Full text: St. Ingberter Anzeiger

keine besonderen Unkosten. Nun hörte ein Mann 
aus Sponheim, daß einige Koͤlner Herren zufällig 
zu dem Schwaben sagten, wenn man 10 Mt. für 
den Zentner Aepfel gebe, müsse man auch gute 
Waare bekommen, also hat der Händler 60 pCt., 
der Bauer blos 40 pCt. Die Kreuznacher Metzger 
kauften bei den Bauern dies Jahr das Kilo Schweine⸗ 
fleisch für 70, 80 — 90 Pf. und verkauften es für 
1,20— 1,40 Mt. Voriges Jahr kauften Mainzer 
Hopfenhändler hier für 110 - 120 Mt. den Zentner 
uͤnd verkauften ihn für 210- 270 Mt. nach Ablauf 
von 428 Monaten. Obendrein mußte der Bauer 
noch dem Makler vom Zentner 4ÿ35 Mk. Provision 
geben. Ist das recht, oder sind das nicht faule 
Zustände Die Regierung muß hier für einen 
Hopfen- und Weinmarkt sorgen. Die Steuern sind 
nicht drückend, wenn der Bauer einigermaßen seine 
Produkte an den Mann brächte. Früher hieß es 
jo viel Thaler das Malter Korn (G 200 Pfd.), 
jo viel Groschen das 8pfündige Brod. Jetzt gilt 
Jas Malier Korn 5 bis 51 Thaler, das 6pfündige 
Brod kostet 6*3 Groschen. Der Kornzoll macht 
Brod nicht theuer, sondern Bäcker und Händler, die 
Weinsteuer macht den Wein nicht theuer, sondern 
Händier und Wirth. Wäre ein Zoll vorhanden, 
der bei guten Ernten den vollen, bei normalen den 
24, bei geringen den halben und bei, Mißwach— 
gar keinen Zou erhebt, so bekame der Bauer noch 
etwas für seine Frucht. Der Handwerker und Ar— 
beiter ist seines Lohnes, der Kaufmann und Fabrik⸗ 
herr seines Gewinnes gewiß, anders der Bauer. 
Wenn dem der liebe Gott nichts wachsen läßt, hat 
er Nichts. Die Kreuznacher Herren sagten: Ihr 
Bauern braucht's nicht so genau zu nehmen mit 
dem Preis, ihr kriegt ja so viel ihr haben wollt, 
Die Kreuznacher Herren können uns keinen Sommer 
und keinen Winter machen, sondern der liebe Gott 
schickt der Traube Sonnenschein und Regen zu seiner 
Zeit. Eurer Exzellenz Parole war: Rettet den 
Zleinbauer! Sei sie es auch jetzt noch. Eure Er⸗ 
zellenz haben den Arbeitern durch das Unfallver⸗ 
sicherungsgesetz geholfen, helfen Sie auch uns armen 
Bauern durch Weingesetze und Getreidezölle. Wenn 
Rußlaud und Amerika so fort unseren Getreidemarkt 
überschwemmen wie bisher, so geht die deutsche 
Landwirthschaft bald zu Grunde. Der Bauer ist 
die Grundlage des Staates, ohne Bauern ist ein 
Staat existenzunfähig. Durch schlechte Jahre und 
noch viel schlechteren Preis kommt der Bauer in 
den Rüchgang zZund fällt oft den Wucherern in die 
Hände. Da ist ein Mann aus Koln, der leihl 
Deld auf Hypotheken aus gegen 75 pCt. Zinsen, 
—A Verwaltungsgebühren und 
33 pCt. Tilgungsquote. Ist das nicht himmel⸗ 
schreiend? Bei Hypotheken sind 5 pCt., beim son⸗ 
—DDVVV pCt. übrig genug 
Ich will mein Schreiben schließen in der Hoffnung. 
daß uns Bauern geholfen werde. 
L2okale und vfaltische Rachrichten. 
*St. Ingbert, 28. Nov. Gestern ver⸗ 
unglückte in dem benachbarten Elversberg der vier⸗ 
undzwanzigjährige Maschinenschlosser Johann 
Leherer von hier. Derselbe war in einer 
Brunnengrube beschäftigt und wurde dabei von der 
daselbst sich entwickelnden Stickluft betäubt. Seine 
Kameraden fehlten die Werkzeuge, um den Betäubten 
sofort herauszuschaffen und als dieses letztere endlich 
gelang, war Leyerer schon eine Leiche. Der Ver⸗ 
uͤnglückte soll ein fleißiger und solider Arbeiter ge⸗ 
wesen sein. 
* St. Ingbert, 28. Nov. Am nächsten 
Sonntag Abend veranstaltet die „Gemüthlichkeit“ 
für ihre Mitglieder eine musikalisch · theatralische 
Unierbaltung. 
— Die', Pf. Ztg.“ bringt eine sehr beherzigens⸗ 
werthe Mahnung, die auch wir unsern Lesern ver⸗ 
mitteln. Bei herannahender Weihnachtszeit möge⸗ 
das pfälzissche Publikum auch seiner Dichter ge⸗ 
denken und die poetischen Schriften von Augusi 
Becker, Woll, Hull, Böhmer, Molitor, Schandein 
u. s. w. kaufen. Besonders wird darauf aufmerk⸗ 
sam gemacht, daß die vielfach in der „Palatina“ 
erschienenen Gedichte von Fritz Claus demnächst in 
einem hübschen Bändchen gesammelt erscheinen. Das 
Büchlein enihält sowohl die beliebten Gedichte in 
Pfalzischer Mundart, wie Hochdeutsches und vfäl ⸗ 
zische Sagen. 
— Wie man vernimmt, hat die Reichsbank 
den Satz für Privatkonto auf 3058 pZt. fest⸗ 
resetzt 
— In Niederwürzbach sind von den 14 
seitherigen Gemeinderäthen 10 nicht wieder ge⸗ 
wählt worden. Als Bürgermeister wurde Hr. Joh. 
Dreßler gewählt (alt), als Adjunkt Hr. Georg 
Becker (neu). Die übrigen Gewählten sind: 
Paul, Georg (alt), Schwarz, Mathias (neu), Bohr, 
Heorg (neus, Degel, Jakob (neu), Ruffing, Johann 
(alt), Litzenburger, Georg (neu), Wesely, Georg 
neu), Post, Christian (neu), Müller, Franz (neu) 
Wachs, Johann (neu), Nikolaus, Johann (neu), 
Blati, Nikolaus (alt). Trotz der Kälte ist'b bei 
der Wahl sehr hitzig hergegangen. 
In Homburg wurden bei der am Diens. 
tag abgehaltenen Adjunkten- und Bürger— 
meisterwahl die Herren Adjunkten Holländer 
und Schmelzle wiedergewählt; auch Herr Bürger⸗ 
meister Dümmler wurde im ersten Wahlgange mit 
37 don 69 Stimmen gewählt, lehute aber, weil 
aicht einstimmig gewählt, ab. Zwei weitere Wahl⸗ 
Jänge blieben erfolglos, und im vierten wurde Hr. 
Fari Weber, Rentner, mit 86 von 69 Stimmen 
zewählt. 
Auf dem Kaiserslauterer Honig— 
markt des Bienenzuchtvereins Königsbach wurden 
m Ganzen etwa 5 Centner verkauft. Sonntag 
den 30. d. M. wird der Honigmarkt von früh 
L11 bis Nachmittags 5 Uhr im Sälchen der Brauerei 
Mayer fortgesetzt. 
— Dem Kommandeur des in Landau und 
Zweibrücken garnisonirenden 18. Infanterie-Regi⸗ 
nents Herrn Oberst Lindhamer wurde von 
S*. M dem deutschen Kaiser und König von 
Preußen der Kronenorden 2. Klasse veriiehen. 
— Zwischen den Weinhändlern Kaufmann & 
Mällert in Dürkheim und Aug. Wilhelmi 
n Hattenheim schwebt ein Prozeß um 13,919 
Mart 23 Pfg. Die Erstgenannten hatten im Jahr 
1881 an letzteren 86.334 Liter 1878er Weißwein 
u 340 M. pro 1000 Liter verkauft. Der Wein 
vurde geliefert und wieder verkauft, auch bis aul 
bige stestsumme bezahlt. Diese Restsumme zi 
vezaͤhlen, weigert sich Wilhelmi mit dem Vorgeben, 
)er Wein sei kein Naturwein gewesen und hinlänglich 
hezahlt; er sei getäuscht worden und ihm großer 
Schaden dadurch entstanden. Wilhelmi hatte an 
Bankier Z. zum Verstich seiner 40 Stück Weine 
30 Stüd von jenem Weine verkauft, die Ver ⸗ 
teigerung der Z'schen Weine mißlang in Folge 
)»es Verslichs und Wilhelmi mußte an 3. 10000 
Mark Schadenersatz zahlen. Kaufmann & Müller 
ehaupten, gewöhnlichen Naturwein geliefert zu haben. 
Wilhelmi habe genau gewußt, was er erhalten, es 
sehe dies auch daraus hervor, daß Wilhelmi den 
Zetrag soweit bezahlt habe. Ein Eid soll den 
ßrozeß entscheiden. — Ob die 86 Stück Wein unter 
— 
zus den Veröffentlichungen nicht ersichtlich. 
— Der Gewerbeverein Speyer veran— 
taltet 1885 eine Ausstellung von Lehrlingbarbeiten 
Die sich betheiligenden Geschäftszweige sind folgende: 
Schneiderarbeiten mit 10, Schuster⸗ mit 6, Schreiner⸗ 
mit 4, Kiefer⸗ mit 8, Schlosserarbeiten mit 5 Lehr— 
lingen, Messinggießer⸗, Glaser und Tüncherarbeit, 
Vvackerwaaren, Saitlerarbeit und Malerkunst mit j 
Lehrling.k 
Bermischtes. 
F Wie der „Str. P.“ berichtet wird, ist in 
der vorigen Woche bei Pechelbronn im Elsaß 
vieder eine neue Petroleumquelle ange— 
»ohrt worden, welche täglich 5—600 Faß rohets 
Del liefert. Man glaubt jeßt die Richtung des 
Dellagers aufgefunden zu haben und erwartet zu⸗ 
derlässig weitere Erfolge. 
Mannheim, 23. Nov. Gestern früh ist 
in dem benachbarten Seckenheim ein scheußlicher 
Hattenmord verübt worden. Der Meßger und 
Zändler Wilhelm Sponagel, welcher mit seiner Frau 
chon längere Zeit in Unfrieden lebt, hat derselben 
aach einem vorangegangenen Streit mit einem scharfen 
Messer den Hals durchschnitten, so daß der Kop 
nahezu vom Rumpf getrennt wurde. Der Mörder 
begab sich hiernach zum Buürgermeister und sagte 
diesem: „Ich habe soeben meiner Frau den Hal 
ibgeschnitten und gehe jetzt ins Wirthshaus; schicke 
nir die Gendarmen bald nach!“ Wirklich ging 
Sponagel in ein Wirthshaus und trank noch rasch 
nehrere Viertel Wein, wo er alsdann durch die 
Bendarmen festgenommen wurde. Die Ermordete 
war Muiter von sechs Kindern, von denen einig 
hei der Blutthat anwesend waren. 
— —— 
f Ein Schwabenstreich. Beim kgl. 
Landgerichte Neuburg a. D. kam am 17, Nov. d. 
J. ein Fall zur Verhandlung, welcher einer Weiter— 
verbreitung werth sein dürfte. Die Veranlassung 
war folgende: Im heurigen Frühjahre hatte der 
hund des Wirthes Friedel von Klingsmoos eine 
der Kolonistenehefrau Schütz gehörende Gans um— 
zJebracht. Eine gütliche Vereinbarung dieser Ange— 
egenheit konnte nicht herbeigeführt werden, da Fr. 
auf die keineswegs hochgestellte Forderung der Be— 
chädigten nicht einging. Die Sache kam nun öfters 
„or Gericht. Es wurden mehrere Zeugen vorge—⸗ 
aden, und das Resultat der Verhandlungen in 
Schrobenhausen war eine ungünstige Entscheidung 
für den Beklagten. Derselbe legte nun, damit der 
Hansbraten für die dortige Kirchweih recht theuer 
verden sollte, an das kgl. Landgericht Neuburg a. D. 
Berufung ein. Klägerin und Beklagter ließen sich 
durch Rechtsanwälte vertreten, wobei das Gänschen 
noch mehr „gerupft“ wurde. Friedel verlor ober⸗ 
mals, und es ist leicht zu begreifen, daß dies ge⸗ 
fiederte Hausthier einen wohl kaum noch je dage⸗ 
wesenen Werth repraͤsentirte, indem die Gerichts-, 
Zeugen- und Advokatenkosten die hübsche Summe 
on 400 Mk. erreichten. 
Munchen, 25. Nov. Mit der Errichtung 
der für das Personal des niederen Forstdienstes zu 
schaffenden Waldbauschuleun wird nun vorgegangen 
verden. Die Umwechslung des Forstschutzpersonals 
in das Personal des neuen Status wird aber nur 
allmählig vor sich gehen. Alle Schutzposten werden 
zorderhand fortbestehen. Bei Erledigung eints 
Försterpostens wird ein Forstgehilfe als exponierter 
Gehilfe bezw. Waldaufseher in denselben einrücken. 
An die Sielle des bisherigen Forstgehilfen wird, 
'oweit dieselbe nicht mit einem Assistenten besegt 
wird ein Gehilfe neuerer Ordnung eventuell ein 
Forstaufseher treten. Die zur Erledigung kommenden 
Waldaufseherstellen werden fast vollständig einge⸗ 
zogen werden. 
Aus Mittelfranken. In Wuürttem. 
berg bestehen von Staatswegen sogenannte Haus—⸗ 
haltungsschulen für Bauerntöchter, in denen 
diese die Führung eines Haushaltes erlernen. Die 
mittelfräufische Regierung hat sich ebenfalls für diese 
—A 
raihsmitgliedern nach Schrotzberg gesandt, um die 
dort bestehende Haushaltungsschule in Augenschein 
zu nehmen. Diese Kommission hat nun dem Land⸗ 
rath einen recht günstigen Bericht über das ge— 
nannte Institut erstattet, so daß der Landrath zu 
den im Vorjahre bereits genehmigten 2000 Mark 
abermals 2500 Mark genehmigte. Da der Ritter⸗ 
gutsbesizer v. Schwarz von Hensenfeld ein ihm 
gehöriges Wohnhaus unentgeltlich zur Verfügung 
stellt, so wird diese erste mittelfrankische Haushal⸗ 
tungeschule wahrscheinlich nach Hensenfeld kommen. 
— Der Frankfurter Aepfelwein hat eine 
schwere Probe glücklich überstanden. Es wurde 
eine Anzahl Flaschen über's Meer nach Brasilien 
und auch wieder herüber gesandt, um zu probieren, 
ob er sich hält. Und siehe da, die Kenner in 
Frankfurt wollen gefunden haben, daß er an Güte 
und Geschmack sogar zugenommen hat. 
Eine echt irische Scene spielte sich kürzlich in 
Wakterford' ab. Dort war plößzlich eine Frau 
gestorben, bei deren Leiche, wie das bei den Irlan⸗ 
dern Sitte ist, Nachts Todtenwache gehalten wurde. 
Die Wächter aber, wie das bei solchen Gelegenheiten 
stets geschieht, tranken sich einen fürchterlihen Haar⸗ 
beutel an und arrangirten nun beim Klange einer 
Concertina ein Tänzchen um den Sarg, wobei sie 
die Leiche aufrecht sezten, mit deren Händen und 
Fußen einer der Anwesenden den Takt schlug. 
Endlich wurde die Heiterkeit so groß, daß die Leiche 
aus dem Sarge genommen und Fangball mit der⸗ 
selben gespielt wurde, und eben war man daran, 
— 
Pfeife in den Mund zu stechken und Punchinello zu 
spielen, als die Polizei eindrang und dem Skandal 
ein Ende machte. 
Das Hamburger Afrikanische Syndilkat 
hat auf die Anfrage eines Afrikalustigen geant⸗ 
wortet, in Kamerun sei das Klima fur Deutsche 
ungeeignet; von Auswanderung dabin sei dabe, 
abzurathen. 
In Stettin ist am 23. d. M. Morgent 
3 Uhr das Thalia⸗Theater total niedergebrannt 
Die im Hause wohnenden Schauspieler konnten fich 
nur mit Lebensgefahr reiten. 
(Eine Stadt von Wölfenang 
riftuJEinem Privatbriefe eumimmt „B