Full text: St. Ingberter Anzeiger

fleine Besserung eintrat. Nach dem bisherigen Lauf 
her Welt reiten „die Todten“ des Lurus immer 
hneller als der wirthschaftliche Aufschwung selbst 
*9— daß hierin keine Ausnahme eingetreten ist, 
sehrt schon der Augenschein einer oberflächlichen Be⸗ 
obachtung. 12 
* Bekanntlich ist der Eigenthümer des „Frank 
urter Journals“, Dr.v. Brüning, vor mehreren 
Nonaten gestorben, was für das Blatt eingreifende 
heränderungen nach sich ziehen mußte. Dasselbe 
jeht nun am 1. Oktober an eine mit reichen Geld— 
Fteln versehene, aus einflußreichen und hervor⸗ 
agenden Männern der nationalliberalen Partei be⸗ 
chende Aktiengesellschaft über. Für die Haupt⸗ 
tung der Redaktion ist der Sohn des durch seine 
zeschichtswerke bekannten Heidelberger Professors 
Feorg W.ber, Herr Dr. Friedrich Weber, seitheriger 
stitherausgeber der in Berlin erscheinenden „Natio— 
alliberalen Korrespondenz“, gewonnen, welcher 
emnächst schon in die Redaktion eintreten wird, 
in für die bevorstehenden Reichstagswahlen auf 
Fem Platze zu sein. Diese Wahl kann als eine 
vesonders glückliche für das Unternehmen bezeichnet 
werden. 
5 Die Zahl der im „Bayer. Vet.-Krieger⸗ und 
dampfgenossen ⸗ Bunde“ unter dem allerhöchsten 
hßroteltorate Seiner Majestät unseres allergnädigsten 
önigs geeinigten Krieger⸗, Veteranen- und Kampf⸗ 
penosen· Vereine (Bundesmitgliedschaften) beläuft 
ch augenblicklich auf 1360 mit 87,000 Einzeln⸗ 
Mitgliedern. 
Nach einer von dem Justizministerium ver— 
nfentlichten Uebersicht betrug die Zahl der in den 
Zirafanstalten und Arbeitshaäusern des Königreichs 
zahyern verwahrten Gefangenen am 31. Dezember 
— — 
veibliche. Am 31. Dezember 1882 waren es 
8115, nämlich 6876 männliche und 1239 weibliche, 
so daß eine Abnahme von 218 und zwar 208 
nännliche und 10 weibliche Gefangene siattgefun— 
yen hat. 
Räüdesheim, 23. Aug. Das hundert— 
nausendste Billet wurde am vergangenen Sonntag 
auf der Niederwald-Zahnradbahn, welche an diesem 
Tage allein von 4000 Personen benutzt worden 
st. ausgegeben. 
pWiesbaden. Daß unsere Stadt ein mili— 
risches „Pensionopolis“ genannt werden kann, ist 
zelannt. Interessant sind die Summen, welche den 
hier lebenden 239 pensionirten Offizieren als Pension 
dusgezahlt werden: B Generale der Infanterie à 
1,000 Mt., 22 Generallieutenants à 10,000 Mk., 
W Generalmajors à 8000 Mk., 50 Obersten à 
5560 Mk., 36 Oberstlieutenants à 3500 Mk., 53 
Majors à 3400 Mk., 32 Hauptleute oder Ritt⸗ 
meister à 2200 Mk. und 15 Premier⸗, resp. Se⸗ 
londlieutenants à 500 Mark, gibt die respektable 
summe von 1,022,700 Mark Militärvensionen 
alein für Wiesbaden. 
fDortmund. Die „Trem.“ schreibt: Wie 
iht die öffentlichen Feste den Leichtsinn der Be— 
völkerung und damit das Unglück und den Ruin 
dielet Familien fördern, beweist zur Genüge die 
Thatsache, daß in der Pfandleihanstalt Eick u. Co. 
in wenigen Tagen vor dem Biürcgerschützenfeste 
Sachen zum Gesammtwerthe von etwa 20, 000 M 
derseßt worden sind. Das ist in der That erschreckend. 
f Zum Prozeß Reinsdorf wird aus Elber⸗ 
ield, 28. August berichtet: Die Untersuchungs— 
erhandlungen gegen Reinsdorf und Genossen sind 
icherm Vernehmen nach nunmehr am 15. d. Mts. 
geschlossen worden. Das Reichsgericht hat jetzt die 
Unllage zu formuliren und daruͤber zu entscheiden, 
ch über sämmtliche Punkte derselben beim Reichs- 
eticht verhandelt werden, oder ob bezüglich der 
erblosion bei Willemsen hierselbst das Schwurgqe⸗ 
riht in Elberfeld urtheilen soll. 
zu Ein entsetzlicher Unglüdsfall hat 
am Freitag in Barmen ereignet. Auf einem 
dnseichargerus an der Fischerthalerstraße arbeiteten 
ei Anstreicher, als plößlich das Gerüst brach und 
die Arbeiter aus der Höhe des dritten Stocks auf's 
Master stürzten. Zwei derselben erlitten Schädel⸗ 
nnd waren auf der Stelle todt. Der Dritte 
J zwar noch lebend ins Krankenhaus befördert, 
sind auch dessen Verletzungen so schwer, daß 
n seinem Aufkommen gezweifelt wird. 
fHamburg, 25. Aug. Der Hamburger 
dampf —W 8 
er „Massalia“ rettete 300 französische Sol⸗ 
w g& dem gestrandeten Transportschiffe, Aveyron“ 
andete dieselhben am Sonnabend in Aden. 
4(Unglücksfall in den Alpen.) Albert 
stünzli aus Morgenthal und Paul Liebreich aus 
Basel, angestellt bei der hiesigen Eidgenössischen 
Bank, stürzten am Freitag Morgen bei Lausanne 
eine hohe Felswand hinab. Künzli ist todt, Lieb⸗ 
reich in verzweifeltem Zustand. 
F Tödtlicher Sturz. Samstag Abend 
ereignete sich in Frankfurt a. M. auf dem Juden⸗ 
markt ein Unglück. Vor einem Hause entstand ein 
zroßer Skandal, den vermittelst einer Douche zu 
schlichten ein im ersten Stocke desselben Hauses 
wohnender Handwerker sich anschickte. Mit aller 
Wucht schleuderte er das Wasser aus einem Eimer 
auf die Köpfe der Streitenden, bekam aber dabei 
das Uebergewicht, stürzte herunter und brach das 
Genick. 
FNoch einen Schluck. Der Stabstrom— 
petet Bier der badischen Gardes du Corpe, welcher 
deim französischen Ausfall der 17,000 Mann aus 
Straßburg am 9. Juli 1814 den in der Alttacke 
gestützten und nachträglich den rechten Fuß ver— 
lierenden General v. Laroche befreien und zurück 
bringen half, lag auf dem Sterbebette und begehrte 
als letzte und beste Arznei „E' Buttel Wai!“ 
Austrinken und sich herumlegen mit den Worten 
„Dorschtig wärd net verreckt!“ war nur ein Mo— 
ment. 
F Ein entsetzliches Unglüdereignete sich 
am 13. d. M. auf dem Bahnhof zu Tübingen. 
Der Stationsvorstand Hölzle von Minsingen, wel⸗ 
her zu lange im Restaurationslokale verweilt hatte 
wollte noch in den im vollen Lauf in der Richtung 
Rottenburg abgehenden Zug einspringen. Mit der 
rechten Hand versuchte er den Griff zu erfassen 
zriff aber fehl und wurde unter die Räder ge— 
chleudert, welche ihm den Kopf vollständig zer⸗ 
zjuetschten. Der anwesende Stationsvorstand von 
Tübingen hatte vergebens versucht, den Verunglückten 
jom Besteigen des Zuges abzuhalten. 
F Vatermord. Am Samstag Abend gegen 
10 Uhr entspann sich in Neckarau zwischen dem 
Taglößner Philipp Ziegler und dessen Sohn gleichen 
Namens Streit dadurch, daß der Sohn beim Nach— 
hausekommen das Nachtessen, das sein Vater bereiten 
jollte, nicht vorfand. Der Vater, der sich keines 
guten Leumunds erfreut, war auch betrunken und 
war der Sohn darüber so erbost, daß er den Vater 
mit Fußtritten auf Leib und Brust so lange traktirte, 
bis er den Geist aufgab. Der Thäter, welcher als 
dJeißig gilt und in einer Mannheimer Gießerei be— 
cchäftigt ist, war längere Zeit in Amerika, wo er 
eine Frau kennen lernte und heirathete. Seine 
Frau, die aus dem Hessischen gebürtigt ist und zur Zeit 
der That mit seiner Mutter nach ihrem Heimaths⸗ 
orte zur Beerdigung ihres einzigen Kindes, das 
dvort verstorben war, gereist. Nach der Unglücks— 
lhat machte der unnatürliche Sohn, nachdem er 
zuerst versucht hatte, im benachbarten Wirthshause 
die Ursache des Todes in einem Falle vom Stuhle 
hinzustellen, selbst die Anzeige beim Bürgermeister⸗ 
amte und wurde er alsbald von dem anwesenden 
GBendarmen in das Amtsgefängniß nach Schwetzingen 
oerbracht. (Pf. J.) 
F In der Festung Torgau befinden sich 
iugenblicklich drei Landwehrleute aus Zwickau in 
Sachsen, wegen Meuterei und wegen Verletzung der 
dem obersten Kriegsherrn schuldigen Achtung in Haft. 
Auf dem Eilenburger Bahnhofe zu Leipzig sollte 
»or Kurzem ein SammelKommando von ca. 100 
Mann Wehrleuten zu den Uebungen des in Torgau 
zarnisonirenden Infanterie-Regiments verschickt 
verden, und da es an Personenwagen fehlte, so 
vurde ein Theil der Mannschaft genöthigt, in Güter⸗ 
»der Viehwagen einzusteigen. Viele derselben weigerten 
ich und verlangten nach „Wagen dritter Klasse für 
Menschen“; namentlich aber veranlaßten die Zwickauer 
Wehrleute jene Kameraden, welche bereits die 
Wagen bestiegen hatten, dieselben wieder zu verlassen. 
Den Bemühungen des Kommandoführers gelang es 
edoch, seine Leute bis auf diese drei Unzu— 
sriedenen zur Raison zu bringen. Diese blieben 
nLeipzig zurück und begaben sich in dem Glauben, 
m Rechte zu sein, nach dem Telegraphenbureau, wo 
ie eine Depesche an den in Gastein weilenden deut. 
chen Kaiser zu Papier brachten, in welcher sie, noch 
dazu mit bezahlter Rückantwort, bei demselben an— 
fragten: ob preußische Landwehrleute wie die Schweine 
in einem Viehwagen zu den Uebungen befördert 
verden dürften? Der Telegraphenbeamte wollte dieses 
Telegramm in der vorliegenden Form nicht be⸗ 
'ördern, that es aber schließlich mit Weglassung der 
anstößigen Worte: wie die Schweine“. Die „bezahltt 
Rücantwort“ ließ nicht lange auf sich warten. Dieselbe 
war vom Chef des Militär-Cahinets Herrn v. Albe⸗ 
dyll unterzeichnet und lautete: „Sofort thun, was 
befohlen“. Nun fuhren die drei Wehrleute, mit Kindern 
gesegnete Familienbäter, auf eigene Kosten nach 
Torgau, wo man sie sofort verhaftete und dem 
Militärstrafgesetze gemäß sehr strenge bestrafen dürfte. 
F Von allgemeinem Interesse isteine 
von den Engländern Professor Barff und Ingenieur 
Bower gemachte Erfindung, die in einem Verfahren 
besteht, durch welches Eisen und Stahl auf künst⸗ 
lichem Wege mit einer Schicht magnetischen Eisen⸗ 
oxyds (Eisenoxyduloxyd) überzogen und dadurch vor 
Verrosten geschützt werden. Da der bisher gebräuchliche 
Anstrich mit Farben, oder das Bedecken mit fremden 
Metallen (Emailliren) unsere vielfachen eisernen 
Bebrauchsartikel, Geräthe und Maschinen vor baldiger 
Vergänglichkeit nicht zu schützen vermögen, so hat 
dieser — Inorydation benannte — Prozeß natuͤr— 
zemäß großes Interesse unter den Eisenindustriellen 
erregt. In London und Paris haben sich Gesell⸗ 
chaften gebildet, welche die Patente angekauft haben, 
und welche Wichtigkeit man diesem neuen Verfahren 
in sachverständigen Kreisen beimißt, läßt sich daraus 
erkennen, daß sich u. A. einer der bedeulendsten 
EFisenmänner der Jetztzeit, Thomas Gilcchrist 
(der Erfinder des Entphosphorungs-Verfahrens), 
in dem Direktorium der englischen Gesellschaft be— 
findet. Die Inorydation wird bereits von einer 
Anzahl englischer Etablissements angewendet und 
in Frankreich ist dieselbe namentlich vom Kunstge⸗ 
verbe günstig aufgenommen; um so erfreulicher ist 
es daher, daß sich unsere deutsche Industrie diese Neuheit 
ebenfalls zu Nutzen macht. Verschiedene große deutsche 
Werke haben, wie wir hören, das Fabrikationsrecht 
erworben und sind mit dem Bau der erforderlichen 
Anlagen beschäftigt. Ueber das Inorydations- 
Verfahren selbst einige kurze Worte. Die zu in⸗ 
xydirenden Gegenstände werden in einem hermetisch 
eschlossenen Ofengewölbe behandelt, und mittelsi 
kinwirkung von Dampf bezw. orxydirenden und 
eduzirenden Gasen die Eisenflächen mit einer 
—B 
selbst verwachsenden Schicht magnetischen Eisenoxyds 
iberzogen. Dieser Ueberzug von schöner mattgrauer 
Farbe widersteht der zerstörenden Einwirkung des 
Züßwassers, der alkalischen oder salzhaltigen Wasser, 
der in der Luft verbreiteten Gase ꝛc. Inoxydirte 
Eisen- und Stahlwaaren sind daher gegen die Zer⸗ 
störung durch Rost geschützt, und ist die Inoxydalion 
in keiner Weise gesundheitsschädlich. Eine besondere 
Bedeutung hat noch ein im Anschluß an den In⸗ 
oxydationsprozeß vom Franzosen Daumesnil 
zefundenes Verfahren, durch welches die inoxydirten 
Gegenstände direkt emaillirt, vergoldet oder platinisirt 
verden, und findet dieses Verfahren außer im 
unstgewerbe nützliche Anwendung für Ornamente 
ind Verzierungen. Die vereinigten Bower-Barff⸗ 
Daumesnil-Verfahren müssen daher von unschätzbarer 
Bedeutung sein für die zahlreichen Produkle der 
Fisenindustrie, der Maschinenfabrikation, des Bau⸗ 
und Kunstgewerbes ⁊c. als rostschützender, konser— 
irender und verschönernder Ueberzug. Außer anderen 
deutschen Werken hat die CommanditGesellschaft 
jür Pumpen und Maschinen-Fabrikation W. Gat—⸗ 
pens, Hannover, Berlin, Wien und Antwerpen, 
das Fabrikationsrecht erworben und macht bekannt, 
daß sie die von ihr als Specialität fabrizirten und 
wohlrenommirten eisernen Pumpen aller Arten jetzt 
auch mit Inorxydation, also mit Rostschutz versehen 
liefert. Die Anwendung der Inorydation in dieser 
Branche des Maschinenbaues darf als ein bedeu⸗ 
tender Fortschritt angesehen werden, da die inoxy⸗ 
dirten Pumpen und Röhren nicht rosten, das 
Wasser nicht durch Rostbildung gefärbt wird, sondern 
rein bleibt und der Jnoxydations: Ueberzug im Gegen⸗ 
satz zu Blei, oder auderen Emaillen oder Verzi nkung 
in keiner Weise gesundheitsschädlich ist. Da ferner 
auf Gußeisen der Inorydations⸗Prozeß in der 
Weise vortheilhaft einwirkt, daß dasselbe bedeutend 
weicher und zaher wird, so nähert sich dasselbe in 
seinet Widerstandsfähigkeit gegen Stöße ⁊tc. mehr 
dem schmiedbaren Guß, und es ist somit auch nach 
dieser Richtung eine erhöhte Güte uud Dauerbaftig 
keit erzielt. 
F Bezüglich ganz unbemittelter in N ew⸗York 
eintreffendet Einwanderer hat die dortige Kin— 
wanderungs · Kommission folgende wichtige Entschei⸗ 
dung getroffen: Unter den in New⸗NYork anlangenden 
Einwanderern besinden sich häufig Leute. die zwar 
mit Eisenbahnbilleten zur Weiterreise versehen find 
aber nicht einmal so piel Geld besitzen um nö