Full text: St. Ingberter Anzeiger

anstaltet, welches einen äußerst glanzvollen Verlauf 
nahm, und an dem sich eiwa 500 Personen be⸗ 
theiligten. Als der Prinz in Begleitung des 
deutschen Generalkonsuls Herrn v. Sodeon und der 
Offiziere der Korvette sich der Festhalle näherte, 
wurde er mit einem gewaltigen Leuchtkugel⸗Regen 
empfangen, während die hiesige 75 Mann starke 
Arullere⸗Kapelle die deutsche Nationalhymne into⸗ 
nirte. Gleich im Entree brannte der colossalste 
Christbaum, den ich je gesehen. Prinz Heinrich, 
der Weihnachten keinen Christbaum hatte herrichten 
können, war sichtbar überrascht und gerührt beim 
Anblick dieses Weihnachtsbaumes, der all seine 
Erinnerungen an die gefeierten deutschen Weih⸗ 
nachten und die goldene Jugendzeit zurückrufen 
mochte. Zunächst wurde getanzt, und der Prinz 
betheiligte sich an sechs Tänzen; darauf ging es 
zum Diner, welches äußerst fein und equisit war 
uͤnd mehr denn 10,000 Mt. kostete. Nachdem 
hier bei Tisch der deutsche Konsul den Prinzen 
offiziell begrüßte, brachte dieser am Schluß seines 
Daukes für den großartigen Empfand ein Hoch 
auf den deutschen Kaiser aus, in das die Kapelle 
merkwürdiger Weise mit der „Wacht am Rhein“ 
einfiel. Prinz Heinrich verließ um 2 Uhr, sein 
Gefolge erst um 5 Uhr Morgens das Fest. Merk⸗ 
wurdig war der Tanzsaal, eine geräumige Halle 
mit Palmzweigen und Kaktus uͤberdeckt, inmttten 
von einem riesigen elektrischen Lichte beleuchtet. Bei 
dem Feste wurde ein großartiger Luxus entwickelt 
wie überhaupt hier bei derartigen Gelegenheiten. 
Einzelne Damen hatten Roben an, deren Stoff 
allein über 600 Dollars Gold gekostet hatte. Dies 
ist gar nicht einmal eiwas Besonderes. Auch ein 
Herr muß 600 - 700 Mk. anlegen, will er ein 
derartiges Fest streng nach der Etiquette mitmachen. 
Die Cubaner haben sich übrigens ganz außerordent⸗ 
lich angestrengt, um den deutschen Prinzen würdig 
zu empfangen. 
Leider können mehrere projektierte Festlichkeiten 
gar nicht mehr stattfinden, da der Prinz bereits 
Zuf heune, Sonnabend 8. Januar, seine Abreise 
fesigesesetzt hat. Außer den zwei großen Banketten 
hein Gouverneur von Cuba und dem Capitan de 
Marine war ein großer „bull sight“ und Parade 
der aus 20,000 Mann bestehenden Garnison in 
Aussicht genommen, wobei seiner königlichen Ho— 
heit die Ehren⸗Uniform der hiesigen Voluntarios 
uͤberreicht werden sollte. Wegen der raschen Ab⸗ 
afe mußle dies jedoch unierbleiben. Zum Ab— 
schied hatte Prinz Heinrich noch heute, Sonnabend 
in Diner an Bord der Korvette „Olga“ veran⸗ 
staltet, zu dem die hiesigen Konsuln und die Ho— 
norationen Havanas Einladungen erhielten. Auch 
ich, der Jugendbekannte und -Schulkamerad des 
Prinzen, nahm auf besondere Einladung daran 
Theil. Von dem Chef der Firma H. Uppmann 
u. Co. hierselbst wurde dem Prinzen zum An— 
denken ein reich mit Silber ausgeschlagener Ci— 
garrenkasten von Cedernholz, ein wahres Prachtstück 
den feinsten Marken als Einlaae. überreicht ...“ 
Lokale und vpfaälzische Nachrichten. 
*.St. Ingbert, 29. Januar. Das am 
Sonnag Abend im Saale des Cafs Oberhauser 
veranstaltete Schauturnen des hiesigen Turn⸗ 
dereins war ziemlich gut besucht. Den Anfang 
desselben bildeien Kür⸗ Uebungen am Barren, denen 
nach sasstündiger Pause Turnen am Reck folgte. 
Hierauf wurden wieder verschiedene Uebungen am 
HZarren ausgeführt; den Schluß bildete eine Pyra⸗ 
mide mit bengalischer Beleuchtung. Alle Uebungen 
wurden leicht, sicher und mit großer Prãzision aus⸗ 
führt und ließen gegen früher einen wesentlichen 
Forischritt erkennen. Die Zuschauer waren denn 
auch davon sehr befriedigt und gabendieses durch reich⸗ 
lichen Beifall wiederholt zu erkennen. Nach Schluß 
des Schauturnens vbergnügte sich die Gesellschaft 
durch eine Tanz⸗ Unterhaltung auf die angenehmste 
Weife und nur zu rasch schwanden die Stunden. 
Hoffentlich hat fich der Turnverein an diesem Abend 
giele neue Mitglieder gewonnen! Besonders sollten 
junge Leute nicht versaumen, demselben als aktive 
Miiglieder beizutreten; aber auch von Seiten der 
Buͤrger, die an den turnerischen Uebungen nicht 
mehr theilnehmen wollen, sollten die anerkennens⸗ 
werthen Bestrebungen des Vereins durch Beitritt 
als passive Mitglieder mehr Förderung erfahren, 
alz es bisher geschah. Daß es im neuen Jahre 
dazu kommen moöge, unser „Gut Heil!“ 
A St. Ingbert, 29. Januar. Wie wir 
krelßn die Firektion der Transport⸗- und 
Unfall-Versicherungs-Aktien-Gesell— 
haft „Zurich“ in Zuͤrich auf dahin bezüg⸗ 
iches Ansuchen des hiesigen Gewerbe⸗Vereins sich 
Fereit erklart, durch denselben eine Agentur für 
unsere Stadt und Umgegend in allernächster Zeit 
zahier zu errichten. Bekanntlich mußten die hiesigen 
Zandwerksmeister, welche bisher bei genannter Ge⸗ 
eslschaft Versicherung nehmen wollten, zuerst Mit⸗ 
zlied des Gewerbe⸗Vereins in Zweibrücken werden. 
Dieses war jedoch für die Betreffenden einestheils 
ehr umständlich und anderntheils mit nicht geringen 
Iukosten verbunden. Für die Zukunft soll es nun, 
vie schon erwäͤhnt, den Versicherungsnehmern er⸗ 
nöglicht werden, hier ihre Anträge aufnehmen zu 
afsen. Gewiß wird es dem hierfuͤr sich interessie⸗ 
enden Publikum angenehm sein, solches zu er⸗ 
ahren. Denn gerade die sehr gut fundierte „Zürich 
erfreut sich, vermöge ihrer Solididät und rationellen 
Finrichtung, des größten Vertrauens in allen 
Städten.Ihre Versicherungsbedingungen werden 
In Liberalitat von keiner anderen Gesellschaft über 
croffen, ebenso sind die den Tarifen zu Grunde 
liegenden Prämiensätze, unter Berücksichtigung weit— 
zehender Leistungen außerst mäßig. — Auf eine 
deilere Besprechung der zweckmäßigen Einrichtung 
ind der besonderen Vortheile der angeführten Ge 
sellschaft Zuͤrich erlauben wir uns später nach Er⸗ 
richtung der Agentur noch einmal zurückzukommeg 
* St. Ingbert, 29. Januar. Am ver—. 
flofsenen Sonntag hielt der Sterbe⸗Kasse⸗Verein 
St. Ingbert' behufs Rechnungsablage seine or— 
dentliche Generalversammlung ab. Der Verein 
zählte am Schlusse des Jahres 1883 275 Mit⸗ 
Zlieder, gegen 244 am Anfange des Jahres. Die 
kinnahmen pro 1883 betrugen 976 Mt. 80 Pf. 
die Gesammi⸗Ausgaben 547 Mt. 80 Pf. wovon 
auf 5 Sterbefälle 480 Mk. und auf sonstige Aus⸗ 
jaben 97 Mk. 80 Pf. kommen. Der Kassenüber⸗ 
huß pro 1883 beträgt 428 Mk. was mit dem 
leberschuß von 1882 einen Kassen⸗Baarbestand von 
2738 Mt. 14 Pf. gibt. 
EArr. Am Samstag Vormittag hatte Herr 
Förster Degel auf Philippsburg bei Niederwürz⸗ 
Jach das Glück, in den Culmann'schen Waldungen 
daselbst einen Kesuler zu erlegen, der ausgenom⸗ 
nen das ansehnliche Gewicht von 170 Pfund 
zatte. — Am Nachmittag desselben Tages hatten 
zuch die Hrn. Gebr. Doͤr reine Saujagd ver⸗ 
ansialtet. Noch ehe die Schützen ihren Stand 
eingenommen hatten, wurde ein Rudel von 8 Stück 
aufgetrieben. Eines davon kam noch zum Schuß 
ind wurde von Herrn Oekonom Schneider von 
Rittershof so schwer getroffen, daß es, nachdem es 
noch eine Strecke gelaufen war, verendete. 
In den 36 Pfennigsparbüchsen im Bezirks 
amt Homburng wurden während des abgelaufe⸗ 
nen Jahres 36,000 Mt. eingelegt. 
Am Samstag Abend wurde zu Pirma— 
sens der Schuhhändler Lingelbach, wegen Ver⸗ 
dachts den neulich hier verübten Postdiebstahl be⸗ 
zangen zu haben, verhaftet. (Pf. J.) 
Kalserslautern. Die Gasanstalt zahlt 
pro 1882 32 Mt. pro Aktie, also 1690 Dividende. 
SDie Hilfsgelder für die Hochwaß 
erbeschädigten in der Pfalz sind nun voi 
dem hierzu berufen gewesenen Centralkomité bis 
zuf einen Rest von 5185 Mk. 86 Pfg. zur Ver⸗ 
heilung gelangt. Letzteren Betrag hat man dem 
Zerrn Regierungspräsidenten nebst den aufgelaufenen 
zinsen wieder zur Verfügung gestellt. Herr von 
Zraun hat diese Restsumme in sehr glücklicher Weise 
Ferwendet, indem er dieselbe als Hilfsfonds zur 
augenblicklichen Linderung in zukünftig entsteheuden 
Nothfällen anlegen ließ. 
Gutem Vernehmen nach finden in kurzer 
Zeit folgende Versetzungen von pfälz. Bahn⸗ 
sof⸗Verwaltern statt: Verwalter Lattermann 
don Ludwigshafen nach Speher; Köhler von Hom⸗ 
burg nach Ludwigshafen; A. Köhler von Winden 
rach Homburg; Danner von Wörth nach Winden; 
Rudel von Freinsheim nach Worth; Feindel von 
Böbl nach Freinsbeim. 
Vermischtes. 
Ginrichtung) Se. Maj. der König 
haben das vom Schwurgericht Amberg unterm 
30. Ollober v. J. gegen den 41jährigen verwit— 
veien Gürtler Michaei Reithner von Kemnathen 
pegen Gattenmords gefällte Todesurtheil bestätigt. 
Fgz wird demnach in den nächsten Tagen der Hin— 
richtungsact durch den Munchener Nachrichter Kiß 
linger vollstreckt werden 
Saarbrücken, 26. Januar. In der 
zeutigen Sitzung der Strafkammer des hiesigen 
Königl. Landgerichts wurde verhandelt gegen den 
sedalteur des „Reunkircher Tageblatts“, Johann 
Weber von da, der angeklagt war, am 2. Juli 
IJ. in Nr. 150 der genannten Zeitung unter 
poutische Rundschau“ in einem aus einem Berliner 
Flatte übernommenen Artikel durch Behauptung 
nicht erweislich wahrer Thatsachen, womit der 
hreußischen Militärverwaltung in höchst unwürdigen 
Worien der Vorwurf gemacht wird, als habe die⸗ 
selbe absichtlich den des Verbrechens der Erpressuug 
angeklagten adeligen Hauptmann v. Schleinitz ent⸗ 
schlupfen lassen, und somit diese Behörde verächtlich 
gemacht und in der öffentlichen Meinung herabge— 
würdigt zu haben; die Enischuldigung des Ange⸗ 
klagten, als habe er als Redakteur von dem betr. 
Arlikel im Drang der Geschäfte keine Kenninis be⸗ 
kommen, fand selbstverständlich gar keinen Glauben 
ein Antrag auf Vertagung zur Beweisführung über 
anerhebliche Thatsachen wurde durch Gerichtsbeschluß 
abgelehnt, und es erfolgte die Verurtheilung zu 
einer direkten Gefängnißsirafe von 2 Monaten. 
(S. u. Bl.-Ztg.) 
Saarbrücken, 28. Januar. Der Verkeht 
nuf dem Saarkanal via Saargemünd belief sich im 
»ergangenen Halbjahre auf 1883 Schiffe mit 
3,797,720 Centner Kohlen, Holz, Eisenröhren, 
Dachziegel, Roheisen, Flaschen ꝛc. nach dem Elsaß 
ind Frankreich und auf 239 Schiffe mit 671,280 
Fentner Getreide, Schlacken, Kiesel, Eisenerz, Kall⸗ 
teine, Holz, Sand, Kreide und Glasscherben au 
Frankreich und dem Elsaß nach Brebach, Saar 
Frücken, Burhach und Louisenthal, wobingegen in 
leichen Semester des Vorjahres 2091 Schiffe mit 
3,952,140 Centner nach dem Elsaß und Frankreich 
und 193 Schiffe mit 581,320 Centner von eben⸗ 
‚aher auf dem Kanale verkehrten. Es ergiebt sich 
sonach im vergangenen Semester eine Minderaus— 
uhr von 154,480 Centner gegen den gleichen 
Zeitraum des Vorjahres, welche hauptsächlich der 
Monate anhaltenden Kanalsperre zuzuschreiben 
sein dürfte. Selbstverständlich fielen die auf der 
Wasserstraße weniger transportirten Quantitäter 
dem Schienenwege zu. 
Gugstettener Eisenbahnunglüt 
In den setzten Tagen hat die Thätigkeit der Kom 
mission zur Entschädigung der durch das Hugstette 
zer Eisenbahn⸗Unglück Betroffenen ihr Ende erreich 
36 Personen haben Rentenbezüge erhalten und zwe 
bdis zur Höhe von 2400 Mk. Im Ganzen wurde 
167 386 Mt. 74 Pfg. bezahlt. Das höchste Kapite 
velches gewährt wurde, belief sich auf 25,000 9 
In acht Fällen mußten die Gerichte entscheide 
velche sich, wie ja wohl noch in aller Erinnerun 
st, zu Gunsten der badischen Bahnverwaltung au⸗ 
prachen. 7 Prozesse sind noch in der Schweb 
Was nun die freiwilligen Gaben betrifft, derr 
Vertheilung der obgenannten Kommission ebenfal 
oblag, so bezifferten sich diese auf 35,697 Moe 
z0 Pfg. Davon sind erit verausgabt 13.232 9 
16 Pfennig. 
TKreuznach. Der Ausbau der Reich 
telegraphenlinien schreitet von Jahr zu Jahr weit 
voran, und die Maschen des Spinnwebennetzes vi 
deitungsdräthen, mit welchem der große Spinn 
Stephan unser deutsches Reich überzieht, werd 
immer enger. Für das kommende Etatsjahr fi 
wieder 919 Telegraphen⸗Neuanlagen in Aussi 
genommen worden, durch welche im Ganzen 8 
SOrte, welche bisher noch der Wohlthat einer 
Iraphischen Verbindung entbehrten, in das Leitun 
netz hineingezogen und mit Morse⸗Apparaten 6 
Fernsprechern ausgerüstet werden sollen. 
4CErtappte WallnußDiebe.) 
einem Dorfe in der Nähe Detmolds wurde di 
Tage ein mächtiger Wallnußbaum gefällt und 
agi, wobei man in seinem Innern an einer ho⸗ 
Zeile eine Menge Wallnüsse vorfand, fast! 
Scheffel. Der Baum, der im vorigen Jahre 
jettagen hatte, war in kurzer Zeit eines gre⸗ 
Theiles der Früchte beraubt gewesen. Der Bej 
glaubte damals, sie seien gestohlen, waͤhrend es 
Jun herausstellt, daß ....Eichhöruchen die! 
wender sind. 
pLudwigslust, 24. Jannar. Ueber 
Massenvergiftung wird uns Folgendes berichtet: 
Züblow, einem Dorfe bei Ludwigslust in Mel 
burg, fand am zweiten Weihnachtsfeiertagt 
Tanzbergnügen statt, das für die Betheiligten 
schrecklichen Folgen sein sollte. Bereits einige Tagt 
em Verqnügen stellte sich bei Vielen ein Unwoh