Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A G60 S einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 2M 78 , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I83 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 25. 
Dienstag, 5. Februar 1884. 19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 2. Febr. In der Donnerstags⸗- 
zung des Petitionsausschusses kamen verschiedene 
zeͤitionen zut Verhandlung, welche eine Aenderung 
„es Branntweinsteuergesetzes bezielen. Es wurden 
ach längerer Diskussion jene Petitionen, welche 
ine Aufhebung der Gewerbesteuer für landwirth⸗ 
chaftliche Brennereien verlangen, dann jene, welche 
ür die landwirthschaftlichen Dampfbrennereien imit 
iner täglichen Verarbeitung bis zu zwanzig Hekto— 
iter Maischraum eine Ermäßigung wünschen, und 
ene, welche die den Brennereien in 8 59 des 
granntweinsteuergesetzes gewährte Vergünstigung auf 
ünf weitere Jahre verlängert wissen wollen, der 
Ztaatsregierung zur Würdigung und Berüchsichtig⸗ 
inq empfohlen. 
Im Finanzausschusse hat die fortgesetzte 
terathung über die Frage der Beamtenauf— 
»esserung bekanntlich mit der Ablehnung der 
stegierungsvorlage geendigt. Von den 15 Mit— 
zliedern der Kommission (6 Liberale, 8 Patrioten 
ind 1 Konservativer) stimmten 8 gegen, 7 für die— 
elbe; es hat sich sonach 1 Abgeordneter, nämlich 
»er Konservative Herr Luthardt, den Liberalen 
ür die Regierungsvorlage angeschlossen. Die Aus— 
icht auf Annahme der Vorlage im Plenum ist 
zahezu völlig geschwunden. 
zerthum von unten her ausgesetzt ist. nicht noch 
Sorgen nach obenhin gesellen, daß dasjenige, was 
als Nothwehr angekündigt wird, nicht zum Angriff 
nuf das Bischen Freiheit werde, das dem Oester⸗ 
eicher gegönnt ist. Die Verlockung ist unzweifel⸗ 
zaft groß und man wird oft genug hören, daß 
nit einem Schritt weiter auf diesem Wege aller 
olitischer Streit ein jähes Ende finden könnte. 
Aber Graf Taaffe ist kein Fürst Windischgrätz und 
vill es in der Geschichte auch nicht werden. 
London, 4. Febr. Zu Ballymont in der 
rischen Grafschaft Sligo fand gestern eine Kund⸗ 
jebung von Anhängern der Nationalliga statt. Bei 
erselben erschienen auch zahlreiche Orangisten und 
hossen auf die Nationalisten, wovon drei verwun⸗ 
»et wurden. Die Volksmenge griff darauf die 
Drangisten an und verwundete zwei derselben. 
London, 4. Febr. Die Times erfährt, in 
inem am Freitag im Kriegsministerium abgehalte— 
ien Ministerrathe wäre beschlossen worden, das 
zarlament um einen Credit von zwei Millionen 
zfuad Sterling anzugehen, um die Häfen des In⸗ 
andes und der britischen Colonien in Vertheidig⸗ 
ingszustand zu versetzen. 
Kopenhagen, 4. Febr. Der bekannte theo⸗ 
ogische Schriftfteller, Bischof Martensen, ist gestorben. 
Kairo, 4. Febr. Der Feind griff gestern 
rüh das befestigte Lager bei Suakim an, mußte 
ich aber nach einstündigem Feuergefechte zurückziehen. 
300 Mann Negertruppen sind abgegangen, um 
ich mit Baker Pascha in Trinkitat zu vereinigen. 
Die Garnison Sinkats machte, um zu fouragiren, 
inen Ausfall, wobei sämmiliche fouragirende 
Mannschaften vom Feinde niedergemacht wurden. 
in Folge der noch herrschenden Dunkelheit beugte 
iich dieselbe etwas zu weit vor, stürzte in das 
Wasser und ertrank. Die Fluthen itrieben die 
Verunglückte noch bis zur Mühle des Hrn. Lerch, 
vo die daseibst beschäftigten Mühlburschen die Er— 
runkene bemerlten und herauszogen. Frl. Edel 
war 35 Jahre alt. 
— Grünstadt, 1. Febr Maschinenführer 
Wetz fuhr heute den Zug 198 nach Neustadt, stellte 
eine Maschine in die Halle ging nach Hause und 
iel kurz darauf vom Schlage geiroffen todt nieder. 
Die nachste Delegirtenversammlung der pfäl⸗ 
ischen Consumvereine wird am kommenden Sonn⸗ 
ag, den 10. Februar, in Mutterstadit ab— 
gehalten. 
— In Betreff der Behandlung der Schul⸗ 
»ersaumnisse israelitischer Kinder, 
velche christliche Volksschulen besuchen, an Sabbath⸗ 
ind israelitischen Feiertagen ist durch die kgl. Re⸗ 
zierung verfügt worden? „Schulpflichtige Kinder 
sraelitischer Konfession, welche christliche Volksschulen 
desuchen, wozu auch die konfessionell gemischten 
Bolksschulen gehören, können von dem Schulbesuche 
an den Sabbathtagen nicht befreit werden. da die 
Lehrordnung für die Volksschulen der Pfalz eine 
jolche Befreiung nicht kennt. Eine Vergünstigung 
in dieser Richtung müßte zu den unerträglichsten 
Störungen eines geordneten Unterrichtsbetriebes 
führen. Dagegen ist mit Rücksicht auf die für die 
Israeliten geltenden Ritualgesetze zu gestatten, daß 
zie israelitischen Schulkinder am Sabbath vom 
Schreiben, Tafelrechnen, Zeichnen u. dergl. dispen⸗ 
irt und an den hohen ijraelitischen Festtagen in⸗ 
oweit dieselben nicht ohnehin in die Schulferien 
allen, vom Schulbesuche dann befreit werden, wenn 
etzterer mit dem israelischen Gottesdienst kollidiri.“ 
Auslanud. 
Wien, 3. Febr. Die hochoffiziöse „Mon— 
ags-Revue“ bespricht den über Wien verhängten 
dusnahme-Zustand und sagt u. A.; .... Wir 
„eklagen die Nothwendigkeit dieser außerordentlichen 
Maßregeln auf das Tiefste, und wäre es im Mo— 
nente der Noth richtig, die Vergangenheit prüfend 
urchzugehen, so würden sich gegründete Bedenken 
zegen die bisherige Behandlung der Arbeiterfrage 
„on Seite der öffentlichen Verwaltung geltend 
nachen lassen. Man könnte unschwer den Beweis 
iefern, daß die ersten Anfänge zu leicht genommen 
vurden, daß Wohlthat und Streuge nicht im rich— 
igen Verhältnisse angewendet wurden, daß vielleicht 
rnsle und schwerwiegende Interessen unter der ge⸗ 
chten Ablehnung begraben wurden, die man den 
Brobokationen und Prätensionen der Führer und 
inberufenen angedeihen lassen mußte. Allein zu 
olchen Erwägungen ist der jetzige Moment nicht 
eeignet, wir haben vielmehr zu dem Grauen, das 
ins die Verbrechen der letzten Wochen einflößen, 
och die Anklage hinzuzufügen, daß die friedlichen 
dürger der Residenz und ihrer Umgebung in Folge 
»es unzweifelhaften Mißbrauches, den die sozia— 
istische Propaganda mit den Freiheiten der Staats⸗ 
tundgesetze getrieben haben, nunmehr unschuldig 
ieselbe Einbuße erleiden, wie die Schuldigen; und 
oir getrauen uns nicht einmal die Hoffnung aus— 
usprechen, daß sich in Arbeiterkreisen nunmehr die 
essere Erkeuntniß Bahn brechen werde. Leider 
ind die meisten Arbeiterführer gebildete oder doch 
albwegs gebildete Individuen und sammt und 
onders gründliche Psychologen. Sie wissen die 
Algemein menschlichen Triebe immer weiter auf der 
ßahn gefährlicher Leidenschaften zu treiben und auch 
u mißbrauchen. Die Verständigung zwischen den 
srbeitern und der „Geselischaft““ ist ane 
hwere, fast unmögliche Sache geworden, seit⸗ 
em die Extremen die Herren der Siiua— 
von sind. Um so berechtigter ist der Wunsch, 
ich zu den Gesahren denen das Bür— 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
* St. Ingbert, 5. Febrt. Der gestrige 
Jahrmarkt dahier war trotz der günstigen Wit— 
erung mit Buden nur schwach besetzt. Derselbe 
jeferte in seiner Bedeutungslosigkeit wiederholt den 
zeweis, daß die Jahrmärkte in St. Ingbert nur 
verth sind, gänzlich abgeschafft zu werden. 
— Pirmasens, 2. Febr. Im Laufe des 
estrigen Tages wurden drei hiesige Schuster ge— 
hlossen ins Gefängniß verbracht, welche beschuldigt 
ind, eine Frau von Lemberg, welche am letzten 
zonntag von einem Besuche bei ihren Angehörigen 
n Gersbach heimkehrte, in der Nähe letzteren Orles 
n ungebührlicher Weise angegriffen und sie ihres 
heldes im Betrage von ca. 3 Mt., sowie einiger 
ebensmittel, die sie in einem Handkorbe bei sich 
rug, beraubt zu haben. Einer der Verhafieten ist 
gerheirathet. 
— Insheim, 4. Febr. Gestern Abend 11 
Uhr wurde vor der Schultz'schen Restauration da⸗ 
zier ein ca. 60 Jahre alter Mann schwerbverwundet 
rufgefunden. Derselbe hatte einen Stich in das 
Auge und waren ihm die Lippen durchschnitten. An 
einem Aufkommen wird gezweifelt. Thäter noch 
mbekannt. 
— Dürkheim. Gutem Vernehmen nach, hat 
für die bevorstehende Saison Herr Musikmeisier 
Bliewert vom 18. Infanterie-Regiment in Lan⸗ 
dau die Neubildung einer Kapelle übernommen, 
velche 16 Mann stark sein wird. Derselbe wird 
zleich nach Fastnacht hierher übersiedeln. 
Landau, 3. Febr. Heute um die Morgen⸗ 
tunde ereignete sich dahier ein gräßliches Unglück, 
Fräͤulein Math. Eckel, wollte bei der Quaichbrücke 
n der Königsstraße Wasser holen. Wahrscheinlich 
Vermischtes. 
München. Der König hat genehmigt, 
)aß dem von der Stelle eines Direktors desi. 
-„chauspiels auf Ansuchen enthobenen Hofschauspieler 
derrn Possart der ihm seinerzeit verliehene Titel 
ind Rang eines Direktors desk. Schauspiels 
erbleibe. 
. Se. Maj. der König haben dem Advokaten 
ind Rechtsanwalt Karl Braun in Augsburg in 
Anerkennung seines vierzigjährigen ausgezeichneten 
Wirkens als Advokat und Rechtsanwali den Titel 
ind Rang eines „königlichen Hofrathes“ gebühren⸗ 
rei verliehen. 
Im Pfründnerspital zu Ba mberg ist eine 
Frau im Alter von 100 Jahren gestorben. 
x Die Generaldirektion der Verkehrsanstalten 
deroffentlicht soeben den bayerischen Zeitungslatalog 
für das Jahr 1884. Derfelbe enthält außer den 
Reglements über das Abonnement und die Zustell · 
ing der Zeitungen und den Verkehr der Post mit 
den Verlegern ein Verzeichniß aller in Bayern er⸗ 
cheinenden Zeitungen, deren Zahl sich auf 695 
veläuft. Die zweite Abtheilung, welche den aus⸗ 
vartigen Blattern gewidmet ist, umfaßt 2030 Zei⸗ 
ungsfirmen. 
F. Die beiden bayerischen Infanterie— 
Regimenter in Mesz werden auf die Friedens 
tärke der preußischen Regimenter in —A— 
ingen gehracht werden, wodurch die Meher Garnison 
eine Verstärkung um mehrere hunder! Mann erfährt. 
FStraßburg, J1. Febr. Wie die „Straßb. 
Post“ vernimmt, hat die hiefige Handeskammer 
n ihrer gestern Nachmittag abgehaltenen Sitzung