Deutsches Reich.
Muͤnchen, 21. Sept. (Deutsch. Mont.⸗Bl.)
Bestern fand hier eine Volksversammlung statt,
velcher auch der sozialdemokratische Reichstags
ibgeordnete Freiherr v. Vollmar, ferner die sozia⸗
risuͤschen Schrifisteller Viereck und Schönlank bei—
vohnten. Der Gegenstand der Berathung war das
—VV Versamm⸗
ung proklamirte ein Metallarbeiter als Reichstags
andidaten für München Herrn v. Vollmar. Ein
Polizeibeamter gebot Ruhe. Vollmars Anhänger
simmten darauf die Arbeiter-Marseillaise an und
geleiteten ihren Führer Vollmar in gemeinschaft⸗
chem Zuge von der Vorstadt Schwabing nach
Munchen, ohne daß im Uebrigen die Ruhe gestört
worden wäre.
Berlin, 21. Sept. Eine von der Gesellschaft
für deutsche Kolonisation ausgerüstete Expedition
wird in diesen Tagen nach West- und Süd⸗Afrika
abgehen. Wie verlautet wird auch der Vorsitzende
der Gesellschaft, Dr. Peters, an der Expedition
theilnehmen. Ob diese Expedition schon, wie von
betheiligter Seite berichtet wird, zu umfassendem
Zanderetwerh schreiten kann, steht schwerlich fest.
Die Expedition kann in der Hauptsache wohl nur
einen informatorischen Charakter haben. Gleichzeitig
zeht die deutsche Erportbank mit dem Plane um,
dänderstrecken am Congo zu erwerben.
Berlin, 22. Sept. Der „Reichsanzeiger“
neldet: Ein Erlaß des Ministers des Innern setzt
die Auslegung der Wählerlisten für die Reichs⸗
agswahlen auf den 30. September fest.
Berlin, 22. Sept. Fürst Bismarck ist heute
Nachmittag nach Friedrichsruh abgereist, von wo er
n der ersten Hälste des Oktober wieder nach Berlin
zurückkommt, zur Eröffnung des Staatsraths.
Eisenach, 21. Sept. Die Generalversamm⸗
lung des Deutschen Kolonial vereins wurde heute
Vormittag 1113 Uhr durch den Fürsten Hohenlohe⸗
Langenburg eröffnet. Aus allen Theilen Deutschlands
waren zahlreiche Delegirte erschienen. Unter den An—⸗
wesenden befanden sich u. A. Vize⸗Admiral Batsch,
Züderitz (Bremen), Wörmann, Dr. Jantzen, Kauf⸗
mann Thormählen, Brohm (Faktorei Bageida),
Ahlers (Samaragesellschaft), Rohlfs, Paulus (syrische
Templerkolonie), Veye (Südbrasilien), Oberbürger⸗
meister Dr. Miquel, v. Bennigsen. Nach Eröff⸗
nung der Sitzung legte der Präsident folgende zwei
Kesolutionen vor: 1) Die Versammlung, die frü—
heren Erklärungen des Präsidiums an den Reichs⸗
sanzler billigend, begrüßt die in Westafrika er⸗
zriffenen Maßregeln, in denen sie freudig das Ein⸗
reien Deutschlands in die Reihe der kolonisatorische
Ziele verfolgenden Völker erkennt, und spricht die
Erwattung aus, daß die Reichsregierung bei
veilerem Vorgehen auf volle Unterstützung der
Ranon rechnen könne; 2) die Versammlung hält
zie üherseeischen Dampfschiffverbindungen für ein
merlaßliches Mittel zur Förderung des deutschen
Ausfuhrhandels, zur Hebung des Ansehens der
deutschen Flagge und innigerer Verbindung der
Deutschen in den überseeischen Ländern mit dem
Mutterlande. Wo solche Dampferlinien ohne
zffentliche Unterstüzung zur Zeit nicht in einem den
ʒeutschen Interessen entsprechenden Maße eingerichtet
perden können, hält die Versammlung geeignete
Subventionen aus Reichsmitteln für geboten, be⸗
Jauert deshalb das Scheitern der Dampfervorlage
und spricht schließlich die zuversichtliche Hoffnung
us, daß eine erneute Vorlage allseitige Zustimmung
ind Annahme finde. Der erste Redner Dr. Fabri
Godesberg) begründete die ersie Resolution, worauf
Woörmonn und Lüderitz über ihre Befitzungen Mit⸗
heilung machten. Die erste Resolution wurde ein⸗
ttimmig angenommen; ebenso wurde die zweite Re⸗
olution genehmigt, welche Nasse (Bonn), Annecke
Berlin) und Meyer (Bremen) begründeten. Kurz
zach Eröffnung der Sitzung erschien die Großher⸗
zogin mit dem Erbgroßherzog und der Erbgroß⸗
Jerzogin. Der Großherzog ließ die Versammlung
hutch den Gerichtsprasidenten Appelius begrüßen.
Eisenach, 22. Sept. Das gestern an den
Reichskanzler Fürsten Bismarck abgesandte Be—
zrüßungstelegramm lautet wie folgt: „Sr.
durchlaucht Fürsten Reichskanzler. Die zum Feft⸗
iner versammelten Mitglieder der Generalversamm⸗
ung des Kolonialvereins senden dem Fursten Reichs⸗
anzler dankerfüllt für das entschlossene und erfolg⸗
reiche Vorgehen auf dem Gebiete der Kolonialpolitik
hre ehrfurchtsvollen Gruße. Das Prasidium: Farst
Hoheniohe. Miquel.“
Scucus des Fürsten Reichskanzlers ist darauf
zestern Abend folgendes Telegramm eingegangen:
Berlin, 21. Sept. 1884, 93 Uhr Abends. An
das Präsidium des Deutschen Kolonialvereins Eise⸗
nach. Der Generalversammlung des Kolonialvereins
danke ich derbindlichst für die sreundliche Begrüßung
ind für die thätige Unterstützung unserer überseeischen
Bestrebungen. v. Bismarch.
Ausland.
—Wien, 21. Sept. Bei dem kommandirenden
Iffizier in der Alserkaserne erschien gestern der In⸗
jaber eines amerikanischen Musrums, der 6000
hulden für den Leichnam des hingerichteten Anar—
histen Kammerer bot, um denselben einbalsamirt
ur Schau zu stellen. Das Ansinnen wurde selbst⸗
jerständlich abgewiesen. (D. M.Bl.)
Bregenz, 20. Sept. Die Eröffnung der
Arlbergbahn hat bei herrlichstem Wetter in glück⸗
ichster Weise stattgefunden. Der Zug des Kaisers,
jon zwei Zügen mit Gästen gefolgt, durchfuhr gegen
Mittag den Tunnel. Die Durchfahrt dauerte knapp
20 Minuten, die Wärme stieg nicht über 19 Grad
Reaumur.
Pest, 22. Sept. In Agram wurde der kleine
gelagerungszustand publizirt, weil die Bürger,
velche für die Regierungspartei gestimmt, insultirt
vurden. Das Organ Starcevices „Sloboda“ wurde
interdrückt, der Redatteur verhaftet. Nach Zengg
vurden wegen Ruhestoͤrung der Regierungskommissär
ind eine Militärabtheilung entsendet.
Budapest, 20. Sept. Im Vorhof des
srgelitischen Tempels entdeckte heute während
»es Neujahrgoitesdienstes ein Polizist ein Papier—
zaket an der eisernen Gitterthür hängend. Bei
er Eröffnung fand man darin eine eiserne Bombe
nit Zündschnur versehen, welche zwei in eine Glas—
öhre mündende Drähte hatte, die mit Schellak be⸗
estigt waren. Die weitere Untersuchung wird ergeben,
b Lin ernstliches Attentat oder ein unzeitiger
—„cherz beabsichtigt gewesen.
Brüssel, 22. Sept. Der „Moniteur“ ver—
uffentlicht das vom Könige genehmigte, von den
Hinistetn des Innern gegengezeichnete Schulge—
etz. Dem Gesetze ist ein Reglement über dessen
Ausführung beigegeben.
Brüffel, 22. Sept. Ein Straßenanschlag
»es Bürgermeisters besagt, es sei die Pflicht eines
eden guten Bürgers dem Schulgesetze Folge zu
eisten. Die Kundgebungen in den Straßen würden
)en öffentlichen Frieden gefährden und seien des—
salb bis auf Weiteres untersagt. Die bevorstehen⸗
»en Kommunalwahlen böten legale Waffen zur
gekämpfung des Schulgesetzes. Die Bürger werden
aher aufgefordert, die Ordnung aufrecht zu er⸗
jalten. Ulle größeren Menschenansammlungen,
velche die Ruhe stören könnten, würden zerstreut.
Rom, 20. Sept. Die klerikalen Blätter ver⸗
ffentlichen ein vom 10. September datirtes Schrei⸗
ven des Papstes an den Kardinal Staatssekretär
Jacobini, in welchem der Papst sagt, daß er dafür
ete, daß Rom von der Cholera befreit bleibe und
odann fortfährt: „Leider aber sind wir wegen der
ahlreichen Ungerechtigkeiten, welche den Zorn der
ditlichen Gerechtigkeit erregen, und angesichts der
dachbarschaft von Ortschaften, die von der Geißel
ereits heimgesucht sind, nicht ohne Besorgniß für
dom. Es ist uns daher nicht möglich, dieser Ge⸗
ahr gegenüber theilnahmlos zu bleiben. Wir
vissen, daß mit lobenswerthem Eifer und weiser
Zoraussicht viele Maßregeln ergriffen worden sind
on Denjenigen, welche die öffentlichen Angelegen⸗
zeiten leiten, damit jene Geibel die Stadt nicht
oorbereitet treffe. Aber auch wir wollen zum
zeistande Roms dereit sein. Wir haben beschlossen,
in großes in der Nähe des Vatikans gelegenes
ospital, wohin wir uns ohne Schwierigkeit per⸗
zulich zum Besuch und zur Tröstung der Kranken
egeben konnen zu eroͤffnen und ausschließlich auf
infere Kosten zu unterhalten. Dieses Hospital soll
esonders den Bewohnern der uns zunächst gelegenen
Zuartiere Borgo Trastevere zugute kommen.“ Der
zapst trifft sodann mehrere Bestimmungen über
as Direktions- und Sanitatspersonal und erklärt,
aß er trotz seiner schwierigen Lage im Vertrauen
uf die Vorsehung und die Hochherzigkeit der kath.
Welt einen Betrag von einer Million spenden wolle⸗
gSenn, was Gott verhüten wolle, die Geißel gleich.
vohl in Rom sich weiter ausbreiten sollte, so behalte
r sich vor, auch über den päpstlichen Palast des
datteran in einer Weise zu verfügen, welche mög⸗
ich und den Umständen angemessen erscheiue.
NRom, 22. Sept. „Fanfulla“ zufolge wäre
ar Errichtung des vom Papste projektirten Cholera⸗
»ospitals die Kaserne der päpstlichen Gendarmen
estimmt, die noch im Weichbilde des Vatikans
gelegen ist.
London, 22. Sept. In Castlewellan (Irland)
st es gestern anläßlich einer großen Kundgebung
ver Nationalpartei zu einem ernsthaften Krawau
gekommen. Die Polizei schritt gegen die Volks—
menge ein, wobei mehrere Personen verwundet
vurden. Es erfolgten zahlreiche Verhaftungen. Die
Ruhelstörungen dauern fort.
Zokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 22. Sept. Gelegentlich
des am Sonntag, 28. Sept. in Zweibrücken statt
indenden Pferderennens wird von hiesiger
Ztation ein Extrazug abgehen und zwar Vor—
nittags 10 Uhr. Hassel 10 Uhr 10 Min., Würz-
‚ach 10 Uhr 18 Min., Lautzkirchen 10 Uhr 29
Minuten, Bierbach 10 Uhr 35 Min., Zweibrücken
an 10 Uhr 46 Min.
* An Umlagen kommen fur das laufende
Jahr dahier zur Echebung: Gleichstellungs-Umlagen
110 pEt. der Gesammtsteuer, Distrikts-Umlagen
35 pEt., Kultus⸗Umlagen bei den Katholiten 15 pEt.
ind bei den Protestanten 8 PCt., Feldschützenlohn
56 pCt. der Grundsteuer.
*Morgen, Minwoch den 24. Sept. Vormittags
10 Uhr, wird der wissenschaftliche Prediger—
derein der Pfalz im Saalbau zu Reustadt an
der Haardt seine Jahresversammlung ab⸗
halten. Herr Pfarrer Dr. Welsch von Haardt wird
n einem Vortrag über „Das sittliche Bewußtsein
ind die Religion“ sprechen.
— Aus der Pfalz, 20. Sept. Der kürzlich
n Mannheim abgehaltene Verbandstag gewerbe—
reibender Bäckermeister, wozu auch deren Kollegen
ius der Pfalz eingeladen und auch zahlreich er—⸗
chienen waren, hat bei Letzteren solche Aufmunter·
ing hervorgerufen, daß vor einigen Tagen Vertreter
er bereits bestehenden Innungen und freien Ver—⸗
inigungen in der Pfalz in Neustadt zusammen-
raten und einstimmig beschlossen, e inen „Pfälzischen
Brovinzial-Verband“ zu bilden.
— Zweibrücken, 22. Sept. In der Nacht
zum Sonntag gegen 1432 Utzr drach in dem Laden
es Hrn. Albert Kamm hier Feuer aus. Lezterer
väre wahrscheinlich mit Frau und Kind in dem
arüber liegenden Schlafzimmer erstickt, wenn nicht,
us dieses bereits mit Rauch augefüllt war, plogßzlich
ie im Hofe hängende Ladenschelle, anscheinend in
Thätigkeit gesetzt durch auf die Leitung gefallenen
Zlafond⸗Stücke, geklingelt hätte. Hierdurch erschreckt,
uhr Frau Kamm aus dem Schlafe und konnit
hren Mann wecen, sodaß sogleich Feuerlärm ge⸗
nacht wurde. Die mit Wasser herbeieilende Nach⸗
rarschaft in Verbindung mit Feuerwehrmännern
Jatien das Feuer glücklicherweise bald gelöscht. —
Ils Entstehungsursache läßt sich nur verinuthen,
daß Abends vorher beim Putzen zweier Oefen Funken
in den nahen Ladenschrank gerathen seien und in
der Waare fortschweelten. (Zw. 3.)
— Bubenhausen, 21. Sept. Heute Morgen
:23 Uhr ging der Maurermeister Johann Knob⸗
lauch, Vaier von 5 unmündigen Kindern, von
einer Behausung weg und erhängte sich an seinem
dirschbaum auf dem Bubenhauser Berg. Ein Motio
rür die unglückselige That, durch die eine Familie
zufs Tiefste bekümmert wurde, ist mir nicht bekannt.
(8w. 8)
— Wolfstein, 20. Sept. Diese Woche
purde in dem Ziehbrunnen der Wittwe Gabel in
Iberstaufenbach die Wilhelmine Appel, Chefrau von
zakob Zimmermann, ertrunken aufgefunden.
Hieselbe stand noch in den zwanziger Jahren. Wie
nan hort, soll sie in letzter Zeit sehr schwermüthig
ewesen jein und namentlich der Verlust ihres
dindes soll sie auf die Idee gebracht haben, daß
ie jeht bald sterben müsse. Diese Idee scheint si
nuch dewogen zu haben, ihrem Leben durch Selbst⸗
nord ein Ende zu machen.
— In Dielkirchen fiel der Tagner Chr.
z teitz beim Obstbrechen vom Baume herab und
bar sofort eine Leiche. Der Verlebte war ein
raver, fleißiger Arbeiter.
Speeher. 180 Sept. Man spricht hie
„zusagen von nichts Anderem, als von dem inr
roͤnkurs gerathenen flüchtigen Karl Korn. 3
Jassiven, hört man, sollen sich auf nahezu 600
een hie Ainba in set schwachem Bu
altniß stehen. Korn betrieb unter eigenem Namen
ie von seinem Vater mit seinem Bruder Piupp
Jelcher vor einigen Jahren gestorben, gegrunde