Full text: St. Ingberter Anzeiger

Raume in der neuen Anstalt durchheizt und die 
Einrichtungen im Einzelnen getroffen sind. Am 
Vorabend des Festes ist Abschiedsgottesdienst in der 
einen Kirche. Die Predigt hält Herr Pfarrer 
Ney, der einige Jahre Hausgeistlicher und dessen 
Vater, Herr Dekan Ney 7F, der eigentliche Begründer 
der Diakonissenanstalt in der Pfalz war. Am 
Freitag selbst, Vormittags /z11 Uhr, wird Herr 
Kirchenrath Dekan Lyncker, der auch eine Zeit 
lang die Obliegenheiten eines Hausgeistlichen wahr⸗ 
nahim und nun Vorsitzender des Ausschusses ist 
die Einweihung vornehmen. Nachmittags 2 Uhr 
jst Jahres⸗ und Jubiläumsfest, bei welchem Herr 
Pfarrer Hofffimann aus Stuttgart, der lang⸗ 
jährige Hausgeistliche des Speyerer Hauses, die 
Festpredigt übernommen hat. Abends findet noch 
die Jubiläumsfeier der ältesten Schwester Anna 
Deutssch Statt, welche Pfarrer Scherer 
abhalten wird. Die Jubiläumsgaben sind im 
letzten Monat reichlich geflossen, allein für Zimmer⸗ 
stiftungen Mk. 1300, und ist eine weitere Stiftung 
on Mt. 300 bereits augekündigt. Baron Eugen 
d, Gienanth in Eisenberg hat für die Schwestern⸗ 
zimmer 30 „Wormser Oefen“ gestiftet, Baron 
Max v. Gienanth in Hochstein Amerikaner Oefen 
für die Krankensäle übernommen. 
— In Müuünchen starb am 20. November nach 
Gtägigem Krankenlager der Rath der Regierung, 
Kammer des Innern, von Oberbayern, Frhr. v. 
Harold. Der Verlebte, erst im Dez. 1882 von 
Speyer nach München versetzt und lange Zeit 
Bezirkdamtmann in Landau, war ein musterhafter 
Beamter, von treuester Hingebung und Berufspflicht, 
bon edlem Charakter und liebevoller Fürsorge. Er 
steht auch in der Pfalz in gutem Andenken. 
— dDie Dividende der Aktienbrauerei Lud 
wigsbhafen a. Rh. bro 188384 ist auf 180 
Mack pro Aktie von 1000 fl. (gegen 170 Mark 
im Vorjahre) festgesetzt worden. 
udwigshafen, 22. Nov. Heute ging 
ein Antrag um Errichtung eines eigenen Landwehr⸗ 
Kompagnie⸗Sitzes dahier vom Bürgermeisteramt zur 
Befürwortung beitek. Regierung an das Bezirksamt 
Spever ab. 
Vermischtes. 
4 Einem soeben durch die Blätter gehenden 
Artikel: „Die so ziale Frage im Kauf— 
mannsstande“ entnehmen wir folgende Stelle: 
Der beträchtliche Aufschwung, welchen der Verband 
deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig, eine Ver— 
einigung der jungen Kaufleute über ganz Deutsch- 
land, welche Korporationsrechte besitzt, in der jüngsten 
Zeit genommen hat, gibt davon Zeugniß, daß der 
Grundsaßz des Gehenlassens dem Einsehen gewichen 
ist, daß es nothwendig sei, in guten Tagen für 
die schlimmen zu sorgen. Der genannte Verband 
besitzt eine nationale kaufmännische Krankenkasse, 
eingeschriebene Hilfskasse, mit einem ziemlich beträcht- 
lichen Reservefonds, welche an allen Orten des 
Deutschen Reiches Mitglieder ohne Wartezeit auf⸗ 
dimmt und ihnen vollständige Freizügigkeit inner⸗ 
halb des Deutschen Reiches gewährt. Die Errich⸗ 
tung einer Pensionskasse ist in Aussicht genommen; 
um jedoch auch jetzt schon den Mitgliedern in dieser 
Beziehung eine Erleichterung zu bielen, ist mit einer 
der ersten Jebensversicherungsgesellschaften ein Ab⸗ 
kommen getroffen worden, das den Mitgliedern 
wesentliche Vortheile bei der Versicherung gewährt. 
Auch eine Unterstützungskasse bei Stellenlosigkeit soll 
so bald als möglich in's Leben gerufen werden. 
Jeder, der einen Bück in die Listen der Arbeiter⸗ 
kolonien gethan hat, wird erschroden sein über die 
große Anzahl der daselbst eingetretenen jungeu Kauf⸗ 
seute und wird mit uns den Bestrebungen des Ver⸗ 
handes deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig ge⸗ 
rechten Beifall zollen. Auͤein nicht nur durch eine 
Unterstützungslasse soll das taufmännische Proletariat 
vermindert werden, der Verein will überhaupt der 
Entstehung desselben vorbeugen und sucht daher die 
Fachbildung der jungen Leute durch briefliche Un— 
serrichtskurse in Buchführung, Korrespondenz, Han⸗ 
delsrecht, Volkewirthschaft ꝛc. zu heben und durch 
eine über ganz Deutschland ausgedehnte Stellen⸗ 
bermittelung Angebot und Nachfrage zu regeln. — 
Daß der Verband deulscher Handlungsgehilfen in 
seiner Thätigkeit die Sympathieen nicht bloß aller 
jungen Kaufleute, sondern auch der Prinzipale und 
der hervorragendsten Firmen. welche ihm als außer⸗ 
ordeniliche Mitglieder angehören, genießt, erscheint 
bollkommen gerechtfertigt und erklärt auch die große 
Mitgliederzahl. Man hat bisher der sozialen Frage 
— — — 
im Kaufmannsstande, trotz seiner Größe, nur geringe 
Beachtung im Publikum geschenkt, obgleich sie es 
Jewiß verdient; das Wirken des genannten Verbandes 
zürfte ein Anstoß sein, sich weiter mit ihm und 
einen Zielen zu befassen.“ 
Saarbrücken, 24. Nov. Die „Saarbr. 
Ztg.“ schreibt: Ueber das Unglück auf den Venitz- 
chüchten der Grube Sulzbach werden durch den 
Zommissar des Kgl. Oberbergamtes zu Bonn, Herrn 
Dberbergrath Follenius, den zuständigen Bergrevier⸗ 
Feamten“ und die Gerichtsbehörden sehr eingehende 
lutersuchungen geführt, die noch nicht zum Abschluß 
jekommen sind. Sobald sie beendet, wird wohl 
amtlicherseits ein ganz detailliertes Bild des Vor— 
ganges und der ihn begleitenden Nebenumstände 
erdffentlicht werden. Zu unserer ersten Mittheilung, 
»ie durch neue Momente nicht zu ergänzen ist, 
Jaben wir heute nur noch hinzuzufügen, daß gestern 
die Beerdigung der vier Verunglückten aus Sulzbach 
inter dem Zulauf von Tausenden in feierlichster 
Weise stattgefunden hat, und den so unerwartet 
»ahin gerafften Kameraden von den vorgesetzten 
Nitgliedern der Bergwerksdirektion, dem größten 
Theile der Bergwerksdirektoren, Inspektoren und 
Werksbeamten des Bezirkes, sowie von den Knapp- 
chaften der Gruben Sulzbach und Altenwald, die 
retzten bergmännischen Ehren erwiesen worden sind 
die von Herrn Pfarrer Laven gesprochenen trösten⸗ 
den Worte haben nicht verfehlt, bei den Zuhörern 
einen sichtbaren Eindruck hervorzurufen. Fünf der 
Verungluͤckten sind in ihre Heimath gebracht und 
dort beerdigt worden; die Leiche eines später ver— 
ttorbenen Verunglückten wartet noch der Beerdigung. 
Forbach, 283. Nov. Vor acht Tagen gab 
ein Bitscherländer Rottenarbeiter seiner Hausherrin, 
Wittwe hier, die Absicht zu erkennen, auf eine 
Kirmes gehen zu wollen und man nahm an, er 
sei auch wirklich dorthin gegangen, da er sich 
nicht mehr sehen ließ. Gestern jedoch, als der 
Wittwe die Abwesenheit des Genannten etwas zu 
lange dauerte, wollte sie in dessen Wohnung einmal 
nach ihm sehen, fand jedoch zu ihrem größten 
Schrecken den Mann tot in seinem Bette liegend. 
Ein Schlagfuß hat wahrscheinlich dessen Leben gerade 
in der Zeil ein Ende gemacht, als er sich zu seiner 
Reise auf die Kirmes vorbereitete. 
Metz, 22. Nov. Wie der Bischof von 
Trier wird demnächst auch der hiesige Koadjutor 
herr Fleck, Bischof von Sion i. p. eine Romfahri 
antreten. 
F Germeau, ein reicher Mann des Creuse⸗ 
departements, der vor einigen Tagen starb, hinter⸗ 
ließ seiner Vaterstadt Chambon 80,000 den „Ver⸗ 
wundeten des zukünftigen Krieges mit Deutschland“ 
20,.000 und den Armen der Stadt Metz 2000 
Franken. 
Der Schaden beim Brande des Postwagens 
in Bietigh'eim wird auf fast 2 Mill. Mark 
meist in Papieren) geschätzt. Gold und Silber 
zrub man geschmolzen aus den Trümmern heraus. 
die Beamten retteten sich mit großer Mühe vom 
Tode durch Verbrennen. Der Postwagen, der nach 
Paris ging, blieb unbeschädigt, ganz verbrannt 
—0 
F Darmstadt, 20. Nov. In Kürze wird 
die Fernsprechleitung zwischen hier und Frankfurt 
in Angriff genommen. — Die Stadtverordneten 
genehmigien heute mit großer Mehrheit die pacht⸗ 
veise Uebernahme des großen Woogs durch die 
Ztadt auf die Dauer von 50 Jahren. 
Heimersheim (Rheinhessen). Ein alter 
Zrieger, Dem Veleranen C. Landolt von hier ist 
— Mk. 
durch Vermitilung des Großh. Bezirks Kommandeurs 
Major Hanesse in Worms bewilligt worden, da er 
unter Napoleon J. den spanischen Feldzug mitge⸗ 
macht und schon im Jahre 1808 beim Sturm von 
Saragossa war. 
F Frankfurt, a. M., 22. Nov. Der Vor⸗ 
tand der süddeutschen Gruppe deutscher Eisen- und 
Stahlindustrieller, wird am 29. d. M. eine Sitz- 
ung in Karlsruhe abhalten, um über den der Gruppe 
hon dem Reichsversicherungsamte zur Begutachtung 
berwiesenen Entwurf eines Normalstatuts für Be— 
rufsgenossenschaften in Berathung zu treten. 
FDie Stellung eines Oberkellners in einem 
großen Hotel ist keine ganz zu verachtende. In 
Frankfurt am Main ging dieser Tage das 
„Hotel Landsberg“ für den Preis von 550,000 
Mark in andere Hände über und der Käufer war 
kein anderer, als der seitherige Oberkellner im Hotel 
„zum Schwan.“ 
Zur Warnung wird aus Velten Folgendez 
miigetheilt: Hier wurden am 13. d. M. die Ehe⸗ 
rau des Arbeiters Ernst und deren 9 Monate altes 
Töchterchen im Bette erstickt vorgefunden, während der 
Eheinann, der schon besinnungslos dalag, dem Leben 
wiedergegeben werden konnte. Der Vater hatte sich in 
der Nacht aus dem Bette erhoben, um sein Kind 
welches aus dem Schlafe erwacht war und schrie, 
qu beruhigen. Er zündete die Petroleumlampe an un 
jegte sich mit dem Kinde wieder zum Schlafe nieder. 
Er hatte vergessen, die Lampe auszulöschen, und 
dieser Umstand soll zum Verhängniß geworden sein. 
Die Flamme verzehrte das Petroleum, der Docht 
verkohlte, und bald füllte ein bedeutender Qualm 
das Zimmer und wird nun den Erstickungstod 
Jerbeigeführt haben. 
Elberfeld, 23. Nov. Vier ungewöhnliche 
Beweisstücke in der Hochverrathsprozeßsache (Nieder⸗ 
valdattentat) wider die Anarchisten Reinsdorff und 
Henossen sind, wie die „Elbf. Ztg.“ meldet, als 
Filgut von hier nach Leipzig an das Reichagericht 
bgegangen: vier Eichenstämme von ansehn⸗ 
icher Lünge und Dicke. Die Bäume sind vom 
Otte der That; sie mögen für die Leitung der 
Zündschnur benützt worden sein. Die Hauplwer- 
handlung des Prozesses ist nicht vor Mitte Januar 
zu gewärtigen. 
Krefeld, 20. Nov. In unserem Nachbar— 
)xte Kempen besiztzt ein hiesiges Haus eine mechauische 
Seidenstoff⸗Fabrik mit ca. 50 Webstühlen. Durch 
mangelnde AÄufträge sah die betr. Firma sich veran⸗ 
laßt, die Arbeitszeit der Fabrik zu beschränken und 
war, damit keine Arbeiter entlassen, zu werden 
zrauchten, dieselben bis 4 Uhr nachmittags zu be—⸗ 
schäftigen. Durch diese Maßregel wurden die Ar—. 
heiter in die höchste Erregung versetzt. Sie forderten 
gebieterisch Einhaltung der vollen Arbeitszeit, und 
als ihnen diese nicht gewährt werden konnte, ließen 
—D 
Demolierung der Fabrikgebäude und Maschinen 
gipfelten. Die sofort requirierten Polizeimannschaften 
Jatten Mühe, den Aufruhr zu ersticken und gelang 
hnen dieses nur nach zahlreichen Verhaftungen. 
Es ist höchst bedauerlich und für die Arbeiter selbst 
don den schlimmsten Folgen, wenn dieselben in 
dieser Weise gegen ihr eigenes Interesse wüthen. 
Die Lage der Industrie fordert gebieterisch von der 
Fabrik eine Reduktion, und an dem hiesigen Platze 
haben sich die Weber in Erkenntniß der Situation 
den bezüglichen Disbpositionen der Fabrikanten rubig 
gefügt. 
FaAus Schlesien, 18. Nov. Ein Massen⸗ 
amilienmord wurde vorige Nacht in dem Städtchen 
Halbau begangen. Der 27jährige Sohn des auf 
aner Geschäftͤreise abwesenden Lohgerbers Moser, 
Fmil Moser, hat seiner Mutter, sowie seinen beiden 
üngsten Schwestern im Alter von 18 und 1838 
Jahren die Hälse durchschnitten und sich dann, 
achdem er Gift genommen, auf dem Bette der 
Mutter selbst den Hals durchschnitten. Er hal 
auch die beiden älteren Schwestern tödten wollen, 
konnte aber nicht in deren Schlafstube gelangen, 
weil sie sich eingeriegelt hatten. Der Vater, welchet 
in der Nacht heimkehrte und, ohne Licht zu machen, 
in dem Schlafzimmer sich zu Bette legte, in welchem 
die jüngsten Kinder schliefen, fand erst früh beim 
Frwachen die Seinen ermordet. Drei auf seinem 
Tische liegende, an seinen Voter, an seinen in 
ßosen beum Militär stehenden Bruder und an eint 
Dame in Halbau gerichtete, vom 6. Juli datierte 
Zriefe legen Feugniß davon ab, daß der Morder 
chon vor vier und einem halben Monat die Absicht 
zehabt hat, Mutter und Schwestern ums Leben zu 
zringen. 
FBerlin, 19. Nov. Die Kaiserin über⸗ 
andie dem Vaterländischen Frauenverein in Hanau 
300 Mark zur Unterstützung der Hinterbliebe nen 
der bei dem Hanauer Eisenbahnunfall Verunglückten. 
4 Um einen Pfennig Zinsen hatte sich ein 
Finwohner Schoönebergs von einem Berliner 
Hewerbetreibenden derklagen lassen. Der Schone— 
zerger war wegen einer Schuld von 5 Mark in—⸗ 
lusive Zinsen verllagt, welche 1 Pfg. betrugen. 
Berurtheilt, zahlte er dem Gerichtsvollzieher die 
Schuld, nicht aber den Zins. Der Gläubiger 
übergab nun die Sache seinem Anwalt, und dieser 
erstrut nun wiederum ein verurtheilendes Erkennt 
niß. Der gedachte Pfennig kostet dem Hartnädige 
jeßt einschlieblich der Gebuͤhren für den Gerichto 
hollzieher gegen 6 Mark. 
(An alle Vogelkenner Deut! 
lands.) Die Allgemeine deutsche ornithologno