Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Insherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
lan und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koflet vierteljahrlich 1I.AM 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1388, Neclamen 830 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 168. Sonntag 31. August 1884. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 27. Aug. Die Nachricht, daß 
x. Maj. der König bei dem neugeborenen Sohne 
6 Prinzen Wilhelm von Preußen Pathenstelle 
bernahm, hat hier große Freude hervorgerufen. 
Nan erblickt darin einen Beweis für die Fortdauer 
uter Beziehungen zwischen dem bayerischen und 
reußischen Regentenhause. Es mag daran erinnert 
xerden, daß Se. Maj. der König, außer seinem kgl. 
roßvater, den Bruder des Kaisers Wilhelm, König 
zriedrich Wilhelm 1“. von Preußen, zum Tauf—- 
athen hatte, und daß derselbe mit seiner Gemalin, 
sönigin Elisabeth, Tochter des Königs Maximilian 
josehh J. von Bayern, an der am 26. August 
848 im großen Saale des Schlosses zu Nymphen⸗ 
urg vollzogenen Taufe persönlich theilnahm. Se. 
Najestat unser König Ludwig U. fuührt bekanntlich 
en Namen Otto Friedrich Wilhelm. 
Berlin, 29. Aug. Der Staatssekretär im 
ieichsamt des Innern Staatsminister v. Bötticher 
vird sich in der nächsten Woche zum Reichskanzler 
ach Varzin begeben und es werden dann die 
aheren Bestimmungen über die erforderliche formelle 
ufldsung des Reichstagz, die Anberaumung der 
deuwahlen und über die parlamentarischen Arbeiten 
tfalgen. Die Reichstagswahlen find nach wie vor 
im die Mitte des Oktober zu erwarten. Die Be— 
ufung des Reichstags selbst dürfte dann nicht vor 
er zweiten Novemberwoche erfolgen. 
die augenblicklich sehr rege Thätigkeit in 
en Reichsämtern hat, wie man wissen will, 
ur einen vorbereitenden Charakter; es handelt sich 
arum, für den Bundesrath eine Reihe von Arbeiten 
udzuführen, welche denselben zunächst nach seinem 
diederzusammentritt beschäftigen sollen. Vezüglich 
er Etatsarbeit wird bestätigt, daß man sich zunächsi 
it dem Rechnungsjahr 1888 /86 beschäftige. Die 
tage, ob gleichzeitig der Etat für das folgende 
qnungsjahr vorgelegt werden soll, ist offen und 
leg so eingerichtet, um im gegebenen Falle damit 
otgehen zu können. Die Entscheidung scheint man 
em Ausfall der Wahlen vorbehalten zu wollen. 
ebrigens hört man, daß der nächste Reichshaus⸗ 
Atselat doch in manchen wichtigen Punkten erheblich 
on seinem letzten Vorgänger abweichen wird. Be— 
ichtliche Veraͤnderungen dürften zunächst den Etat 
t8 auswärtigen Amtes betreffen; wie weit Aende— 
ungen umfassenderer Art im Militär- und Marine⸗ 
iat vorkommen werden, hängt von Erwägungen ab, 
eten Beendigung sobald noch nicht zu erwarten ist. 
Ausland. 
Basel, 29. Aug. Der Regierungsrath hat 
gestern in außerordentlicher —A 
hegen die am Mittwoch getroffene Verfügung 
eselben, wonach dem am badischen Bahnhof siatio⸗ 
itten badischen Arzt bis auf Weiteres alle sam⸗ 
Bpolizeilichen Funftionen unlersagt wurden, bereits 
n Prolest der badischen Regierung eingelaufen war. 
r Regierungsrath beschloß, gestützt auf den be⸗ 
henden Eisenbahnvertrag pwishen Baden und der 
dweiz, an seinet Verfügung festzuhallen. 
Ftalien wird von der in einem großen Theile 
Landes herrschenden und sich noch immer gus- 
itenden Cholera schwer geängstigt. Einer jener 
w welche am stärksten von der Epidemie heim⸗ 
ͤcht werden, ist betanniuich Spezzia. Von dort 
nd der „Ilalie“ geschrieben: Es is kaum moͤglich, 
d die Panik einer ganzen Bevölkerung vorzustellen, 
elche den Kobf vderloren hat. Im Zeitraume von 
24 Stunden sind 4000 Personen jeden Alters und 
—AV 
kile auf der Eisenbahn, in Wagen, in Karren, zu 
Schiff oder einfach zu Fuß. Die Hälfte der Ma—⸗ 
‚azine ist geschlossen. Was am meisten dazu bei⸗ 
jetragen hat, die Bevölkerung mit Schrecken zu er⸗ 
üllen, war das ploͤtzliche und heftige Auftreten der 
ẽpidemie. Die Werkstätten ruhen; die Arbeiter 
hjaben die Erlaubniß erhalten, heimzukehren, bis 
uuf weitere Ordre. Heute am 25. um 2 Uhr 
stachmittags wurde die Aufstellung eines Militär⸗ 
Fordons befohlen, nachdem gestern 4000 und heute 
Norgen an 2000 Personen die Stadt verlassen 
jaben. Es geht das Gerücht, daß auf dem Zuge, 
»er heute von Spezzia nach Genua abging, vier 
Fholerafälle vorgekommen seien. Die betreffenden 
Baggons sollen verbrannt worden sein. 
Paris, 28. Aug. Ein gestern Abend 5 Uhr 
30 Minuten abgesandtes Telegramm Courbet's vom 
Minfluß meldet: Die Operationen am Fluß Min 
ind beendet. Alle Batterien des Feindes sind zer⸗ 
tört, sammtliche Geschütze unbrauchbar gemacht. Der 
Ungriff auf die Einfahrt zu den Kimpaiforts wurde 
egonnen. — Ein Havastelegramm aus Hongkong 
jon heute 6 Uhr 25 Minuten meldet: Der fran— 
zösische Konsul und die französischen Kaufleute 
vurden am 23. auf Befehl des Vizekönigs aus 
Fanton vertrieben. Dieselben sind in Hongkong 
ingekommen. Die Cathedrale in Canton wurde 
jestern von einem Volkshaufen bestürmt; auf Er— 
uchen der Konsuln, welche die Bischöfe und Mis⸗ 
ijonäre bewogen, die Stadt zu verlassen, waren 
hinesische Truppen eingeschritten und hatten die 
stuhestoͤrer vertrieben. 
Paris, 28. Aug. Außer den kürzlich mit 
Marinetransportdampfern nach Tonkin gesandten 
3200 WMann verfügt die Regierung erforderlichen⸗ 
alls noch über 2500. Das Journal „Paris“ will 
vissen, daß nach der Okkupation Kelungs Courbet 
ich der Insel Hainan bemächtigen werde. 
Eondon, 28. Aug. Die „Pall Mall Ga—⸗ 
zette“ schreibt: Die förmliche Reutralität Englands 
und seiner auf der Straße nach dem Osten gelege⸗ 
ien Militärstationen und Colonien wird der Ent— 
endung von Vorräthen und Verstärkungen seitens 
Frankreichs nach China ernste Hindernisse bereiten. 
die Chinesen bauen darauf, daß eine Fortsetzung 
der Feindseligkeiten unmöglich sei, ohne neutrale 
Mächte in dieselben zu verwickeln, und sie sind auch 
von ihrer Fähigkeit überzeugt, die Franzosen zu 
Lande zu besiegen. 
London, 28. Aug. Eine Spezialausgabe 
der ‚Times“ enthält folgendes Telegramm: „Fou⸗ 
scheu, 28. August, 194 Uhr Nachmittags. Die 
dinpai⸗Forts (an der nördlichen Mündung des Min) 
ind zerstöͤrt.“ Das Schicksal der Leßteren war 
icher, da sie so gebaut sind, daß sie flußan⸗ 
pärts das Feuer nicht erwidern können. 
Nachmittags Reunion in der Gambrinushalle, Abends 
Festball im Koch'schen Saale, Sonntag Nachmittag 
Ausflug nach dem Baärenfelsen statt. Gäste sind 
villkommen. 
— Kaiserslautern, 27. Aug. Heute 
Nachmittag begab sich eine Gerichtskomnussion, be—⸗ 
tehend aus dem köngil. Staatsanwalt, dem Herrn 
Amtsrichter, dem Amtsanwalt, Gerichtsschreiber ꝛc. 
in verschiedene Bierlokale, um Biere zu entnehmen, 
velche demnächst einer chemischen Analyse unter⸗ 
worfen werden sollen. 
— Kaiserslautern, 29. Aug. Der 
um 10 Uhr 14 Min. fällige Frankfurt ·Mainzer 
Personenzug ist bei Börrstadt auf einen Güter⸗ 
uug gestoßen. Näheres fehlt noch. 
— Kaiserslkautern ist keine Festung und 
jat auch keine Garnison, arbeitet aber für Festungen. 
Das Gienanth'sche Stahlwerk ist eben damit be—⸗ 
chäftigt, die Festigkeit seiner Stahlplatten durch 
ine Militärabtheilung erproben zu lassen und 
»ann das Material zur Bekleidung von Festungs⸗ 
hürmen zu liefern. 
— Vom Bürgermeistereiamt Neust a dt wurde 
für die dreitägige Dauer des Aegidimarktes der Platz 
für Aufstellung eines Karoussels auf dem 
Zubmissionswege ausgeschrieben und am 27. de. 
einem Herrn Crämer zu Mühlhausen für den Preis 
von 251 Mark zugeschlagen. Der Genannte hat 
hierbei noch die Kosten der Reise und des Trans⸗ 
portes der Reitschnle hinzuzurechnen, so daß etwa 
in Summa 500 Mark zur Etablirung der Reit⸗ 
chule erforderlich sein werden. Und diese 500 Mte. 
ollen mit Gewinn fünfpfennigweise wieder ein⸗ 
gebracht werden. 
— Dürkheim, 29. Aug. Die Trauben⸗ 
Kur wird dahier am 1. September eröffnet. Schon 
jetzt findet ein lebhafter Versandi reifer Trauben 
ttatt. Für vorzüglichste Qualität der zur Kur ver⸗ 
vendeten Trauben wird bestens Sorge getragen. 
— Arzheim, 29. Aug. Ein kleines Ratur⸗ 
punder ist bei Herrn Johannes Schulz hier zu sehen. 
Es ist dies ein Apfelbaum, der zum zweitenmale 
lüht. Derartige seltene Naturspiele kommen nur 
in Jahren vor, die wie das heurige fich durch 
außergewöhnliche Witterungsverhältnisse auszeichnen. 
— Oppau, 26. Aug. Eine verheerende Seuche 
Braune) wüthet eben unter den Schweinen der 
Dekonomen unseres Ortes. In einer verhältniß⸗ 
näßig kurzen Zeit fielen mehr denn 60 jener Thiere 
derselben zum Opfer. Auch in dem benachbarten 
Zdigheim sind schon verschiedene Schweine an dieser 
Zrankheit verendet und an vielen andern zeigen sich 
bereits die Symptome derselben. 
— Die „Zw. Z.“ bringt aus Anlaß des Ab⸗ 
uges der pfaälzischen Garnisonen zu den Ma— 
aövern im jenseitigen Bayern folgendes launige 
Gedicht: 
Was mag die Maid wohl haben, 
Daß gar so trüb sie schaut? 
Ward ihr der Liebste begraben, 
Rücklassend die trauernde Braur? 
Ihr Blick schweift traumverloren, 
dein Lächeln das Antlitz besonnt; 
dat Den sich der Himmel erkoren, 
Den sie nicht missen gekonnt? 
Fein Zweifel, ihre Gedanken, 
Hinüber ins Jenseits geh'n, 
Und zwar — nach Mittelfranken, 
Wo jetzt — die Achtzehner steh'n! 
— Bubenhände haben den Tabaksacker des 
Volizeidieners Nurg in Minfeld klutzlich derat 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 30. Aug. Nach einer Be— 
anntmachung der Direktion der pfälzischen Eisen⸗ 
ahnen findet vom 1. September an zwischen den 
jrößeren Stationen der Reichseisenbahnen in Elsaß⸗ 
dothringen und solchen der pfälzischen Bahnen 
irekte Abfertigung von Expreßgütern statt. Näheres 
jierüber ist bei den Einnehmereien und Gepäck⸗ 
xpeditionen zu erfahren. 
— In Pirmasens begannen gestern die 
Feierlichkeiten zur Einweihung der neuen Synagoge: 
deute. am Sabbathe, finder der Festgottesdienft