Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒ1t. Ingherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, Iz 3, Reclamen 30 8. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 26. Aug. Prinz Leopold von 
zahern ist soeben nach Berlin abgereist, von wo 
esich zu den Manövern nach Schlefien und später 
in den Rhein begeben wird. Prinz Leopold wird 
nhtend der Manöver am Rhein in Köln sein 
zlandquartier nehmen. 
Berlin, 26. Aug. Der französische Bot⸗ 
haster, Baron Courcel, reiste gestern früh zum 
zürsten Bismarcknach Varzin. 
Berlin, 26. Aug. Die Nachrichten über 
us Befinden des Reichskanzlers lauten überaus 
sünstig. Der Fürst ist so frisch wie seit vielen 
sahren nicht; auch die Fürstin hat sich vollständig 
holt. Wie man hört sind alle Mittheilungen 
jber die alsbald in Aussicht stehende Abreise des 
zütsten von Varzin durchaus unrichtig. 
Hamburg, 27. Aug. Dem „Hamb. Corr.“ 
vitd aus Madrid gemeldet, daß sich auch die 
düstenstreke südlich der Kameruns-Gebiete bis 
datanga in deutschen Händen befände. Dr. Nach⸗ 
aigel hißte die deutsche Flagge in Malimbia, Klein⸗ 
datanga und Groß⸗-Batanga auf. 
Konstanz, 26. Aug. Der deutsche Kron⸗ 
ptinz ist heute früh von Mainau über Friedrichs—- 
safen zur Vesichtigung der Truppen nach Württem⸗ 
derg abgereist. 
Ausland. 
Paris, 26. Aug. Die gesammte hiesige Presse 
acingt heftige Artikel gegen die „Times“, deren 
derichte in einer „gehässigen Parteilichkeit“ abgefaßt 
eien: England habe am wenigsten ein Recht, von 
Humanität zu reden und über das Bombardement 
von Futscheu zu seufzen, nachdem es Alexandrien 
ehne Echonung der Europäer erschossen und in Asche 
legt habe.“ Die Entrüstung der französischen 
blatter ist besonders heftig wegen der von der 
Limes“ behaupteten Bedrohung Frankreichs mit 
Deutschland. Das sei eine elende, empörende Tak— 
il. Uebrigens erwirbt die „Times“ mit dieser al⸗ 
xtnen Drohung nichts als Verachtung; denn hier 
zält kin Franzose Deutschland für so dumm, daß 
3.füt England die heißen Kastanien aus der Asche 
wlen werde. 
Paris, 26. Aug. Ein Telegramm der 
Agence Havas“ aus Sanghai von heute Abend 
agt: briefliche, bis Sonntag Mittag reichende 
littheilungen aus Futscheu bestätigten, daß die ge— 
mmte chinesische Flotte zerstört und die französische 
lotte undersehrt sei. Die Verluste der Franzosen 
eltagen nur vier oder fünf Mann, darunter ein 
merkanischer Lotse, der an Bord des „Volta“, an 
nn Seite des Admirals getödtet wurde. Die chine⸗ 
shen Meldungen über“ die Erkrantung Courbets 
wd den Verlust zweier franzoösischer Adisos hätten 
d nicht bestätigt 
Paris, 27. Aug. Ein Telegramm der 
— Havas“ vom 27. d. meldel: Offtzielle 
ahrichten über die Vorgaͤnge bei Futscheu sind 
nicht eingegangen. Die Verluste der Chinesen 
isen Vombardement am 283. d. werden auf 
bis 3000 Mann geschätzt. Die Franzosen 
oren ein Torpedoboot. Ueber den Angriff vom 
d. auf die Forts liegt noch keine Nachricht 
Ih Die Chinesen haben wahrscheinlich die Privat⸗ 
deshen zurückgehalen. 
Lonstantinopel 24. Aug. Es verlautet 
AFen Pascha, der türkische Botschafter in Wien, 
eine Unterredung mit Fürst Lismarck pflog 
in welcher er die Beschwerden der Türkei zur 
Sprache brachte mit dem Bemerken, daß die Reform⸗ 
dersuche der Pforte, z. B. in Betreff des Post⸗ 
dienstes, von den Mächten systematisch bekämpft 
würden. Fürst Bismarck soll erwidert haben, daß 
die Reform des Postdienstes nicht so dringlich sei 
wie andere Reformen, welche die Pforte durchzu⸗ 
führen ermangele. 
Nach dem „Kawkas“, einem offiziösen Tifliser 
Blatte, wäre im türkischen Armenien ein 
ernster Aufstand ausgebrochen. Vier Kurdenstämme 
oslen sich weizern, Steuern zu zahlen und in den 
Militärdienst zu treten; im Thale Oradschik seien 
die türkischen Beamten vertrieben worden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 28. Aug. Wir wollen nicht 
verfehlen darauf aufmerksam zu machen, daß mil 
dem 1. September die Frist abläuft, innerhalb 
velcher die Anmeldung der nach dem Unfallver— 
icherungsgesetz versicherungspflichtigen Betriebe zu 
erfolgen hat. Unternehmer, welche dieselbe bis da⸗ 
gin nicht bewirkt haben, gewärtigen, dazu durch 
Beldstrafen bis zu 100 Mtk. angehalten zu werden. 
Zur Anmeldung verpflichtet ist der Unternehmer 
Pächter, Nießbraucher) bezw. dessen gesetzlicher 
ZStellvertreter. Die Anmeldung hat zu enthalten 
den Namen des Unternehmers (Firma), den Gegen⸗ 
stand des Betriebes (d. h. die nähere Angabe dessen 
was gefertigt wird), die Art des Betriebes (ob 
dandbetrieb oder Betrieb mit Dampf⸗, Wasser⸗ 
Has⸗ u. s. w. Motoren) und die Zahl der durch⸗ 
chnittlich beschäftigten versicherungspflichtigen Per— 
onen (Arbeiter männlichen oder weiblichen Geschlechts, 
owohl Erwachsene als Kinder, Lehrlinge mit oder 
»hne Lohn, Beamte mit einem Jahresverdienst bis 
jzu 2000 Mt.). Bei Bemtieben, welche regelmäßig 
naur eine bestimmte Zeit des Jahres arbeiten, ist 
die Arbeiterzahl während des regelmäßigen vollen 
Zetriebes anzugeben. Arbeiter, welche in der Haus⸗ 
ndustrie beschäftigt find, brauchen nicht aufgeführt 
zu werden. 
— Die „Union“ schreibt: „Die Aufnahme—⸗ 
Prüfung für die pfälzischn Pfarramtskan— 
didaten wird am 1. Oktober zu Speyer beginnen 
Die Gesuche um Zulassung zu derselben sind recht⸗ 
eitig einzureichen, die Probepredigten längstens bis 
10. September durch die einschlägigen Dekanate 
porzulegen. Wie verlautet, werden sich etwa 18 
dandidaten der Prüfung unterziehen. Bestehen sie 
ämmtlich, woran nicht zu zweifeln ist, so wird es 
ald möglich sein, manche durch Sterbfall entstandene 
Zücke wieder auszufüllen. Ueberhaupt scheint der 
Mangel an Theologen in der Pfalz schneller gedeckt 
zu werden als in irgend einer anderen deutschen 
irchenprovinz. Das spricht jedenfalls nicht wider 
die instruktiven Normen zur Besetzung der Pfarreien. 
Ganz gelegentlich sei eine Klage erwähnt, die aus 
den Kreisen der jungen Theologen in der allerjüngsten 
Zeit laut wird. Es wird nämlich dort erzählt 
daß auch in diesem Jahr auffallend wenig Pfälze— 
mit dem Utrechter Stipendium begabt worden sind 
Sollte in dem Verfahren, Pfälzer auszuschließen 
und Rheinpreußen zu bevorzugen, Absicht liegen, 
was kaum glaublich ist, so müßte sich die Pfalz 
am so lauter beklagen, als der edle Stifter des 
Stipendiums ein Pfälzer im engeren Sinne des 
Wortes war.“ 
[*1S8chnappbach, 27. Aug. Unsere Kirch- 
weihe dahier ist nun auch wieder glücklich vorüber 
und war dieselbe, wie der Herr Verfasser des Ar— 
tikels in der Montagsnummer d8e. Bl. bemerkt, 
jehr stark besucht und ist ganz gut und ohne allen 
Zwischenfall vorübergegangen, was bei einem solchen 
Fremdenverkehr sehr lobenswerth ist. Wenn aber 
der Herr Einsender des Artikels meint: der vor—⸗ 
nehmere Theil der Kirchweihgäste wäre einzig bei 
Herrn Eisel gewesen, so ist derselbe sehr stark im 
Irrthum, da auch die übrigen 17 Wirthschaften, 
die hier noch existiren, von solchen und zwar sehr 
vielen Kirchweihgästen besucht waren, die sich auch 
und zwar mit vollem Rechte zu diesem vorneh⸗ 
meren Theil zählen können und dürfen und ist 
aus dem Berichte des Herrn Einsenders zu ent⸗ 
nehmen, als ob die übrigen Wirthschaften dahier 
nur von solchen Leuten besucht gewesen wären, 
was man mit dem gemeinen Ausdrucke „Pöbel“ 
bezeichnet. Ueberhaupt glaubt Einsender dieses, 
daß der Herr Verfasser des betreffenden Montags⸗ 
Artikels sich selbst nicht zu diesem vornehmeren 
Theil zählt, da er ja auch die Eisel'sche Wald⸗ 
anlage nicht betreten, sondern Befriedigung seiner 
stirchweihgelüste in einer anderen Wirthschaft gesucht 
und gefunden hat. 
F Aus dem Bliesthale, 25. August. 
Welch' herrlicher Anblick! Wahrlich, ein echter 
Patriot, in dem kein Falsch ist, dieser alte, ehrliche 
„Hüwelkönig!“ Hat dieser heute Abend auf dem 
hinter Webenheim sich erhebenden „Gichtberg“ ein 
Freudenfeuer veranstaltet, wie man solche Anno 71 
auf den Sedanstag kaum leuchten sah. Aber 
nein! Es ist nicht bloß ein Feuer; hoch empor 
lodern die Flammen dreier und verkünden weit⸗ 
hin den Bewohnern des Bliesthales: Heute flackern 
wir zur Ehre Sr. Maj. des Königs Ludwig . 
von Bahern, dessen Geburts- und Namensfest in 
dem entlegensten Winkel, in dem abgelegensten 
Dörfchen unseres geliebten bayerischen Vaterlandes 
zefeiert wird! Manches Lied wird heute Abend zu 
Ehren Seiner Majestät gesungen, mancher Schoppen 
zu Seinem Wohle getrunken, mancher Schuß zu 
Seiner Verherrlichung abgefeuert. Die beiden be⸗ 
nachbarten Orte thun darin ihr Möglichstes. Doch 
horch! Eben muß der Hüwler sein letztes patris⸗ 
tisches Wort gesprochen haben, in das die Ver— 
sammlung begeistert einstimmt; denn vom hohen 
Gichtberg herab erschallt durch die weite Thalebene 
ein dreifach donnerndes Hoch! Hech! Hoch! 
— An einem der nächsten Sonntage soll zu 
Edenkoben eine Versammlung der national⸗ 
liberalen Wähler des Herrn Rechtsanwalts und 
Gutsbesitzers Mahla stattfinden, in welcher dieser 
über seine und seiner Partei Verhalten und Thätig— 
keit in der vergangenen Reichstagssession Bericht 
erstatten wird. 
— Spehyer, 25. Aug. In wahrhaft rühren⸗ 
der Weise haben unsere deutschen protestantischen 
Brüder in Siebenbürgen ihre Anhänglichkeit und 
Zugehörigkeit zu uns bekundet in einer Gabe von 
1340 fl. ö. W. für die Erbauung der Protestations 
kirche. Möge die schöne Gabe dieser unserer durch 
Czechen und Sklaven vielbedrängten armen Brüder 
auch in unserer Heimath zu weiterem freudigen 
Geben anregen. 
— Speyer, 26. Aug. Gestern Vormittag 
zwischen 9 und 10 Uhr wurde im Rheine dahier 
unterhalb der Gund'schen Ziegelei eine weibliche 
Leiche geländet. Dieselbe steht im Alter von 20 
bis 25 Jahren und dürfte mehrere Tage im Wasser 
gelegen haben. Ueber die Identität der Ertrun⸗ 
kenen ist bis jetzt nichts bekannt. Die Leiche wurd⸗ 
in das städtische Leichenhaus verbracht