Full text: St. Ingberter Anzeiger

szt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
der ‚St. Jugberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstatg, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöͤchentlich mit Unterhaltungs 
zuu und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich IA 60 ⸗ einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 7S H, einschließli ⁊ 
d ¶ Zuftellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 , Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
187. Samstag, 27. September 1884. 
990. Jahrg. 
— 
Finladung zum Abonnement. 
näher bringt, und die Krönung jener Eisenbahn⸗ 
politik, welche von der gegenwärtigen Regierung 
eingeschlagen wurde, und in der Bildung eines 
eigenen, nach allen Richtungen hin selbstständigen 
daatlichen Schienensystems besteht. Troß aller hef⸗ 
tigen natisnalen Konflikte und trotz alles parla- 
nentarischen Gezänkes schreite Oesterreich rüstig 
vorwärtz und vermehre die Voraussetzungen für 
die allgemeine Wohlfahrt der westlichen Reichshälfte. 
— Die „N. Fr. Pr.“ schreibt: „Es ist ein kost⸗ 
zarer Theil des österreichischen Eisenbahnnetzes, 
velcher demselben einverleibt wird. Der Stolz der 
osterreichischen Technik, die hier ihr Bestes geleistet, 
ine politische und handelspolitische Errungenschaft 
die seit Dezennien ersehnt wurde, ist die Arlberg⸗ 
‚ahn unter schweren Opfern unseres beengten 
Staatsschatzes zu Stande gekommen.“ Im wei— 
eren Verlaufe betont das Blatt, es sei in jedem 
Falle eine Nothwendigkeit gewesen, diese Bahn zu 
zauen, sollte Oesterreich- Ungarn nicht aus dem 
internationalen Getreidehandel ausgeschaltet werden. 
Nunmehr werde es sich nur noch darum handeln, 
durch eine kluge und freisinnige Handels- und 
Verkehrspolitik die internationalen Handelsbeziehungen 
enger zu knüpfen und zu vervielfältigen. — In 
ihnlicher Weise und mit nicht minder warmen 
Worten äußern sich auch die übrigen Organe der 
Wiener Presse. 
——— Das Kron⸗ 
rinzenpaar wird die ersten Wochen des künftigen 
Monats in der Schweiz verbringen. 
Berlin, 24. Sept. In hiesigen diploma⸗ 
ischen Kreisen findet das Vorgehen Englands nicht 
ur vom Standpunkte des Völkerrechtes, sondern 
nuch von dem der Staatsklugheit eine ungemein 
zibfuͤllige Beurtheilung. Der unverhüllte Vertrags 
zruch, zu dem das Ministerium Gladstone in 
kEgypten geschritten ist, hat England den Groß⸗ 
nächten gegenüber eine neue und sehr wenig vor⸗ 
heilhafte Position gegeben, deren Folgen nicht auf 
iich warten lassen können. 
öln, 25. Sept. Der Kaiser und die 
Zaifserin sind heute Vormittag um 11Uhr hier 
ingetroffen und haben unter dem Geläute der 
Hloͤden und unter unendlichem Jubel der massen⸗ 
Jaft herbeigeströmten Bevölkerung im offenen Wagen 
ine Rundfahrt durch die neuangelegten Stadttheile 
ingetreten. Die Stadt ist bis in die kleinsten 
Straßen aufs Festlichste geschmückt, der Jubel der 
Bevölkerung überall unbeschreiblich. Alle Geschäfte 
ind geschlossen. Der Empfang ist so glänzend, 
wvie ihn Köln noch nie gesehen. — Bei der Um⸗ 
'ahrt saßen in dem ersten Wagen der Oberbürger⸗ 
neister, der Polizeipräsident und der Baumeister 
der Neustadt, Stuͤbben, im zweiten Wagen der 
Oberpräsident, im dritten Wagen das kaiserliche 
Paar, im vierten Wagen der Kronprinz und Prinz 
Wilhelm. Es folgten hierauf die Kronprinzessin 
nit der Prinzessin Viktoria, Prinz Heinrich und 
zann die fürstlichen Gäste, Feldmarschall Moltke 
ind Dr. Lauer. Der Kaiser und die Kaiserin, 
vohl aussehend, grüßten bei immer sich steigerndem 
Jubel in huldvollster Weise nach allen Seiten, um⸗ 
uͤhren den Dom und setzten die Umfahrt in der 
vorgeschriebenen Weise fort. Das am Morgen be⸗ 
rohliche Weiter heiterte sich auf und die zeitweise 
durchbrechende Sonne bewährte auch heute wieder 
das alte Wort von dem Kaiserweiter. 
Ausland. 
Paris, 24. Sept. Der Präsident der Re⸗ 
„ubluͤ richtete folgendes Telegramm an König 
dumbert: Das Unheil, welches Italien heimgesucht 
jat, erregt in Frankreich wie in der gesammten 
ivilisirten Welt die tiefste Theilnahme, die über⸗ 
roße heroische Hochherzigkeit Ew. Majestät dagegen 
hewunderung und Begeisterung. 
Paris, 25. Sept. Aus guter Quelle wird 
zemeidet, Deutschland, Oesterreich, Rußland und 
Frankreich seien übereingekommen, England dadurch 
in Paroli zu bieten, daß sie eine Intervention der 
Türkei in Eghpten befürworten und zunächst die 
Absendung eines türkischen Expeditionskorps zur 
Bacificirung des Sudans durchsetzen. 
Paris, 24. Sept. Die Kundgebung brod⸗ 
oser Arbeiter in Lyon nehmen täglich bedenklichere 
dimensionen an. Mehrere der gefährlichsten Agita⸗ 
oren haben sich nach Lyon begeben, um die Be⸗ 
vegung zu schüren. Die Regierung soll, wie es 
jeißt, befürchten, daß auch in anderen Städten, wo 
Tausende von Arbeitern brodlos sind, Kundgebungen 
eranstaltet und daß sich dieselben in Paris eben⸗ 
alls erneuern werden. 
Madrid, 24. Sept. Ein Berichterstatter, 
der in einen Brief eines Mitgliedes der Königs— 
amilie Einsicht genommen, theilt aus demselben 
nit, daß der Gesundheitszustand des —XW 
Aiphonso seiner Familie große Besorgnisse einflößt. 
London, 33. Sept. Die jüngsten Enthül— 
lungen über den Zustand der englischen 
Beim Herannahen des Quartalwechsels 
auben wir uns, zum Abonnement auf den 
I 
&t. Ingherter Anzeiger 
mit 
ilIustrirtem Sonntags PIatt— 
zoͤflichst einzuladen. 
Preis und Erscheinen des Blattes 
deiben wie bisher. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ wird sich 
demühen, allen billigen Anforderungen, die 
imn ein Lokalblatt gestellt werden können, 
nöglichst gerecht zu werden. Neben einer 
objektiv gehaltenen politischen Berichterstattung 
wird seine besondere Aufmerksamkeit den lokalen 
und provinziellen Angelegenheiten zugewandt 
bleiben. In dem illustrirten Sonn— 
tagsblatte und in dem 2mal wöchentlich 
ꝛem Hauptblatte beigegebenen Unterhaltungs— 
zlukfke bietet er eine Fülle unterhaltenden 
Lesestoffes. 
Inserate finden im „St. Ingberter 
Anzeiger“', der in Stadt und Kanton St. 
Ingbert das gelesenste Blatt ist, erfolgreiche 
Lerbreitung. Die 4gespaltene Zeile kostet für 
die Pfalz 10 Pf., für außerpfälzische 15 Pf. 
NReubestellungen auf den „St. Ing— 
gerter Anzeiger“ bitten wir gefälligst bald zu 
nachen, hier auf der unterzeichneten Expedition 
oder bei den Trägern, auswärts bei den 
önigl. Postanstalten und Postboten. Unseren 
bigherigen Abonnenten, die das Blatt durch 
die Träger erhalten, wird dasselbe auch im 
neuen Quartal fortgeliefert werden, wenn vor 
Ablanf dieses Monats nicht ausdrücklich 
abbestellt wird. Neu hinzutretende Abonnen—⸗ 
ren erhalten das Blatt bis 1. Okt. gratis. 
Ergebenst 
Redaktion u. Expedition 
des „St. Ingberter Anzeiger“. 
Ueber die nächsten Absichten der irischen 
Unversöhnlichen erhält der „Standard“ aus 
Brüssel eine so inhaltsschwere Mittheilung, daß, 
venn nur ein Theil davon wahr ist, England 
ittern muß. Die Depesche lautet: „Aus einer 
Zuelle, die ich für zuverlässig halte, erfahre ich, 
daß die irischen „Invincibles“ in London Vorbe⸗ 
reitungen zu neuen Ausschreitungen in wenigen 
Wochen treffen, wahrscheinlich zurzeit, wenn häufige 
Nebel zu erwarten sind. Man beabsichtigt Mord⸗ 
aittentate gegen mehrere der höchsten königlichen und 
olitischen Persönlichkeiten im Lande. Zu diesem 
Zweche werden in London von einem erfahrenen 
Ingenieur, der vormals in den Diensten der Nihi⸗ 
isten stand, Bomben fabrizirt. Auch sollen Ver— 
uche gemacht werden, gewisse Monumente und 
ffentliche Gebäude, darunter eine Anzahl von Po— 
izeistationen, in die Luft zu sprengen. O'Donovan 
Kossa hat für die Lösung der Frage, auf welche 
Weise am besten das Parlamentsgebäude in die 
duft gesprengt werden könnte, einen Preis aus⸗ 
esetzt. Die Zerstörungsbersuche gegen öffentliche 
debäude in London, Dublin und Manchester sollen 
den Umständen nach entweder gleichzeitig oder auf— 
einanderfolgend in's Werk gesetzt werden.“ — Seit 
den jüngsten Dynamit-Ausschreitungen ist die An—⸗ 
ahl der von Scottland yard angestellten Detektives 
zur Ueberwachung der Ankunft und des Abganges 
der Calais- und Ostende-Dampfboote verdoppelt, so 
aß jetzt 8 anstatt 4 Beamte in dieser Weise be⸗ 
chäftigt sind. Wie verlautet, ist diese Anordnung 
ine Folge wichtiger Mittheilungen, welche den 
dondoner Behörden aus Paris zugegangen sind. 
Volitische Uebersicht. 
Die Eröffnung der Arlbergbahn, 
velche nunmehr nach verhältnißmäßig kurzer Bau—⸗ 
zeit unter allgemeinster Theilnahme erfolgte, darf 
n der That als ein Ereigniß von großer Trag⸗ 
veite bezeichnet werden, und wird als solches auch 
ynn den Wiener Blättern aufgefaßt. Das offiziöse 
Fremdenblatt“ betont aus diesem Anlassedaß 
desterreich in den letzten Jahren keineswegs, wie 
nan so oft von Straßenpredigern und politischen 
Nissionären hören kann, zurückgegangen, in seiner 
Internehmungskraft und seiner Enwwickelung ge— 
ahmt wurde. Der Tag der Arlbergbahneröffnung 
—V diese mehr der politischen Berechnung 
—A patriotischen Gefühle entstammenden 
Jeremiaden Lügen. Er bedeute die Vollendung 
eines Verkehrsneßes, welches es dem Weltmarkt 
Deutsches Reich. 
Berlin, 24. Sept. Der Kaiser, der die An— 
trengungen der letzten Wochen glücklich überstanden 
jat, wird nach dem Schluß der Festlichkeiten im 
Rheinlande einen Monat hindurch im Großherzog— 
hum Baden, zumeist in Baden-Baden verweilen. 
Wie wir hören hat sich der Monarch über die 
Panöver des 7. und 8. Armeekorps mit überaus