Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
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—X—— Samstag, 13. September 1884. 19. Jahrg. 
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Politische Uebersicht. 
dem Jahresbericht des General⸗Komitees 
5z»b landwirthschaftlichen Vereins in 
zayern für das Jahr 1883 entnehmen wir 
folgendes: Die Klagen über die ungünstig gestal⸗ 
cien wirthschaftlichen Verhältnisse sind größtentheils 
ie gleichen geblieben wie in den vorhergehenden 
zjahren und wenn auch von anderer Seite eine 
lmälige Besserung in der thatsächlich pünktlicheren 
zrfüllung der Zahlungsverpflichtungen erkannt wer⸗ 
en will, so stehen doch im großen Ganzen die 
innahmen aus dem landwirthschaftlichen Betrieb 
icht im entsprechenden Verhältniß zu den Produk⸗ 
onskosten und sonstigen häufig sehr drückenden 
ibgaben. Nur größte Sparsamkeit im eigenen 
aushalte, sowie hauptsächlich auch rücksichtsvollere 
ꝛhandlung säumiger Zinszahler von Seiten der 
zankinstitute vermochten eine große Zahl tief ver⸗ 
yuldeter Lanöwirthe vor zwangsweisem Verkauf 
trer Anwesen und vor plötzlichem Ruin zu schützen. 
die lange dieser Zustand zu halten sein wird, 
angt wesentlich von der im eigenen Interesse der 
etreffenden Bankinstitute gelegenen Rücksichtnahme 
urch thunlichste Stundung der Zinszahlungen ab, 
lein für viele wird es eine schwere, kaum zu lösende 
lufgabe bleiben, bei dem jährlichen Rüchkschritt in 
en Einnahmen gegenüber den steigenden Ausgaben 
inen befriedigenden Ausgleich herbeizuführen. Die 
ulturunternehmungen nehmen im Allgemeinen 
inen gedeihlichen Fortgang; über die einzelnen 
lnternehmungen für Be⸗ und Entwässerung geben 
ie in den Jahresberichten der betreffenden Kreis⸗ 
mitees enthaltenen Zusammenstellungen ausführ⸗ 
hen Aufschluß. Im Ganzen wurden im Jahr 
883 in den 8 Regierungsbezirken auf einer 
122 ha umfassenden Gesammtfläche mit einem 
ostenaufwande von ca. 227,357 Mark Meliora⸗ 
onen, theils von Privaten, theils im Genossen⸗ 
haftzͤ verbande zur Ausführung gebracht. Nebstdem 
zurden noch für eine Gesammtfläche von 3313 ha 
ulturunternehmungen, hauptsächlich zu dem Zwecke 
et Entwässerung projektirt und duͤrfte eine theil⸗ 
reise Ausführung diefer Projekte bereits in Angriff 
der vollendet sein. — Die Gesammtzahl der Be— 
irkzvereine ist jener im Vorjahre gleich geblieben: 
Zt. bestehen in den 8 Regierungsbezicken 225 
ezirksvereine und zwar in Oberbahern 40, Nieder 
ahern 27, Pfalz 18, Oberpfalz 28, Oberfranken 
27, Mittelfranken 24, Unterfranen 833, Schwaben 
83. Der Stand der Mitglieder des landwirihschofi- 
chen Vereins war am Schluß des Jahres 1883 
9780, sonach gegen das Jahr 1882 um 639 
stitglieder mehr 
In Hamburger Blättern findet sich folaendes 
cingesandt“: 
Die letzten Vorgänge an der afrikanischen 
destküste haben“ allgemeines Interesse fur den 
unleln Erdtheil erwedt, und begrüßen wir mit 
reude die Bethätigung in der Bildung dieser neuen 
andelsgesellschafi. Als Betheiligte an dem Ge— 
ate dahin und persönlich mit den Verhälinifsen 
ertraute mag es uͤns gestattet sein, einige Worte 
nu zu bemerken. Wenngleich das Afrikageschäft 
Hamburg in den letzten Jahren einen großen 
uschwung genommen hat, so liegt doch noch bei 
deilem der Schwerpunkt in englischen Händen, ja 
ut Ausnahme der verhältnißmäßig wenigen Be—⸗ 
xiligten dürfte in weiteren Kreisen die Großartig— 
eit und Bedentung dieses Gvang vin sehr Un— 
genügend bekannt sein. Von der Hoffnung geleitet, 
einen stets sich mehrenden Theil nach hier gezogen 
zu sehen, und dem neuen Unternehmen Erfolg 
vünschend, erlauben wir uns einige darauf bezügliche 
Bemerkungen. Die Herren sind hier am Platze 
Jjewiß wohl bekannt, weniger aber an der afrika⸗ 
nischen Küste. Wir möchten der Gesellschaft daher, 
gielleicht rechtzeitig, für ihre neuen Operationen ein 
ehr geeignetes Feld für ihre Thätigkeit zur Erwä— 
zung in Vorschlag bringen. Statt ihre Aufmerk⸗ 
amkeit nach Theilen der Küste zu richten, an wel⸗ 
hen die deutschen Interessen vollauf vertreten sind 
ind dort noch mehr aufeinander zu hocken, sollte 
nan ein neues Gebiet sich erringen. Die großen 
Delflüsse der Bucht von Benin sind ein würdiges 
Ziel, und dahin sollte sich die Aufmerksamkeit der 
aeuen Gesellschaft richten. Dort ist in internatio⸗ 
naler Konkurrenz ein großes, bedeutendes, neues 
Absatzfeld durch deutsche Thätigkeit zu erobern. 
„Weiter!“ soll die Losung doch jetzt sein, also Neues 
sinzu erworben werden, wo ein so begehrenswerthes 
Objekt sich bietet, anstatt in beschränkte alte Fesseln 
zu kriechen. Im Kampfe mit dem bisherigen un⸗ 
deschränkt dort herrschenden englischen Sway ein 
deutsches Dominium zu errichten, das allein möchten 
vir für das wahre Ziel und die Aufgabe einer sich 
ieun gründenden Gesellschaft halten. Möge dies 
Wort rechtzeitig Beherzigung finden! 
Wenn der Verfasser dieses „Eingesandt“ wirklich 
iner der Betheiligten ist, so hat er hoffentlich so 
iel Vorsicht gehabt, nicht früher die Aufmerksamkeit 
ffentlich auf die Bucht von Benin hinzulenken, als 
bis er die Gewißheit hatte, daß dort die deutsche 
Besitzergreifung schon so weit vorbereitet ist, um 
nicht durch englischen Eifer vereitelt werden zu 
önnen. 
Deutsches Reich. 
München, 9. Sept. Der Ausschuß des 
dolzhändler-Vereins hat in gestern hier 
bgehaltener Sitzung auf Grund des von Herrn 
Idolf Levi⸗Regensburgerstatteten Referates beschlossen, 
aß zur Erfüllung der durch das Unfallversicherungs⸗ 
esetz auferlegten Verpflichtungen eine Berufsge⸗ 
rossenschaft sämmtlicher Holzindu— 
triellen Bayerns angestrebt werden soll, auch 
daß nach Einlauf der Anschlußerklärungen zu dem 
yom Ausschuß erlassenen Aufruf die Genossenschaft 
jeim Bersicherungsamt angemeldet werden soll— 
velch letzteres behufs Berathung der Statuten und 
zildung der Berufsgenossenschaft eine Generalver 
ammlung anberaumen wird. Der Aufruf bemerkt, 
s könne keinem Zweifel unterliegen, daß bei Ein— 
ichtung einer eigenen Berufsgenossenschaft die In⸗ 
eressen der Holzindustrie aufs Vortheilhafteste ge— 
vahrt und die mannigfachen Obliegenheiten einer 
Zerufsgenossenschaft am Besten erfüllt werden können. 
München, 10. Sept. Der deutsche 
Tronprinz wohnte Vormittags mit dem Prinzen 
Zeinrich den Abtheilungsübungen bei Oberpframmern 
»ei, gab nach Beendigung derselben Mittags im 
Hotel ein Essen, zu dem vielfache Einladungen 
ergaugen waren, besuchte sodann die hier anwesenden 
Mitglieder des bayerischen Königshauses und reiste 
Abends von Nymphenburg aus über Auasburq 
iach Nördlingen. 
Würzburg, 11. Sept. Der 17. deutsche 
Juristentag wurde heute vom Senatspräsidenten 
des Reichsgerichts, Dr. Drechsler, eröffnet und vom 
Ehrenpräsidenten Minister Dr. Fäustle im Auftrage 
vos Könias warm hegrüßt Es sind etwo 300 
Theilnehmer anwesend, darunter viele Oesterreicher. 
Professor Kneist wurde zum Präsidenten gewählt. 
Berlin, 10. Sept. Die Kaiserin ist um 
jalb 7 Uhr Abends mit der Potsdamer Bahn per 
Extrazug nach Koblenz abgereist. Der Kaiser be— 
gleitete im Palais die Kaiserin an die Equipage 
und begab sich dann nach dem Bahnhof zur Ver— 
abschiedung. — Die Ankunft des Reichskanzlers 
Fürsten Bismarck erfolgt morgen Abend. Man 
rimmt an, daß Graf Herbert Bismarck ihn zur 
Taiserzusammenkunft begleiten wird. — Die Publi- 
ation der Neuwahlen zum Reichstag soll dem Ver⸗ 
aehmen nach erst Samstag erfolgen, nachdem der 
Reichskanzler dem Kaiser Vortrag gehalten hat. — 
Die „Reichskorrespondenz“ weiß über die bevor⸗ 
tehende Kaiserzusammenkunft Faolgendes 
zu berichten: „Die Anwesenheit der Staatsmänner 
Jerleiht der Zusammenkunft den Charakter eines 
Ereignisses von europäischer Wichtigkeit und wir 
neinen nicht zu irren, wenn wir glauben, daß 
—0 
iegenden Vereinbarungen für eine friedliche und zu⸗ 
gleich entschiedene Politik der Interessensolidarität 
der europäischen Festlandmächte gelegt werden 
dürften.“ — Ueber den Fall der Beraubung des 
deutschen Kutters „Diedrich“ durch englische 
Fischer ist, wie aus London mitgetheilt wird, die 
üntersuchung durch den Board of trade bereits ein⸗ 
geleitet worden. Durch die vorläufigen Feststellungen 
erscheinen die an dem Führer und der Mannschaf! 
des „Diedrich“ begangenen Gewaltthätigkeiten und 
die Plünderung des Schiffes seitens der englischen 
Fischer außer Zweifel gestellt. 
Wiesbaden, IL1. Sept. Die Hauptver⸗ 
sammlung des Gustav⸗Adolph Vereins beschloß, die 
große Liebesgabe von 17,000 Mark der Gemeinde 
von Weißkbriach (Kärnthen) zuzuwenden. 
Ausland. 
Paris, 10. Sept. VFerry lud alle abwesenden 
Minister schriftlich zu einem Ministerrathe auf Sonn⸗ 
ibend ein. In demselben dürfte der Termin für 
die Einberufung der Kammern festgesetzt werden. 
Der ,Temps“ hält es sogar für möglich, daß Grevy 
zurückkehren und dem Ministerrathe präsidiren werde. 
Durban, 8. Sept. Einige Eingeborene von 
Zambesi haben einige portugiesische Handelsleute 
ind Offiziere unweit Machingire ermordet; die fran⸗ 
zösische Faktorei in Chimuarra wurde geplündert, 
und die ganze umliegende Gegend ist verlassen. Dem 
Personal der holländischen Faktorei und der Opium⸗ 
Zlantagen gelang es, die Angreifer zurückzuschlagen. 
In Sena herrschte große Aufregung, es wurde aber 
dort kein Unheil angerichtet. Der ganze Handel 
sjegt darnieder vnd die Nerlusste sind sebr aroß. 
JAufruf des Dentschen Kolsnialvereins. 
Der erfreuliche Umschwung der öffentlichen Mei— 
nung über die Noihwendigkeit des Eintretens Deutsch- 
lands in die Reihe der kolonisirenden Völker ist 
zum Theil der systematischen Klärung der Anschau— 
ungen des deutschen Volkes durch den Deutschen 
Zolonialverein und die bestehenden, gleiche Ziele 
verfolgenden Vereine zu danken. Aber der Ausgang 
der Verhandlungen des deutschen Reichstags über 
die Vorlage der Reichsregierung, betr. die staatliche 
Unterstützung deutscher Postdampfer⸗Linien hat auf's 
Neue bewiesen, wie nothwendig eine weitere und 
verstärkte Thätigkeit in festorganisirten Vereinen ist, 
um bedeutende praklische Erfolge zu erreichen. 
Noch einmal wenden wir uns daher an alle 
vatriotisch gesinnten Dentiche welche die Posfrebun