Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 H, einschließlich 
40 A Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 ⸗, bei Neclamen 830 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 22. 
Für die Monate Februar und 
März nehmen die Postanstalten, 
bie Nusträger und die Expedition Bestel— 
lungen auf dieses Blatt entgegen. 
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Die deutsche Zunge in Oesterreich. 
Im vielsprachigen, buntzusammen gewürfelten 
Nachbarstaate Oesterreich sehen wir augenblicklich 
eine recht traurige Erscheinung, die um so betrübea⸗ 
der wirkt, als unsere deutschen Namensgenossen 
immer mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt 
werden, ja es hat den Anschein, als ob man ihnen 
die durch die historisch-⸗politische Entwickelung Oester— 
reichs gewordene Führerstellung entreißen möchte. 
Seit der Gründung der österreichischen Monarchie 
waren es die Deuitschen, die den Kitt bildeten, der 
den mosaikartigen Bruch des großen Staatswesens 
zusa mmenhielt, deutscher Einfluß, deutscher Geist 
waren es, die der habsburgischen Dynastie, ihr Fort⸗ 
bestehen sicherten. Heute scheint man das vergessen 
zu wollen, heut lehnen sich die Völkerschaften, die 
deutsche Cultur erst zu dem gemacht hat, was sie 
heute sind, gegen die Deutschen auf, und sollte es 
ihnen jemals gelingen, das germanische Element in 
Oesterreich-Ungarn zu überwuchern, so wäre die 
Hauptstütze des habsburgischen Kaiserhauses unter⸗ 
minirt, langsam aber sicher würde auch alles Andere 
zerbröckeln und in sich zusammenstürzen. Diese 
traurigen Verhältnisse tralen bei Gelegenheit der 
Reichsrath⸗Debatten über den Wurmbrand'schen 
Antrag, welcher die deutsche Sprache gesetzlich zur 
St aatssprache erklären will, in überraschend peinlicher 
Weise zu Tage. 
Wenn die Sprachendebatte schließlich auch kein 
positives, praktisches Resultat haben wird, so hat sie 
doch das eine Gute, daß sie uns über die Ziele der 
slavischen Föderalisten volle Klarheit giebt. Divide 
et impera — theile und herrsche — das ist der 
Wahlspruch der Slaven in Oesterreich, und dort 
stehen die Partikularisten einander noch viel schroffer 
gegenüber, als bei uns in Deutschland. Sie wollen 
den österreichischen Staat in seine einzelnen Bestand⸗ 
theile aufldsen, und im Geheimen träumen sie da⸗ 
von, daß eine der slavischen Nationen an der Spitze 
des Ganzen stehen wird. 
Das einzige Mittel gegen diese slavischen Be— 
strebungen ist die Bildung einer großen deutsch- 
nationalen Partei, die alle sonstigen politischen 
Meinungsverschiedenheiten in den Hintergrund drängt, 
um lediglich dem Kampf für das nationale Prinzip 
zu leben; die österreichischen Deutschen sollten den 
Erhaltungskampf für die historisch-politische Indi— 
oidualität des Deutschthums als das einigende Band 
betrachten, welches alle sonst so abweichende Frakti— 
onen der deutsch-österreichischen Zunge eng an ein—⸗ 
ander fesselt. 
Die Sprache der Dynastie, der Armee, des 
harlaments hat als solche immerhin doch einen ge— 
waltigen Einfluß, und wenn sie historisch beweist, 
wie Oesterreich nur auf deutscher Grundlage zu der 
Großmachtstellung gelangte, die es heute einnimmt, 
so ist sie auch eine Burgschaft fur die Zukunft, da 
iie sich weder verleugnen noch gewaltsam unterdrücken 
assen wird. Die deutsche Sprache bleibt somit der 
Grund- und Erbstein, auf welchem die nationale 
bewequng an der Donau sich zu stützen hat. 
Samstag, 2. Februar 1884. 
i9. Jahrg 
1 
ifi Vertretung finde, verweist die Nordd. Allg. Ztg. 
Politische Ueberficht. auuf die Erklärungen, welche die t 
Deutsches Reich. durch den Minister der öffentlichen Arbeiten kürzlich 
Ef. L. C.) Kaiserslautern, 1. Februar. dei Beratsung des Etats der Bauverwaltung uͤber 
Die Ankündigung eines allgemeinen liber⸗ hre Stellung zur Canalfrage abgegeben habe, und 
alen Parteitags für die Pfalz ist auch dvezeichnet jene Behauptung 'als unrichtig. 
in allen Kreisen mit derselben freudigen Genugthu— Deutschrtürkischer Handelsvertrag. 
ung hingenommen worden, wie seitens der Wähler der deutsche Botschafter hat der Pforte eine Note 
in Landstuhl, denen Herr Dr. Buhl die erste ugestellt, in welcher es heißt, daß die deutsche Re⸗ 
Mittheilung hierüber machte. Wenn früher in jierung auf die sieben Jahre, welche der gegen— 
einzelnen Blättern gemeldet war, daß diese größere därtige deutsch-türkischer Handelsvertrag noch zu 
— Unterhandlungen 
iallen würde, so mochte dies den früher gehegten ür den Abschluß eines neuen Vertrages mit einem 
Absichten entsprechen, weil anfänglich die Berufung auf die türkischen Vorschläge basirten neuen Tarif 
des Reichstags für Januar in Aussicht stand. Es anzutknüpfen, vorbehaltlich einer zu erzielenden Ver⸗ 
nußte dann aber Rüchksicht auf den späteren Ein⸗ kändigung zwischen den zwei Regierungen über 
»erufungstermin des Reichstags genommen werden, zewisse Modificationen und namemlich in Bezug 
nsofern, als es sich empfiehlt, erst selbst über die duf die Verhandlung der meistbegünstigten Nation. 
nächste Zukunft Klarheit zu haben, bebor man den Die deutsche Note beansprucht, daß bis zum Ab⸗ 
Wählern ansinnt, an größeren Veranstaltungen sich schluß dieser Unterhandlungen deutsche Kaufleute 
zu betheiligen. Herr Sonnemann hat in Göppingen, herechtigt sein sollen, zwischen einem 8procentigen 
Derr Richter in Oberstein und Darmstadt, den Werthzolle und irgend einem anderen bestehenden 
Wählern eine Masse von Dingen vorreden müssen, Tarif eine Wahl zu treffen. 
die vollständig gegenstandslos geworden oder ber— 
altet sind durch die inzwischen eingetretenen Ver— 
änderungen im parlamentarischen und politischen 
Leben. Um nicht auf dieselbe schiefe Ebene, wie 
die radikale Richtung zu gerathen, war es, was 
rachträglich wohl jeder einsieht, richtiger, einen Zeit⸗ 
punkt zum Beginn der allgemeinen Wahlbewegung 
zu wählen, der möglichst zusammenfiel mit dem 
der Reichstagsverhandlungen. Fürst Bismarck wird 
in 14 Tagen in Berlin erwartet. Dann wird an 
das Unfallgesetz und die Novelle zum Alktiengsetz 
letzte Hand angelegt werden, auch über die Aus— 
sichten des Sozialistengesetzes, der Offiziersbesteuer⸗ 
uing u. s. w. größere Klarheit gewonnen sein. 
Wenn also dann die Vertrauensmänner der frei⸗ 
innigen Partei im Lande mit der Allgemeinheit 
der Wähler ins Benehmen treten, wird sich jede 
politische Zeitfrage in bestimmtester Weise formu⸗ 
iren und folgerichtig auch bestimmt beantworten 
assen. Nicht mit verschwommenen und hohlen 
Redensarten oder Klopffechtereien, sondern mit 
neutlichen, besonnener Männer würdigen Erklärungen 
wird seitens der liberalen Richtung in der Pfalz 
der Wahlkampf aufgenommen, und wie wir hoffen, 
nit bestem Erfolge abgeschlossen werden. 
München, 815 Januar. (Landtag.) Bei 
ortgesetzter Spezialdebatte über den Münchener 
Universitätsetat wird der Antrag Rittler angenom— 
men, neben Ersatz des Geschichtsprofessors Giese— 
drecht weitere 53000 Mk. für einen katholischen Ge— 
ichichtsprofessor einzusetzen. 
Erxrportmusterlager.) Die Münchener 
Hdandels- und Gewerbekammer beschloß auf An—⸗ 
regung der Passauer Kammer, die Errichtung eines 
»ayerischen Exportmusterlagers in München in die 
Hand zu nehmen, und beauftragte das Präsidium, 
mit den Schwesterkammern sich ins Benehmen zu 
etzen und dieselben zur Mitwirkung an diesem 
daterländischen Unternehmen einzuladen. 
Berlin, 31. Januar. Der Kaiser unternahm 
heute wieder die regelmäßigen Spazierfahrten. 
(Canäle und Eisenbahnen.) Gegen eine 
m Hannoverschen Courier abgedruckte Zuschrift, 
vorin es heißt, daß der Standpunkt, nach welchem 
den künstlichen Wasserstraßen den Eisenbahnen 
zegenüber jede Concurrenzfähigkeit abgesprochen 
verde, gegenwärtig auch bei den maßgebenden Per— 
önlichkeiten im Arbeitsministerium die entschiedenste 
AM 
Ausland. 
Wien, 30. Januar. Das Gerücht, die Re— 
gierung beabfichtigte in kürzester Frist durch die 
Verordnung eines Ausnahmezustandes eine Art 
tleinen Belagerungszustandes über Wien und Um— 
zebung zu verhängen, bestätigt sich. Die Polizei— 
direktion, einige Sicherheitsorgane und Arbeitgeber 
erhielten zahlreich Drohbriefe; für Floridsdorf ist 
die abendliche Schließung der Wirthshäuser auf 11 
Uhr angeordnet. Die Beunruhigung der Bevöiker— 
ung steigt. Bei der Polizei laufen zahlreiche Ge⸗ 
suche um die Erlaubniß ein, Waffen tragen zu 
dürfen. — Aus der Ortschaft Oberhart bei Wels 
in Oesterreich wird ein neuer Raubmord gemeldet. 
der 68jährige Schmied Felbermayer ist dort er— 
chlagen worden. Der Mörder raubte seinem un—⸗ 
zlücklichen Opfer eine Brieftasche mit 17 bis 20 
Finguldennoten. Des Mordes verdächtig ist eine 
aus drei Männern und einer Frau bestehende Land⸗ 
treicherbande. 
Paris, 30. Januar. Der Seinepräfekt 
hat die Bürgermeister von Paris und allen Depar— 
sements aufgefordert, eine statistische Nachweisung 
aufzustellen über die zur Zeit in den Werkstätten, 
düttenwerken und Fabriken ihrer Gemeinden be— 
schäftigten Arbeiter. Es würde sich hieraus die 
Anzahl der gegenwärtig beschäftigungslosen Arbeiter 
ergeben. 
Französische Manöver. Der Kriegs- 
minister hat die Befehle erlassen für die großen 
Manöver in diesem Jahre. Das 4. Armeecorps 
unter General v. Berckheim (Le Mans) und das 
17. Armeecorps unter General Lewal (Tounlouse) 
werden gegen einander manövriren während zwanzig 
Tagen. Divisionsmanöver von vierzehn Tagen 
rinden statt beim J., 2., 3., 12., 14., 15., 16., 
uind 18. Armeekorps; Brigademanöver beim 5., 6., 
7., 8., 9., 10., 11. und 13. Armeecorps. Außer⸗ 
dem werden alle Cavalleriebrigaden ohne Ausnahme 
hesondere achttägige Cavalleriemanöver abhalten. 
Nihilistische Attentatte. Aus Charkom 
vird Londoner Blättern auf indirektem Wege via 
Bumbinunen unterm 26. d. gemeldet: Der Gen— 
»armen⸗Offizier Sobioleff, der von dem verstorbenen 
Oberst Sudejkin hierher gesandt wurde, um Unter— 
uchungen über die nihilistische Organisation anzu— 
lellen, wurde durch Dolchstiche ermordet. Durch