, 
ind 3) für eine Art von Ortschaft, bestehend aus 
der Missionsstation Bethel, Faktoreien der Hamburger 
Firmen (Wörmann, Janssen, Thormählen) und 
Negerwohnsitzen in ihrer Nähe. Es ist der innerste 
Punkt der genannten Bucht. Bimbiag, welches 
in Verbindung mit der ersten Nachricht von der 
Besitzergreifung durch Dr. Nachtigal genannt wurde, 
liegt, die Mündung beherrschend, in dem morastigen 
Flußdelta, genau an der Spitze, wo der Hafen von 
kamerun beginnt. Es heißt auch Williamstown 
Wilhelmsstadt) den Namen Bimbia hat es nach 
einem von Norden kommenden Fluß, den die Neger 
Bimbia nennen. 
Uhr auf. Das Arsenal wurde zerstört und sieben 
hinesische Kanonenboote in den Grund gebohrt, 
zwei sind entkommen. Die Nachricht von dem 
Verluste zweier französischer Schiffe bestätigt sich nicht. 
London, 283. Aug. Nach einer Meldung 
der „Times“ aus Futscheu vom 283. d. Vormittags 
11 Uhr ist Li⸗Fong-Pao durch kaiserlichen Be— 
fehl angewiesen worden, die Differenzen zwischen 
China und Frankreich bestens zu ordnen. Die 
offizielle chinesische Depesche melde, auch von fran⸗ 
zösischer Seite werde ein Ausgleich gewünscht. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 25. Aug. Zu Ehren des 
Allerhöchsten Geburts- und Namensfestes prangt 
heute unsere Stadt in reichem Flaggenschmucke. 
Böllerschüsse, Zapfenstreich und Tagreveille, ausge⸗ 
führt von der hiesigen Bergkapelle, sowie feierliches 
Blockengeläute bildeten gestern Abend, bezw. heute 
Morgen den Anfang der Feier. Heute Vormittag 
fand in beiden Kirchen feierlicher Festgottesdienst 
statt, zu dem die gesammte Knappschaft in Parade 
ausgerückt war. Für die Knappschaftsangehörigen 
stand später in den Lokalitäten der Herren Bau⸗ 
mann und Horst das „Ludwigsessen“ bereit, 
während im „Hotel zur Post“ für Beamte und 
Bürger ein Festessen arrangirt war. 
* St. Ingbert, 25. Aug. Am Samstag 
zegen Abend wurden im Walde in der Ruhbach 
durch das Krämer'sche Forstpersonal zwei Wil derer 
aus Altenwald festgenommen und gefänglich hier 
eingebracht. Im Augenblicke ihrer Gefangennahme 
waren sie gerade damit beschäftigt, ein zerlegtes 
Gewehr zusammenzusetzen. Wie wir hören, sollen 
sie, nachdem sie richterlich vernommen waren, wieder 
auf freien Fuß gesetzt worden sein. 
88 St. Ingbert, 25. Aug. Gestern Vor⸗ 
mittag hielt, wie bereits in einer früheren Nr. er⸗ 
wähnt, Herr Warken in der hiesigen Pfarrkirche 
seine Primiz. In feierlicher Prozession wurde um 
9 Uhr der Primiziant in seinem Elternhause abge⸗ 
holt und in die Kirche geleitet, wo unter großartiger 
Betheiligung der hiesigen kath. Pfarrgemeinde der 
heilige Aklt vorgenommen wurde. Zur Ehre der 
Feier war ein großer Theil der Stadt, besonders 
die Straßen, durch welche sich der Zug bewegte, 
festlich mit Fahnen geschmückt. 
*— Wie uns mitgetheilt wird, hat in Zwei— 
brücken ein bisher sehr renommirtes Kleider—⸗ 
geschäft seine Zahlungen eingestellt. Die Passiven 
sollen weit über 100,000 Mk. betragen; doch soll 
ein gütlicher Vergleich mit den Glaͤubigern nicht 
ausgeschlossen sein. 
— Der Kreisfondszuschuß für Di— 
striltsstraßen-⸗Neubau des Jahres 1884 im 
Betrage von 14,000 Mark wurde folgendermaßen 
vertheilt. Es erhielten die Distriktsgemeinden: 
Annweiler 1100 Mk., Grünstadt 700, Homburg 
1000, Landstuhl 2100, Waldmohr 2400, Otter- 
herg 400, Göllheim 900, Obermoschel 900, Rocken⸗ 
jausen 500. Kusel 700, Wolfstein 1400, Dahn 
500. Waldfischbach 200, Hornbach 200 und Zwei⸗ 
rücken 1000 Mark. 
— Die diesjährige Hauptversammlung des 
Pfälz. Bienenzuchtvereins wird am 18. 
Sept. l. J. zu Wolfstein abgehalten. Mit der 
Versammlung wird auch wieder ein Honigmarkt, 
sowie eine Ausstellung von Bienenwohnungen, 
Werkzeugen und Bienenproduktion verbunden. 
*Schnappbach, 25. Aug. Unser Kirch⸗ 
veihsonntag war. wie in früheren Jahren, so auch 
Deutsches Reich. 
Das bayer. Ministerium des In— 
nern hat ein generalisirtes Ausschreiben an die 
Kreisregierungen erlassen, demzufolge Innungen 
und Innungsverbände als wirksames Mittel zur 
debung des Handwerks bezeichnet werden und der 
Zusammentritt solcher von den Behörden in An— 
regung gebracht werden soll. 
Dem Vertreter der bayerischen Ar—⸗ 
utee bei den Kaiser-Manövern, Generallieutenant 
Prinzen Leopold, werden für die Dauer der Uebungen 
beigegeben sein: die Obersten und Regimentscom⸗ 
mandeure v. Nagel des 3. Chevauxlegers⸗ und Frei⸗ 
jerr v. Laroche des 1. Feld-Artillerie-⸗Regiments 
Berlin, 283. Aug. Die Gerüchte über eine 
Zusammenkunft des Kaisers Wilhelm mit Kaiser 
Alexander III. gewinnen mehr und mehr Bestand. 
Daß für dieselbe die ersten Tage des September 
in Aussicht genommen worden sind, darf wohl als 
icher angesehen werden. In Betreff des Ortes 
auten die Angaben verschieden, neuerdings wird 
auch Stettin genannt. 
Wenn die „Kreuzztg.“ richtig unterrichtet ist. 
so wird sich der nächste Reichstag mit der Aufgabe 
der Erhöhung des kaiserlichen Dispositi onsfonds 
aus dem Reichsinvalidenfonds zu beschäf⸗ 
igen haben. Der bisherige Fonds ist nicht hin⸗ 
reichend, um denjenigen Theilnehmern an dem Kriege 
von 1870,71, welche infolge erlittener innerer 
dienstbeschädigung invalide geworden, wegen Ab— 
aufs der gesetzlichen Präklusivfrist aber zur Geltend⸗ 
machung von Versorgungsansprüchen nicht berechtigt 
sind, durch Gnadenbewilligungen zu Hilfe zu kommen. 
Berlin, 283. Aug. Die Ratisikationsurkunden 
der deutsch⸗italienischen Literarkonvention wurden 
heute hier ausgetauscht. 
Karlsruhe, 23. Aug. Der deutsche Kron⸗ 
hrinz trifft morgen Vormittag von England kom⸗ 
mend auf der Mainan ein. Von dort reist derselbe 
zu Truppen⸗Inspektionen nach Würitemberg und 
Bayern. 
Ausland. 
Paris, 28. Aug., Abends. Der chinesische 
Gesande Li⸗Fong⸗Pao hat Paris heute Abends 8 
Uhr verlassen. Ein chinesischer Quelle entstammen⸗ 
des Telegramm der Agence Havas aus Shanghei 
don heute Abend 6 Uhr sagt: Die chinesische Flotte 
vor Futscheu ist von den Franzosen genommen; zwei 
französische Fahrzeuge geriethen auf den Grund. 
Paris, 24. Aug. Ein Telegramm aus 
Shanghai von heute Vormittag 111/0 Uhr meldet: 
das Bombardement von Futscheu begann 
gestern Nachmittag 2 Uhr und hörte Abends 2