Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
er „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich füunfmal: Am Montag, Dienstag, Dounnerstag, Tarétag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltung
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 4, NReclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 193.
Sonntag 5. Oktober 1884. 19. Jahrg.
—M—
Volitische Uebersicht.
Gelegentlich der jüngsthin in Polen stattgehabten
taiser⸗Begegnung standen die drei Kaiser in
emeinsamer Unterhaltung. Während derselben Zeit
interhielt die Kaiserin von Rußland sich mit Fuͤrst
ziemarck. Als dabei ihr Blick auf die Kaisergruppe
el, bemerkte sie zu dem Fürsten mit bewegtem
Tone: „Wie glücklich bin ich über dieses Zusammen⸗
tehen der drei Fürsten, es hätte schon längst ge—
chehen sein müssen und sollte immer so bleiben.“
der Reichskanzler antwortete darauf: „Eure Ma—
zstät dürfen überzeugt sein, daß es meine Lebens⸗
uufgabe ist, diesem Wunsche Erfüllung zu sichern;
ind sollte dies einmal durch unabwendbare Ver⸗
ältnisse nicht möglich sein, dann wird mich die
deugestaltung nicht mehr als Minister sehen.“
In der egyptischen Angelegenheit
heint sich Italien, obgleich es, wenn auch in mil⸗
erer Form, ebenfalls gegen die Verletzung des Li⸗
uidationsgesetzes protestirte, nun doch auf die Seite
englands zu stellen. Es verdient hiervon Notiz
enommen zu werden für den Fall, als man in
dom wieder Klagen darüber erheben sollte, daß die
ordmächte Italien bei Seite schieben. Englischer⸗
its hat man diese Gelegenheit wieder einmal dazu
enutzt, um eine Danksagung an Italien zu richten,
zelche wohl keinen anderen Zweck hat, als dazu
eizutragen, daß der Glaube an die Trennung
taliens von den Nordmächten sich in weiteren
kreisen befestige und hierdurch dieser Trennung
gorschub geleistet werde.
Oeutsches Reich.
Berlin, 2 Okt. Wie der „Nat.“Ztig.“ mit⸗
erheilt wird, soll Fürst Bismarck auf die Einwen⸗
ungen des Herrn v. Goßler gegen die Ernennung
zchweningers zum Professor an der Berliner Uni—
erxsitat gesagt haben: „Wenn Schweninger nach
Nünchen geht, gehe ich mit. Nun machen Sie,
»as Sie wollen.“ Daraufhin wäre die Ernennung
ooslzogen worden.
Ausland.
Pest, 2. Okt. Große Heiterkeit erregte bei
Verifilation der Wohlprotokolle, daß der Abge⸗
rdnete Roth statt der Wahlprotokolle die Rechnung
ir das den Wählern gegebene Bankett aus Ver—
hen einreichte. — Heuie forderte Otto Herman
om Alterspräsidenten Aufklärung über den Vor⸗
ang und Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher
Versehen“.
Warschau, 30. Sept. Der Kaiser, als er,
us Linbochinek zurückkehrend, den Warschauer
ahnhof auf der Tour nach St. Petersburg pas-
tte, hat, sich den Generalen und den Chefs der
inzelnen Truppentheile zuwendend, vielen derselben
e Hand gereicht und für die Manöver gedankt.
ym Präsidenten des Gerichtshofes, Trachimowsti,
igte der Kaiser: „Ich bin sehr froh, daß Ich vom
eneralgouverneur so viel des Guten über alle im
jzarthum Polen wirkende Russen vernommen
abe.“ Vor dem Kurator des Lehrbezirks, Apuichin,
then bleibend, reichle der Kaiser ihm die Hand
nd sagte: „Ich habe einige Ihrer Schulen gesehen
nd bedaure nicht mehr gesehen zu haben.“ Jetzt
e Ich Mich selbst davon überzeugt, daß die
inder rein und gut russisch sprechen.
London, 2. Oklt. Reuter's Bureau meldet
Wadibalfa: Alle dolitischen Gefangenen in
21
Dongola wurden vom Mudir in Gegenwart eines
englischen Offiziers in Freiheit gesetzt.
kokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 4. Okt. Heute Mittag 11
Uhr 57 Min. traf mittelst Extrazuges S. Exz. der
gl. Finanzminister von Riedel hier ein. In
Zegleitung desselben befanden sich, wie wir verneh⸗
nen, Herr Direktor Laval und Herr Kommerzien⸗
ath und Landtags ⸗Abg. Dr. Clemm aus Lud⸗
oigshafen, denen sich hier noch die Herren Reichs⸗
ath Gustav v. Krämer, Bergmeister Günther,
Ibereinfahrer Hüttenkofer, Cassierer Huber
ind Knappschaftsarzt Dr. Bartholomae anschlossen.
der Besuch des Herrn Finanzministers galt zunächst
er kgl. Grube. Darnach folgte eine Besichtigung
es strämer'schen Eisenwerkes. Wie wir weiter
jören wird S. Erz. alsdann bei Herrn Reichsrath
don Krämer das Diner einnehmen und gegen 4 Uhr
unsere Stadt wieder per Extrazug verlassen.
— Limbach, 1. Okt. Am 29. September
vurde in der Blies zwischen Niederbexbach und
dimbach nach einem Kind gesucht, welches vor
tlichen Wochen geboren und von seiner Rabenmutter,
iner ledigen Dienstmagd in Niederberbach, gleich
nach der Geburt in jenen Bach geworfen worden
ein soll. Die betreffende Person hat dem Verneh⸗
nen nach der Gendarmerie in Niederbexbach voll-
ommenes Geständniß abgelegt und wurde sogleich
»erhaftet. Das Kind haf man bis dato noch nicht
zefunden.
— Haschbach am Glan, 1. Okt. Heute
hormittag zwischen 10 und 11 Uhr wurden die
Zewohner unseres Ortes durch Feuerlärm erschreckt.
z8 brannte in den Gebäulichkeiten des Ackerers und
AII
ind Stall wurden ein Raub der Flammen. Wie
erlautet ist nichts versichert. Entstehungsursache
inbekannt. (K. 3.)
— Dürkheim, 1. Okt. Gestern wurden
vie das hiesige Polizeikommissariat ausschreibt, auf
»em hiesigen Jahrmarkt einer augehaltenen Person
olgende Gegenstände abgenommen: 1) Eine schwere
joldene Uhr, 18 Grad mit dem Nro. 18783 und
59894, Werth zirka 200 Mt., 2) zwei Damenuhren,
) sieben Uhrketten, 4) ein silberner Zahnstocher, 5)
in goldener Bleihalter. Wer über diese Gegen⸗—
lände, die voraussichtlich gestohlen sind, Auskunft
jeben kann, wird ersucht, dies bei der zuständigen
Zehörde zu thun. (Fr. T.)
— Oppau, 1. Okt. Eine schreckliche Rohheit
erübten in der vergangenen Nacht die beiden
dohlengräber Peter Bittermann, 25 Jahre alt und
zranz Zott, 28 Jahre alt, an dem hiesigen Poli—
ridiener Kraus. Die beiden Burschen haben schon
eit lungerer Zeit einen unversöhnlichen Haß gegen
en Polizeidiener, weil er sie vor Jahr und Tag
xototollirte und schon längst trachteten sie darnach,
em Manne schädlich zu sein. Heute Nacht bot
ich die Gelegenheit, daß sie dem Polizeidiener allein
n der Nähe der Kirche (Marktplatz) begegneten und
hu überfielen. Zott gab ihm einige Messerstiche,
vorauf Kraus den Säbel zog, den er jedoch infolge
ines auf die Hände erhaltenen Schlages fallen
assen mußte und der so von Bittermann ergriffen
opurde, der damit zu einem Schlage ausholte und
em Angegriffenen einen schweren Hieb über die
Ztirn beibrachte; die Dienstmütze hielt den Schlag
metwas ab, sonst müßte der Tod infolge dieses
iebes schon eingetreten sein. Der Schwerverletzte
ill kaum Hoffnung auf Erhaltung seines Lebens
geben und fürchtete man heute Mittag schon den
eintretenden Tod. Die beiden Uebelthäter wurden
zeute geschlossen in Untersuchungshaft gebracht.
— Speyer, 2. Okt. Herr Heinrich Hil⸗
Jard Gillard) weilt gegenwärtig mit Frau Ge⸗
nahlin in unserer Stadt. Dieselben besuchten am
estrigen Tage mit Herrn Pfarrer Scherer die
Diakonissen-Anstalt. Wie man hört hätte der edle
Nenschenfreund abermals 10,000 Mark für das,
Ddiakonissenhaus gespendet.
Vermischtes.
Neunkirchen, 3. Okt. Die technisch⸗
vissenschaftliche Abtheilung der Schlagwetter⸗
dommission, bestehend aus etwa Iĩs Herren,
tattete heute der Grube König einen längeren Be—
uch ab; es waren außer Herrn Geh. Bergrath
dauchecorne aus Berlin, noch mehrere hoͤhere
dönigliche Bergbeamte, sowie verschiedene Direktoren
„on Privatgruben aus dem Rheinland und West⸗
halen erschienen. Die Bersuche erstreckten sich auf
ie Entzündung von Kohlenstaub durch Spreng⸗
chüsse, um den Grad der Gefährlichkeit des bei
tarler Ansammlung bekanntlich explosiv wirkenden
dohlenstaubes zu erproben; die nöthigen Quantitäten
ieses Explosionsmaterials hat man aus westphä⸗
ischen und andern Gruben herbefördert. Die Ver⸗
uche wurden gemäß der Anweisungen des Berg-
issessors a. D. Hilt in Aachen ausgeführt, der unseres
Wissens zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit auf
die Wichtigkeit derartiger Erperimente gelenkt hat;
zeleitet wurden fie von Herrn Berginspektor Marg⸗
zraf hierselbst. Sämmtliche Anwesende folgten den
nteressanten Versuchen mit ungetheilter Aufmerk⸗
amkeit und verließen die Grube unter den Aeuße⸗
ungen vollster Befriedigung durch das Gesehene.
F Mannheim, 2. Okt. Soeben ist bei der
jiefigen Handelskammer die Nachricht eingetroffen,
aß der Staatsfekretär Dr. Stephan den sofortigen
Bau der Telephonanlage Frankfurt a. M.⸗Mann⸗
jeim gegen jährlich 3000 Mk. Abonnementsgebühr
gene hmigt hat.
f Kassel, 2. Okt. Ein großes Brandunglück
jat in Altenstadt (Woifhagen) stattgefunden. 20
Bebäude mit allen Fruchtvorräthen sind niederge⸗
srannt. Der Schaden ist bedeutend.
FEGer Jäger als Wetterprophet.)
Weit früher als sonst ließ sich, der „Neuen Freien
gresse“ zufolge, heuer der Brunstschrei des Hirsches
ernehmen, das Anzeichen — wie alte Jäger be⸗
räftigen — eines strengen Winters.
Fæ Paris, 1. Okt. Ein schrecklliches Familien⸗
rama spielte sich vorgestern Abend in dem Hause
ser. 3 der Rue de Meaux ab. Ein Deutscher, C.,
ehrte zur Essensstunde heim und fand seinen
S„chwager, mit dem er auf gespanntem Fuße lebte,
n Unterhaltung mit seiner Frau. In heftiger
sornesaufwallung ließ sich C. zu Schmähreden hin⸗
ꝛißen, über welche Frau C. so sehr außer sich ge⸗
eth, daß sie ein Messer vom Tisch ergriff und
asselbe ihrem Gatten ins Gesicht warf, ihm da⸗
urch eine Wunde an der Nase zufügend. Der
zerwundete griff nun gleichfalls nach einem Messer
ind die über ihre That und das Aussehen und
zebahren des Gatten erschrockene Frau fluͤchtete sich
zurch das Fenster. C. warf seine Waffe von sich
ind eilte nach dem Fenster, um die Unglücliche
urückzuhalten, die sich nur noch an einigen vor
»emselben angebrachten Waschleinen hielt. Die
Baschleinen rissen und beide Ehegatten stürzten aus
er Höhe des dritten Stockwerks auf die Straße.