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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Jnabert.
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e 209.
Montag, 27. Oktober 1884.
19. Jahrg.
Reichstagskandidat der national-liberalen Partei für den Wahlbezirk
Zweibrücken-Pirmasens:
Herr Hüttenwerksbesitzer Oskar
in St. Ingbert.
Volitische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 25. Okt. Heute Nachmittag um
„Ulhr fand im Elisabethsaale des Schlosses die
zröffnung des Staatsrathes durch den Kronprinzen
nu Anwesenheit der Prinzen, des Fürsten Bismarck,
aͤmmtlicher Staatsminister und der Mitglieder des
Staaterathes statt. — Dem heutigen Diner im
zaiserlichen Palais wohnten der Kronprinz, die
bdrinzen Wilheln, Heinrich, Friedrich Karl und
t Prinz August von Württemberg, sämmtliche
ttiven Staatsminister und alle hier anwesenden
Mitglieder des Staatsrathes bei. Der Kaiser saß
wischen dem Kronprinzen und dem Prinzen Wil⸗
velm. Dem Kaiser gegenüber saß Fürst Bismarck
wischen Graf Moltle und dem Minister v. Putt⸗
jiamer. Toaste wurden nicht ausgebracht. Nach
zem Diner hielt der Kaiser Cercle; ebenso unter⸗
gielt sich der Kronprinz fast mit jedem der An⸗
wesenden.
Verschiedene Zeitungen gesallen sich schon darin,
em neuen Reichstage noch bevor er gewählt
ind stin Gesicht bekannt ist, ein frühzeitiges Ende
mprophezeien, also die Auflösung in Aussicht zu
iellen. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß
J sich dabti bis jezt nur um leere Vermuthungen
zandelt. In Regierungskreisen gibt man sich selbst—
rerständlich solchen Erwägungen noch gar nicht hin.
Berlin, 25. Okt. Die „Nordd. Allg. Ztg.“
croifentlicht den Wortlaut des Patents des Herzogs
von Cumberland vom 18. d. und druckt zur Ver—⸗
zleichung auch den Wortlaut des Schreibens ab,
vodurch der Herzog von Cumberland im Jahre
873 den Tod seines Vaters dem Kaiser mittheilt
und worin es heißt: In Folge dieses mich und
nein Haus tief erschütternden Todesfalles sind alle
dechte, Prärogative und Titel, welche dem Könige,
neinem Vater, insbesondere in Beziehung auf das
dönigreich Hannover zustanden, Kraft der in meinem
hause bestehenden Gebfolgeordnung auf mich über⸗
legangen. Alle diese Rechte, Prärogative und Titel
halte ich voll und danz aufrecht. Da jedoch der
dutübung derselben in Beziehung auf das König-
rich Hannover thatsächliche, für mich selbstverständ⸗
ich nicht rechtsverbindliche Hindernisse entgegen—
ehen, so habe ich beschlossen, für die Dauer der
ündernisse den Titel „Herzog von Cumberland,
xrzog zu Braunschweig ·Luͤneburg mit dem Prä⸗
ilat Koͤnigliche Hoheit“ zu führen. Indem ich
uch hiervon Mittheilung mache, wird es einer be—
onderen Erwähnung nicht bedürfen, daß meine und
ntines in voller Selbstständigkeit verharrenden
hauses Gesammitrechte durch den zeitweiligen Nicht
norauch der dieselben bezeichnenden Titel und
Vurden in keiner Weise aufgehoben oder einge⸗
Krankt werden koönnen.
Berlin, 25. Okt. Der britische Botschafter
dir Malet hat fich zur Beisebung der Leiche des
Herzogs von Braunschweig nach Braunschweig be—
zeben. Bischof Kopp von Fulda ist gestern hier
eingetroffen.
Berlin, 23. Okt. Das westafrikanische
Beschwader der deutschen Kriegsmarine geht
einer Bestimmung entgegen. Unterdessen sollen von
)er kaiserlichen Werft in Danzig in leßzier Zeit
äglich Extrazüge mit Kriegsmaterial (Kanonen,
dafetten, Munition ꝛc.) nach Hamburg abgegangen
ein. Nach der „Danz. Ztg.“ wäre dieses Material
ebenfalls für Westafrika bestimmt, wo zum Schutze
»er Kolonien kleinere Forts errichtet würden. Von
damburg sollen die Geschütze u. s. w. auf dazu
jescharterten Privatschiffen an den Bestimmunasor'
ransportirt werden.
Braunschweig, 24. Okt. Laut offizieller
xkrklärung des Präsidenten des Regentschaftsraths,
Braf Goͤrtz⸗Wrisderg, schickte der Herzog von
Lumberland sein „Patent vom 20. Oktober“ an
den Regentschaftsrath mit der Aufforderung, das
Patent gegenzuzeichnen. Der Regentschaftsrath
ehnte dies ab und machte dem Kaiser Mittheilung.
Braunschweig, 25. Olt. Heute Morgen
ind angekommen: der Großherzog von Hessen, Prinz
deinrich von Hessen, der Erbgroßberzog von Baden
ind Prinz Wilhelm von Schaumburg⸗Lippe. Mit⸗
ags wird Prinz Albrecht von Preußen erwartet.
Als Einleitung zur Leichenfeier werden von 10 bis
11 Uhr Vormittags die Glocken des Doms und
ämmtlicher Kirchen geläutet. Tausende ducchwogen
die Straßen, namentlich in der Nähe des Residenz⸗
cchlosses. Der Zufluß der von auswärts Kommen⸗
den ist überaus groß.
Braunschweig, 25. Okt. Die feierliche
Beisetzung der Leiche des Herzogs im hiesigen Dome
ist programmmäßig verlaufen. Die Straßen füllte
die dichtgedrängte Bevölkerung, welche dem Herzog
zie le zten Ehbren erwies.
Ausland.
Paris, 25. Okt. General Millot ist gestern
von Ferry, Peyron und Campenon empfangen
worden und legte denselben Rechenschaft über seine
militärische und diplomatische Mission in Tongking
ab, welche er wegen Krankheit unterbrechen mußte.
Die Minister sprachen General Millot ihre voll⸗
kändige Befriedigung für die als Oberbefehlshaber
des Expeditionskorys geleisteten Dienste aus
Esfkale und pfälzische Rachrichten.
*St. In gbert, 27. Olt. Da mergen die
Reichstagswahl stattfindet, so wollen wir wiederholt
n Erinnerung bringen und nochmals besonders darau
nufmerksam machen, wer Berechtigung zur Wahl
jat. Wahl berechtigt ist jeder 25jährige An.
Jehörige des Deutschen Reiches, welcher sich im Be—
ige der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, nicht im
donkurszustande und welcher in den Wählerlisten
ingetragen ist. auch wenn er keine Steuer bezablt
LRraemer
ind nicht selbstftändig ist, also selbst, wenn er noch
einen eigenen Haus- oder Familienstand hat. Da-
—VV
inter Vormundschaft oder Kuratel stehen; 2) Per⸗
onen, welche eine Armenunterstützung beziehen oder
m letzten Jahre vor der Wahl bezogen haben. 3)
Zersonen des stehenden Heeres und der Marine,
velche unter der Fahne stehen. Der Bezug von
dehrmitteln für schulpflichtige Kinder oder von
Brennmaterialien aus Gemeindemitteln wird nicht
ils Armenunterstüßzung angesehen. — Die Wahl
st eine direkte und geheime. Der Wähler
egt einen weißen, mit keinerlei Merkmalen versehenen
zettel, der nichts als den Namen und Stand des
dandidaten enthält, in die Wahlurne. Der Wahl⸗
„ettel darf den Namen des Kandidaten geschrieben,
gedruckt, lithographirt oder autographirt enthalten;
iber er darf nicht vom Wähler unterschrieben sein.
Jeder Wähler wählt in seinem Wahlbezirk; die Ein—
heilung derselben ist in Nr. 204 und 207 des
St. Ingberter Anzeiger durch das Bürgermeisteramt
hekannt gegeben worden.
St. Ingbert, 27. Okt. Die von dem
Lokal-Wahlkomite der Centrumspartei auf gestern
Nachmittag in den Oberhauser'schen Saal einbe—
tufene Wählerversammlung war sehr gqut
besucht; wir schäßten die Zahl der Anwesenden
uuf 5 bis 600. Die Versammlung wurde Punkt
3 Uhr von Herrn Juspektor Dengel eröffnet.
Derselbe schlug Herrn Professor Geiler aus
Taiserslautern als Vorsitzenden vor. Hierauf er⸗
zriff der Kandidat der Centrumspartei, Herr Stadt⸗
pfarrer Loren z aus Kaiserslautern das Wort
und entwickelte in etwa einstündiger, gewandter
Rede, in der er immer wieder auf den Kulturkampf
zurück kam, das Programm seiner Partei. Natürlich
ist dabei die gegnerische Partei, in unserm Wahl⸗
treise die nationalliberale, sehr schlecht weggekommen.
Nachdem Herr Stadtpfarrer Lorenz unter dem Bei⸗
'alle der Versammlung seine Rede geschlossen, for⸗
derte Herr Inspektor Dengel die Anwesenden auf
durch Erheben von den Sizten und ein Zfaches Hoch
dem Redner die Anerkennung für seine Ausführungen
nuszudrücken. Der Gefeierte dankte sodann für die ihm
Jebrachte Ovation und forderte zu einem Hoch auf des
heutschen Kaisers und des Königs Ludwig JII. von
Bayern Majeftät auf, in das die ganze Ver⸗
ammlung begeistert einstimmte. Hierauf nahm der
LGorsißende, Herr Professor Geiler, das Wort;
nuch er wußte noch manches Böse an den National⸗
iberalen und ermahnte schließlich, am 28. Oktober
inzutreten für den Kandidaten der Centrumspartei,
welch' letzterer auch dasvon ihm ausgebrachte Hoch
jalt. Herr Inspektor Dengel schloß nun die
Verhandlungen, indem er noch zu einer später im
Lokale des Casino statifindenden Versammlung ein⸗
ud. Herr Stadtpfarrer Lorenz aber begab sich von
hier aus nach Blieskastel, waselbst er ebenfalls
in einer Versammlung auftrat