Full text: St. Ingberter Anzeiger

Berneigerung fand die Tochter des glücklichen 
fäufers in den Ziegeln versteckt ein altes Porte— 
nnnaie mit 830 Fr. Gold und einen leinenen 
geutel mit ca. 150 Fr. Sibergeld. Zufällig soll 
die die „M. Z.“ schreibt, der Versteigerer wörtlich 
sagt haben: „Wer will diesen Kübel mit dem 
anden Inhalt strigern?“ und hiecrauf steigerte 
sennewein denselben. 
Koblenz, 18. Ott. Mittwoch Abend hat 
ein junger Mann von hier so weit vergessen, 
ß, als er in später Abendstunde in einem nicht 
chönen Zustande nach Hause kam und sein Vater 
yn deshalb zur Rede stellte, er dem alten Vater 
ermittelst eines Messers einen glücklicherweise nicht 
efährlichen Stich in die Halsgegend beibrachte. 
—Rheinbrohl, 18. Okt. Mittwoch Nacht 
hurde die hiesige Kirche gewaltsam erbrochen und 
us derselben eine Monstranz und zwei Kelche ent⸗ 
vendet. 
(Fremdwörter im Eiseubahnwesen) 
chdem Post und Telegraphie von überflüssigen 
eindwörtern befreit sind, kommt die Reihe an 
Eisenbahnen. So hat bereits die Eisenbahn⸗ 
rektion zu Elberfeld ihre Beamten zur Einreichung 
on Verdeutschungsvorschlägen aufgefordert. Hier 
jut es vor Allem Noth, gewisse französisch klingende 
lusdrücke, die aber der Franzose in einem ganz 
üderen Sinne oder gar nicht gebraucht, und die 
aher an sich ebenso wenig berechtigt sind wie etwa 
zeletage oder Parterre — auszumerzen. Wir 
Jeinen hauptsächlich die Ausdrücke: coupiren, Cou⸗ 
rzug, Perron, Coups. Der Franzose sagt hier— 
. Lontroler, train rapide, qnai, compartiment. 
-ollte es nicht möglich sein, dieselben mit: ab— 
empeln, Eilzug oder Jagdzug, Damm GEinsteig⸗ 
amm, Aussteigdamm), Abtheilung zu verdeutichen? 
derron heißt im Französischen Freitreppe, Coups 
in Wagen mit nur einer Sitzreihe, und es sind 
aher diese Ausdrücke in dem in Deutschland üblichen 
Zinne geradezu lächerlich. 
Der Portraitmaler Norbert Schrödl 
us Frankfurt a. M. hat auf hohen Befehl 
en Kaiser und die Kaiserin gemalt, und sind 
ie Bilder als Geschenk des Kaiserpaares für die 
oldene Hochzeit des Fürsten Anton von Hohen⸗ 
»llern bestimmt. Die beiden Bilder, weiche in 
zaden-Baden ausgestellt werden, gehören unstreitig 
u dem Besten, was die neue Bildnißmalerei her⸗ 
orgebracht hat. Hoffentlich dauert es nicht zu 
inge, bis sie auch durch Photographieen und gute 
dachbildungen allgemeiner bekannt und zum Ge— 
neingut der dentschen Nation werden. Der Kaiser 
eht, in großer Generalsuniform, mit dem Schwaͤrzen 
ldlerorden und Stern, sowie den höchsten, insbe— 
ndere auch hohenzollernschen Orden geschmückt da, 
aufrechter Haltung, das linke Bein vorzesetzt, 
ie linke Hand auf den Helm gestützt und die rechte 
zand mit Handschuh senkend, das schöne wohl— 
bollende Antlitz dem Beschauer voll zugewendet. Die 
Nehnlichkeit ist außerordentlich. Die liebeuswürdige 
hüte, der männliche Ernst, der tiefe, erfahrungs— 
eiche, ehrfurchtgebietende Ausdruck, den jeder Deutsche 
mn den theuren Zügen kennt und liebt, sind höchst 
vahr und natürlich wiedergegezen. Der Gesammt-— 
indruck ist geradezu packend. Das Bild der Kaiserin 
virkt fast noch bedeutender und dürfte überhaupt 
as beste und ähnlichste sein, was von der hohen 
Frau angefertigt wurde; es gibt deren bekanntlich 
iur sehr wenige. Die Kaiserin sitzt in ihrem Gala⸗ 
taate, den sie bei Ordensfesten zu tragen pflegt, 
iuf einem wunderbar fein ausgeführten Lederstuhl 
nit Holzschnitzereien. Sie hat ein langes, falten⸗ 
eiches Gewand von rothem Sammt, mit Pelz ver⸗ 
rämt und mit einem Einsatz von goldener Brokat— 
tickerei, an. Um die Brust liegt das gelbe Band 
des Schwarzen Adlerordens. Reicher Ordensschmuck 
rhöht die geschmackvolle Toilette. Um den Hals 
allen sechs Reihen Perlen der kostbaren Kronju— 
velen, auf dem Haupte strahlt ein reiches Diadem 
„on Brillanten mit langwallendem, durchsichtigem 
S„chleier. Das Antlitz ist nach rechts gewandt und 
eigt einen sinnenden Ausdruck. Unverkennbar ist 
»er Typus des weimarischen Fürstengeschlechts. Die 
inke Hand, mit langem weißein Handschuh bekleidet, 
uht aͤuf dem Schooße, die rechte, ohne Handschuh, 
tützt sich auf die Armlehne des Sessels. Die Aus— 
ührung der Stoffe, Orden und Schmuckgegenstände 
stebenso meisterhaft. Das schimmert und glitzert, 
ils wenn es natürlich und nicht nur gemalt wäre. 
sach Alledem ist es kein Wunder, daß der Kaiser 
„wohl wie die Kaiserin aufs Höchste befriedigt ist. 
Eine Zusammentunt eigener Art hat 
zeulich an der deutsch-schweizerisch-französischen Grenze 
—E0 
jausen, dem schweizerischen Dorfe Beurnevesain und 
»em frauzösischen Dorfe Rechesy steht auf einer 
Anhöhe ein Stein, der den Punkt bezeichnet, wo 
die ebengenannten drei Grenzen zusammenstoßen. 
hdier kamen die Lehrer jener drei Orte mit ihren 
Frauen zusammen. Ueber den Grenzstein hatte man 
inen dreieckigen Tisch gestellt, auf welchem ein 
Mittagsmahl in froher Stimmung genossen wurde, 
vobei ein jeder Lehrer mit seiner Frau an derjenigen 
Zeite des Tisches saß, die auf seinem heimathlichen 
zoden stand. Zu dem Mahl lieferte ein Jeder das 
hetränk seines Landes; der Elsässer Riesling, der 
-cchweizer Neuenburger, der Franzose Bordeaux. 
In der Mitte des Tisches war ein Pfahl eingesteckt 
nit der Inschrift: „Internationaler Lehrer-Congreß“; 
in Jeder trank auf das Wohl seines Landes. Man 
var bis spät Abends beisammen, ohne den Boden 
»es Nachbarn zu betreten. 
Eine ksstliche Hasengeschichte be— 
ichtet die „Essener Vztg.“ aus Borbeck: Zwei 
Freunde, welche leidenschaftlich dem Sport des edlen 
Vaidwerks obliegen, jedoch, wie Fama erzählt, mehr 
Ichrecke wie Treffschüsse abzugeben pflegen und 
nauchem armen „Lampe“ ein heillose Angst abge— 
agt haben sollen wurden des Abends nach voll— 
rachtem Tagewerk öfters von einem „nichtwaid— 
nännischen“ Freunde geneckt, wenn wieder einmal 
richt die obligaten Hasenläufe aus der Jagdtasche 
igten, auch kein Huhn dieselbe zierte. Die beiden 
zreunde indeß brüteten Rache. Eines Tages erhält 
er ahnungslose „Sticheler“ von den glücklichen 
Vaidmännern unter herzlichen Grüßen einen feisten 
dasen zum Präseut. Tief gerührt ob solcher edler 
äneigennützigkeit erhält zunächst der Ueberbriager 
in reichliches Trinkgeld, dann wird beschlossen, sich 
icht minder uneigennützig zu zeigen, sondern den 
Freuudschaftshasen“ von dem Wirthe der Stamm— 
neipe zu einem herrlichen „Pfeffer“ präpariren zu 
assen unnd einen engeren Freundes-Ausschuß hierzu 
inzuladen. Daß die Freunde in Zukunft nachsich⸗ 
iger zu behandeln seien, verstand sich drittens per 
e. Wie gedacht, so gethan. Der Hase wandert 
n die Küche des Restaurateurs, um hier kunstge⸗ 
ucht verarbeitet zu werden. Doch o Graus! Nach 
em ersten Schnitt ins Fell springt elastig ein 
anger, kohlschwarzer Schweif hervor. Die Köchin 
äßt vor Augst das Messer fallen und ruft den 
Zerrn. Dieser konstatirt nach eingehender Unter— 
uchung, daß hier ein kohlrabenschwarzer Kater in 
jnen Hasen metamorphisirt war. Und so war es 
nuder That. Die Freunde hatten eine schwarze 
datze mit Haut und Haaren von einem Sattler 
anz kunstgerecht in das Fell eines Hasen einnähen 
assen. Den Äüerger des Dupirten, sowie das Ge⸗ 
achter der zum Souper geladenen Freunde kann 
sch Jeder selbst ausmalen. Damit indeß die Herren 
nicht zu kurz kämen, hatte der intelligente Wirth 
inderweitig für Hasenpfeffer gesorgt, und bei diesem 
ind einem guten Tropfen war aller Groll bald 
ergessen. Und die Moral von der Geschicht', 
Mensch ärgere Deine Freunde nicht. 
Berlin. Einer unserer hervorragendsten 
Naler, welcher seine Frau so liebt, daß er ihr 
Alles an den Augen abzusehen bemüht ist — böse 
Nenschen behaupten infolge dessen, er stände unter 
em Pantoffel — hat eine nur schwer zu bekümp⸗ 
ende Leidenschaft für das „Echte“, namentlich, 
benn es unter dem Namen Münchener in die Er— 
cheinung tritt. Da kann es denn nicht Wunder 
iehmen, daß manchmal die Liebe zu seiner Frau 
nd den „Abenden im Schooße der Familie“ in 
chweren Konflikt mit seiner Neigung zum „Echten“ 
ind unseren „stillen Kneipen“ geräth. Siegt die 
etztere, dann geht es am nächsten Morgen nicht 
ohne besorgtes Kopfschütteln und stumme, strafende 
glicke seitens der braven Gattin ab. Neulich war 
das Münchener aber einmal gar zu süffig gewesen 
und so blieb es denn nicht bei dem stummen Vor— 
wvurfe. „Aber Eduard!“, hieß es da, „wo soll 
das nur noch hinaus!“ „Was denn, liebes Kind? 
Ich weiß gar nicht, was Du von mir willst?“ 
Als Du gestern fortgingst, hast Du mir hoch und 
theuer versprochen, nicht mehr als zwei Seidel zu 
trinken und ...“ „Und dieses Versprechen habe 
ch auch gehalten!“ „Pfui, Eduard, Du solltest 
dich schäinen — von zwei Seideln kannst Du 
inmöglich so ... geräuschdoll nach Hause kommen! 
Uber liebes Kind. Du denkst wohl, die Schnitte 
Jehen spurlos au einem vorüber? Vierzehn Schnitte 
ind dunn noch nuchtern zu bleihen Ja, oa mußite 
nan ja ein Säufer sein!“ 
F(Frauenbeschäftigungen in Eng— 
and.) Es gibt in England 347 weibliche 
Schmiede, die ia der That die schweren Schmiede— 
sjämmer schwingen, und 9138 Frauenzimmer, 
die Nägel für Hufeisen schmieden, 10,592 
»eschäftigen siihh mit Vuchbinderei und 2302 sind 
Zchriftsetzerinnen; Lehrerinnen gibt es 123,996, 
Nissionärinnen und Predigerinnen 7161; von der 
stegierung sind 3260 als Abschreiberinnen angestellt, 
1180 beschäftigen sich mit Malen, 64 mit Graviren 
ind 1000 studiren. 37,910 sind Wärterinnen, 
152 schreiben, kompiliren oder ediren Bücher und 
1309 sind in den verschiedenen Departements der 
Photographie beschäftigt. 
F (Ein Kaiser im Meer.) Eine Lissa— 
honer Depesche meldet, Kaiser Dom Pedro von 
Brasilien sei beim Besteigen eines kleinen Dampfers 
zu einer Spazierfahrt in Pio de Jauneiro ins Meer 
zefallen, jedoch vom Insepktor des Marine-Arsenals 
ind dem Maschinisten des Dampfers gerettet worden. 
F Die alte Streitfrage, ob der Schwamm 
eine Pflanze oder ein Thier sei, entschied die ame— 
rikanisch-—mikroskopische Gesellschaft dahin, daß der 
Schwamm zu den untersten Thiergattungen gehört 
Dienstesnachrichten. 
Die prot. Pfarrstelle in Schönau wurde dem 
Zandidaten Stilgenbauer von Hochspeyer verliehen. 
Der bisherige Lehrer an der prot. Schule zu 
Dttersheim, Karl Falck, ist zum Lehrer an der 
»rot. Schule zu Oberhochstadt mit Wirkung vom 
. Nov. 1884 an ernanut. 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demetz. 
(Eingesandt.) 
Ein Wort an die Wähler. 
St. Ingbert, 20. Ott. Die Führer der 
iesigen Ceutrumspartei arbeiten seit Wochen für 
hre Parteisache mit großer Rührigkeit — was an 
ich ja erlaubt ist. Aber nicht erlaubt ist, wenn 
ie sich dabei der Lüge und der Verleumdung be— 
ienen um sich, — auf Kosten unserer Arbeiter 
ramentlich — — Stimmen zu ergattern. Durch 
Wort und Schrift bearbeiten sie diesmal unsere 
Wähler wie noch nie, und deshalb ist es Zeit, daß 
hnen mit dem Spiegel der Wahrheit heimgeleuchtet 
verde. Thue jeder Einsichtige das Seine, und ihre 
Anstrengungen sind vergebens. Für heute das 
MNeinige: 
Thatsache ist, daß in der letzten Zeit die Löhne 
inserer Bergleute geringer sind, als in früheren 
juten Jahren. Wer trägt daran Schuld? Die 
jegnerischen Agitatoren haben die Stirn, sprechend 
ind schreibend die Unwäahrheit zu verbreiten, als 
»b die Liberalen diesen bedauernswerthen Zustand 
Jerbeigeführt hätten. Nun haben aber nicht die 
Liberalen, sondern ganz im Gegentheil die Kammer—⸗ 
hatrioten diese Lohnverminderung herbeigeführt und 
das ging so zu: 
Unser Grubenbudget wird nicht etwa im Reichs— 
tag zu Berlin gemacht, sondern in München, durch 
unsern bayerischen Landtag. Der Finanzwminister 
legt das Budget vor; dies wird dem Budgetaus— 
chuß der Kammer zur Beurtheilung übergeben; 
dieser Ausschuß streicht oder setzt zu und so beschloß 
er diesmal: die Grube St. Ingbert soll das Jahr 
1884 dem Staate 30,000 Mark mehr einbringen, 
als der Minister vorgeschlagen hatte. Der Ausschuß 
tellte diesen seinen Beschluß als Antrag in der 
Zammer, und die Majorität der Bayer. Abgeord— 
detenkammer beschloß definitiv, daß die St. Ing- 
»erter Grube dem Staate 30,000 Mark mehr ein⸗ 
ragen soll. Die Majorität unserer Abgeordneten— 
ammer aber ist nicht liberal, das ist doch 
ill bekannt. 
Also, Ihr Berglente, bedankt Euch bei der Majo— 
rität unserer bayerischen Abgeordnetenkammer für 
die Bescherung, daß Eure Familien darben müssen. 
Und wenn Jemand Euch weiß machen will, 
insere Grubenverwaltung könne dem Mißstande 
abhelfen, wolle dies aber nicht, so ist er ein straf⸗ 
würdiger Verleumder, der ganz sicher Euer Wohl. 
nicht will, sondern nur Stimmung für unlautere 
Varteizwecke macht. Jeder gebrauche seine eigenen 
lugen und verschließe sein Ohr aufhetzenden 
Stimmen! 
Z. liberaler Wähler.