Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Der berühmte Zoologe und Reisende Al— 
red Brehm, weltbekannt durch sein ausgezeich⸗ 
netes Lebenswerk, das kurzweg den Titel „Brehm's 
Thierleben“ führt, ist, wie bereits kurz erwähnt, 
aim 13 ds. Mts. in Renthendorf bei Gera gestorben. 
Der als Mensch wie als Gelehrter gleich hochgeachtete 
Raturforscher stand noch im besten Mannesalter und 
vohl nur die Anstrengungen und Strapatzen, die er sich 
auf seinen verschiedenen Forschungsreisen zugemuthet, 
nachen das frühe Ableben des kräfrigen Mannes 
zegreiflich. Alfred Brehm ward am 2. Februar 
829 in demselben thüringischen Ort bei Neustadt 
in der Orla, gebsren, in welchem er jetzt erkrankte 
ind starb. Sein Vater, der bekaunte Ornithelog, 
oar daselbst Pfarrer. Noch ehe der nunmehr 
Verstorbene die Universität bezog, machte er bereits 
eine erste große wissenschaftliche Reise; im Inli 
847 ging er nach Afrika und kehrte erst im Mai 
852 zurück. Mit seltenen Vorkenntnissen und 
pendigen Anschauungen ausgerüstet, begann er 
inn in Jena seine akademischen Studien als 
zoolog, die er in Wien unter Fitzinger fortsetzte, 
augleich aber auch die stattliche Reihe seiner schrift 
tellerischen Arbeilen, deren erste die „Reisestizzen 
us Nordostafrika“ (Jena 1858) waren. Zwischen 
seoretischen Studien und exakten Forschungen in 
er heimischen Natur, wie auf weitführenden Rei— 
n einerseits, und der literarischen Schilderung 
eser wissenschaftlichen Erlebnisse andererseits blieb 
ortan sein reiches thätiges Leben getheilt. 1856 
ereiste er Spanien, 1860 Norwegen und Lopp⸗ 
and, zum besonderen Studium der Vogelwelt, 
delcher letzteren sein zweites größeres Werk: „Das 
deben der Vögel“, gewidmet war. Im Jahre 
862 begleitete er den jagdliebenden Herzog von 
doburg· Gotha anf dessen Reise nach den Boges- 
ändern als Führer. Die wissenschaftliche Ausbeute 
ieser Expedition legte er in den „Ergebnissen ei— 
ler Reise nach Habesch“‘“ (Hamburg 1863) nieder. 
Heimgekahrt wurde er an die Spitze des Zoologi⸗ 
chen Gartens in Hamburg als Dircktor berufen 
Fr verblieb bis 1867 in diestr Stellung. Mit 
„em Plane des großartigen Aquariums im Kopfe, 
zus er im nächsten Jahre in Berlin ins Leben 
rief, siedelte er dahin über. Schon Jahre vorher 
zatie er das Fundament zu seinem Unternehmen, 
das „Leben der Thiere“ im Zusammenhang mit 
„orzüglichen Illustrationen zu schildern, entworfen 
ind aufzubauen angefangen. In dem Zeichner 
Mützel fand er einen ausgezeichneten Bundesge 
nossen. Beide schilderten nur nach der Natur und 
war mit einer Schärfe, einer Anschaulichkeit, die 
zjanz einzig geartet war. Neben den fortlaufenden 
Ärbeiten fuͤr die neue Auflage dieses Werkes schrieb 
Brehm mit Roßmäßler zusammen „Die Thiere 
ses Waldes“ und unter Mithülfe der namhaftesten 
Fachmäuner ein eingehendes Hand; und Lehrbuch 
r Vogelzüchter und Liebhaher „Gekaugene Vögel“. 
Seine letzie große Reise machte er im Jahre 1876 
ind zwat mut Finsch und Graf Walddurg nach 
Westsibirien, sie führte ihn bis zum Alatau in 
Turtistan und von hier aus durch die Mongolei, 
»as Obgebiet und über die Samojedenhalbinsel 
zinweg dis zum Karischen Meerbusen. Ein Jahr 
päter begleilete er den Kronprinzen Rudolph auf 
einer Reise im mittleren Donaugebiete, 1879 auf 
⸗einer läugerwährenden in Spanien. Nicht ver— 
gessen werden dürfen über den größeren Werken 
Rine vielen kleineren Aufsätze in Familienblättern 
c, in deuen er in vollendeter und echt populärer 
Form die Ergebnisse seiner Forschungen den wei⸗ 
sesten Kreisen mittheilte und zugänglich machte. 
Der Vorstand des Landesvereins 
dreußischer Volksschullehrer hat be— 
chlossen, ein Gesuch an den Unterrichtsminister um 
Wegfall der 25prozentigen Abzüge von Gehalts— 
zufbessetungen und ein anderes an das Abgeord— 
zetenhaus um Erscheinen eines Dotations- und 
Ruhegehalts · Gesetzes ins Werk zu setzen. 
Essen, 15. Nov. In Rottenhausen hat 
ich wieder infolge unvorsichtigen Umgehens mit 
Petroleum ein trauriger Unglücksfall ereignet. Eine 
exst kürzlich aus Ostpreußen in die hiesige Gegend 
gekommene Frau goß aus einer drei Liter enthal 
lenden Blechtanne Petroleum ins Feuer. Selbft 
verständlich entstand eine furchtbare Explosion, und 
als die Nachbarn in die Stube eindrangen, fanden 
sie die Frau und zwei Kinder brennend am Boden 
lsiegen. Das Feuer wurde zwar bald erstickt; das 
üngste Kind starb aber schon einige Stunden nach— 
der, während die Frau und das S5jährige Kind 
voffnungslos darniederliegen. 
Köln, 16. Nov. An Lunette V ist ange— 
ichts des Auftretens der Cholera in Paris sofort 
mit dem Bau zweier Baracken begonnen worden. 
Die Pockenkraukheit hat bedeutend nachgelassen; es 
befinden sich nur noch 30 Personen in Behandlung. 
F Vom Dienstmädchen zum — Mil⸗ 
dionär. In dem Hause des bekannten Kölner 
Bankiers Freiherrn von Oppenheim war ein Zweit— 
nädchen in Diensten, welches eines schönen Tages 
dor ihren Herrn trat mit der Erkl ärung, ihr On— 
el in Amerika sei gestorben und sollte derselbe 
ine große Erbschaft hinterlassen haben. Herr von 
D. vermochte mit seinen weitgehenden Connexionen 
Licht in die Sache zu bringen und in nicht langer 
Zeit war er denn auch so glücklich, seiner Magd 
die fröhliche Mittheilung zu machen, daß der On— 
kel ca. 160 Millionen Dollars hinterlassen habe 
ind solche sofort flüssig seien. Das glücklicht 
Dienstmädchen ist aus Hessen gebürtig und parti— 
ipiren mit ihm noch 14 andere ebenfalls im Hes— 
enlande wohnende Verwandte an der Millionen— 
rbschaft. 
4 Ein Dieb als Dichter hat neulich Abends in 
Düfseldorf Proben seiner Kunst abgelegt. Der— 
'elbe überstieg die Mauer eines herrschaftlichen 
Hartens, gelangte dann ins Haus und in ein 
Schlafzimmer, dessen Thüre er von iunen abschloß, 
uind dann versah er sich mit Kleidern aus dem 
Kleiderschranke, worauf er sich durchs Fenster ent— 
fernte. Durch dieses Fenster mußte der Hausherrt 
insteigen, um ins Zimmer zu kommen und er fand. 
aut dem „Tüss. Anz.“ an der Thüre des Kleider— 
rankes einen Zettel geklebt mit folgenden Versen 
Hier hängen die Kleider schon lange im Schrank 
Zur Speise der Motten, die sagen nicht dank, 
Ich nehme sie mit und hülle mich darein, 
Das scheint mir viel vernünftiger zu sein.“ 
Hagen, 14. Nov. In Westphalen, unweit 
der Bloͤckstätion Hengstei, fand heute Nachmittag 
ein Zusammenstoß zweier Güterzüge statt. Die 
Maschinen beider Züge wurden stark beschädigt, ein 
Packwagen zertrümmert, mehrere andere Wagen be— 
chädigt Das Geleise war laängere Zeit gesperrt 
stiemand ist verletzt. 
Ratibor, 14. Nov. Eine verhängnißvolle 
Ohrfeige gab gestern früh der Steueraufseher Freitag 
im benachbarten Woinowitz seiner Ehefrau. Die⸗ 
—VVV 
vurde gestern hierher zur Untersuchung abgeliefert. 
4 die Wolle des Professors Jäger hat bei 
maßgebenden ärztlichen Autotitäten der deutschen 
Armee eine so außerordentlich günstige Aufnahme 
gefunden, daß eine genaue praktische Untersuchung 
einer Einwirkung auf die Gesundtheit der Sol— 
daten demnächst bei einem unserer Truppenkörper 
»ingeführt werden soll. Graf Moltke und mehrere 
jerragende Autoritäten des großen Generalstabes 
hdaben sich als Anhänger des Jäger'schen Systems 
warm für dasselbe ausgesprochen. 
GEin Woll-Hafser.) Der Woll Apostel 
Professor Jäger befand sich am Sonntag in Trop⸗ 
hau, wo er einen Vorttag hielt. Noch während 
Dr. Jäger in Troppau anwesend war, erhielt er 
zus Brünn einen Brief mit folgendem Wortlaut: 
„Herr Professor Dr. Jäger! Ich gebe Ihnen 
Adieso wie Sie in Troppau eintreffen mit Ihre 
Predigen so werden Sie Pergiftet oder erschossen 
wenn nicht in Troppau so wird Ihnen die Ehre 
inderwärts geschehen.“ Der Schreiber scheint ein 
— Leinweber zu sein. 
Bremerhaven, 16. Nov. Der Schooner 
„Minna“, Capitän Nijahr, mit 800 Barrel Pet— 
roleum nach Stralsund bestimmt, ist gestern Abend 
nuf der Rhede in Brand gerathen, die Mannschaff 
wurde gerettet, das Schiff hrennt noch. 
(Im Jahre 2000.) Der Chef des stati— 
tischen Büreaus der Schweiz, Herr Kummer, 
sat eine Berechnung gemacht, wonach die Bevölker⸗ 
uingszahl verschiedener Länder Europas, falls sich 
dieselbe nach dem bisherigen Maßstabe zu vermehren 
ortfährt, im Jahre 2000 sich folgendermaßen ge— 
talten würde: Italien 56,142,968, Frankreich 
34, 180,400, Großbritannien 142,789, 145, Deutsch- 
and 164,678, 076 und Oesterreich-Ungarn 
70,090,508. 
4 (Das kommt davon.,) Vor einigen 
Tagen sollte, wie aus Bordeaux geschrieben 
vird, auf der Mairie die Trauung des Kaufmanns 
Huyere mit Fräutein Marguerite Artot stattfinden. 
Als die Beiden die schmale Treppe des Bürger— 
neisteramtes hinanstiegen, trat der Bräutigam zu 
ällig auf die weiße Atlasschleppe der jungen Dame 
Zornig wandte sich diese um und sagte: „Wie 
odumm!“ Als eine Viertelstunde später der Maire 
an Mr. Gupoͤre die übliche Frage richtete, ob er 
gesonnen sei Fräulein Artot zur Frau zu nehmen, 
antwortete dieser höhnisch: „Nein, so dumm bin 
ich nicht.“ Unter tobendem Lärm verließ die Hoch— 
zeitsgesellschfft den Saal. Fräulein Marguerite 
wurde ohnmächtig nach Hause gebracht. 
F In Neapel wurde vor Kurzem ein höchst 
ensationeller Prozeß, in den fast sämmtliche Aliko— 
hol⸗-Fabrikanten Neapels sammt ihren Geschäfts— 
heilhabern verwickelt waren, zu Ende gekführt. Die 
dortige Finanzbehörde erhielt nämlich vor einiger 
Zeit ein anonymes Schreiben, in dem man ihr 
anzeigte, daß sich fast sämmtliche Fabrikanten in 
dieser Branche bei der Spiritus Erzeugung einer 
geheimen mechanischen Vorrichtung bedienen, um so 
den Fiskus resp. den Staat bei der Bemessung der 
Brennsteuer übervortheilen zu können. Da sich 
diese Anzeige als vollkommen wahr erwies, so wurden 
alle diese Fabrikanten sammt ihren Geschäftsleitern 
vor Gericht gestellt. Der Prozeß dauerte 4 Monate 
und 10 Tage und endete mit der Verurtheilung 
aller Angeklagten. So wurde ein Alkoholfabrikant 
zu zweijährigem Kerker und zum Schadenersatze 
pon 364,320 Lire, ein anderer sogar zu dreijäh— 
igem Kerker und zum Schadeuersatze von 2,464,156 
Lire verurtheilt. 
(Was ist ein Ketzer?) Dem Oberprä— 
sidenten des Rheinlandes war ein Lehrer an der 
Mosel angezeigt worden, daß er an jedem Tage 
den Kindern ein Hetzkapitel gegen die Ketzer vortrage. 
Auf einer Amtsreise wollte sich der Oberpräsident 
selbst» überzeugen. Er ging in die Schule; der 
Lehrer sah gar nicht verbissen aus. Doch trau, 
chau, wem, dachte der Oberpräsident, und stellte 
selbst an einen der Schüler die Frage: „Was ist 
ein Ketzer? Keine Antwort. „Weißt Du es?“ 
fragte er einen Zweiten, Dritten ꝛc. Keine Ant—⸗ 
vort. „Wer weiß es in der Schule? Allgemeines 
Stillschweigen. Endlich streckte ein kleiner Schelm 
die Hand in die Höhe. „Nun, so sage es, was 
ist ein Ketzer?“ — „Ein Ketzer ist,“ antwortete 
der Kleine, „das Männchen von einer Katze.“ Der 
Oberpräsident hatte genug gehört, drückte dem Lehrer 
die Hand und zog von dannen. 
F Mit einer neuen Art Eisenbahnbillets 
verden zur Zeit in Amerika Versuche augestellt. 
In Büchelchen sind Billets zu 1000, 500, 100 
»der 50 Stück auf einem Blatte gedruckt. Sie 
sind kleiner als Briefmarken, an den Rändern zum 
Abreißen durchlocht, und jedes einzelne gilt für 1 
engl.) Meile. ‚Man kauft 2, 20, oder 1000 nach 
Belieben, und die Bahn ist verpflichtet, für jede 
Meile Fahrt eins dieser Billets anzunehmen. Man 
ist also nicht gezwungen, am Schalter anzugeben, 
vohin man reisen will, sondern kauft die nötige 
Anzahl Billets und händigt dem Schaffner die den 
Meilen der Reise entsprechenden Marken ein. Alle 
pisherigen Mißlichkeiten, mit Billetumtausch, ver— 
sorene, nicht benutzte Billets u. dgl. kommen da— 
durch in Fortfall; diese kleinen Bahnmarken sind 
äberall baares Geld und im Kurs. Die Bahnen 
werden dadurch weniger (7) beschwindelt, das rei— 
sende Publikum weniger belästigt. Die neue Ein— 
richtung hat bei Passagieren besserer Klasse Beifall 
gefunden und ist bei mehreren Bahnen des Westens 
ingeführt worden. 
Fur die Redaktion verantwortich F. X. Dem et. 
Herr Dr. C. Rüst, Großh. Medicinalrath 
in Grabow in Meckl. außert sich über die Vorzüg— 
ichkeit des rheinishen Trauben-Brust-Honigs 
vie folgt: 
„Den rheinischen Trauben-Brust-Honig aus der 
Fabrik von W. H. Zickenheimer in Mainz 
habe ich oft und seit langer Zeit empfohlen und 
stets gefunden, daß derselbe ein ausgezeichnet gutes 
Hausmittel gegen chronische Husten, Heiserkeit u. 
s. w. ist. Auch habe ich den Trauben⸗Brust⸗Honig 
während einer Keuchhusten-Epidemie anwenden 
lassen. Während dieser Husten, mit andern Mitteln 
behandelt, stets circa 2 Jahr angehalten hat, war 
er bei Anwendung des Trauben-Brust-Honigs in 
einigen Wochen beseitigt. Ich kann also den 
rheinischen Trauben-Brust-Honig als ein ganz 
„vorzügliches Mittel bei Husten-, Brust- und Hals. 
‚leiden empfehlen.“ 
Wir machen hierbhei darauf aufmerksam, daß 
dieses seit einer Reihe von Jahren eingeführte und 
vorzügliche Hausmittel an hiesigem Platze käuflich 
bei Herrn J. Friedrich.