auf Gruud des leitenden Gedankens, daß künftig
allen Kolonien Handelsfreiheit für sämmtliche Na—
tionen gesichert werde. England werde die Kon—
ferenz nur widerwillig beschicken.
Brüssel, 13. Ott. Das Journal „La Chro—
nique“ meldet Unruhen in Seuzeilles (Provinz Na⸗
mur). In Folge der Aufhebung der dortigen
Töchterschule durch den Gemeinderath war eine
Menschenmenge in den Sitzungssaal des Gemeinde—
raths eingedrungen und hatte die Gemeinderäthe
daraus vertrieben und thätlich angegriffen. Die
Menge drang darauf in das Presbyterium ein und
plünderte dasselbe. Die Gendarmerie war geunöthigt,
energisch einzuschreiten.
Paris, 12. Okt. Das Gelbbuch, welches der
Minister des Auswärtigen über die westafrikanischen
Angelegenheiten vorlegen wird, soll alle auf die
Kongofrage bezüglichen Depeschen enthalten, nament-
lich was die Beziehungen Frankreichs zur Afrika—
nischen Gesellschaft, sowie den Gedankenaustausch
über die Kongofrage mit Deutschland betrifft. Das
Gelbbuch greift bis auf das Ministerium Duclerc
zurück und geht bis auf die Gegenwart.
Paris, 12. Oklt. Der Gesundheitszustand
der beiden Duellanten Fournier und Rochefört ist
ausgezeichnet. Es hat einen besonderen Eindruch
hier gemacht, daß die Gegner sich auf dem Terrain
die versöhnende Hand gereicht. Rochefort erklärte
hierbei, er habe weder den Offizier der Marine,
noch den Menschen, sondern nur den Agenten des
Herrn Ferry beleidigen wollen. Rochefort hat sich
begeistert über die Haltung Fourniers in der ganzen
Duellgeschichte ausgesprochen. Diese Vorgänge be—
weisen, welche persönliche Werthschätzung Rochefort
hier genießt, da ein Offizier nach dem Duell zuers'
ihm die Hand der Versöhnung gereich.
Riga, 12. Okt. Die Leiche des Generals
Totleben wurde heute in feierlicher Weise nach
dem Bahnhofe übergeführt. Die Abfahrt nach
Sebastopol erfolgt morgen. Der Trauerzug, be—
stehend aus den Mitgliedern der Behörden und
allen Gewerken und Vereinen, geleitete die Leich—
nach dem Bahnhofe. Eine große Anzahl Trauern—
der aller Stände hatte sich dem Tranerzuge ange
schlossen. Der Sarg war mit Blumen bedeckt
Militär bildete Spalier. Die hiesigen Gesang—
vereine empfingen die Leiche am Bahnhsfe mit
Trauergesängen. Die feierliche Beisetzung erfolg!
in Sebastopol am 17. Oktober.
Kairo, 13. Okt. Dem gestrigen Minister—
rathe wurde vom Khedive ein von ihm an Nubart
Pascha gerichtetes Schreiben mitgetheilt, welches
besagt, daß die egyptische Regierung sich zur Schad⸗
loshaltung Nubars und des Finanzministers ver⸗
pflichtet erachte, sofern die internationalen Gerichts
höfe die Beschlagnahme des Privatvermögens dieser
beiden Minister wegen Sistirung der Amortisation
aussprechen sollten.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 14. Oklt. Der „Zw. 3.“
wird von hier geschrieben: Im Winterdienste 188485
welcher mit dem 15. Oktober beginnt, fallen die
Züge 261 und 262 zwischen Saarbrücken und Zwei—
brücken aus. Da bei diesen Zügen namentlich die
Einwohnerschaft St. Ingberts, auf deren Ansuchen
diese beiden. Züge im Sommerdienste neu eingelegt
wurden, interessirt ist, so haben wir an maßgeben⸗
der Stelle Erkundigungen über die Frequenz beider
Züge eingezogen. Es wurde uns mitgetheilt, daß
der Zug 261 von Saarbrücken nach Zweibrücken
sich einer mittelmäßigen Frequenz zu erfreuen hatte,
dagegen Zug 262 von Zweibrücken nach Saarbrücken,
der bei der Eingabe hauptsächlich der maßgebende
war und in Zweibrücken die Reisenden, welche mit
den letzten Zügen aus der Pfalz noch für die
Strecke Zweibrücken⸗St. Ingbert- Saarbrücken an⸗
kamen, aufzunehmen hatte, wenig oder gar nicht
frequentirt wurde. Bezüglich der Benützung dieses
Zuges seitens der Bewohner St. Ingberts wurde
uns eine genaue Aufzeichung der Frequenz vom 20.
Mai bis incl. 30. Sept. lJ. J. mitgetheilt, welcher
wir entnehmen, daß in diesem Zeitraum hier ange—
kommen sind: 1) Reisende, welche mit den letzien
Anschlußzügen in Zweibrücken auf diesen Zug über—
gingen, bezw. ihn weiter benutzten: 180. 2) Rei—
sende, welche nur von zwischen Homburg, resp
Zweibrücken und hier gelegenen Stalionen ankamen
729; im Ganzen 909 in 133 Tagen. Es ent—
fallen demrach auf die Kategorieen 1) pro Tag
1,4, in 2) 5,5, im Ganzen 6,9 Reisende.
*— Am 186. ds. Mts., nächsten Donnerstag
beginnt in den hiesigen kaätholischen Volks—
schulen, sowie in den Volksschulen zu Schnapp—
bach, der Unterricht für das Wintersemesier.
*— Bekanntlich werden die Sträflinge in
inseren Zuchthäusern mit gewerblichen und indu—
ttriellen Arbeiten beschäftigt. Es ist nun die Frage
aufgetaucht, ob das nue Unfallversicherungs
Besetz auch auf die Strafgefangenen Anwendung
indet, was nicht leicht zu entscheiden sein dürfte]
s sprechen gewichtige Gründe dafür und ebens—e
gewichtige Gründe dagegen. Nach den Bestim
mungen des Gesetzes sind versicherungspflichtig alle
in Fabriken beschäftigten Arbeiter und nach der
ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes gelten allt
diejenigen Betriebe als Fabriken, in welchen die
Bearbeitung oder Verarbeitung von Gegenständen
zewerbsmäßzig ausgeführt wird und in welchen zu
diesem Zwecke mindestens 10 Arbeiter beschäftigt
ind. Da nun in den Strafanstalten ganze Ab—
theilungen von Arbeitern für einen gewerblichen
Unternehmer thätig sind, so entsteht nun die Frage,
ist dies eine „Fabrik“ im Sinne des Gesetzes
»der nicht? Es gibt auch Strafanstalten, in welchen
Dampfkessel oder durch elementare Kraft bewegt⸗
Triebwerke in Anwendung kommen und die Ver
icherungspflicht würde dann begründet sein. Nun
Wer folgt die Frage: wer ist in diesem Falle als
Anternehmer anzusehen, der Staat, der über die
Arbeitskraft der Sträflinge disponirt, den größeren
Theil des Arbeitsertrages in Anspruch nimmt, oder
der Pächter der Arbeitskraft, der mit der Zucht
hausberwaltung über die Beschäftigung der Arbeiter
den Vertrag abgeschlossen hat? Es wird interessant
sein zu erfahren, wie sich die Behörden zu dieser
Frage stellen werden.
*— Wahlthätigkeit. Nicht weniger als
12 Wahl-Versamimlungen fanden am Sonntag auf
pfälzischem Boden statt, ausgegangen von Parteien
verschiedener Schattirung.
*— Am 29. ds. Mis., Nachmittags 2 Uhr,
vird im Karlsbergsaale in Kaiserlaulern ein—⸗
allgemeine Versammlung der Bäckermeister der
Pfalz stattfinden, um die Gründung eines „Pfäl⸗
zischen Bäckerverbandes“ zu vollziehen.
— Herr Admiralitätsrath und Direktor der
)eutschen Seewarte in Hamburg, Dr. Neumayen
st in Kaiserslautern angekommen.
— Der Bäcker Gehm von Wolfstein
velcher im Frühjahr in einer Sandgrube veruu—
zlückte, erlag unlängst seinen Verletzungen.
— Dieser Tage wurde von dem Feldschützen
Jung in Eßweiler der 6ö9jährige Tagner Ludwig
Mathias von dort an dem Äüste eines Zwetschen⸗
baumes erhängt aufgefunden. Was den Mann
hdewogen hat, seinem Leben daurch Selbstmord ein
Ende zu maächen, ist undekannt.
— Germersheim, 12. Okt. Nachdem vor
14 Tagen der Oekonom Paul Lemmert den Tod
im Rhein gesucht, machte heute dessen Frau ihrem
Leben dadurch ein Ende, daß sie sich im Keller den
dals abschnitt. (L. T.)
— Kuhardt, 10. Okt. Ein Raubanfall in
der Nähe des hiesigen Ortes, der sich gestern Abend
gjegen 8 Uhr zutrug, macht hier und in der Um—
jegend viel von sich zu reden. Der hiesige Makler
Leonhard Hamburger wurde bei seinem Heimgange
bdon Hördt zur angegebenen Zeit ganz in der Nähe
des Ortes von 3 erwachsenen Personen angefallen
und beraubt. Der eine Strolch drückte ihm den
Hals zu, der andere fesselte seine Arme an den
Körper und der dritte raubte ihn aus. Zum Glück
fanden sie nur gegen 3 Mk. in 2 Geldbeuteln be
dem Beraubten. Die Gendarmerie ist eifrig hinter
den Thätern her. Leider ist trotz eifriger Suche
bis jetzt kein Anhaltspunkt zur Ermittlung der
Thäter gegeben. Es fängt an in unserer Gegend
gemüthlich zu werden.
Vermischtes.
* Mannheim, 11. Okt. Gestern Nach—
nittag 403 Uhr ist dahier der weithin bekannie
Musikdirektor Herr Jean Becker, der einstige
ßründer und Leiter des berühmten „Florentiner
Quartettes“, nach längerem Leiden gestorben.
F Frankfurt. Die Familie von Rothschild
ätte ihr in der Judengasse stehendes Stammhaus
ehr gern erhallen. Die in dieser Absicht einge—
eiteten Unterhandlungen mit der Stadt scheiterien
ndeß und so wurde die photographische Aufnahme
des Gebändes beschlossen. Sämmtlichen Mitgliedern
er Famitie wurde je ein wohlgelungenes Bilp
geschickt und auch das Archiv unserer Stadt wird
ein solches erhalten; desgleichen eine Photograph⸗
von Börne's Geburtshaus, welches bei dieser Ge.
legenheit ebenfalls photographisch aufgenommen
wurde.
F Straßburg, 10. Okt. Bei der hiesiger
Reichsbankhauptstelle wurde diefer Tage ein falsche
Reichskassenschein zu 20 Mk. angehalten. Es wird
daher dem Publikum bei'm Empfang von Papier.
geld Vorsicht anempfohlen. Bekanntlich ist nach
dem Reichsstrafgesetzbuch auch derjenige strafbar
welcher nachgemachtes oder verfälschtes Geiden
echtes empfängt und nach erkannter Unechtheit als
echtes in Verkehr bringt. Es empfiehlt sich daher
auch zur Ermittelung der Fälscher, bei dem Von
kommen von Falschsfücken der Polizei sofort An—
zeige zu machen.
F. Dem soehen zur Ausgade gelangenden Jahres
bericht der Baugewerkschule Nurnberg ist s
entnehmen: Die Anstalt war im letzten Schuljahr
bon 128 Schülern besucht; 10 Hauptlehrer und?
Hilfslehrer waren an derselben thätig. Die all
jährlich abzuhaltende Schlußprüfung ist wegen Um—
wandlung der 4kursigen Schule in eine 5kursige in
diesem Jahr ausnahmsweise weggefallen, indem der
abschließende 5. Kurs erst mit kommendem Schuljahr
in's Leben tritt. Gleichzeitig werden Fachabtheilungen
für Bau- und Möbelschreiner, Bau⸗ und Maschinen.
schlosser, Flaschner und Kupferschmiede in Verbin
dung mit der Baugewerkschule geschaffen werden. —
Die Einschreibung für 1884 85 findet am 1. Nod
Vormittags 8 Uhr statt.
F Eine hochbedeutsame und nachahmenswerthe
Anordnung hat das königl. Polizei-Präsidium zu
Berlhin erlassen. Es bringt nämlich zur öffent
ichen Kenntniß, daß dasselbe vom 1. Januar k. J.
ab in geeigneten Fällen die Namen derjenigen Per—
onen periodisch bekannt machen wird, welche bestraf'
worden sind, wegen Handelns mit oder Feilhaltene
von verdorbenem oder trichinenhaltigem Fleisch, von
berfälschter Milch oder anderen verfälschten Nah—
rungs⸗ oder Genußmitteln, wegen Anwendung gif—
tiger Farben zum Bemalen von Backwnaren, Kon⸗
fekt und Spielwaaren, wegen Feilhaltens und
Verkaufs von Geheimmitteln, wegen unberechtigter
Beilegung einer ärztlichen Bezeichnung sowie wegen
unbefugter Ausübung der Hebammenlunst.
7 Berlin, 10. Okt. Das Reichsgericht hat
bereits mit dem bekannten Ehescheidungsprozeß gegen
die Gemahlin des Großherzogs von Hessen, Gräfin
Hutten⸗Czapska, gewesene Fr. v. Kolemin, sich be⸗
jaßt. Frau v. Kolemin hatte, wie s. Z. gemeldet.
gegen den Spruch des Darmstädter Oberlandes—
Gerichts mehrere Rechtsmittel, darunter auch die
Revision beim Reichsgericht eingelegt. Das oberste
deutsche Gericht kann nur gegen Urtheile der Ober—
landesgerichte, welche im Berufungswege ergangen
sind, angerufen werden. In Folge dessen konnte
die Revision der Gräfin Hutten, da sie gegen das
in erster Instanz erlassene Urtheil des Oberlandes—
Gerichts Darmstadt gerichtet war, nicht in Verhand⸗
lung gesetzt werden. Die bei dem Oberlandes—
Berichte zu Darmstadt eingelegte Berufung kommt
am 18 ds. zur Verhandlung. — Uebrigens wird
aus sehr glaubwürdiger Quelle berichtet, daß di
Gemahlin des Großherzogs demnächst Mutterfreuden
zu erwarten hat. Es kann kaum bezweifelt werden,
daß dies für den weiteren Verlauf des Eheschei—
dungs-Prozesses, in welchem für den 18. d. Mts
Termin in der zweiten Instanz ansteht, auf das
Schwerste ins Gewicht fallen muß, besonders da.
so diel man weiß, die Scheidungsgründe erster In—
stanz höchst äußerlicher Natur sein sollen.
f Ein neurr Fundort des Queksil—
bers. Das Quecksilber findet sich bekanntlich in
Europa nur an sehr wenigen Lagerstätten. Außer
einem geringen Vorkommen bei Landsberg in der
Rheinpfalz sind die bemerkenswerthen Fundörter nur
noch Idria in Krain und Aemadén in der Sierra
Morena. Unlängst ist hierzu noch eine neue Oert—
lichkeit gkommen, wo es in bauwürdiger Menge
»orhanden ist, nämlich bei Schuppiastena, vier
Stunden südlich von Belgrad. Auf der in voriget
Woche zu Hannover abgehaltenen Versammlung der
Deutschen geologischen Gesellschaft machte Bergrath
. Groddeck, Direktor der Klausthaler Akademie, der
dieses merkwürdige Vorkommen im Spätsommer an
Ort und Stelle untersucht hatte, die ersten genaueren
Mittheilungen über den Fuͤndort. Eine große An
zahl von Stollen und Höhlen ließ die Spuren eine
tigen bergmännischen Betriebes erkennen, der hier
uinzweifelhaft schon von den Römern betrieben worden