Full text: St. Ingberter Anzeiger

leitenden Beamten über seiner Meinung nach un— 
tüchtige Leistungen verlangt, aber nicht ohne Wider— 
spruch bleibt. Schließlich wurde die einheit. 
liche Ordnung des Submissionswesens für alle Ressorts 
und die strenge Kontrolle der Ausführung seitens 
der Behörden gewünscht. 
Sokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 18. Nov. Die Betheilig— 
ung bei der gestrigen Stadtrathswahl war 
eine sehr rege, indem von 1185 als wahlberechtigt 
in der Liste eingetragenen Bürgern 902, also 76 
Prozent ihr Wahlrecht durch Abgahe eines Wahl— 
zettels ausübten. Fünf der abgegebenen Wahlzettel 
waren ungiltig, so daß die Namen auf 897 Wahl⸗ 
zetteln zur Zählung kommen, was, soferne jeder 
mit 36 Namen auszefüllt ist, die stattliche Zahl 
bon 832292 Namen aufweist. — Den Wählern 
war das Wahlgeschäft sehr erleichtert, da ihnen nich 
weniger als fünf gedruckte Wahlvorschläge vorlagen, 
die sich jedoch wesentlich nicht sehr von einander 
unterschieden. Eine weitere Erleichterung für die 
Wähler, sobald sie sich für einen Wahlvorschlag 
entschieden hatten, boten zwei Pressen resp. Hek⸗ 
fographen, welche zur Ausfüllung der vorschrifts⸗ 
maͤßigen Wahlzeitel min den Namen der Kandidaten 
während des Tages in Thätigkeit gesetzt waren. — 
Das Wahlresultat wird erst in einigen Tagen 
festgestellt werden können. 
Hasse!, 18. Nov. Bei der gestern dahier 
staitgehabten Gemeinderathswahl wurden 
gewaͤhlt: a. als Gemeinderäthe: Dorr Georg 
Franz. Gutsbesitzer mit 79 St., Keßler Johaun, 
AÄckerer und Wirih, mit 71 St., Schwerdt Peter, 
Bergmann, mit 51 St., Dreßler Johann, Kauf-⸗ 
mann, mit 50 St., Gehring Konrad, Bergmann. 
mit 48 St., Grund Christian, Bergmann, mit 46 
Stimmen, Bender Konrad, Bergmann, mit 46 St., 
Hüther Friedrich, Schuster, mit 45 St. Unbehend 
Foh. Peter, pens. Bergmann, mit 43 St., Würtz 
Peter, Gutsbesitzer, mit 48 St., Meßerle Jakob, 
Bergmann, mil 48 St.; b. als Ersatzleute: 
Lehmann Joh., Osthof Valentin, Lukas Jakob, 
Gehring Peter. Als Adjunkt wurde von den Ge⸗ 
meinderätsen der Ackerer und Wirth Joh. Keßler 
wiedergewählt. Sieben Gemeinderathsmitglieder 
fungirten als solche schon frützer, währeud vier neu 
gewählt wurden. 
S Schnappach, 17. Novb. Unsern gestrigen 
Bericht über die Einweihung des hiesigen Fried⸗ 
hofes ergänzend, theilen wir mit, daß die Musik, 
welche die Einweihungsfeier wesentlich erhöhte, sich 
dem Komié unentgelilich zur Verfügung gestellt 
hatte, was gewiß die vollste Anerkennung 
berdient, die wir hiermit auch öffentlich zum Aus— 
drucke gebracht haben wollen. 
— Blieskastel, 16. Nop. Am 14. und 
15. ds. wurde unter der Leitung des Herru Be⸗ 
zirkßamtmannes Dr. Schlagintweit die hiesige Ge⸗ 
neinderathswahl abgehalten. Von 239 Wahlbe— 
rechtigten haben 219 gewählt. In den aus —18 
Mitgliedern bestehenden Stadtrath wurden 5 neue 
Mitglieder gewählt, die übrigen blieben. Der 
Konsession nach bertheilen sie sich auf 17 Katho⸗ 
liten und einen Jcraeliten. Zum städtischen Ad— 
junkten wurde Herr Gastwirth Karl Hau ck sen. 
wiedergewählt. Da in den zur Bürgermeisterei 
Blieskaͤstel gehörenden Ortschaften die Gemeinde⸗ 
wahlen noch nicht beendigt sind, wurde die Wah' 
des Buͤrgermetsters auf nächsten Mittwoch festgesetzt 
Die Namen der Stadträthe von Blieskastel sind 
Knaps Emil, Hauck sen., Nik. Dietz, Mayer Jakob 
Beresheim Franz, Beresheim Philipp, Levi Simon, 
Geisenhofer, Braun Iohann, Riedinger, Hager 
Karl, Linxweiler Nik., Neumar Franz, Bruch Karl 
Salzgeber Nik., Schiefer Jakob. Rriam Karl 
Roppenecker Jakob. 
— Kaiserslautern, 14. Nov. Heute 
früh 4 Uhr brach in der Mühle auf dem Blech— 
hammer Feuer aus, welches Mühle, Wäscherei und 
Scheuer in Asche legte; die hiesige Feuerwehr wurde 
dorthin gerufen und hat den Brand durch ihre 
energische Thätigkeit auf seinen Herd beschränkt. Es 
stehen nur noch die Umfassungsmauern. Herr Heck 
hat versichert. Die Gebäude, welche Herrn Orth 
gehören, sind ebenfalls versichert. 
— Kaiserslautern. In der Nacht zum 
letzten Samstag wurde in die Geschäftslokalitäten 
der „Pfälz. Presses einzebrechen und die Kasse 
ihres Inhatte (mit ca. 20. Mark) beraubt. De— 
Jhäter ist noch nicht ermittelt 
— Nachdem die „Pfäz. Presse“ von Kirch— 
heimbolanden nach Kaiserslautern überge— 
siedelt und die Reichstagswahl für die Demokratie 
günstig ausgefallen ist, kündigt der Verlag der 
„Pfälz. Volkszeitung“ in Kaiserslautern (Hr. Ph 
Rohr) an, daß er in Kirchheimbolanden eine eigene 
Druckerei errichte und vom 1. Januar ab ein 
täglich erscheinendes Vlatt unter dem Titel „Nord 
pfalzische Bürgerzeitung“ herausgeben werde. 
— Auf dem Felde bei Trippstadt fand 
eine Frau die Leiche eines neugeborenen Kindes 
Nach gemachter Anzeige wurde gegen eine dortige 
Wittwe Untersuchung eingeleitet, dieselbe als Kin— 
desmörderin durch die Gendarmerie verhaftet und 
per Wagen nach Kaiserslautern verbracht. Es ist 
dies der zweite Fall, betreffs dessen dieselbe ihrer 
Bestrafung entgegensieht. 
— Aus der Pfalz, 14 Nov. Im Be— 
schäft mit Diesjährigem ist es jetzt still geworden, 
wenigstens was zunächst die Weinorte am Haardt- 
gebirge anbelangt. Die Weinlese ist dort gleich— 
fallz gänzlich beendet und lieferte in quantitativer 
Beziehung ein meist unbefriedigendes, dagegen in 
qualitativer ein sehr lobenswerthes Resultat. Neu— 
erliche Käufe im 1884er liegen vor aus Rocken⸗ 
zausen, woselbst für 160 Liter 40 — 48 M., und 
aus Niedesheim, wo für 1000 Liter 250 - 260 
M. bewilligt wurden. Außerdem wurden für 
gleiches Quantum in Asselheim 400 -440, in 
Kleinkarlbach 345 — 400, in Leistadt 440, in 
Weisenheim a. B. 8350, in Ellerstadt, 560, in 
Freinsheim 450--500, in Wachenheim 700 und 
darüber in Ungstein 750 bis 800, in Forst 1250 
und in Dürkheim 6560 —700 M. bezahlt. Der in 
letzterem Hauptweinplatze amtlich festgesetzte Mar⸗ 
tini⸗Mittelpreis, auf welchen hin diesmal im ei— 
gentlichsten Herbste viele Käufe, meistens mit Auf— 
zahlung von 0,50 — 1 M. asgeschlossen wurden, 
odeträgt für 40 Liter Träbermost 18,36 M. und 
für 1000 Liter Hellmost 676,95 M. Es dürfte 
nicht uninteressant sein, hierbei auf den betreffen— 
den amtlichen Preis von 1883 hinzuweisen, der 
sich auf nur 18,74 M. pro 40, und auf 522,28 
M. pro 1000 Liter stellte. In älteren Sachen 
herrscht zur Zeit gleichfalls nur geringes Animo. 
1000 Liter 1880er stellten sich in Dürkheim aus 
1250 M., 1878er auf 1000 - 1150 M.; Eller— 
—öVVDVVV 
Vermischtes. 
F St. Wendel, 15. Okt. Ein neuvermähltes 
Ehepaar machte vor einigen Tagen von S. aus 
seine Brautfahrt nach dem Rhein und dem Nieder— 
valddenkmal. Auf der Rückfahrt stieg der junge 
Ehemann an einer Nebenstation aus, um seinem 
Weibchen einige Erfrischungen zu kaufen. Allein 
der böse Zug setzte sich während seiner Abwesenheit 
wieder in Bewegung und trug die junge Feau auf 
den Flügeln des Dampfes davon. Diese aber stieg 
auf der nächsten Station aus, um dort den Gatten 
zu erwarten. Doch der, im Glauben, die Gattin 
sei direkt heimwärts gefahren, blieb an der Halte⸗ 
ttelle im Waggon zurückgelehnt und fuhr, ohne die 
ehnsüchtig Ausschauende bemerkt zu haben, weiter. 
Der Zug war unglücklicherweise der letzte, und was 
ioch unangenehmer war, der Gemahl führte die 
Kasse; so war die junge Frau genöthigt, die Nach! 
im Wartesaal zu verbringen und am andern Morgen 
hren Reisekoffer zu versetzen, um auf diese Weise 
das Geld zur Heimfahrt zu bekommen. Der junge 
Pann aber fand bei seiner Ankunft in S. das 
Zeim, welches er seiner Liebe geschaffen, leer, und 
durchwachte eine lange Nacht in Angst und Ver— 
weiflung um das Schicksal seiner Gattin. Zur 
Warnung für künflige Brautfahrer sei der Fall hier 
mitgetheilt. 
F Worms. In Wolgesheim geriethen in 
einem Disput über die Reichstagswahl die Brüder 
H. in Streit, infolge dessen Einer den Andern 
dermaßen verletzte, daß er starb. 
FAus Rheinhessen. Unser diesjähri— 
ges Weinjahr ist ein echtes „Neidjahr“, denn die 
Weinproduktion ist heuer eine sehr ungleiche; 
während beispielsweise in einzelnen Weinorten eint 
wahrhaft große Ernte eingeherbstet wird, sind die 
Resultate anderer ganz benachbarter Ortschaften 
wieder sehr bescheiden. So erzielte z. B. ein Guts— 
besitzer aus Mainz auf seinem 30 Morgen gro 
ßen Weingute in Nackenheim nur 6 Stück Wein, 
während in dem benachbarten Lörzweiler ein Wein— 
egen anzutreffen ist, wie er dort noch nicht erlebt 
vurde: einzelne Weinstöcke hingen derart voll. das 
nicht selten bis zu zwei Zuber Trauben davon ge⸗ 
schnitten werden konnten. In Mettenheim ist eben⸗ 
falls großer Weinsegen; ein Landwirth erzielte 
dort von 34 Morgen Weinberg ein Quantum 
von 30 Ohm Wein;'“ in Ebersheim geht es wi 
der knapp her, dort erzielte ein Landwirth von 
sechs Morgen Weinberg nur 423 Ohm Wein 
u. s. w. 
F Mainz, 16. Nov. Das erste Eis wurde in 
Kastel gebrochen und hieher gebracht; der Zentner 
wurde zum Preise bis zu 1,50 Mt. an hiesige 
Bierbrauer verkauft. 
F Ein zweites Eisenbahnungklückhaf 
sich bei Hanau ereignet. Es wird darüber aus 
Hangau unterm 16. Nov. berichtet: Gestern (Sams 
tag) Abend wurde der fahrpsanmäßig 9 Uhr 4 
Minuten hier eintreffende gemischte Zug der Hanau— 
Friedberger Bahn kurz vor der Haltestelle am Ost. 
bahnhofe durch falsche Weichenstellung auf einen 
links stehenden Güterzug der Hessischen Ludwigs— 
bahn übergeführt. Es erfolgte in Folge dessen ein 
furchtharer Zusammenstoß. Zwei Wagen des 
Güterzuges wurden sofort zertrümmert und ein 
dritter stark beschädigt. Bon dem Friedberger Zug 
wurde die Lotomotive vorn stark beschädigt, ein 
Kohlenwagen in einen glücklicherweise leeren Per— 
sonenwagen erster und zweiter Klasse ganz hinein— 
gerannt; ferner wurde ein Wagen dritter und 
vierter Klasse durch den von hinten wirkenden Drud 
der schweren Güterwagen aus dem Geleise in die 
Höhe gehoben und zur linken Seite der Böschung 
hiunabgestürzt. Beide Wagen sind total zertrüm— 
mert. In dem hinabstürzenden Wagen dritter 
Klasse befand sich nur ein Passagier, der im Mo— 
ment des Sturzes herausgesprungen ist. Er isf 
nur leicht kontusionirt worden. Außer ihm wurde 
noch ein Schaffner und der Lokomotioführer leich— 
verletzt. Alle übrigen Passagiere waren zuvor am 
Nordbahnhof ausgestiegen, sonst hätte es wieder ein 
namenloses Unglück gegeben. Ganz Hanau iß 
wieder in großer Aufregung. Tausende pilgern 
nach der Unglücksstätte. 
F Es kommt jetzt öfter vor, daß Volks 
schullehrer für Südafrika und Südamerika 
gesucht und daß diesen Lehrern anscheinend größere 
Besoldungen geboten werden, wobei jedoch verschwie— 
gen wird, daß der Lebensunterhalt und die ganze 
Lebensweise dort ungemein kostspielig ist, weßhalb 
nicht dringend genug vor der Annahme solcher 
Stellen und dem Eingehen auf solche Anerbietungen 
gewarnt werden kann. 
F Der engere Ausschuß decr deutschen Reichs— 
fechtschule hat sich dahin ausgesprochen, daß das in 
Süddeutschland zu erbauende Reichs-Waisen— 
haus nicht in Bamberg, sondern in Schwabach er— 
richtet werde. 
F Nach Deutschland mit Protest zurückge— 
fchickt wurde — einer Mittheilung der „Am. Korr.“ 
zufolge — der aus Waldeck, Kreis Dünkelsbühl. 
in Bayern stammende Schuhmacher Wilhelm Spiegel, 
nehst seiner Frau und Kindern, im Alter von? 
bis 7 Jahren bestehenden Familie, weil er voll⸗ 
ständig mittellos und auf Kosten seiner Gemeinde 
nach Amerika befördert worden war. Der Bedauerns 
verthe hatte zu Protokoll gegeben, daß er nicht im 
Stande sei, seine Familie hier zu ernähren, daß 
ihm vom Bürgermeister Brunner in Waldeck zirka 
300 Mark für Eisenbahnfahrt und Schiffspassage 
und weitere 100 Mark in Hamburg ausbezahlt 
worden seien. Letzterer Betrag befand sich zum 
zrößten Theile in seinem Besitz. Die Einwander— 
ungshörde konnte selbstverständlich nicht anders, als 
die Familie wi.rx nach Deutschland zurückzuschicken 
und zwar zunächst auf Kosten der „Hamburg · Ameti⸗ 
kanischen Packetfahrt-Gesellschaft,“ welche die Famili 
herübergebracht hatte. 
Auf dem Bahnhofe Niedersachswerfen un⸗ 
weit Nordhausen wurde als die Postsachen au 
Ilfeld dem Postwagen im Personenzuge übergeben 
wurden, ein Briefbeutel, in dem sich ein Gelde 
brief mit 1000 Mk. Inhalt befand, entwendet 
Bis jetzt ist der Dieb nicht entdeckt worden. 
F Nossen Gachsen). In dem benachbarten 
Dorfe Obereula ertränkte sich ein 14 Jahre altes 
Mädchen. Ein schweres Geschick lastet auf der 
Familie der Selbstmörderin. Der Vater des Kindes 
siel 1870 in Frankreich, der Großvater, ein Bahn⸗ 
wärter, wurde im vergangenen Jahre bei Ausübung 
seines Berufes von einein Zuge überfahren und 
getödtet. Die Mutter des Kindes schließlich starb 
vor wenigen Tage an einem Schlagfuß. In der 
Verzweiflung über selne hülflose Lage machte da⸗ 
alleinstehende Kind seinem Leben im Teiche ein Ende