Full text: St. Ingberter Anzeiger

Fisenach am 21. September allseitig freudig begrüßt 
verden. Ist doch anzunehmen, daß sich außer 
sahlreicher Betheiligung unter den 6000 Mitgliedern 
Ies über ganz Deutschland sich erstreckenden Vereins 
Jjele sonstige Freunde der deutschen Kolonialpolitik 
rt einfinden werden, um einerseits die Ziele und 
Bege des Deutschen Kolonialvereins kennen zu 
ernen, andererseits beizutragen, daß sich diese Ver— 
ammlung zu einer allgemeinen begeisterten Kund⸗ 
ebung, zum beredten Ausdruck der nationalen Zu⸗ 
immung zum kolonialpolitischen Vorgehen des 
Reichskanzlers gestalte. Auf der Tagesordnung 
ehen: die gegenwärtige Lage der deutschen Kolo⸗ 
nisationsbestrebungen, — Stellung und Aufgaben 
ꝛes Vereins. Hervorragende Redner aus dem 
Schoße des Kolonialvereins haben ihr Erscheinen 
zugesagt, worüber wir Näheres demnächst mittheilen 
herden. Ein Lokalkomite hat sich in Eisenach ge— 
bildet behufs Wohnungsanmeldung u. dergl. 
Ein Wink für junge Aerzte. Aus 
Weier bei Schlettstadt bringen die Blätter einen 
tageruf, daß in dem dortigen 14 Gemeinden um⸗ 
fassenden Bezirke mit 18,000 Seelen nur ein 
Atzt vorhanden sei. Aehnlich liegen die Verhältnisse 
m Kreise Thann. Für je einen Arzt würde sich 
in diesen Kreisen Aussicht auf lohnende Praxis 
röffnen. 
Ein mysteriöser Vorfall hat sich am Samstag 
1Augsburg ereignet. Eine Dienstmagd bat, 
hte Schwester und einen Arzt zu holen, da ihr 
ehr unwohl sei. Als letzterer die Person unter⸗ 
uchte, fand er eine tiefe Wunde in der Herz— 
gegend. Auf Befragen sagte die Schwerverletzte, ein 
m Zimmer versteckter Mann sei auf sie einge— 
rungen, habe sie zu Boden geworfen und ihr 
wei Schüsse beigebracht. Die polizeilichen Recher— 
hen ergaben jedoch für diese Angabe keinerlei An⸗ 
halt, da auch das Mädchen jede weitere Auskunft 
jartnäckig verweigert. Es ist nicht unwaährschein⸗ 
lich daß man es hier mit einer Selbstmörderin zu 
thun hat. 
München, 6. Sept. „Aller guten Dinge 
siind drei“'. Dies beweist das gemüthliche München: 
dor Kurzem der Postdiebstahl mit 136,000 Mk., 
dann ein großer Banknotenschwindel mit 18,000 
Nark und zu diesem heute, um das Kleeblatt voll 
zu machen, ein Extrazugs-Schwindel. Ein gewisser 
Nar Sommer beabsichtigte, heute Abend 7 Uhr 10 
inuten von hier nach Wien einen Vergnügungs- 
ug kursiren zu lassen. Er gab an das Pudlikum 
og. Interims-Billete aus mit dem Bemerken, daß 
Aie Original⸗Billette am 6. ds., Nachmitlags von 
l Uhr ab am Bahnhofschalter zu erheben sind. 
llm 12 Uhr sollte Sommer die Kaution bei der 
vahn hinterlegen — — er aber war verschwunden. 
kine solche Art der Prellerei ist jedenfalls noch nicht 
dagewesen. Die vielen Leute, welche hier wohnen 
und die Billette schon gekauft hatten, sind sehr zu 
edauern, noch mehr aber Diejenigen, welche von 
veiter Ferne (Lindau, Kempten, Heidelberg, Mann⸗ 
eim, Karlsruhe, Baden, Stuttgart u. s. w) hier⸗ 
r kamen, um den Sommer'schen Zug zu benützen. 
der Schwindler hat das Geld mitgenommen und 
einem zahlreichen Personal keinen Pfennig gegeben. 
zu bedauern sind nur die Firmen, welche fuͤr ihn 
in ftemden Städten Agenturen übernommen und 
uun in ihrem Beruf geschädigt sind. 
fLandshut, 6. Sept. Im Jahr 1883 
yxtrug die Zahl der in Niederbayern bestraften Ver⸗ 
diehen des Meineids 1211 Es ist dies die größte 
difer in ganz Bayern. Von den Verurtheilten 
daten drei noch nicht 18 Jahre alt. 
GSichselbst verstümmelt.) Verschiedene 
lätter bringen von Eisenach aus folgende Sen⸗ 
mionsnachricht: „Von der Wartburg trat am 
onntag Abend in der Dämmerung ein in Eisenach 
n Arbeit stehender Schreinergeselle seinen Heimweg 
m. Auf demselben Wege wurde er plößtlich von 
ei Strolchen überfallen, und ein Strick uͤm feinen 
delz geworfen. Nach seiner Baarschaft befragt, 
Ab er dieselbe in der Angst guswillig hin. Es 
unen 2 Mark, die ihm sofort abgenommen wurden. 
liht genug damit, schnitten die Räuber dem wehr⸗ 
dastehenden jungen Manne, um ihm, wie sie 
dausdrüdten, einen Denkzettel zu geben, einen 
aher ab und ließen den Unglücklichen dann laufen. 
*sind Ansialten getroffen, die Bösewichter zu ver⸗ 
n und ihrer habhaft zu werden.“ Nach sorg⸗ 
tig eingezogenen Erkundigungen hat sich heraus⸗ 
in daß der junge Mann die ganze romantische 
eschichte erfunden und sich selbst den Finger von 
der Hand getrennt hat, um dadurch für den drei— 
ährigen Militärdienst unbrauchbar zu werden. 
fGUnangenehme „Sanitälsmaßre— 
geln“.) Die italienischen Behörden, deren Cholera- 
Bräventivmaßregeln bekannlich nicht mit den Resul— 
taten der neueren hygienischen Forschungen zu 
pereinbaren sind, geben jetzt wieder zu lebhaften, 
von Berlin ausgehenden Beschwerden Anlaß. Durch 
die Art und Weise nämlich, in welcher die aus 
Neapel kommenden Briefe behufs ihrer Desinfektion 
»urchstochen werden, wird eine so schlimme Beschä— 
»igung der darin liegenden Wechsel oder sonstigen 
Werthdokumente herbeigeführt, das die Verwendung 
derselben fast unmöglich wird. Es sind der „B. B. Z.* 
Fälle bekannt, wo in Folge dessen man es vorge— 
jogen hat, lieber alle Korrespondenz bis zur Wieder⸗ 
jerstellung normaler Verhältnisse zu suspendiren. 
das Blatt glaubt, daß die italienischen Behörden 
ich auf ein zeringeres Maß der Zerstörung be— 
chränken. 
f Aus Schillers Jugendzeit wird eine 
kleine Geschichte erzählt, die noch nicht mitgetheilt 
vurde. Schiller wurde als Karlsschüler eines 
Abends von dem Vorsteher der Anstalt, einem Haupt⸗ 
nann betroffen, wie er wider das Verbot noch spät 
richt brannte und dichtete. Der Hauptmann, höchlich 
erzürnt über dergleichen Allotria, gab dem Schüler 
inen tüchtigen Verweis, dieser aber, ärgerlich über 
die Störung, rief endlich aus: „So a Hauptmann, 
vie sie, den schunitz' ich mir aus gelben Rüben.“ 
Dieses Verbrechen gegen die Subordination ward 
iatürlich dem Herzog Karl hinterbracht. Derselbe 
rschien am nächsten Tage selbst in der Schule, 
ieß alle Schüler versammeln, rief Schiller vor und 
tellte ihn wegen der gethanen Aeußerung zur Rede. 
Als der junge Dichter sein Vergehen eingestanden 
zatte, befahl der Herzog dem Aufwärter, eine gelbe 
Rübe und ein Messer zu holen. Schiller erwartete 
mit klopfendem Herzen, des Herzogs Willen ahnend, 
den Ausgang der Sache. „So“, rief der Herzog, 
ihm die Rübe und das Messer reichend, „jetzt wollen 
vir sehen, ob Er einen Hauptmann aus einer gel⸗ 
»en Rübe schnitzen kann!“ Schiller, in der äußersten 
Verlegenheit, begann wirklich an der Rübe zu 
chnitzen, während der Herzog, auf seinen Stock 
zestützt, ihm auf die Finger sah. Als der Delin— 
quent wirklich eine Art von Kopf gebildet hatte, 
vendete sich der Herzog an seinen Adjutanten und 
cief: „Es wäre doch verflucht, wenn er wirklich 
ꝛinen Hauptmann aus der Rübe schnitzen würde!“ 
Er ging fort und der Missethäter kam diesmal mit 
der bloßen Angst davon. 
F Eine lebende Leiche.) Bei einem 
Streit erhielt ein Bauer des Dorfes N. im Gouvb. 
stowgorod von seinem Widersacher, den er ange⸗ 
allen hatte, einen Beilhieb in die Brust, der ihm 
nehrere Rippen einschlug und sogar die Lunge ver⸗ 
etzte. Der aus einer Entfernung von ca. 100 
Werst herbeigeholte städtische Arzt fand den Zustand 
»es Kranken besorgnißerregend, ja hoffnungslos 
da der Verwundete in Anbetracht des Umstandes, 
aß er der Angreifer gewesen war, seinen Angreifer 
jar nicht anklagte, so wurde von einer gerichtlichen 
Lerfolgung desselben Abstand genommen. Da der 
Zustand des Kranken in der Folge als hoffnungs⸗ 
os sowohl von dem Arzte als den Behoͤrden er⸗ 
annt wurde, fertigte der Doktor, um nicht noch 
inmal den langen Weg aus der Siadt machen zu 
nüssen, sofort den Todtenschein und die Erlaubniß 
ur Beerdigung des Bauern aus und fuhr heim. 
Ddem Kreislandschaftsarzte, der von dem Vater des 
ranken herzugerufen wurde, gelang es aber, denselben 
urch sorgfältige Behandlung am Leben zu erhalten. 
Zufällig erfuhren der Arzt und die betreffenden 
Behörden davon und forderten von dem Vater des 
genesenen den Todtenschein und die Erlaubniß zur 
Zeerdigung des zu früh Todtgeglaubten zurück. 
Letzterer weigerte sich aber solches zu thun, da er, 
des Lesens und Schreibens unkundig, in den 
Papieren für ihn wichtige Dokumente vermuthet. 
Auf diese Weise, schreibt der Korrespondent des 
„Peterburgskij Listok“, erfreut sich ein Mensch. der 
gesetzlich todt ist, und dessen Körper laut Schein 
auf dem Dorfkirchhofe ruht, seines Lebens. 
F Bern, 10. Sept. Wegen der Cholera in 
storditalien untersagte die schweizerische Ch olera⸗ 
'ommission den Uebergang der italienischen Eisen⸗ 
hahn⸗Personenwagen und Pofstwagen auf Schweizer 
Bebiet. Die Reisenden müssen umsteigen. 
F Paris, 10. Sept. In den Ostpyrenäen 
amen gestern 6 Choleratodesfälle vor. — Gegen— 
iber den Nachrichten, daß die Cholera auch in Paris 
ausgebrochen, wird hervorgehoben, daß weder von 
»en Spitälern, noch von sonst wo diesbezügliche 
Meldungen dei der Sanitätsbehörde eingelaufen seien. 
Madrid, 10. Sept. Gestern sind sechs 
Tholeratodesfälle in den Provinzen vorgekommen. 
Rom, 10. Sept. Cholerabericht: Gestern 
am in Aquila ein Erkrankungsfall vor, in Bergamo 
bErkrankungen und 4 Todesfälle, in Campobasso 
3 Erkrankungen, in Caserta 6 Erkrankungen und 
x Todesfälle, in Cremona 3 Erkrankungen und 
Todesfall, in Cuneo 16 Erkrankungen und 25 
Todesfälle, in Genug 48 Erkrankungen und 30 
Todesfälle, in Massa 6 Erkrankungen und 8 Todes- 
älle, in der Provinz Neapel 38 Erkrankungen und 
2 Todesfälle, in Parma 9 Erkrankungen und 8 
Todesfälle, in Perguia eine Erkrankung, in Reggio 
2 Erkrankungen, in der Stadt Kom 8 Erkrankungen, 
in Salerno 1 Erkrankung, 1 Todesfall. 
fNeapel, 10. Sept. Der Konig besuchte 
as neuerrichtete Cholera⸗Hospital. In dem meist 
seimgesuchten Stadwiertel werden Volksküchen errichtet. 
, Neapel, 11. Sept. Den Abendzeitungen 
»om Mittwoch zufolge sind in den letzten 24 Stuͤn⸗ 
»en (also von Dienstag auf Mittwoch) 947 Cholera⸗ 
Erkrankungen und 857 Todesfälle vorgekommen. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Newyork Emil Rosenber ger 
aus Rülzheim, 24 J. a.; in Speher Friedrich 
Ackermann, 29 J. a.; in Dürkheim Rudolph 
homas 313. a. 
Marktberichte. 
e. Ensheim, 11. Sept. (Viktualienmarkt.) 
Butter 1,20 -0,00 M. per Kilo, Eier 80 — 
der Dutzend, Kartoffeln 3,60 M. per 50 Kild. 
kraut per Kopf — 9. 
Zweibrücken, 11. Sept. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
ualienmartt.) Weizen 8 M. 50 Pf. Korn7 M. 73 Pf., 
berste zweireihige d M. — Pf., vierreihige 6 M. 80 pf. 
Spelz 6 M. — Pf., Spelziern — Mi — Pf., Dinkel 
7 M. — Pf., Mischfrucht 7 M. 45 Pf., Hafer 6 M. 
33 Pf., Erbsen O . — Pf. Wicken — M. — Pf., 
deu 83 M. — Pf., Stroh J. Qual. 2 M. 20 Pf. II. Qual. 
M. 70 Pf., Kartoffeln 1M. 90 Pf., Weißbrod 1/ Kils 
»1 Pf., Kornbrod 83 Kilo 61 Pf. Gemischtbrod 83 Kils 
6 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf. Rindfleisch J. Qual. 
30 Pf. II. Qual. 56 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., Hammel⸗ 
leisch 60 Pf., Schweinefleisch 50 Pf, Wein J Liter 80 Pf. 
bier 1 Liter 24 Pf., Butter 4 Kilogr. 1 M. — pjf. 
Homburg, 10. Sept. (Fruchtmittelpreis und Viktua⸗ 
ienmartt.) Weizen 8 M. 54 Pf., Korn 6 M. 14 Pf., 
S„pelztern — M. — Pf. Speizs M. 88 Pf., Gerste 
reihige O M. — Pf. Gerfte4reihige 0 M.— Pf., 
dafer 6 M. 33 Pf., Mischfrucht 7 M. 48 Pf., Erbsen 
— M. — Pf, Wicken — M. — Pf. vBohnen 0 M. 
— Ef., Kleesamen — M. — Pf. Kornbrobeé Pfund 
30 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf., Ochsenfleis — Pf. 
Rindfleisch 60 Pf. Kalbfleisch 50 Pf. Hammelfleish 60 Pf. 
Schweinefleisch „6 Pf. Butter i Pfund 1M.os Pf. 
dartoffeln per Zentner 8 M. — pf. 
Landstuhl, 8. Sept. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
ualienmarkt.) Weizen O M. — Ppf., Korn 7 M. 75 Pf., 
S„pelz O M. — Psf. Hafer 6 M. 38 Pf., Gerste 0O M. 
— Pf. Wicken — M. — pf., Erbsen — M. — Pf., 
Linsen — M. — Pf., Kleesamen M. — Pf., Kartoffeln 
per Zte 2 M. 40 Pf., Kornbrod 6 Pfo. 63 Pf. Weiß⸗ 
brod 2 Pfd. 45 Pf. Gem. Brod 2 Pfd. 35 Pf., Vutter 
ver Pfd. 1M. — Pf. Eier ver Dußend 66 Pf. 
Kaiserslautern, 9. Sept. (Fruchtmittelpreis und 
Biktualienmarkt. Weizen 8 Mt. 34 Pf., Korn 7 M. 
37 Pf. Spelzkern — M. — pf., Spelz 6 M. 16 Pf. 
Berste 7.M. 54 Pf. Hafer 6 M. 87 pf. Erbsen — M. 
— Pf., Wicken O M. — Pf., Linsen — M. — Pf. Klee⸗ 
amen — M. — vf., Schwarzbrod 6 Pfund 66 Pf., 
3 Pfd. 34 Pf., Gemischtbrod 8 Pfund 89 Pf., Buiter pro 
Bfd. 1M. 10 Pf. Eier per Dßbd. 72 Pf., Kartoffeln per 
Zentner 2 M. 50 Pf., Stroh J. Quai. 2 M23 Pf., 
J. Qual. 2 M. — Pf. Heu vro ECtr. 8 M. 29 P.f, 
Aleeheu O M. — Pf 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Deme z. 
Gad Kisfinger Große Geld⸗Lotterie.) Seit 
dangem hat sich auf dem Loosmarkt keine so gün⸗ 
tige Geld⸗Lotterie gezeigt, wie diese Bad Kissinger 
Lotterie. Ihre Gewinnchancen find ganz außer— 
rdentliche, umsomehr als nicht allein durchgäng ig 
Beldgewinne im Gesammtbetrage von 165, 000 Ni 
nusgesetzt sind, sondern schon auf 10 Loose ein 
Bewinn berechnet ist. Sodann stehen zwei Haupt- 
reffer an der Spitze, einer mit 40,000 Matk und 
in weiterer mit 10,000 Mark dann folgen bereits 
z Treffer mit je 1000 Mark u. s. w. Loose der 
inwiderruflich am 15. September stattfindenden 
Ziehung sind durch die Hauptagentur von Jul. 
Boldschmit in Ludwigshafen a. Rh. und die be— 
annten Verkaufsstellen zu bahen