Full text: St. Ingberter Anzeiger

en, das bald in eine sehr böse Krankheit ausartete. 
nler den heftigsten Schmerzen liegen die Kranken 
eren Zahl bereits auf 40 gestiegen sein soll, hoff⸗ 
ungslos darnieder, ohne daß die Aerzte, die den 
grund der Krankheit noch nicht kennen, Hilfe bringen 
nnen. Man vermuthet eine Massenvergiftung 
n ist die Behörde bereits eingeschritten. Im 
veiteren Verlaufe der Massenerkrankung kann ich 
gIhnen mittheilen, daß bis heute 8 junge Mädchen 
Frreits gestorben sind. Alle drei Maädchen standen 
g der Blüthe der Jahre, eines derselben wurde 
am vergangenen Jahre konfirmirt. Wie verlautet, 
ollen die Leichen secirt werden, um den Grund 
Krankheit feststellen zu können. Viele Kranke 
iegen bis jetzt hoffnungslos und ist wenig Aussicht 
in ihr Aufkommen vorhanden. Einige derselben 
jaben bereits das Gehör verloren, sind stark ge⸗ 
chwollen und phantasiren. Ein Hombopath ver⸗ 
ucht seit einigen Tagen auch seine Kunst bei den 
Franken, ob mit Erfolg, läßt sich noch nicht fest⸗ 
deslsen. Ein Gefühl der Hülflosigkeit beschleicht 
inen, wenn man am Krankenlager dieser Armen 
feht, gerne helfen möchte und doch nicht helfen 
ann. Von amtlicher Seite wird sehr strenge ge— 
jorscht, mehrere neue Verhöre haben stattgefunden. 
f Unsere Zeit bringt doch manche 
dinge zur Welt, die man für schlechtweg un⸗ 
nöglich halten sollte. In einer deutschen Stadt 
Leipzig) bei einer deutschen Verlags⸗Buchhandlung 
rrscheint eine Broschüre: „Was soll mit Elsaß⸗ 
dothringen werden?“ Der Verfasser kommt allen 
FErnstes zu dem Schlusse, daß Deutschland die 
steichslande wieder herausgeben solle, damit sich 
dieselben als neutraler Staat zwischen Deutschland 
und Frankreich konstituieren. Die Festungswerke 
»on Straßburg und Mez sollen geschleift werden. 
Als Aequivalent auch Belforts Werke niedergelegt 
verden, auch ist der Verfasser patriotisch genug, 
den französischen Truppen den Eintritt in Elsaß⸗ 
dothringen unbedingt zu verbieten; natürlich werden 
nuch die deutschen Truppen zurückgezogen. Ferner 
soll es Elsaß-Lothringen freistehen, sich entweder 
dem deutschen oder dem französischen Zoll⸗ und 
dandelsgebiet anzuschließen. Wenn es schon schnur⸗ 
age Käuze geben muß, so ist es doch bedauerlich, 
daß dieselben Gelegenheit haben können, schöne 
Druckerschwärze auf so schmähliche Weise zu ver⸗ 
zeuden. 
f(CEine unfreiwillige Fahrt vper 
Ertrazug.) Von Andernach aus wird dem 
„Echo des Siebengeb.“ folgende unfreiwillige Fahrt 
ber Extrazug erzählt, die ihre recht komische Seite 
jat. Ein Handelsmann aus Oberwesel war nach 
Andernach gereist, um dort Geschäfte zu machen. 
Nachdem diese glücklich erledigt, begibt sich der 
Reisende vergnügt zum Bahnhof, um mit dem 
nächsten Zuge heimzureisen. Während er, auf dem 
Perron sitzend, diesen erwartet, braust eine Loko⸗ 
motive in den Bahnhof. Maschinist und Bremser 
tiegen ab und verschwinden in Wartesaal. Unser 
Reisender benutzt die Gelegenheit, um sich so ein 
Dampfroß einmal recht gründlich zu betrachten; er 
beschaut die linke, er beschaut die rechte Seite, er 
besieht sich das Ding von hinten und von vorn, 
faßt es vorsichtich bald hier, bald dort einmal an, 
ja er wagt es sogar, das Ungeheuer zu besteigen, 
im es auch im Innern in Augenschein nehmen 
zu können. Die Neugierde treibt ihn, hier ein 
Schräubchen und dort einen Griff zu berühren, und 
— plötzlich bekommt das Roß unter ihm Leben, 
und ehe er noch weiß, wie ihm geschieht, husch, 
cast es mit ihm von dannen. Wie weit es den 
iberraschten und plötzlich bis in tiefster Seele er⸗ 
schrockenen Mann getragen, wissen wir nicht, das 
aber wissen wir: ein Unglück kam nicht vor, aber 
die unfreiwillige Extrafahrt hat den Wissensdurstigen 
wie verlautet, 1800 Mk. gekostet, und er hat ge⸗ 
schworen, in seinem Leben nimmermehr den Fuß 
auf ein so heimtückisches Ding zu setzen. 
* Dr. Stephan hat eine Beschränkung und 
Reuregelung des Post- und Telegraphendienstes an 
Sonntagen und Feiertagen angeordnet. Die Ver⸗ 
ordnung vermindert den Sonntagsschalterdienst bei 
jämmtlichen Postanstalten des Reiches um die Stunde 
don 7—8 Uhr Nachmittags, so daß die Schalter 
demnach für das Publikum Sonntags, im Sommer 
von 7, im Winter von 8–v9 Uhr Morgens und 
bon 5—7 Uhr Nachmittags geöffnet sein werden. 
Was die Landbriefbestellung anbetrifft, so werden 
»ie einmaligen Sonntagsbestellungen, wo sie be— 
tehen, beibehalten, indessen werden die Packete da⸗ 
on ausgeschlossen, und die Landbestellung ruht am 
Lharfreitag, Bußtage, ersten Oster⸗, ersten Pfingst⸗, 
rjsten Weihnachtstage, Himmelfahrt und in kotho⸗ 
ischen Gegenden am Frohnleichnamsfeste gänzlich. 
Wien, 25. Januar. Heute wurde laut 
iner an das Landesgericht gelangten Meldung in 
Florisdorf abermals ein Polizeibeamter erschosser. 
Her Mörder wurde alsbald in Wien eingeliefert. 
rẽrzspricht norddeutschen Dialekt, verweigert aber 
ede Auskunft. Der Ermordete war der Detektiv 
rriedrich Blocech. Er wurde um 8 Uhr früh, als 
r zum Amt ging, von rückwärts erschossen. Einen 
Arbeiter, der zu Hilfe kommen wollte, verwundete 
er Mörder lebensgefährlich, endlich wurde er aber 
von Arbeitern festgenommen. Bei der Leibesvifi⸗ 
ation des Thäters wurden gefunden: zwei Flaschen 
gift, eine kiloschwere Dynamitbombe, welche nach 
em Gutachten des Technikers 200 Menschen tödten 
önnte, ferner drei Revolver und zwei Dolche. Als 
r bei der Festnahme von Arbeitern durchgeprügelt 
vurde, sagte er: „Die Gesellschaft hat mich zum 
Nörder gemacht!“ Er verweigert bis jetzt beharrlich 
»de Austunft über seine Person und sagt nur 
eim Verhör, er habe von der deutschen Anarchisten⸗ 
hzesellschaft die Mission erhalten, Blöch, welcher 
Schaffhauser verhaftete, zu tödten. 
F(Der Raubmord in Mariahilf.) 
Auch Heinrich Eisert jun. ist am Sonnabend Abend 
einen Wunden erlegen, so daß also nun drei Opfer 
des Mordattentates zu verzeichnen sein 
Gie zwölf Gebote der Vegetari— 
rner.) Der Apostel des Vegetarianismus in 
Ofen⸗Pest, Professor Weirlgäriner, hat jüngst eine 
ieses Thema in interessanter Weise behandelnde 
groschüre veröffentlicht, in welcher er das „Glau⸗ 
ensbekenntniß“ der Vegetarianer in folgende Punkte 
—E 
Zwecke, es zu essen, und wir vermeiden jeden Ge⸗ 
iuß, der einem getödteten Thiere enistammt. 2) 
infer tägliches Brot ist süß und besteht aus Samen 
Waizen, Korn, Gerste, Hafer), welchen wir mahlen 
ind baden; wir essen ferner Grütze, Reis, Erbfen, 
Fisolen (Bohnen), Linsen ꝛc.; als Assietten dient 
Abst und Zugemüse. 83) Wir vermeiden jedes 
nufreizende Gewürz als Pfeffer, Ingwer, Gewürz⸗ 
jelken, Knoblauch, Senf, Paprika ꝛc. 4) Aus die⸗ 
em Grunde sind wir selten durstig und trinken 
venig. Wir meiden die geistigen Getränke (Wein, 
hier Likor ꝛtc.) Essig, Kaffee, Thee etc. und trinken 
Wasser, mit Obstsäften oder ohne solche. 5) Wir 
neiden die nervenabstumpfenden anderen starken 
denüsse und Dämpfe, namentlich den Tabak in 
eder Gestalt. 6) Unser Hauptgrundsatz ist die 
deinheit und entsprechende Abhärtung des ganzen 
dörpers, und wir trachten, daß die Haut eine sy⸗ 
jeinatische Thätigkeit entwickle, weil diese die Haupt⸗ 
edingung des gesunden Lebens ist. 7) Wir sor⸗ 
jen dafür, daß die Luft in unseren Wohn⸗, beson⸗ 
ers Schlafräumen rein und frisch sei. 8) Wir 
estatten den Sonnenstrahlen Eiutritt in unsere 
Pohnungen, damit sie dieselben durchdringe und 
ie Luft reinige. 9 Geistige und körperliche Ar⸗ 
eit erfreut. Früh zu Bette, früh auf,“ ist unsere 
osung. 10) Mäßigkeit ist die Bedingung jedes 
erfolges. Jede Uebertreibung ist widernatürlich. 
1) Wir hüten uns vor den Giften der Arznei 
ind vor allem, was Blut und Nerven ruiniren 
ann. 12) Durch die Gesundheit des Körpers er⸗ 
nöglichen wir die Gesundheit des Gemüthes und 
heistes und herrschen wir über den Körper und 
o bietet unser Leben weit mehr Genuß als bei 
zer bisherigen blutigen Lebensweise. 
pLondon, 28. Januar. Aus allen Landes- 
heilen kommen Nachrichten über große Verwüstungen, 
velche der beispiellos heftige Orkan, welcher am 
Samstag wüthete, angerichtet hat. Von den Küsten 
vird eine große Anzahl von Schiffbrüchen gemeldet. 
In der Kohlengrube Penycraig bei Rhonda (Wales) 
and gestern eine Explosion Statt, bei welcher 11 
Bergarbeiter getödtet wurden; drei Rettungsarbeiter 
erstickten. 
Die jungen · Damen, welche im Girton⸗Kol ⸗ 
egium zu London ihre Erziehung genießen, 
purden vor einigrn Wochen durch einen blinden 
Feuerlärm in so gewaltigen Schrecen versetzt, daß 
ie sofort beschlossen, eine freiwillige Feuerwehr zu 
ilden. Die Directtice der Anstalt wendete sich, 
nachdem die Hauptfrage über das Kostume, oder 
ie Uniform, wie es die jugendlichen Feuer⸗ 
vehr⸗Frauenzimmer nennen, entschieden war, an 
dapitaͤn Shaw um die Beschaffung eines Lehrers 
wder Feuerlöschkunst, welches Ersuchen der Ehren⸗ 
herthe Feuerwehr⸗Kommandant der Metropole je⸗ 
doch höflich ablehnte. Es wurde nun ohne Ver—⸗ 
mittlung Kapitän Shaws ein Lehrer aufgenommen,. 
velcher die jungen Damen in überraschend kurzer 
Zeit einexercirte. Sie hantiren jetzt die Spritzen 
mit solchem Geschick, klettern so gewandt auf allen 
deitern und führen jedes Kommando kso präcise 
aus, daß Kapitan Shaw bei einer Inspektion dieser 
Damen⸗Feuerwehr gezwungen war, die Vortrefflich⸗ 
eit des ganzen Korps zuzugestehen und dasselbe zu 
dem erzielten Erfolge zu begluͤckwünschen. 
4 Stark romanhaft klingt die folgende Ge⸗ 
chichte, welche die „Russ. Petbg. Zeitung“ ihren 
desern zum Besten giebt; Ein Bauernweib war 
nit ihrem neugeborenen Kinde nach Petersburg 
sum Besuche ihres Mannes gekommen, der daselbst 
Is Soldat dient! Als sie hülflos durch die Straßen 
vandelt, da sie sich fürchtet, in der fremden Stadt 
Jemand anzureden und nach dem Weg zu fragen, 
sleibt plötzlich vor derselben ein prachtvoller, ge⸗ 
chlossener Wagen stehen. Das Feuster des mit 
einer Grafenkrone gezierten Wagens öffnet sich und 
ein Frauenkopf erscheint in demselben. Die Dame 
»ngagirt die Bauernfrau als Amme, giebt der 
docherfreuten ihre Adresse und läßt sich das in 
zumpen gehüllte Kind einen Augenblick in den 
Wagen reichen. Unter dem Vorwande, es sei kalt— 
chließt sie einen Moment das Fenster. Hierauf 
ziebt sie das Kind der Frau zurück. Der Wagen 
nntfernt sich und das Bauernweib tritt erfreut über 
as ihr widerfahrene Glück, ein unverhofftes En⸗ 
jagement gefunden zu haben, in eine Portierbude. 
daselbst gewahrt sie zu ihrem Schrecken, daß das 
dind todt ist. Es hatte einfach eine Verwechse— 
ung stattgefunden. Am selben Abend fand in 
inem der prächtigen Häuser im Centrum der großen 
Stadt die Taufe des gräflichen Erben statt. Die 
»em Bauernweibe gegebene Adresse war natürlich 
eine falsche. 
F GEinglücklicher Kellner.) Eine 28- 
ährige englische Miß, welche sieben Millionen Mark 
hesitzt und in einem der ersten Hotels von Mai— 
land logiert, hat sich daselbst, wie italienische 
Blätter erzählen, in einen 21jährigen hübschen 
dellner, d essen Vater ein armer, aber ehrbarer 
zandwerker ist und unweit Turin lebt, sterblich 
jerliebt und beschlossen, mit ihm in den heiligen 
Ztand der Ehe zu treten. Die Mutter des Fräu⸗ 
eins hat dies anfangs nicht zugeben wollen, da 
iber die Tochter majorenn ist, sich in das Unver⸗ 
neidliche gefügt und ist nach der lombardischen 
dapitale abgereist, um ihren zukünftigen Schwieger⸗ 
ohn kennen zu lernen. 
New⸗York, 12. Januar. Vor einigen 
Tagen wurde in der Nähe der Stadt die Leiche 
»ines muthmaßlich deutschen Mädchens, das offenbar 
rmordet und beraubt worden war, in einem Bache 
iufgefunden, und gestern ward der muthmaßliche 
Thaͤter in der Person eines Deutschen', Namens 
PBilliam Meinecke, findig gemacht und verhaftet. 
Ddas ermordete, Mädchen heißt Katie Bradschoff und 
land bei einer Frau Lissen in der 89. Straße in 
dienst. Meinecke pflegte sie dort oöfters unter dem 
stamen Mayer zu besuchen. Am Tage vor Neujahr 
jolte er sie dort auf Grund der Erklärung ab, daß 
;r sich mit ihr trauen lassen wolle. Katie nahm 
in Folge dessen alle ihre Schmucksachen und eine 
heträchtliche Summe Geldes mit. Diese wurden 
m Besitze des Meinecke gefunden und von Frau 
dissen mit voller Bestimmtheit als Katie Bradschoff's 
Figenthum identifizirt. Meinecke giebt zu, Katie 
ekannt zu haben, leugnet aber entschieden, sie ge— 
jeirathet oder ihren Tod verursacht zu haben. Mei— 
necke ist überhaupt eine übelberüchtigte Person, hat 
hereits mehrere Strafen wegen Diebstahls über⸗ 
standen und scheint noch weitere Verbrechen begangen 
zu haben. Nachdem er im vorigen Jahre aus dem 
Gefängnisse entlassen war, reiste er nach Europa, 
bvon wo er im letzten Herbst mit einer beträchtlichen 
Summe Geldes zurückkehrte. Wie er zu derselben 
gelangte, konnte noch nicht ermittelt werden. Sollte 
er vielleicht auch in Deutschland einige heiraths- 
lustige Mädchen umgebracht haben. 
F (Das Mormonenthum in Angst.) In 
der vor einigen Tagen in Salt Lake City, Utah, 
ibgehaltenen Bersammlung der Priesterschaft erklärte 
der Bischof John Sharpe, er habe neulich in Was—⸗ 
hington genug erfahren, um die Befürchtung aus— 
usprechen, daß es außer dem allmächtigen Gott 
eine Macht gebe, welche das Schiff der Mormonen 
uus den drohenden Gefahren zu retten vermöge. 
Wenn Gott das Schiff nicht lenkt,“ rief er aus, 
so muß es untergehen!“ Die Apostel Thatcher