Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich 1 A GO einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 4, einschließlich 
40 ⸗Zuftellungsgebühr. Die Einrückuntgsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 B, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 B, bei Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 24. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 2. Febr. Der Direktor der Seewarte, 
Neumayr, hielt heute in der geographischen Geell⸗ 
schaft einen Vortrag über die Dämmerungserschein⸗ 
ungen des letzten Vierteljahres und legte die Un— 
tersuchungen dar, welche dieselben mit dem Ausbruch 
der Krater und Vulkane auf Alaska in Zusammen⸗ 
hang bringen. 
Der Kaiser von Oeßerreich und Ktron⸗ 
prinz Rudolf werden, wie die N. Z. in Folge zu⸗ 
verlässiger Erkundigungen versichern zu dürfen 
glaubt, nicht zum Besuche nach Berlin kommen. 
Ausland. I 
*Bei einem Empfang der bonapartistischen De— 
legirten erllärte Prinzg Napoleon, daß der 
Augenblick gekommen sei, eine gesetzliche Agitation 
ins Leben zu rufen. Es wurde hierbei beschlossen, 
eine große bonapartistische Versammlung am 17. 
Februar im Cirkus zu veranstalten. Der Graf 
pon Paris wird von Spanien direkt nach Paris 
nurückkehren und sich alsdann nach Cannes begeben. 
*Der „Daily News“ wird aus Suakim 
gemeldei, die Lage von Sinkat sei eine ver—⸗ 
zweifelte, die Mundvorräthe seien gänzlich er⸗ 
schöpft, die Bevölkerung sei auf den Genuß von 
hunde⸗ und Pferdefleisch angewiesen; wenn der 
Entsatz unmöglich sei, wollten die Einwohner ver— 
suchen, sich nach Suakim durchzuschlagen. 
Ferdinand ELesseps soll von der russischen 
Regierung eingeladen worden sein, den neuen Canal, 
der Petersburg zum Seechafen machen soll, auszu⸗ 
bauen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 4. Febr. Vor einigen 
Tagen abends sprang bei Rentrisch aus einem Coupé 
des von Saarbrücken kommenden Güterzuges wäh—⸗ 
rend der Fahrt ein Mann heraus. Ein Unglück ver⸗ 
muthend, stellte manbald darauf Nachforschnugen nach 
demselben an der betreffenden Stelle an, ohne aber 
etwas von ihm zu entdecken, und ist anzunehmen, 
daß er mit heiler Haut davon kam. Derselbe ist 
wahrscheinlich aus Rentrisch; er verließ jedenfalls 
auf diese ungewöhnliche Weise das Coupé, um sich 
den Rücweg von hier nach Rentrisch zu ersparen. 
Leicht hätte jedoch sein Leichtsinn, abgesehen von der 
Strafbarkeit desselben, für ihn von schlimmen Folgen 
degleitet sein können und ist zu hoffen, daß er kene 
Nachahmung findet. 
— Cheurer Gerstensaft.) Der Wirth 
Michael Schneider aus Knopp klagte bei dem tgl. 
Amtsgerichte in Dürkheim gegen den Metzger 
Wilhelm Herrscher daselbst für ein Fäßchen Bier, 
das dieser bei einem Pferdekaufe in Knopp den 
Gasten zum Besten gegeben haben sollte, den Betrag 
don 5 Mt. 40 Pfg. ein. Durch richterlichen Urtheils 
pruch wurde nun Schneider mit seiner Klage ab⸗ 
zewiesen und es betragen die Gerichtskosten, Zeu⸗ 
jentaren, sowie Vertreiungsgebühren ca. 112 Het 
ie Reiseentschädigung des Klaͤgers Schneider von 
snovd nicht inbegriffen. 
„— Frankenthal, 2. Febr. Der hier wegen 
Neineidsberdacht in Untersuchungshaft befindliche 
Philipp Ullrich aus Kleinmedeshein wurde gestern 
dormiitag erhenkt in seiner Zelle aufgefunden. Die 
Leiche des Unglücklichen soll gutem Vernehmen nach 
in seine Heimathsgemeinde verbracht werden. 
7. Speyer. In der leßten Sitzung des 
Stadtrathes vom 25. Januar wurden auch die Ent⸗ 
vurfe vorgelegt, welche der Direllor des Pfälzischen 
Montag, 4. Februar 1884. 
19. Jahrg. 
GBewerbemuseums, Herr Spaz in Kaiserslautern, 
für das Diplom des Ehrenbürgerrechts an Herrn 
bilgard in New⸗-York, sowie die in getriebenem 
Silber auszuführende zum Verschluß dienende Kapsel 
jkizzirt hat. Die Kosten dieser wirklich künstlerisch 
entworfenen Arbeiten werden sich auf 700 Mari 
belaufen. 
-Vorige Woche kam vor dem Schöffengericht 
in Speyher ein interessanter Fall zur Verhandlung. 
Angeklagt war der vierzig Jahre alte Schreiner Kilian 
pon hier wegen Uebertretung feuerpolizeilicher Vorschrif⸗ 
en durch Aufgabe eines Kistchens mit bengalischem 
Feuer bei der hiesigen Post; sowie der Tagner Philipp 
Dechsner dahier, der im Auftrag Kilian's das Kistchen 
ur Beförderung abgegeben hatte. Die Anklage, in 
Vertretung des Speyerer Amtsanwaltes von Herrn 
Amtsanwalt Meyer von Ludwigshafen geführt 
tützt sich auf 8 867 Ziff. 5 des R.Str.G.⸗B. 
bezw. die auf Grund desselben erlassenen Verord⸗ 
nungen, wonach feuergefährliche Gegenstände nich— 
befördert werden dürfen und Zuwiderhandlungen 
mit entsprechenden Geldstrafen zu ahnden sind 
Rachdem jedoch die zu Handen des Gerichts ge— 
lommenen Gutachten der Universitäten von Berlin und 
Würzburg das in Rede stehende Feuerwerk als nicht 
leicht entzundlich und als ungefährlich, demnach als 
nicht in die Kategorie der betreffenden Verordnung 
zehörende Körper bezeichnen, werden die beiden An⸗ 
zeklagten von der ihnen zur Last gelegten Hand⸗ 
ung als nicht überführt freigesprochen und die 
Koften der Staatskasse überbürdet. 
— Dem von William Raich, Notar in New⸗ 
HYork, herausgegebenen Rechtsschutz“ entnehmen wir 
die Namen folgender in Amerika verstorbener 
Pfälzer: Magdalena Bäuerly, geb. Eichelberger 
aus Münchweiler, 70 Jahre alt, gest. am 15 
Dezember 1888, Menomonie, Wisconsin; Conrad 
denel, Lehrer aus Dürkheim, 73 Jahre alt, gest. 
am 28. Dezember 1883, Stapleton, Staten Is⸗ 
land; Elisabetha Marx aus Neustadt, 87 Jahre 
alt, gest. am 5. November 1883, Philadelphia, 
Pennsylvania; Lorenz Sänder, aus Kohlstatt, 69 
Jahre alt, gest, am 18. Dezember 1883, St. Louis, 
Missouri; Franz Stutzenberg, aus Hohenecken, 49 
Jahre alt, gest. am 26. Dezember 1883. Union 
Hill. New⸗Jersep 
dabei einen derartigen Skandal aufgeführt, daß sich, 
wie Ohrenzeugen versichern, eine Horde Indianer 
nicht wilder hätte geberden können. 
F In Heidel berg geriethen mehrere Stromer 
miteinander in Streit, wobei einer das Messer zog 
und seinen Gegner verwundete. Bei seiner Ver— 
haftung warf er sein Portemannaie in den Neckar, 
während ein Tuch mit mehreren Dietrichen, dessen 
er sich ebenfalls entledigen wollte, ihm abgenommen 
werden konnte. Man glaubt, einen gefährlichen 
Einbrecher erwischt zu haben. 
7 Man meldet aus Girching: In der gräfl. 
v. Preysing'schen Waldung Künzing ist kürzlich eine 
Weißtanne gefällt worden, welche das hohe Alter 
von 185 Jahren aufweist und 16 Ster Scheitholz 
lieferte. Der Stock lieferte allein 6 Ster. Ein 
merkwürdiges Zusammentreffen ist es noch, daß die 
drei Holzhauer, die den alten Baum fällten, zu— 
ammen 200 Jahre ihres Alters zählen. 
F Am letzten Samstag traf der Bürgermeister 
von Aach in den Allgäuer Bergen mit drei 
Wilderen zusammen und streckte, als sie auf ihn 
Feuer gegeben hatten, Einen derselben durch einen 
Schuß in den Kopf todt nieder. 
F Vor einigen Tagen wollten zwei Gendarmen 
den als gefährlichen Wilderer bekannten Bauer Mies 
in Littenhof bei Nabburg, der im vorigen 
Sommer den Forfstamtsassistenten Pfisterer durch 
einen Schuß erheblich verwundet hatte, in seiner 
Wohnung festnehmen. Waährend sich der Gendarm 
im Wohnzimmer mit der Fesselung desselben be⸗ 
schäftigte, feierte sen Knecht und Komplice von 
der Hausflur einen Schuß auf die Gendarmen, 
ohne jedoch zu treffen. Als ein Gendarm den 
Schuß erwiderte, jedoch gleichfalls ohne Erfolg, er⸗ 
griff der Knecht die Flucht und konnte obwohl ihn 
der nacheilende Gendarm durch einen Bajonnet⸗ 
stich verwundete, nicht eingeholt werden. Mittler⸗ 
weile hatte sich der nur halbgefesselte Bauer aus 
dem Staube gemacht. Bei einer Seitens der Gen⸗ 
darmerie vorgenommenen Streife wurden Herr 
und Knecht festgenommen. 
* Die Mittheilung eines Elberfelder amtlichen 
Blattes,daß der Schriftsetzer Reinsdorff 
unmöglich die Dynamit-Explosion im 
Frankfurter Polizei-Gebäude veran— 
jaßt haben könne, da er zur Zeit in Elber⸗ 
eld unter anderem Namen in Arbeit gestanden, 
cheint auf die Frankfurter Richter keinen sonder⸗ 
lichen Eindruck gemacht zu haben. Wenigstens meldet 
nan von dort: Dem hier detinirten Schriftsetzer 
Heinrich Reinsdorf wurden sieben Personen, da⸗ 
runter drei Gastwirthe gegenübergestellt. Auf die 
an ihn gerichteten Fragen antwortete er nicht, und 
so verlief die Konfronsation erfolglos. — 
Wie man vor Freude närrisch werden kann, 
eigt folgende kleine Geschichet. Von dem zweiten 
dauptgewinn von 300,000 Mark der preußischen 
Llassenlotterie, welcher bekanntlich vor einigen Tagen 
zezogen wurde, haben 12 arme Plätterinnen einer 
Wäschefabrik in Berlin ein Viertellos gespielt. 
Als man den Arbeiterinnen die frohe Botschaft 
brachte, daß jede von ihnen ca. 5—6000 Mark 
gewonnen habe, geriethen sie, der „Voss.⸗Ztg.“ zu⸗ 
folge, außer „Rand und Band“ und beabsichtigten 
in ihrer Freude, die Arbeit einzustellen. Da dieses 
indeß ohne Erlaubniß ihres Brodherrn, der gerade 
nicht anwesend war, nicht gut ging, so verbrannten 
sie mit ihren glühenden Bolzen die Wäsche und 
richteten aus Uebermuth nicht unerheblichen Schaden 
in der Fahrik an. 
Vermischtes. 
F Am Mittwoch Früh halb 9 Uhr wurde im 
dofe der Frohnfeste zu Amberg der Gattenmör— 
der Reitner hingerichtet. Er bewahrte äußerlich 
große Fassung, doch machten seine Bewegungen den 
kindruck des Automatenhaften. Die Leiche wurde 
aach Erlangen geschafft behufs Vornahme wissen— 
chaftlicher Untersuchungen. 
F Die diezjährigen Parsifal-Aufführungen in 
Bayreuth werden, wie das „Bayer. Tagbl.“ 
meldet, am 21., 23., 25., 27., 29., 31. Juli, 
2., 4., 6., 8. August stattfinden, und zwar wie in 
den Vorjahren unter dem Protectorate Sr. Maj. 
des Königs. Sämmiliche bisher betheiligt gewesenen 
Künstler haben ihre Mitwirkung zugesagt. Die Be⸗ 
setzung der Solopartien wird eine Veränderung 
nicht erleiden. Die Proben werden am 12. Juli 
beginnen; der Eintrittspreis ist wie im Vorjahre 
auf 20 Mt. normirt. 
F Als am vorigen Sonntag im Huiten'schen 
GBarten zu Würzburg die dort konzertirende 
Musik des 9. Infanterie Regiments einem Daca⸗ 
poruf nicht Folge leistete, wurde sie von zahlreichen 
mwesenden Studenten ausgepfiffen. Diese haben