Berlin', 831. Aug. Der hiesige chinesische
Gesandte sucht unter den glänzendsten Anerbietungen
deutsche Seeleute für die chinesische Marine zu ge—
winnen. Die auf den Stettiner Werften erbauten
hinesischen Panzerschiffe liegen in der Kieler Bucht
vor Anker. Den Kommandanten der Schiffe hat
der chinesische Gesandte telegraphisch hieher berufen.
Potsdam, 31. Aug. Die Tauffeier—
Dich keit des am 14. Juli d. J. geborenen dritten
Sohnes Sr. königl. Hohheit des Prinzen Wil—
delm hat in Gegenwart der allerhöchsten und
höchsten Herrschaften, sowie der geladenen fürstlichen
Bäste heute Nachmittag stattgefunden. Der neuge⸗
porene Prinz erhielt die Namen Adalbert, Ferdinand,
Berengar, Viktor; der Rufname des jungen Prinzen
st Adalbert.
In Hamburg haben mehrere Generalstabs⸗
und Marine⸗Offiziere eine Besichtigung der im dor⸗
sigen Hafen liegenden Kauffahrtei⸗-Schiffe
bporgenommen, welche im Bedarfsfalle zum Traus⸗
port von Truppen, Geschützen, Waffen, Munition
und Pferden sich eignen würden. Es sind dabei
die Größenverhältnisse der einzelnen Abtheilungen,
die Maschinen-Dimensionen und alles sonst dabei in
Betracht kommende genau aufgenommen worden.
Da ähnliche Besichtigungen fast jedes Jahr vorge—
nommen werden, dürfte eine besondere Veranlassung
für die eben beendete kaum vorgelegen haben.
Ausland.
Paris, 30. Aug. Das offiziöse Blatt Paris“
bringt Mittheilung über die Verhandlung des fran⸗—
‚ösischen Botschafters Baron Courcel mit dem Fürsten
Bismarck in Varzin: Der Botschafter hatte die ge—
nauesten Versicherungen über die französischen Pläne
in China nach Varzin zu überbringen. In dem
Augenblick, wo Deutschland durch eine unbestreitbare
Berechtigung seiner Haltung gegen uns dazu bei⸗
trägt, zu verhindern, daß das Himmlische Reich auf
die Hilfe irgend einer europäischen Macht rechuen
lönne, war es natürlich, daß das Ministerium
Jules Ferry den mächtigen Nachbar von dem wahren
Charakter unseres bewaffneten Einschreitens unter—
richtet. Es handelt sich weder um ein späteres
Bündniß noch um offene Verhandlung über einen
besonderen Punkt der europäischen Politik. Aus
der Zusammenkunft in Varzin sei nur die cinzige
Folgerung zu ziehen: Frankreich hat freie Hand, in
China zu haudeln wie ihm gut scheint und es wird
keine Mächte vor sich finden. die ihm dieses Recht
streitig macht.
Belgrad, 30. Aug. Der König von Ru—
mänien ist um 11 Uhr Vormittags auf der Yacht
„Stefan der Große“, begleitet von den Kanonen⸗
dbooten „Grivizza“ und „Alexander“ hier eingetroffen.
Bei der Landung des Königs wurden 101 Kanouen-
scchüsse gelöst. Am Landungsplatze war eine Ehren⸗
ompagnie aufgestellt, deren Musikkorps die rumänische
Hymne intonirte. König Milan begrüßte den König
Karol an Bord des Schiffes auf's Hexrzlichste.
Hierauf erfolgte die Vorstellung des Gefolges, der
Heinister und Würdenträger. In den Straßen sind
Triumphpforten errichtet, die Garnison bildete
Spalier. Das Volk begrüßte die Monarchen mit
ebhaften Zurufen. Im Palais fand die Begrüßung
zurch die Königin und den Kronvprinzen stalt
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 2. Sept. Jetzt, wo das
Bespenst der Cholera seinen Schatten über ganz
Europa zu werfen droht, wollen wir nicht unter
lassen, auf ein Getränk aufmerksam zu machen,
velches nach dem einstimmigen Urtheil aller Fach⸗
gelehrten diejenigen Eigenschaften in sich vereint,
die den sanitären Anforderungen vollkommen ent—
sprechen. Bekanntlich wird durch eine falsche Diät
vei der Wahl der Getränke am meisten dem Umsich—
greifen der furchtbaren Krankheit Vorschub geleistet.
Dem gegenüber wird es von Interesse sein, ein
Hutachten, welches der bekannte Hygieniker Prof.
Dr. v. Pettenkofer über den von J. Fromme fabri—
zirten Heidelbeerwein abgibt, zu vernehmeu. Der⸗
selbe sagt, es sei ein glücklicher Gedanke gewesen,
aus den Heidelbeeren diesen Wein zu bereiten, denn
man habe damit der leidenden Menschheit in der
That einen großen Dienst erwiesen. Der Heidel—
beerwein, welcher im Geschmack dem ächten Bor—
deaux sehr ähnlich ist, wirkt infolge seines Tannin—
zehaltes gährungs- und fäulnißhemmend, vermindert
die Absonderung der Schleimhäute und findet mit
besonderem Erfolge Anwendung bei akutem und
hronischem Darmkatarrh. Dem Fabrikanten wurde
wHon der Jury der pomologischen Ausstellung in
Berlin der erste Preis zuerkannt. Wie die Heil⸗
virkung des Heidelbeerweines bereits über die
Brenzen Deutschlands bekannt, ist daraus ersichtlich,
»aß der französische Konsul in Frankfurt am Main
ine Seudung nach Toulon als Schutzmittel gegen
die Cholera abschicken ließ.
*St. Ingbert, 2. Sept. Bei dem ge⸗
tern Nachmittag zwischen 2 und 8 Uhr über unsere
Ztadt hinziehenden Gewitter schlug der Blitz in die
Dekonomiegebäude des im Josephsthal wohnenden
ruhrmannes Latz. Zum Glück war der Strahl
in sogenannter kalter Schlag und der dadurch an—
jerichtete Schaden nicht erheblich.
— Nachstehend geben wir eine Zusammenstel⸗
ung über den Besuch der Gymnasien, Lateinschulen
ind Realschulen der Pfalz im Schnljahr 1883,84
m Vergleich zum Schuljahr 1882/883: J. Studien⸗
unstalten. Speyer 534 (im Vorjahr 513) Schüler,
»avon Gymnasium 239, Lateinschule 295; Landau
318 (j. V. 321), davon Gymnasium 127, Latein⸗
chule 191; Neustadt 312 (i. V. 282), davon
ßymnasium 147, Lateinschule 165; Kaiserslautern
294 (i. V. 315), davon Gymnasium 104, Latein⸗
chule 190; Zweibrücken 229 (i. V. 241), davon
z4ymnasium 115, Lateinschule 114. II. Isolirte
'ateinschulen. 1) Ludwigshafen 148 (128);
) Grünstadt 123 (123); 3) Pirmasens 114 (03);
) Frankenthal 89 (102); 5) Edenkoben 73 (89);
)) Germersheim 70 (64); 7) St. Ingbert 70
77); 8) Dürkheim 67 (79); 9) Kusel 62 (53);
0) Winnweiler 54 (77); 11 Bergzabern 58
47); 12) Kirchheimholanden 53 (51); 13) Land—
tuhl 38 (46); 14) Annweiler 36 (42); 15) Hom—
urg 33 (43); 16) Blieskastel 30 (36) Schüler
II. Realschulen. Kaiferslautern 248 (i. V.
221); Neustadt 149 (145); Landau 142 (144);
Speyer 128 (122); Zweibrücken 109 (85) Schüler
— Zur Ausbildung der nöthigen Feldtele—
rraphen-Sekretäre sind zur Zeit in Speyer
ämmtliche aktive Telegraphenbcamte, die der Reserve
ingehören und noch nicht einberufen waren, zu
iner fünftägigen Uebung eingezogen worden. Die
diusbildung der Telegraphen-Sekretäre geschieht
inter Leitung eines Pionier-Offiziers und erstreckt
sich auf Herstellung von Telegraphenlinien, Stations-
Einrichtungen und auf die genaue Kenntnik der
Apparate und Batterien.
— Henry Villard, der ehemalige Präsi—
dent der Northern Pacific-Bahn, siedelt bereits zum
1. Oktober nach Berlin über, nachdem er sich ein
igenes Haus gekauft und seinen Bedürfnissen ent—
prechend hat einrichten lassen.
— Pirmasens, 30. Aug. Wie unvor—⸗
ichtig oft Eltern ihren Kindern gegenüber sind,
»eweist folgender trauriger Vorfall: Ein 11 jähriges
dind, das am offenen Fenster des 2. Stockes eines
dauses in der Haupistraße saß und sich wohl in
einem unbewachten Augenblick zu weit vorgebeugt
hatte, fiel hinunter und verletzte sich derart am
Zinterkopfe, daß en seinem Aufkommen gezweifelt
vird.
— Kaiserslautern, 30. August. Vor
zurzem war die Nachricht durch die pfälzischen
Blätter gegangen, daß Herr Seminarinspektor Dr.
Andrege als fortschrittlicher Reichstagskandidat Herrn
Or. Buhl im Wahlkreise Homburg-Kusel gegenüber—
zestellt werden soll. In einem Schreiben an die
„Pf. Pr.“ erklärt Herr Andrege, daß er von dieser
inaeblichen Kandidatur nicht das Geringste wisse.
— Grünstadt, 30. Aug. MNicht ohne
ßrund.) Seit einiger Zeit wurde hier vielfach ge—
lagt über schlechtes Getränke. Gestern und vorge—
tern erhielten die hiesigen Bierbrauer, Weinwirthe
ind Weinhandlungen den angenehmen oder auch
nicht angenehmen Besuch des Herrnek Staatsan⸗—
valts von Frankenthal in Begleitung des Herrn
. Oberamisrichters, nebst Gendarmerie und Poli-—
eibehörden. Körbevoll wurde gleich das Gefundene
ils „Probe“ auf hiesiges Gericht verbracht. Wollen
vir hoffen, daß die Betheiligten bei nochmaliger
BZrüfung unschuldig sind, immerhin ist es aber
eine Warnung, die sich jeder Lebensmittelfälscher zu
Herzen nehmen soll.
— Frankenthal, 1. Septbr. Auf dem
Turnplatze der hiesigen Turnergesellschaft hielt gestern
Nachmittag der rührige und bewährte Kreisturn⸗
vart, Hr. Räuber von Straßburg für den nordöst⸗
ichen Bezirk des Pfalzgaus einen Z3stündigen Lehr—
urs ab, in welchem der obligatorische Uebungsstoff
ür das nächste Jahr durchgenommen wurde. Fast
immliche Vereine des Bezirks hatten Vorturner zu
iesem Lehrkurs abgeordnet. welche dem Studium
der zum Theil völlig neuartigen Uebungen an Pferd
Barren und Reck, sowie den Stab⸗ Exerzitien 7
merkennenswerthem Eifer oblagen.
— Landau, 1. Sept. Zur Ableistung ihr
Militärpflicht trafen gestern etwa 22 Lehrer auf sg—
Dauer von 6 Wochen hier ein. Die Uebun
derselben nehmen bereits heute ihren Anfang. der
Vermischtes.
F(Freie Bahn) Von befreundeter Hand
vird der „Straßb. Post“ ein Gedicht zugesendet
velches der gegenwärtig alle Schichten des deutschen
Volkes durchziehenden Begeisterung für kolonial⸗
Ausdehnung der Lebenskraft des deutschen Reichet
en national warm empfundener Sprache Worte ver.
seiht, und welches wir somit als sehr zeitgemäß zu
Kenntniß unserer Leser bringen möchten. Verfasse
ist der Professor Schrey er in Schulpforta.
Freie Bahn.
„Das ganze Deutschland soll es sein!“
So habt ihr oft gesungen.
Dies Reich — vom Memel bis zum Rhein —
Die Väter sahn im Traum hinein —
Ihr Jungen habts errungen!
Wer führt Euch zu sn kühner That?
Fin Kaiser, weiß von Haaren.
Des Marschalls Schwert, des Kanzlers Rath,
Die schufen ench den deutschen Staat:
Ihr alle sollt ihn wahren!
„Heil diesem Reich!“ ruft Jung und Alt.
delft's in der Fern' auch bauen!“
So weit die deutsche Sprache schallt,
So weit ein deutscher Wimpel wallt,
daßt seine Größe schauen!
Das banze Zagen — scheucht es fort!
Vertraut dem Valerlande!
„Ein deutscher Bürger“: stolzes Wort!
„Ein deutscher Bürger“: sich'rer Hort
Bis zu dem fernsten Strande!
Und geht der Kanzler kühn voran,
Wollt zag ihr hinten stehen?
Was frisch gewagt, ist halb gethan!
Schwarz, Weiß und Roth! Gebt frei die Bahn!
Laßt hoch das Banner wehen!
F(EEine Sturmprophezeihung.) Der
zrößte Sturm des 19. Jahrhunderts, der sogenannte
S„axeby Gale, wird sich am 19. September 1887
instellen nach der Berechnung des Astronomen des
tanadischen Finanzministeriums, Prof. E. Stone
Wiggins, welcher die Stürme vom 9. März 1883
und vom 26. Januar 1884, welche auch wir hier em⸗
pfunden haben, genau vorhergesagt hat. Der Saxebh
Gale hat zuletzt am 7. Oktober 1869 gewüthet
und sämmtliche Wälder Neu-Englands beinahe ver—⸗
nichtet, für die Holzindustrie nämlich unbrauchbar
gemacht. Wiggins hat nun ausgerechnet, daß sich
dieser heftigste aller Weltstürme in 5461 Tagen
wiederholt, welche am 19. September 1887 ab—
laufen. Seine größte Kraft wird der Sturm nach
Prof. Wiggins Augabe am Nachmittag des 20
September entfalten und soll von heftigen Erdbeben
degleitet sein, die um die Mitte Oktober in Kali—
'ornien und dem westlichen Europa eintreten.
Zwischen dieser Zeitperiode und der gegenwärtigen
ollen die heftigsten Stürme stattfinden: 1884 am
20.- 23. September und am 20.—- 22. Oktober
1885 am 18. -20. März, 1886 am 29.-380
September und 1887 am 26. -29. März. Von
diesen letzteren ist der heftigste der vom September
1886.
FGinderlose Frauen.) Das praktisch
Wochenblatt für Hausfrauen ,Fürs Haus“ schreibt zu
diesem Thema: „An Euch wende ich mich, Ihr
kinderlosen Frauen, die Ihr vielleicht nie das Glüc
tanntet ein liebes Kind zu herzen. Ihr komm'
Fuch wohl manchmal mit Eurer vielen Zeit über—
ldüssig in der Welt vor. Seht nur wie viele Kin⸗
der es gibt, die weder Bater noch Mutter haben.
die elend umkommen müßten, erbarmte sich nicht
'hrer die öffentliche Mildthätigkeit. Die Waisen⸗
und Findelhäuser sind meist übervoll. Denlt nut
inmal nach, wie viel Platz in Eurem Herzen und
Hause übrig ist, um ein solch liebes Kind aufzu⸗
iehmen. Glaubt es nur, Ihr würdet bald ver⸗—
jessen, daß das angenommene Kind nicht Euen
Fleisch und Blut ist und herzinnige Freude an
hm haben. Ihr würdet dann wissen, wofür Ihr
ebt, sorgt und schafft. Nähmt Ihr es wirllich
ernst mit den übernommenen Pflichten, so würdel
Ihr bald erkennen, daß nicht die Geburt, sondern
die Erziehung den Charakter des Kindes bildet.
Glaubt nicht, daß Euch ein solches Wesen weniget
lieben würde, wenn es später erführe, daß es nicht
Fuer eigenes Kind sei. Im Gegentheil! Es wird
fuch doppelt dankhar sein! Euer Aller wäre dann