Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
der „St. Ingberter Anzeitger“ erscheint wöchentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltun 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 A. Neclamen 30 A. Bei a4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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M 216. 
19. Jahrg 
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pedition dieses Blattes entgegengenommen. 
absurd ist. Im Gegentheil wird der Beweis nicht 
schwer zu erbringen sein, daß hauptsächlich der 
Radikalismus es war und ist, der direkt wie in— 
direkt die Sozialdemokratie unterstützt und sie groß⸗ 
ziehen hilft! 
Ein Blick auf die diesjährigen Wahlresultate 
ehrt uns, daß die Sozialdemokratie am meisten da 
Terrain gewonnen hat, wo seither der Radikalismus 
hie Herrschaft führte. In Berlin, Frankfurt, Mainz, 
hamburg, Königsberg, Darmstadt, Mannheim, Gotha, 
Hera, Nürnberg, Breslau, Stettin, Altona haben 
die sozialdemokratischen Stimmen in auffallendster 
Weise zugenommen und gerade in diesen Städten 
sjat seither der Radikalismus politisch das Ueber— 
jewicht gehabt. Die Städte waren seither sämmt— 
ich durch Abgeordnete der demokratischen und der 
Fortschrittspartei vertreten — so daß doch dieser 
tatistische Zusammenhang zwischen dem Wirken des 
Radikalismus und dem Wachsen der Sozialdemo—⸗ 
kratie offen zu Tage liegt. Andernfalls müßte ja 
doch gerade in diesen seither radikal gesinnten Orten 
die beste Gelegenheit gewesen sein, die Heilkraft des 
Radikalismus gegenüber den Tendenzen der Sozial⸗ 
demokratie zu erproben. Nun erleben wir aber in 
Wirklichkeit das vollktommene Gegentheil, insofern 
aus den seitherigen Radikalen vielfach — Sozial⸗ 
demokraten werden, oder soll wirklich im Ernste 
jemand die Behauptung wagen wollen, eine natio⸗ 
nalliberale oder gemäßigt konservative Gesinnung 
könnte zur Sozialdemokratie führen? Auf solchen 
Unsinn kommt es aber schließlich hinaus, wenn der 
Radikalismus so thut, als ob er unschuldig an der 
sozialdemokratischen Hochfluth wäre. 
Wer die radikale Presse kennt und wem die 
Auslassungen der radikalen Führer nicht unbekannt 
sind, der weiß auch, daß dieser Uebergang von 
Radikalismus zur Sozialdemokratie weiter nicht 
unnatürlich ist. Wenn fortwährend und in allen 
Tonarten dem Volke vorgeredet wird, es habe eine 
chlechte Regierung, einen despotischen Kanzler, 
chlechte Parlamentsvertreter — soweit sie nicht 
um radikalen Heerbann zählen —, schlechte Gesetze, 
die von einer Schnaps- und Schweine-⸗Politik diktirt 
vären, dann soll das Volk nicht Lust verspüren, 
nit dieser ganzen elenden Wirthschaft aufzuräumen, 
das heißt zur Sozialdemokratie zu schwören? Die 
Radikalen sagen zwar: so war es nicht gemeint 
— wir machen nur legale Opposition. Aber solche 
ieine Unterschiede macht weder der gemeine Mann, 
noch versteht er sie. Wohl aber begreift er, daf 
er Radikalismus den sozialen Schäden nicht abhelfen 
ann oder will, und da er weiterhin vermöge der 
isher genossenen radikalen politischen Schulung die 
Opposinon gegen die Regierung als die vornehmste 
sflicht des Volkes aufzufassen gelernt hat, so geht 
er am Ende dahin, wo diese Opposition am reinsten 
nusgeprägt ist, zur Sozialdemokratie! In dieser 
Beziehung ist der Radikalismus die natürliche Vor⸗ 
ind Pflanzschule der Sozialdemokratie, und daher 
auch dessen Wachssthum in jenen Städten, wo die 
radikale Opposition seither den Ton angab. In 
der Politik wachsen bestimmte Ideen sowohl wie 
destimmte Parteien nicht wild aus dem Boden, son⸗ 
dern sie entwickeln sich und gedeihen nur da, wo 
der Boden vorbereitet, gedüngt ist für die betreffende 
»olitische Saat. Der Radikalismus aber ist vor— 
zugsweise da der Säemann gewesen, wo nunmehr 
die sozialdemokratische Saat üppig ins Krant schießt. 
Er hat radikalen Wind gesäet und ist nunmehr er— 
taunt, sozialdemokratischen Sturm zu ernten. Dieses 
Erstaunen ist bezeichnend für die politische Kurz— 
ächtigkeit des Radikalismus, der Versuch aber, seine 
dände in Unschuld zu waschen und den gemäßigten 
Liberalismus für die radikalen Sünden verantwort⸗ 
lich zu machen, ist nicht weniger bezeichnend für 
die unwahre, unredliche Kampfweise der radikalen 
Parteien. 
Politische Uebersicht. 
Dem Bundesrathe ist die Uebersicht der Resich s— 
rusgaben und Einnahmen fur das Etats— 
ahr 1883,84 zugegangen. Es sind eingekommen 
Mk. 606 118 963,17. An Resten sind verblieben 
56 028 686,65, in Summa der Einnahmen Mk. 
362 147 379,92. Die Ausgabe beträgt Mark 
587 251 758,12. An verbliebenen Resten Mark 
76 800 940,35. Die Gesammtausgabe beläuft sich 
nuf Mk. 664 052 698,47. Die zu genehmigenden 
Ftatsüberschreitungen bezw. außeretatsmäßigen Aus— 
zaben belaufen sich im ganzen auf Mk. 16541825, 17. 
Ohne Berücksichtigung der verbliebenen Reste wäre 
ein Bestand von Mk. 18 866 938,05 vorhanden, 
wogegen die Ausgabereste die Einnahmereste um 
Mtk. 20772 253,70 übersteigen, so daß sich bei 
Vergleichung der rechnungsmäßigen Solleinnahme 
mit der rechnungsmäßigen Sollausgabe ein Fehl— 
hetrag von Mk. 1905 31865 ergibt. 
J. Der Radikalismus und die 
Sozialdemokratie. 
Das fortgesetzte Jammern speziell des Radikalis— 
aus über das bei den Wahlen ziffernmäßig festge— 
tellte Anwachsen der Sozialdemokratie hat augen— 
cheinlich seine ganz besonderen Gründe, die mit 
ethischer Trauer um die angeblich ins Wanken ge— 
tommenen Grundpfeiler des Staates ganz und gar 
aichts zu thun haben. Einestheils soll hierdurch die 
allgemeine Aufmerksamkeit von dem Wahl-Fiasko der 
radikalen Parteien etwas abgelenkt und andererseits 
oll den ruhigen Bürgern in allen den Städten, in 
denen wie in Berlin, Frankfurt, Königsberg u. s. w. 
Sozialdemokraten zur Stichwahl mit einem Demo— 
traten oder Deutsch-Freisinnigen stehen, recht gründ— 
ich bange gemacht werden, damit sie ja den radi— 
alen Kandidaten beispringen gegenüber den bösen 
Sozialdemokraten. 
Die Nationalliberalen speziell haben übrigens in 
neser Beziehung nach allen Richtungen ein gutes 
Gewissen. Sie gehen nirgends den Sozialdemokraten 
um den Bart, wie dies z. B. die Demokraten in 
Mannheim thun — weil sie deren Stimmen gegen 
iinen Nationalliberalen brauchen — während die— 
lben Demokraten in Frankfurt die Sozialdemokratie 
ekämpfen, weil sie ihr dort ins Wohlgehege gerathen 
st. Die radikalen Parteien dagegen haben bei den 
verschiedensten Gelegenheiten ihre platonische Zärt— 
ichkeit gegenüber der Sozialdemokratie an den Tag 
elegt, welche Regung freilich sich sofort ins Gegen— 
heil verwandelte, wenn die Sozialdemokratie als 
Bahlgegnerin unbequeu wurde. Die Nationallibe⸗ 
alen haben aber auch auf der anderen Seite durch 
gre Stellungnahme zur kaiserlichen Botschaft und 
ur Sozialreform klipp und klar ausgesprochen, daß 
ie den berechtigten Kern der sozialistischen For— 
nerungen anerkennen und daß sie vor Allem mit 
haten helfen wollen, soweit geholfen werden kann. 
die radikalen Parteien dagegen möchten den Sozial⸗ 
emokraten gerne auf politischem Gebiete näher treten 
und daher auch ihr Schmerz darüber, daß die So— 
äaldemokratie sich dieser politischen Führung nicht 
unterwerfen will, weil jene wohl weiß, daß es dem 
dadikalismus weit weniger um Heilung der so. 
idlen Schäden als um politischen Stimmenfang 
zu thun ist. 
Es kommt dabei ferner in Betracht, daß gerade 
ne treibenden Kräfte und vielfach auch die Führer 
des deutschen Radikalismus sich aus Kreisen rekru— 
tren, die ihrer wirthschaftlichen Anschauung und 
hrer geschäfilichen Praxis nach für nichts weniger 
is arbeiterfreundlich gelten können. Trotzdem be— 
eht aber eine Wahlverwandtschaft zwischen Radi— 
alismus und Sozialdemokratie, und diese Wahl⸗ 
rwandtschaft erscheint uns auch als eine der 
auptursachen der letzteren, während die Behaup⸗ 
ung der Radikalen, die Haltung der gemäßigten 
harteien in Sachen der Sozialteform habe das 
Unwachsen der Sozialdemokratie begünstigt, geradezu 
Bei Gelegenheit des Auslaufens des westafrika— 
nischen Geschwaders lenkt die „Nordd. Allg. Ztg.“ 
den Blick auf die zahlreichen Dienste zurück, welche 
die Marine in den letzten zwölf Jahren der 
äußeren Machtstellung Deutschlands und seiner 
nationalen Interessen geleistet hat. Sie verbreitet 
sich in dem Artikel des Längeren über die Expedition 
von 1872 nach Sabanilla in Columbien, die Zu— 
ammenziehung einer Flotte vor Hongkong im Mai 
1876, die Entsendung eines Panzergeschwaders 
während des russisch-türkischen Krieges, die Expe— 
dition nach Nicaragua und führt auch die Absen⸗ 
dungen einzelner Schiffe zur Bestrafung von Aus— 
schreitungen und Gewaltthätigkeiten gegen Reichs— 
ingehörige an, um folgendermaßen zu schließen: 
„Alle vorstehend aufgeführten Fälle bestätigen immer 
wieder die Erscheinung, daß die Bevölkerungen in 
überseeischen Landern stets nur der Macht glauben, 
velche sie vor sich sehen, und daß sie danach ihr 
Verhalten einrichten. Für sie bilden Größe, Zahl 
und Ausrüstung der Kriegsschiffe den Maßstab der 
Beurtheilung, wie weit sie sich dem mächtigeren 
Staat zu fügen und dessen Autorität anzuerkennen 
jaben.“ 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ fährt mit der Publi— 
kation welfischer Aktenstücke fort. Die 
neuerdings veröffentlichten Briefe Georgs V. reichen 
hbis zum Juni 1869. Ueberall tritt der Glaube 
an Frankreichs Hülfe hervor. Georg V. hatte sich 
nn seine Ideenwelt so fest eingesponnen, daß es ihm 
ogar als eine nationale That erschien, Deutschland 
in einen Krieg mit Frankreich zu verwickeln, um 
o ein großes, mächtiges Welfenreich wieder erstehen 
uu lassen. Viel neues dringen die bisher beröffent— 
liichten Briefe nicht. 
Aus Paris wird dem „Frkf. J.“ geschrieben: 
*s wurde bereits telegraphisch gemeldet, daß ein 
Nizzaer Blatt, „Le Petit Nicois“, einen chauvi⸗ 
nistischen Anfall hatte, indem es einen von fana— 
ischem Deutschenhaß triefenden Schmähartikel 
eröffentlichte. Angesichts dieses, sowie ähnlicher 
eutschfeindliche Kundgebungen in der Pariser