Paris, 9. Olt. Ueber den kurzen Aufent⸗
Jalt des Grafen Herbert Bismarck in Paris bringen
Pariser Journale theilweise absurde Informationen,
sogar Unterhaltungen von Reportern mit dem
deütschen Gesandten im Haag, obgleich derselbe
natürlich keinen einzigen Reporter empfangen hat.
Daß der Sohn des Reichskanzlers hier auch poli—
ische Aufträge auszurichten hatte, ist übrigens schon
daraus ersichtlich, daß er nicht allein mit dem
Konseil Präsidenten Ferry Besuche ausgetauscht,
londern auch mit dem Direktor der politischen Ab—
heilung des Ministeriums des Aeußern, Billot,
tonferirt hat.
Nom, 6. Okt. Der Papst hat die fran—
zösische Regierung und die anderen europäischen
Mächte auf die gefährliche Lage der katholischen
Missionäre in China aufmerksam gemacht, infolge
dessen zu deren Gunsten eine Kollektivaktion vorbe—
reitet wird.
London, 7. Olt. Aus der raschen Aufein—
anderfolge zweier Kabinetssitzungen, sowie aus dem
Umstande, daß dem gestrigen Ministerrathe Sir
Robert Herbert, der permanente Unterstaatssekretär
für Kolonien, beiwohnte, folgert man, daß die Zu—
ttände in Südafrika den Gegenstand eifriger Erör⸗
terungen innerhalb der Regierungskreise bilden. —
Die Sendung Northbrook's nach Egypten hat bereits
eine diplomatische Aktion des Auswärtigen Amtes
peranlaßt. Der Minister des Aeußeren hat nämlich,
auf einen vorläufigen Bericht Northbroot's gestützt,
ein Rundschreiben an die Mächte erlassen, in wel-
chem Northbrook's aus der persönlichen Anschauung
der Verhältnisse der Fellahs und der Zustände des
Landes gewonnene Einsicht in die Lage niedergelegt
ist. Dieselbe erfordert darnach die Verminderung
der Ausgaben bei gleichzeitiger Herabsetzung der
Grundsteuer, ähnlich wie dies der Bericht det Herren
Baring und Blum seiner Zeit der Konferenz em—
ofohlen. Eine Verkürzung des Coupons bis zur
Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Budget sei
unvermeidlich, doch möglicher Weise nicht für die
Dauer nothwendig. Das Zirkular betont abermals,
es sei Englands eifrigster Wunsch, in Egypten nur
im Einvernehmen aller Mächte vorzugehen, und
durchaus keine schließlichen Vorrechte beanspruchen
zu wollen. Northbroot's Informationen erklärten
aͤbereinstimmend mit der Ansicht der englischen Re—
zierung, daß der Sudan nur eine die Kräfte Egyp—
sens erschöpfende Last sei.
Warschau, 6. Okt. Die Regierung beab—
ichtigt, 2u2 Millionen Rubel für die Schiffbar—
machung des Flusses Prypec auszugeben. Terselbe
aildet einen Nebenfluß des Dnirpr und würde nach
einer Schiffbarmachung in Verbindung mit den
dereits bestehenden Canalbauten eine direkte Ver—
einigung des Dniepr mit dem Niemen, also des
Schwarzen Meeres mit der Ostsee ermöglichen. —
Die wichtige strategische Eisenbahn von Barauovice
Stalion der Linie Moskau-Brzescze) bis Wilna
vird schon in einigen Monaten fertig werden. Bis—
her ist der Bau auf einer Strecke von 148 Werst,
auf welcher sich 34 Brücken befindet, vollendet wor—
den. Die Erdarbeiten sind schon auf drei Vierteln
der ganzen Strecke zu Stande gebracht worden.
Hanoi, 8. Okt. Ein Korps von 600 Fran—
zosen mit Artillerie, unterstützt von drei Kanonen—
hooten, schlug die Chinesen am Lochnan vollständig
nach einem sechsstündigen Gefecht. Wir haben 4
Todte, darunter einen Kapitän, und 20 Verwundete,
unter welchen ein Lieutenant. Die Franzosen ver
'olgen den Feind und dringen immer weiter vor.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingberti, 10. Okt. Wie wir hören
wird am Sonntag Nachmittag in Biebermühle
wiederholt eine nationalliberale Wählerversammlung
abgehalten werden.
*— Ein Normalstatut für die Berufs—
genossenschaften hat, wie die „Saarbr. 3.“ hört,
das Reichsbersicherungsamt ausgearbeitet. Ehe
dasselbe definitiv festgestellt wird, sollen Interessenten—
treise gutachtlich darüber gehört werden. Das
Statut wird daher allen bei der berufsgenossen-
schaftlichen Organisation betheiligten Vereinen,
Verbänden, Korporationen demnächst zur gutacht⸗
sichen Aeußerung übermittelt werden. Auch hierin
zeigt sich das Bestreben, bei der Durchführung des
Unfallgesetzes nicht „vom grünen Tische“ aus zu
dekretiren, sondern in intimster Fuhlung mit den
Interessentenkreisen und unter Mitwirkung der letz—
teren die Sozialreform ins vraktische Lehen über—
Uführen
*— Für die Kartoffelaushebezeit mag
olgender Wink dienen: Damit die Kartoffeln nach
»em Einbringen in die Keller nicht faulen oder
chwarz werden, wird empfohlen, die Kellerräume
uvor mittelst schwefliger Säure zu desinfiziren.
Man hat zu diesem Zwecke nur nöthig, in dem
deller, nachdem dessen Fenster und sonstige Oeff—
iungen vollständig verstopft sind, auf einem flachen
Zteine eine Stange Schwefel zur verbrennen oder
n größeren Räumen auch au anderen Stellen
Schwefel in Brand zu bringen, worauf man sich
Asbald aus dem Keller entfernt. Dit gasförmige
chweflige Säure (das Verbrennungsprodukt) wird
dann die ganze Luft des Raumes durchdringen und
die Keime der Fäuluißerreger vernichten. Alle
dumpfigen Keller, in denen sich immer Schimmel⸗
ind Moderpilze vorfinden, sollten auf diese Art
gereinigt werden.
*Am nächsten Sonntag findet im Café
Oberhauser ein Tanzschul⸗Schlußball statt.
Nur Eingeladene haben Zutritt.
*— Vom 22. bis 29. Oktober wird durch den
gl. Landwirthschaftslehrer Nipeiller ein theoretisch
raktischer Branntwein-Brenuerei⸗Kurs in Hütschen—
»qufen abgehalten. Kaution ähnlich wie beim
Nolkereikurs 20 Mark. Anmeldungen werden bis
um Tage vor der Eröffnung des Kurses vom k.
kektorate der Kreisrealschule in Kaiserslautern ent—
jegengenommen.
— Dem Stadtschreiber Gg. Wentzler in
zZweibrücken wurde in Rücksicht auf seine seit
50 Jahren mit Treue und Eifer geleisteten Dienste
die Ehrenmünze des Ludwigsordens verliehen.
— Dürkheim, 7. Ott. Gestern fand hier
ine Generalbersammlung des pfälzischen Bader—
»erbandes statt. Auf der Tagesordnung stand:
linwandlung des Zweigbereins in eine Innung
Berichterstaiter: Schön⸗Mußbach) und die neue
Taxordnung (Berichterstatter: Wickel-Frankenthal).
Die Innungsstatuten wurden ohne besondere Be⸗
athung in Bausch und Bogen angenommen und
der Vorsitzende beauftragt, sie der zuständigen Be⸗
—DD
jeue Taxordnung anbelängt, so glaudte der Bericht
rstatter seine Kollegen ermahnen zu sollen, in allen
Fällen, bei welchen eine freie Vereinbarung nicht
jetroffen worden sei, die Taxe genau einzuhalten
ind dies besonders auch den Gemeinden gegenüber.
Um Schluß seines Berichts sprach der Vortragende
ioch den Wunsch aus, es möge die Bezeichnung
Bader beseitigt und dafür Heilgehülfe gesetzt werden,
»a letztere Bezeichnung ihrem Berufe auch wirklich
ntspreche. Herr Lang-Frankenthal sprach dann
noch über die Kranken⸗ und Sterbekasse, zum Bei—
riti in dieselbe auffordernd. Bei einem Mitglieder
tand von 250 teistet die Kasse an die Wittwe
ines Mitgliedes 200 Mtk. Sterbegeld, bei 300
Mitgliedern 250 Mk. u. s. f. Das Eintrittsgeld
zeträgt bis zu 30 Jahren 4 Mk., bis zu 40 Jahren
3 Mk., bis zu 50 Jahren 8 Mit. Berufsgenossen,
velche das 50. Lebensjahr überschritten haben,
oͤnnen nicht mehr ausgenommen werden. Der
zahresbeitrag wurde auf der bisherigen Höhe von
» ynk. belassen. Die hierauf vorgenommene Wahl
»es Gesammtvorstandes hatte folgendes Resultat:
rang⸗ Frankenthal erster, Schön⸗Mußbach zweiter
Vorfitzender, Haubeil, Kassier, Roth, Schriftführer,
eide in Frankenthal; Beisitzer: Stieber und Preßler
rudwigshafen, Seilheiner in Bobenheim, Haubeil
n Freinsheim und Geier in Dürkheim. Als
rächsster Versammlungsort wurde Frankenthal be—
timmt. Eine Samminng für eine bedürftige Kol—
egenwitiwe ergab Mt. 11.55.
— Kallstadt, 6. Okt. Auf dem Garten⸗
ande des Herrn Friedrich Schröder finden sich die
chönsten Zuͤcker- Erbsen zweiter Frucht, welche ihrer
größe halber bereits die zweiten Reiser erhielten.
Hewiß eine Seltenheit! (D. A.)
— Grünstadt, 6. Okt. Gestern wurde
in Dirmstein ein feingekleideter Herr, der angeblich
yon Frankenthal mittelst Velociped ankam, von
siesiger Gendarmerie in flagranti ertappt, als er
ozialistische Schriften austheilte; derselbe wurde
geschlossen hierher in's Amtsgerichtsgefängniß ein.
gebracht. (Frkth. T.)
ALudwigshafen a. Rh., 8. Okt. Herr
Balentin Schultz, pens. Lehrer und dessen Ehefrau,
dahier wohnhaft, feierten heute das Fest ihrer gol⸗
denen Hochzeit in stiller, kirchlicher und einfacher
familiäter Weise. Das Jubelpaar befindet sich
zei einem Alter von je 75 Jahren noch ziemlich
njstig
Vermischtes.
Die Wölfe machen sich, wie der „Gazette de
dorraine“ geschrieben wird, in Lothringen be—
eits wieder bemerkbar; in Wustweiler bei Saar«
zjemünd haben sie drei Schafe zerissen; während
nan bei Buschborn (Kanton Bolchen) eine Wölfin
jat erlegen können, welche 33 Kilogramm wog.
PaIngolstadt, 6. Okt. Der 834jährige
Bauernknecht Seitz von Bettbrunn kehrte Abends
von hier mit seiner Braut nach Hause. Bei der
Sonnenbrücke überfiel ihn ein lediger Dienstknecht
aus Geisenfeld, früherer Liebhaber des Mädchens
und versetzte ihm von hinten mit furchtbarer Wucht
drei Stiche. Seitz starb gegen 8 Uhr Morgens
m Krankenhause.
F Braunschweig, 5. Okt. Lessings Grab
wurde heute im Auftrage ussN aus Anlaß der ersten
Generalversammlung des Lessingbundes, Verein
deutscher Freimaurer, der heute zu Darmstadt tagt,
mit einem prachtvollen Lorbeerkranz, welcher, außer
der großen seidenen Schleife mit entsprechender In⸗
schrift, auch drei Rosen enthielt, von dem hiesigen
HMitgliede des Bundes, dem Kaufmann Ed. Scheele
geschmückt.
F Berlin, 7. Okt. Am 1., November wird
hierselbst eine allgemeine Versammlung aller dent⸗
schen Zuckerfabrikanten stattfinden, in welcher die
Mittel zur Ueberwindung der gegenwärtigen Noth-
age der Zuckerindustrie berathen und entsprechend—
Beschlüsse sollen gefaßt werden.
— Bekanntlich bedient sich unsere Kaiserin
iange Zeit hindurch der Hilfe der schlesischen Massa⸗
geurin Frau Hiersemann, deren Manipulationen der
johen Frau vielfach Erleichterung gewähren. Frau
Dorothea Hiersemann, die gegenwärtig 67 Jahre
alt ist, stammt aus Trebnig im Kreise Nimpisch,
woselbst ihr Vater Bauerngutsbesitzer war. Erlernt
hal Frau Hiecsemanng die Massagekur durch ihre
Zroßmutter, deren Mann als angesehener Arzt in
Nimptsch lebte und sich hauptsächlich auf die Massage
derlegt hatte. Schon als fiebenjähriges Mädchen
vurde Frau Hiersemann in diese Kunst eingeweiht,
durch welche sie die Leiden vieler Kranken oft in
uneigennützigster Weise gelindert hat. Die Auf—⸗
merkfamteit der Kaiserin wurde vor etwa zwei
Jahren auf Frau Hiersemann gelenkt durch den
chlesischen Gutsbesizer Herrn v. Stegmann, der im
—V
als et von den Leiden Ihrer Majestät hörte, der
Sberin des Krankenhauses von den oft Wunder
ditkeuden Kuren der Frau Hiersemann erzählte.
Derselbe theilte auf eine Anfrage aus der Umgebung
der Kaiserin mit, daß die Adresse bei Herrn Sattler.
meister Rosenbaum in Breslau, woselbst sie seit 8
bis 10 Jahren wohnt, zu erfragen sei. Sofort
wurde dorthin telegraphirt, und als die Antwor!
instaf, daß fsich Frau Hiersemann z. 3. in Karl⸗
hurg in Ungarn aufhalte, wurde dieselde von dort
durch eineu Bediensteten des Hofstaates an das
Hoflager Ihrer Majestät, die sich damals vor gerade
zwei Jahren in Baden- Baden befand, abgeholt.
Sat diefer Zeit leitet Frau Hiersemann, die sich
in der unmiltelbaren Umgebung der Kaiserin bee⸗
findet und dieselbe auf allen Reisen begleitet, die
Behandlung Ihrer Majestät, deren gluͤckliche Ge⸗—
nesung vorzugsweise der durch Frau Hiersemann
wusgeführten Massage zu verdanken sein soll. In
Folge der gelungenen Kur nimmt Frau Hiersemann
bei Hofe eine sehr geachtete Stellung ein, die sie
sich durch schlichtes und einfaches, aber auch lebens⸗
kluges und taktvolles Auftreten zu erbalten und zu
befestigen versteht.
P'GBierzehn Kinder ertrunken) Ze
xssegg erhält das „N. P. Journ.“ folgende Mit⸗
heilung: Vorgestern spielte eine Schaar kleinet
rinder, zumeist dem ärmeren Stand angehörig, am
Ufer der Drau, draußen bei den letzten Häusern der
Stadt. Da lam einem Knaben der Gedanke, sich
n einen, an änem Uferposten angeketteten Kahn
zu setzen, um sich von den bewegten Wellen wiegen
zu laässen. Dreizehn anderen Kinder gefiel das
Schautelspiel derari, daß sie auch in den Kahn
prangen, welcher sich plötzlich, wahrscheinlich in
Folge der stacken Bewegung, losriß und mit der
Zinderschaar den Strom hinabschoß. Ihre Hilferufe
purden nur von den am Ufer zuruͤckgebliebenen
dinder gehört, sie waren jedoch so erschrocken, daß
ie erst, als es zu spät war, um Hilfe eilten.
Der Kahn kippte um und sämmtliche Kinder fanden
hren Tod in den Wellen. Die Leichen dreiet
er drden uoh an demselben Abend bei Retfaln