Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
* „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstagg, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltung 
Jatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 M 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 75 , einschließli a 
d ⸗ Zustellunabgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmendzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I35 A, Neclamen 30 8. Bei amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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M 19094. 
19. Jahrg. 
ν 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
XVO 
eutsche Molkerei⸗Ausstel lung gibt ein 
zr vollständiges Bild von allem, was auf diesem 
esammtgebiete eines der wichtigsten Theile der 
andwirthschaft geleistet wird, einschließlich der dazu 
ehörigen Geräthschaften, der einschlägigen Literatur, 
atistischer Hilfsmittel u. s. w. Alle deutschen Pro⸗ 
inzen und Länder sind so ziemlich gleichmäßig und 
ahlteich vertreten. Ganz befonders erfreulich ist 
uch die so überaus stattliche Betheiligung der 
euen Reichslande, besonders in einer ihrer land⸗ 
hirthschaftlichen Spezialitäten, der Erzeugung von 
dahm · (Schachtel⸗) Kasen. Uebrigens reichen die 
tinsendungen zur Ausstellung ganz erheblich über 
ie Grenzen der Staaten des Deutschen Reiches 
inaus, denn man findet da beschickt: Frankreich, 
Jesterreich Ungarn (namentlich Tyrol, Vorarlberg), 
ie Schweiz, Dänemark. Aus Württemberg und 
zaden hat eine große Anzahl Wirthschaften in den 
ihtheilungen: frische Butler, gesalzene Butter, Schmalz 
ind Käse ausgestellt. 
Ausland. 
Wien, 4. Oklt. Das sonst gut unterrichtete 
Oesterreichische Handelsjournal“ meldet, in Skier⸗ 
ewiece hätten Bismarck und Kalnoky prinzipiell 
in Zollbundniß von 1890 ab vereinbart, worin 
mier Rußlands Zustimmung die Balkanstaaten ein⸗ 
ezogen würden. 
Paris, 4. Okt. Das „Journal officiel“ 
eroffentlicht ein Dekret, welches die Kammern auf 
en 14. Oktober einberuft. — Offiziel wird aus 
ongking gemeldet: General Brioͤre ergriff, nach— 
em er von einer Angriffsbewegung der zwischen 
alle und Langson lagernden chinesischen Truppen 
enntniß erhalten hatte, sofort Maßregeln, den 
reind zurückzuweisen. Drei Kanonenbooie, welche 
ur Recognoscirung des Lochnan-Thales entsendet 
urden, geriethen mit 4000 Chinesen ins Gefecht 
ind brachten denselben erhebliche Verluste bei. Der 
Jerlust der Franzosen war: 21 Matrosen und 10 
ʒoldalen verwundet. Der Kapitän des Kanonen⸗ 
wotes „Massue“ getödtet. Die Chinesen werden 
tdauernd zurückgedrängt. 
Bern, 4. Okt. Der Bundesrath beschloß 
e durch bestehende Conventionalzolltarife für ein— 
eine Staaten ermäßigten Zollansätze gegenüber 
llen Staaten anzuwenden. 
Kopenhagen, 8. Olt. Um 422 Uhr Nach- 
uttags brach im hiesigen Schlosse Christiansburg 
uer aus. Der Rittersaal ist verloren, wahrschein- 
dauch die Reichstags-Lokalitäten; die königlüche 
salereisammlung wird hoffentlich gerettet. — Schloß 
hristiansburg ist vollständig zerftört. Die Gemalde— 
ammlung und mehrere Kostbarkeiten sind gerettet. 
s Feuer dauert fort, das Weiter ist stid die 
Stadt ist nicht bedroht. Die Besatzung eines rus⸗ 
Kriegsschiffes betheiligte sich an den Rettungs- 
en. 
Rom, 4. Okt. Ein Hirtenbrief des Cardinals 
‚arocchi erklärt die von den Exprälaten Campello 
ind Sabarese hier gegruͤndete lalholische Kiche al⸗ 
ine ketzerische, gleich jener des Paters Hyacinthe, 
n welcher die erstere eine Nachbildung sei. Der 
sirtenbrief verbietet den Diözesanen unter Androh⸗ 
ing der höheren Erkommunikation, sich derselben 
mzuschließen und den Ceremonien beizuwohnen. 
London, 4. Okt. Fur nächsten Dienftag ist 
ßabinetsrath anberaumt worden. Graf 
Herbert Bismarcdk ist von Schottland hierher zurück⸗ 
gekehrt. 
nachdem sie in dem a Stunde von hier gelegenen 
Orte Mundenheim konzertirt hatte, von einer Harfen⸗ 
pielerin begleitet, um 11 Uhr nach Hause gehen 
wollte, wurde sie unterwegs von Strolchen über⸗ 
allen und übel zugerichtet. Während dieselben sich 
»er Mädchen vergeblich zu bemächtigen suchten, 
amen jedoch Leute herbei, worauf die Unholde ent⸗ 
lohen uͤnd jene so noch rechtzeitig den Klauen der— 
elben entkainen. Der Gendarmerie wurde sofort 
Anzeige erstattet. 
Eokale und pfaälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 6. Okt. Die in der Nacht 
»on Samstag auf Sonntag stattgehabte Mond⸗ 
insterniß konnte mit bloßem Auge in ihrem 
zanzen Verlaufe sehr gut beobachtet werden. Von 
)er östlichen Seite beginnend legte sich von 8 Uhr 
ib der dunkle Schatten der Erde allmälig über die 
janze Mondscheibe; gegen 10 Uhr war dieselbe 
yöllig verfinstert. Erst nach Mitternacht enischleierte 
ich die Mondscheibe allmälig wieder. 
*— Als Selten heitin der jetzigen Jahreszeit 
vurde uns gestern ein Sträußchen blühender 
ind reifer Walderdbeeren gezeigt, dem sich 
ils weitere Gabe sommerlicher Temperatur ein 
Sträußchen angenehm duftender Veilchen anschloß. 
*— Der am letzten Freitag hier und in der 
Umgegend beobachtete Luftballon ist am gleichen 
Tage Nachmittags in Westheim bei Speyer nie⸗ 
dergegangen. Die Insassen des Ballons, 2 vor⸗ 
lehme Franzosen, bekamen, als sie bei Westheim 
as ihnen unbekannte große Wasser, den Rhein, 
vor sich sahen, Furcht vor einem möglichen unfrei⸗ 
villigen kalten Bade in demselben und suchten darum 
joch diesseits desselben ihren Niedergang zu bewerk⸗ 
telligen. Sie warfen ihren Anker aus, der auch 
ald an einem Baume hängen blieb. Den beiden 
herren Franzosen war es nun leicht, den Nieder⸗ 
sang des Ballons zu ermöglichen und der Gondel 
u entsteigen. In Schaaren waren unterdessen die 
zewohner Westheims herbeigeströmt, um das Wun⸗ 
er zu sehen. Leider aber konnte sich außer einer 
dehrerstochter, die nothdürftig französisch parlieren 
onnte und die man darum schnell herbei holte, Niemand 
nit den beiden fremden Ankömmlingen unterhalten. 
den Eigenthümern des Baumes und der umliegen⸗ 
en Grundstücke ließen die Herren für den durch 
»en Niedergang des Ballons verursachten Schaden 
ine Entschädigung anbieten, die aber dankend ab— 
gelehnt wurde. Aus Freude über den glücklichen 
Verlauf ihrer Fahrt regalirten die Franzosen hier⸗ 
uuf die Bewohner Westheims mit mehreren Fäßchen 
Bier. Am Samstag fuhren dieselben per Bahn über 
Ztraßburg nach Paris zurück, ihren Ballon, der 
nit den dazugehörigen Requisiten ein Gewicht von 
3 Zentnern hatte, auf dem gleichen Wege heimbe⸗ 
ördernd. 
X Ist durch strafbaren Widerstand gegen einen 
Forst⸗ oder Jagdbeamten eine Körperverletzung des⸗ 
elben verursacht worden, so ist nach 8 118 des 
St.G.⸗B. auf Zuchthaus bis zu 10 Jahren zu 
rkennen. Unter „Körperverlezung“ im Sinne 
ieser Bestimmung fällt nach einem Urtheile des 
Keichsgerichts, 2. Strafsenats, vom 1. Juli 1884 
ede körperliche Mißhandlung oder Gesundheits⸗ 
eschädigung, also auch Schläge, welche dem Gemiß⸗ 
andelten Schmerzen verursachen, ohne eine Ver⸗ 
etzung der Haut oder eines unter der Haut befind⸗ 
ichen Körpertheils herbeizuführen. 
— Rheinzabern, 2. Okt. Heute Morgen 
reignete sich ein sehr bedauernswerther Unfall. 
Der 10jährige Werling fiel beim Nüssestappeln von 
inem Baum und brach einen Arm derart, daß die 
dnochen am Ellbogen fingerslang hervorragten. Die 
zlechsen an der Handwurzel waren abgesprungen. 
Das Gesicht des Knaben ist außerdem gehörig auf⸗ 
geschwollen. (L. T.) 
— Ludwigshafen, 2. Okt. Als gestern 
Abend eine Chansonettensängerin von Mannheim, 
Vermischtes. 
pRüdesheim, 2. Okt. Die Niederwald⸗ 
ahnradbahn hat im Monat September ca. 60,000 
Personen befördert und eine Einnahme von 88,000 
Mark erzielt. Die Zahl der Personen ist der im 
Monat August so ziemlich gleich geblieben, dagegen 
eträgt die Einnahme im September etwa 3000 
Mark weniger. Seit dem 1. Juni bis Ende Sep-⸗ 
ember haben ungefähr 220,000 Personen die 
Niederwaldbahn befahren. Der Verkehr auf der 
Zahn ist noch immer fortwährend sehr lebhaft. 
hestern hat die Verwaltung einen neuen Wagen 
n Betrieb gestellt, der durch seine Glaswände bei 
ingünstiger Witterung angenehmen Schutz gewährt, 
ohne die prachtvolle Aussicht nur im geringsten zu 
ceinträchtigen. Vor dem Stationsgebäude wird 
etzt zur großen Annehmlichkeit der Fremden eine 
iberdeckte Einsteighalle errichtet. 
Greiz, 5. Okt. Vor einigen Tagen hat 
ich hier ein gräßliches Unglück zugetragen. In 
Hem an die Stadt angrenzenden fürstlichen Wild⸗ 
vark werden außer anderem Hochwild auch zwei 
zahme“ ungarische Hirsche gehalten, die schon oft 
rotz ihrer „Zahmheit“ Angriffe auf Menschen ge⸗ 
nacht haben, ohne daß man sich veranlaßt gesehen 
zätte, diese Thiere zu beseitigen. Ein bejahrter 
Waldarbeiter wurde nun von einem dieser Hirsche, 
ie jetzt während der Brunstzeit besonders bösartig 
ind, 'in schrecklicher Weise verletzt und getödtet. 
dem armen Manne wurde die Hirnschale 
erschmettert, ein Auge ausgestoßen, der Bauch 
uufgeschlitzt und die Gedärme herausgerissen, sowie 
in Oberschenkel und die Lunge durch Geweihstöße 
chwer verletzt. 
* Der Maler Hans Makart ist am 3. do. 
Mitz. in Wien in der Vollkraft seiner Jahre ge— 
korben. Die Leiche wurde am Sonntag Nach— 
nittag in seinem Atelier aufgebahrt, welches der 
Zunsimäcen Dumba für 120,000 Gulden ankauft. 
Makart wurde am 18. Mai 1840 zu Salzburg 
jeboren und hatte mithin erst das vierundvierzigste 
debensjahr erreicht. Eine Gehirnhautentzündung 
nachte seinem Leben ein Ende. — Um den aus⸗ 
andischen Deputationen Zeit zum Eintreffen zu ge⸗ 
vahren, wurde die Leichenfeier Makart's auf Mon⸗ 
ag 3 Uhr Nachmittags festgesetzt. 
GEin spanischer Rinaldo Rinal⸗ 
dini.) Die Stadt Narbonne (25,000 Einwohner) 
ind das ganze Departement Aude an der franzö⸗ 
isch⸗spanischen Grenze sind in namenlosen Schrechen 
ersetzt durch die Greuelthaten des ploͤßlich aufge⸗ 
auchten spanischen Räuberhauptmanns Campilla. 
rdeute wurden vor den Thoren der Stadt ausge⸗ 
aubt, zwei Gendarmen sind bereits im Kampfe 
jegen ihn gefallen. In dem kleinen Badestädtchen 
Ax brannte er 9 Häuser nieder. 
Eine sonderbare Rache, wird vom 
zap der guten Hoffnung berichtet. Ein dortiger 
Zolonist besaß einen malayischen Sklaven, der sich 
urch Fleiß und Treue ganz besonders auszeichnete.