Full text: St. Ingberter Anzeiger

xr GBier zuzuseßen. Die Kellner führten aug 
as Gebot ihres Herrn aus, und infolge dessen be— 
men die Gäste, welche das Etablissement des An— 
cklagten besuchten, in sehr vielen Fällen kein un⸗ 
eimischtes Würzburger Bier zu trinken. Der 
ingeklagte behauptet, daß ihm bei diesem Verfahren 
er Biermanscherei eine widerrechtliche Vermögens— 
ereicherung fern gelegen habe; er will die beregte 
Nanipulation nur zu dem Zwecke vorgenommen 
aben, um ein stärkeres Moussiren des Würzburger 
gieres, das überhaupt nicht ordentlich geschäumt 
jabe, zu veranlassen. Die Kellner, von deren Be⸗ 
idigung das Gericht wegen Verdachtes der Beihilfe 
zbsieht, fügen aber als weiteren Grund noch hinzu, 
zaß der Angeklagte wiederhokt zu ihnen gesagt habe, 
r müsse das Würzburger Bier auf die angedeutete 
Deise verschenken, weil dasselbe zu theuer sei, um 
Liter (ein Seidel) für 25. Pfennig verkaufen 
ukönnen. Bemerkt mag hierbei noch werden, daß 
er Angeklagte hundert Liter Würzburger Bier zum 
Zreise von circa 31,680 Mark bezog. Ferner muß⸗ 
un auf das Geheiß des Angeklagten die in dem 
gierkeller seines Geschäfts beschäftigten Arbeitsleute 
weimal, nämlich im September vorigen Jahres und 
m Januar dieses Jahres, als gerade kein Würz- 
zurger Bier mehr auf Lager war, an den Bier⸗ 
xuckapparat ein Faß dunkles Rostocker Bier legen. 
Oben im Restaurant wurde dasselbe dann solange 
nit hellem Rostocker Bier verschnitten, bis es eine 
ꝛem Würzburger Biere ähnliche Färbung annahm. 
dies Gemisch wurde den Gästen als echtes Würz— 
ourger Bier vorgesetzt und von diesen nicht nur als 
olches getrunken, sondern auch bezahlt. In zwei 
Fällen verabfolgte der Angeklagte auch an zwei 
zuswärtige Kunden, welche ausdrücklich echtes 
Würzburger Bier auf Gebinden bestellt hatten, ein 
zurch Zusammengießen von anderen Bieren her⸗ 
gestelltes Gemisch — Der Gerichtshof nahm mehr⸗ 
jachen Betrug, begangen in idealer Konkurrenz, mit 
dem Vergehen gegen 8 10, Abs. 1 und 2 des 
Pahrungsmittelgesetzes vom 14. Mai 1879, an 
und verurtheilte den Angeklagten zu einer Ge— 
fängnißstrafe von drei Monaten und 
500 Mark Geldstrafe eventuell weitere fünf 
Wochen Gefängniß. 
xWien, 11. Sept. In aller Gedächtniß 
wird wohl noch der Prozeß gegen den Frauen- 
nörder Hugo Schenk und dessen Genossen sein. 
Bekanntlich wurde der erste Verdacht gegen den 
MNorder dadurch rege, daß die Polizei bei der Nach— 
orschung nach verschiedenen spurlos verschwundenen 
Frauenzimmern ermittelte, daß diese mit Schenk 
Verkeht gehabt haben. Diese unheinilichen Erinne— 
rungen werden jetzt wieder aufgeweckt, weil in den 
eßten Tagen abermals zwei Mädchen spurlos ver⸗ 
schwunden sind. Erstens Fräulein Charlotte Graf, 
die Tochter eines Bankiers, die am 6. dos. Mts., 
Abends gegen 6 Uhr, ihre Wohnung verließ, um 
etwas Stickgarn zu kaufen, und seither vermißt 
wird. Das Mädchen war 19 Jahre ali und glück⸗ 
liche Braut; jeder Gedanke an Selbstmordoder 
Flucht ist völlig ausgeschlossen. Die zweite Ver. 
qwundene ist eine 16jährige Nähern Namens 
daroline Katzengruber, die seit dem 7. dermißi 
wird. Auch in diesem Falle ist jeder Gedanke an 
ireiwillige Entfernung ausgeschlossen. 
Die deutsche Barke „Montezuma“, welche 
vr einigen Tagen die aus drei Matrosen bestehende 
chiffbrüchige Bemannung der untergegangenen HYacht 
„Rignonette“ in Falmouth landete, hat ihre Weiter⸗ 
gise nach Hamburg angetreten. Doch gestattete der 
— zweien seiner Matrosen, zurückzubleiben, 
da sie in dem Prozesse gegen die Mannschaft der 
hacht wegen Todiung des Schiffejungen Richard 
harker über das Auffinden des Booles ihr Zeug⸗ 
uiß abgeben sollen. Beiläufig darf hier bemertt 
werden, daß die angeklagten Seeleute gegen Bürg⸗ 
daft auf freien duß heseht worden sind eid⸗ 
knscheidung die von der Menge in dem gedrängt 
ollen Gerichtssaale mit Beifall begrüßt wurde. 
Aus Versehen von Amerika nach Deutschiand 
preist. Hugh Blefsson, ein in Newyork wohndafier 
daumeister wurde am letzien Donnerstag auf die 
n seiner Familie im Yorloiller Polieigeticht gegen 
hn erhobene Anklage, ein Gewohnheitssäufer zu 
in, auf drei Monate ins Gefängniß gesandt. 
bor einiger Zeit begab sich Blesson eineß Tages 
ait 20,600 Dollars in der Tasche auf eine 
bummelidur und kaufte sich einen gehoͤrigen 
fen“. In diesem Zustande begab er sich an 
X eines zur Abfahrt bereit liegender Bremer 
dambfers, indem er das Fahrzeug für ein über den 
Fluß gehendes Faährboot hielt. Der schwer Bezechte 
egte sich in eine leere Koje in der ersten Kajüte 
‚ʒum Schlafe nieder und wachte nicht eher auf, 
als bis der Dampfer sich auf hoher See befand. 
Natürlich mußte Blesson die unfreiwillige Fahrt 
nach Bremen mitmachen. Sein Verschwinden erregte 
damals großes Aufsehen und man glaubte, daß 
dem Manne ein Unglück zugestoßen sei. 
F Newyork, 30. Aug. Der Telegraph 
übermittelt uns die Kunde von einem großen Eisen⸗ 
hahnbrand, welcher sich gestern auf der Greely und 
Salt Lake Zweiglinie der Union Pacific Bahn zu⸗ 
rug. Die schreckliche, bisher ohne Parallele steheude 
datastrophe ereignete sich 9 Meilen von Greely, 
Tolorado, mitten in der Prairie. Ein aus 17 
Wagen bestehender Extrazug, welcher das ganze 
Lersonal, die Thiere und Einrichtung des Orton⸗ 
TFirkus nach Gilden, einer etwa 20 Meeilen west⸗ 
iich von Deuber am Fuße des Felsengebirges ge⸗ 
egenen kleinen Stadt bringen sollte, hatte um 
Mitternacht vom 28. auf den 29. August Fort 
Tollins verlassen. Der zunächst hinter der Loko— 
notive befindliche 60 Fuß lange Wagen diente 
zum Aufenthalt von über 60 männlichen Mit⸗- 
zliedern der Gesellschaft und war als „Schlafsaal“ 
ür diese große Anzahl Personen in der Weise 
jergerichtet, daß sich nicht nur an den beiden 
dangseiten Schlafbänke in drei Reihen über ein— 
ander befanden, sondern auch die der Maschine 
ugelegene Breitseite behufs Unterbringung der 
Schlafenden mit Betten „zugemauert“ und die 
dort befindliche Ausgangsthür verschlossen war. 
Dieser Uebelstand in der Bauart und Benutzung dieses 
Wagens sollte fast sämmtliche Insassen in der 
»ald nach —itternacht erfolgenden unheilvollen 
datastrophe den Tod bringen. Gegen 1 Uhr in 
der Nacht wurde von wenigen, noch aicht Schlafen⸗ 
den bemerkt, daß in der Nähe der hinieren, frei⸗ 
zelassenen Ausgangsthür eines der unteren nicht 
zesetzten Betten, welches mit Plunder gefüllt war, 
in Flammen stand. Ein starker Wind trieb Flamme 
und Rauch in den Wagen gegen das kleine einzig 
geöffnete Fenster an der Vokomotive zugekehrien 
Wand, so daß die Verwirrung, Betäubung, Ersticknng 
der Insassen, die nach und nach aus dem Schlafe 
aufgeschreckt wurden, das Unglüdk in kurzer Zeit zu 
einem Tod bringenden machten. Es konnte nichts 
nutzen, daß man den Zug bald zum Stehen brachte, 
da die Möglichkeit, sich aus dem in hellen Flammen 
und Rauch stehenden Wagen zu reiten, nicht vor⸗ 
janden war. Auch der Versuch von zwei der Reisenden, 
denen es gelungen war, sich zeitig durch das kleine Fen⸗ 
tter nach der Lokomotive hin zu flüchten, mit Wasser 
zus dem Tender Hülfe zu leisten, mißlang bei der 
inbeschreiblichen Verwirrung und Verstopfung der 
ꝛinzigen Ausgangsthür, wo gerade das Feuer von 
vornherein am stärksten war. Nur wenige der Un⸗ 
zlücklichen konnten sich retten und auch diese haben 
hwere Brandwunden erlitten. 
FGie Familie des Königs von 
Siam.) Nach einem in British Indien erscheinen⸗ 
»en Blatt hat der König von Siam, der glückliche 
Batte von reichlich 600 Frauen, 263 Kinder, 
nämlich 137 Söhne und 126 Töchter. Dabei ist 
ꝛx kaum 26 Jahre alt, kann es also bezuglich seiner 
NRachkommenschaft noch weit bringen. FJedenfalls 
orgt dieser Souverän sehr für die Zunahme der 
Bevölkerung seines Reiches. 
GWarm — Kalt) In einem Koupé saß 
'n den verflossenen heißen Tagen eine kleine Gesell— 
chaft, bestehend aus zwei beleibten Damen, welche 
inen schwunghaften Grünzeugh indel betreiben, einem 
ungen Rechtsgelehrten und einem stämmigen Manne 
nit drei dicken Goldringen an jeder Hand, einer 
nassiven goldenen Uhrkette und jener selbstzufriedenen 
Miene, welche den aus kleinen Anfängen entstande⸗ 
ien Hausherrn erkennen ließ. An seiner Seite 
zefand sich ein vorwitziger, kleiner Knabe, welcher 
n dem ganzen Koupé herumkroch, alle Gegenstände 
zetastete und sich schließlich über den Hebel her⸗ 
nachte, durch welchen im Winter die Heizvorrichtung 
egulirt wird. „He!“ sagt da der Rechtsgelehrte 
cherzhaft, ‚laß' den Hebel in Ruh', denn wenn 
Du ihn auf „Warm“ stellst, so kriegen wir das 
Toupé geheizt“. Der kleine Knabe haͤtte aber in⸗ 
wischen schon den Hebel auf „Warm“ hinüber⸗ 
gedrüct und kroch mit allen Zeichen der Bestürzung 
über die möglichen Folgen seiner Uebelthat von dem 
Sitze herab. „Na, Unglücksknabe“, fuhr der Rechts- 
jelehrte fort, „da haben wir die Bescherung. Jetzt 
vird's gleich so heiß werden, daß uns alle der 
5„chlag trifft. Während nun die beiden dicken 
damen sich den Schweiß von der Stirne wischten 
und einander zweifelnde Blicke zuwarfen, erhob sich 
der Vater des Knaben voll Grimm aus seiner Ecke 
und vollführte rasch nacheinander Folgendes: Zu⸗ 
nächst verabreichte er seinem Sohne eine kräftige 
Maulschelle, stieß dann mit eigener Hand den Hebel 
auf „Kalt“ zurück und entschuüldigte das Vorgehen 
seines Sprößlings der Gesellschaft gegenüber mit 
)en Worten: „San's net bös, daß der Radibua 
o a damische Hit' da g'macht hat. S'wird jetzt 
zlei wieder kühler werden. — Wir brauchen wohl 
nicht erst zu bemerken, daß noch nie ein Knabe so 
inschuldig zu einer Maulschelle gekommen ist, wie 
dieser arme Hausherrnssohn. 
fF Rom, 15. Sept. Nach dem am Samstag 
zusgegebenen Choleraberichte sind in Neapel 
342 Erkrankungen und 348 Todesfälle, in der 
Umgebung 17 Erkrankungen und 23 Todes⸗fälle, 
n Spezzia 38 Erkrankungen und 28 Todesfälle, 
m übrigen Italien 74 Erkrankungen und 81 
Todesfälle verzeichnet worden. In der Stadt Rom 
st kein Cholerafall vorgekommen. 
F.Neapel, 15. Sept. Die Cholera ist hier 
entschieden im Abnehmen begriffen. In den letzten 
24 Stunden bis gestern Nachmittag 4 Uhr find 
1476 Erkrankungen und 255 Todesfälle, worunter 
36 bereits früher erkrankte Personen sich befinden, 
vorgekommen. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Landau Frau Eugenie Wecker, 
Jeb. Wünschendorff, 69 J. a.; in Herxheim bei 
Landau Joseph Trauth, Lehrer, 59 J. a.; in 
Rheinzabern Philipp Schäfer, 87 J. a.; in 
—X Ziegenhain, L b. Bau— 
amtmann a. D.; in Kaiserslautern Peter Schmitz, 
51 J. a.; in Erlenbach Leonhard Hollstein, 
33 J. a.; in Mannweiler Jakot Hoster; in Pir⸗ 
masens Frau Luise Kreher, geb. Schaab, 483 
J. a.; in Neustadi Wilhelm Vetter, 69 J. a.; 
in Helmbach Heinrich Frandck, 16 J.7 M. a 
Sir die Redaktion verantwortlich * x*. Demeßz. 
Nr. 102 des praktischen Wochenblattes für 
ille Hausfrauen „Fürs Haus⸗ enthält: 
Der Mann von Berstand. — Schutz den Feld⸗ 
»lumen. — Der Werkzeugkasten. — Di— Launische. 
— Amerikanische Obstdarre Laßt das, Ihr 
ungen Mädchen! — Wildleder gegen das Auf⸗ 
iegen. — Wie wir unsere Dienstboten für treue 
Ddienste belohuen können. — Japanischer Wald⸗ 
chmuc. — Die Hausbibliothet Hausgarten 
m September. — Kindergedanken. — Kinder— 
trümpfe. — Duette. — Jider für eine Sing⸗ 
timme. — Das Baden nach dem Essen. — Mittel 
jegen Stechmücken. — Ohrlöcher — Decke aus 
Seidenfleckchen. — Teppich aus Stoffresten. — 
das Haar zu schonen. — Patentheizung. — 
dühnerfedern. — Bettfedern zu reinigen. — Gas 
u der Küche. — Rothe Flecken aus hellgrüner 
Seide zu entfernen. — Reinigen schmutziger Spiel- 
arten. — Schweißflecke aus scharzem Sammel zu 
entfernen. — Pyro⸗gallis Flecke ans Marmor. — 
Marmor von Theerflecken zu reinigen. — Mittel 
zegen kalte Füße. — Kitt für gesprungene eiserne 
Befäße. — Entferuen von Wasserflecken aus schwarz 
lackirten chinesischen Gegenständen. — Fleckigwerden 
der Stoffe beim Farben zu verhüten. — Blauwol⸗ 
ene Sachen zu reinigen. — Eausde Cologne selbst 
jerzustellen. — Korkstöpsel. — Behandlung der 
sduh und Pferdehaare. — Fetiflecke aus Tapeten. 
— Vergolden und Versilbern bon Korbwaaren. — 
rugs Universal · Waschpulber. Heidelbeeren als 
dompott. — Brombeeren ·Geloͤe. — Geloͤ⸗ von 
chwarzen Johannisbeeren. — Preißelbeeren mit 
Birnen einzukochen. — Schnell bereitele Remoulade. 
—Verjchiedene Früchte einzuiegen. — Einfache 
Art, Eier für den Wintel aufzubewahren. — 
Crauter ˖ Essig. — Ravigotte⸗Essig. — Senf⸗Essig. 
— Gurken in Zucker. — Grimen Bohne einzulegen. 
— füächichttorte. — Einfacher Küchenzetlel. — 
Räthsel. — Fernsprecher. — Echo. — Der Markt. 
5Anzeigen. — Probenummer gratis in allen 
Buchhandlungen. — Preis vierteljährlich 1 Mark. 
7 Notariell beglaubigte Auflage 40.000. — 
Bochenspruch: 
Besund an Leib und Seele sein, 
Das ist der Quell des Lebens, 
Es strömt dann Lust durch Mark und Bein, 
Die Lust des tapfern Strebens.