mit Nicaragua einen Vertrag abgeschlossen, der
falls er durch die Vertretungskörper genehmigt wird,
zie schleunige Inangriffnahme des neuen Schiffs
weges sichert. Da man den Nicaragua-See be—
nutzen will, wird der stanal Schleusen haben, welchen
die Schnelligkeit des Verkehrs etwas hemmen.
Begner des neuen Kanals sind Frankreich, welches
den Wettbewerb desselben mit dem Lessepsweg
ürchtet, und England, welches sich durch den Clay⸗
ton⸗Bulwerschen Vertrag des Jahres 1850 einen
Einfluß auf jeden etwaigen Nicaragua-Kanal ge⸗
ichert glaubte. Nordamerika hat jedoch diesen Ver—
trag durchiöchert, und es scheint nicht, daß England
denselben nachhaltig zu behaupten gesonnen ist.
Deutsches Reich.
München, 28. Dez. Zur Besprechung einer
Feier des 70. Geburtsfestes des Fürsten Reichs⸗
fanzlers hat gestern Abend im Kunstgewerbehause
eine Versammlung von Vertretern verschiedener Be⸗
cufskreise, insbesondere Wissenschaft, der Kunst und
des Gewerbes stattgefunden, deren Besuch und Ver⸗
lauf eine glänzende Begehung jener Jubelfeier in
München erwarten läßt. — Es geht hier das Ge⸗
rücht, daß der Bürgermeister v. Fischer in Augs⸗
zurg dieses Amt zu verlassen und in den Reichs⸗
dienst zu treten beabsichtige.
Hamburg, 28. Dez. Nach einer Mitthei⸗
cung der „Post“ ist der hiesigen Polizeibehörde ein
anonymer Brief zugegangen, in welchem gedroht
wird, die Seewarte in die Luft zu sprengen. In
Folge dieser Drohung ist das Gebäude in den leßten
Tagen durch eine Anzahl Criminalbeamter bewacht
vorden.
Ausland.
Paris, 29. Dez. Die Prinzen von Orleans
wurden vertraulich gewarnt, daß die Regierung ent⸗
schlossen sei, ernstlich gegen sie einzuschreiten, falls
der Eifer der Propaganda ihrer Anhänger nicht
zemäßigt würde.
Petersburg, 25. Dez. Der Beschluß
des deuischen Reichstages vom 15. Dez. wird fort⸗
während in allen größeren Zeitungen an hervor⸗
ragender Stelle besprochen; in jedem Salon bildet
er das Gesprächsthema der Herren. Die größeren
Preßorgane, wie die alt-konservativen, national⸗russi⸗
schen , Moskowstja Wjedomosti“ und „Grashdanin“,
und selbst die sonst Deutschland wenig zugethane
—VöV
ganz für den Reichskanzler ein. Nur allein die
sich „liberal“ nennende „Nowosti“ beglückwünscht
die Mehrheit des Reichstages zu deren weisen und
festen Haltung und greift Fürst Bismarck in jeder
Weise an. Doch ist dies bei dem vorzugsweise pol-
nische Interessen vertretenden Blatte kein Wunder.
Noch schärfer als in der Presse, wird der Vorgang
jedoch von dem Publikum, namentlich von der vor⸗
ehmen Gesellschaft, vrrurtheilt.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 30. Dez. Wie den Lesern
dieses Blattes bereits bekannt, wird der Verein
Gemüthlichkeit“ am Neujahrstag Abends gegen
Fiatrée eine theatralische Vorstellung veranstalten.
Da wir hier schon längere Zeit eines Theaters
entbehrten, so wird des Vorhaben der „Gemüth—⸗
lichen“ von allen Theaterfreunden gewiß willkommen
geheißen. Die beiden zur Ausführung kommenden
Zustspiele: „Papa hats erlaubt“ und „Das Wer⸗
sprechen hinter dem Herd“ sind zudem recht glücklich
gewählt. Dieselben wurden schon früher vom Verein
Gemüthlichkeit“ in, wir können sagen, musterhafter
Weise aufgeführt und hielten die Zuschauer bis
‚um Schlusse in ununterbrochener Heiterkeit. Da
hei der nächsten Aufführung die einzelnen Rollen
noch ebenso besetzt sind wie früher, so steht allen
Besuchern ein gemüthlicher, heiterer Abend mit der⸗
selben in sicherer Aussicht.
— St. Ingbert, 30. Dez. Die gestern
Nachmittag im Café Oberhauser dahier stattgehabte
Versammlung des Bezirkslehrervereins Blieskastel⸗
St. Ingbert war sehr zahlreich besucht. Nach dem
Eröffnungsgesange begrüßte zuͤnächst der Vorstand,
Herr Lehrer Drescher von Wolfersheim, die An⸗
vesenden. Seinen weiteren Mittheilungen enineh⸗
men wir, daß die Mitgliederzahl im Jahre 1884
im 8 gewachsen ist und gegenwärtig 60 beträgt.
die „pfälzische Lehrerzeitung“ erhalten 55 Mit⸗
glieder und zwar 52 Lehrer und 3 Nichtlehrer.
Als Hauptgegenstand der Verhandlungen stand auf
der Tagesordnung ein Referat über die nene pfäl⸗
Fische Schul- und Lehrordnung. Der Referent.
herr Lehrer Schröck von Ballweiler, entledigte sich
einer Aufgabe in recht gelungener Weise. Seine
lusführungen, an manchen Steslen in ein humo⸗
istisches Gewand gekleidet, ließen dem zur Be—
prechung stehenden Werke in Anerkennung seiner
Vorzüge volle Gerechtigkeit widerfahren, ohne dabei
den selbstständigen Standpunkt zu verlieren. Der
Referent wußte sich so bis zum Schlusse seines
Vortrages die ungetheilteste Anfmerksamkeit der Zu⸗
jörer zu erhalten und erntete, nachdem er geschlossen,
sebhaften Beifall. Da Weiteres zur Besprechung
nicht vorlag, so fand hierauf die Versammlung mit
»em Absingen eines vierstimmigen Liedes ihren
Ibschluß.
— Bei der Verloosung der pfälzischen
Iussteuer⸗Anstalt gewannen Nachstehende je 300 M.:
267 Amalie Friedman in Göllheim, 1168 Emil
Pallmann in Landstuhl, 339 Hermann Goldfuß
n Oiterberg, 714 Hermann Saar in Freinsheim,
36 Marie Elisabeth Knaps in Blieskastel, 439
ina Mäsel in Winzingen, 1094 Rud. Steinkönig
n Mutterstadt, 361 Emma Marr in Zweibrücken,
587 Karl Schaller in Landau, 294 Louise Riehl
nn Ludwigshafen, 823 Hedwig Kessel in Dürkheim,
244 Sophie Bossert in Lambrecht.
— Der Rohbau der Synagoge in Kaisers⸗
autern ist vollendet. Die Gesammtkosten des
Zaues mit Einrichtung werden sich auf ca. 190,000
Otark stellen, wobei jedoch die Kosten des Bauplatzes
rnicht eingerechnet sind. Zur Vollendung des Innern
nuß noch ein Anlehen von 80,000 Mark aufge—
zenommen werden.
— Aus Kaiserslautern wird über einen
Anglücksfall berichtet, indem ein junger Mann, der
m Hochspeyerer Walde mit Holzfällen beschäftigt
var, von einem Baume so unglücklich herabstürzte,
daß er das Genick brach und todt blieb.
-Landau, 28. Dez. Vor dem hiesigen
Schöffengerichte wird am 7. Januar eine Jagdsache
derhandelt, deren Ausgang für Jäger und Jagd—
iebhaber von großem Interesse ist, eventuell für
pätere gerichtliche Entscheidungen ein Präcedenz
bgeben dürfte. — Ende September schoß Herr
Ir. jur. Eichborn von hier einen Hasen an, der
iber die Reviergrenze lief und auf dem Reviere des
hderrn Morin von hier vom Hunde eingefangen,
iber nicht apportirt wurde. Herr Dr. Eichborn
ieß daher den Hasen durch einen Buben herüber—
solen, wogegen der anwesende Herr Morin pro—
estiree. Zwei Tage später wurde der Hase von
herrn Eichborn an Herrn Morin überschickt, der
jber die Annahme verweigerte, sodaß die Sache
zerichtlich zum Austrag kam und Herr Eichborn mit
M. Geldstrafe belegt wurde. — Am 1. Okt. nun er⸗
ignete sich ganz derselbe Vorfall noch einmal, aber
eitens des Herrn Morin, und mit dem Unterschiede,
aß dieser den übergetretenen Hasen durch seinen
hund und nicht durch einen Buben hat holen lassen.
)err Morin wurde ebenfalls bestraft, erhob aber
frinspruch, indem seine Handlungsweise (also das
Apportirenlassen vom fremden Revier herllber durch
inen Hund) herkömmlich und gebräuchlich sei, auf
zegenseitigem, stillschweigendem Uebereinkommen be—⸗
uhe. — Da in die Gerichtssitzung vom 7. Januar
owohl von Seiten des Einspruchsklägers, als auch
»er Amtsanwaltschaft viele Zeugen, fast ausschließ
tich erfahrene Jagdpächter geladen sind, fo darf man
auf den Ausgang der Sache gespannt sein. (L. T.)
— Wie die F. Z,. erfahren, wird Herr C. E.
Wolf, ein geborener Rheinpfälzer, welcher
»ißsher in Hamburg ansässig war, demnächst von
»er „Internationalen Assocation des Kongo“ nach
»em Kongo geschickt, um sich über die zur Aus—
uhr aus nach Deutschland geeigneten Artikel zu
rienteiren. Herr Wolf hat in Köln Domizil ge⸗
tommen und trifft seine letzten Vorbereitungen zur
dongoreise, die im Januar 1885 erfolgen wird.
Im Interesse des deutschen Handels wünschen wir
inserem Landsmanne den besten Erfolg.
Jie deutschen Ausirdelungen in Californien.
Nach einem uns vorliegenden Berichte aus
Falifornien macht die Bildung deutscher Colonien
ortselbst rüstige Fortschritte. Die deutsche Coope—⸗
ativ:Colonie in Denver (Colorado) hat sich für
inen Strich in San Diego County, 30 Meilen
rördlich von der Stadt Diego, entschieden. Der
ins vorliegende Prospekt enthält eine genaue Er—
xterung der Zwecke und Einrichtungen. Es wird
roch einige Zeit vergehen, ehe das Land vermessen
ind ausgetheilt wird, Wasseranlagen gemacht werden
ind die Ansiedler aus Denver eingetroffen sind, so
saß an einen wirklichen Anfang der Colonie wohl
zaum vor Anfang Januar zu denken sein wird.
Daß das Unternehmen reussicen wird, unterliegt
aum einem Zweifel, denn jede solche deutsche
Tolonie, deren einzelne Mitglieder durch gemein—
ame Interessen verbunden sind, kann in Californien
ich glänzend entwickeln und blühenden Wohlstand
erringen, so lange das Land nicht theuer bezahlt wird.
XV
iegende neue deutsche Colonie in der halbtropischeu
Zone der Foothills von Yuba und Butte Countis
jestaltet sich in vielversprechender Weise. Professor
hilgard, der Leiter des Agricultur-Collegs der
Staats-Universität in San Franzisco, hat Lage
und Boden dieser Anlage für äußerst günstig zum
Weinbau und zur Ohbstzucht erklärt, und auf seinen
stathschlägen basirend, wird jedes Mitglied dieser
Tolonie seine Anpflanzungen machen, in der Weise,
daß Alle die gleichen besten Sorten Oliven, Wein—⸗
ind Tafeltrauben, Birnen, Pfirsiche, Beeren ⁊c.
oflanzen, um dann dafür in halb cooperativer Weise
einen sehr guten Absatz zu erzielen. Mit Capital—
zilfe soll dann an Ort und Stelle eine Weinkelterei
ingelegt werden. Cine solche deutsche Colonie kann
hren eigenen Oualitätswein herstellen unter eigener
ẽtiquette mit Hilfe eines tüchtigen Kellermeisters
und des nöthigen Capitals und wird für ein gutes
PBrodukt in Europa schon der Merkwürdigkeit halber
einerzeit leicht einen guten Markt finden. Pro—
fessor Hilgard hat zur Anpflanzung gerade im rothen
Boden dieser neuen deutschen Colonie eine Anzahl
Wein⸗ und Fruchtsorten empfohlen, die die Gefahr
einer Ueberproduktion und Werthlosigkeit des Pro—
duktes ausschließen. Da bei dieser Anlage voll⸗
tommen systematisch vorgegangen wird, das Land
'ehr billig ist, Wassergräben das ganze Gebiet
urchadern und das im Winter warme Klima auch
Drangen und Olivenzucht sehr begünstigt — so
vird sich ohne Frage hier im Laufe der Zeit eine
zroße deutsche Colonie aufbauen; denn der Anschluß
teht jedem Deutschen oder Schweizer oder Deutsch—
Umerikaner aus irgend welcher Gegend, irgend
velcher Confession frei.
Anders die dritte, die evangelisch⸗lutherische
TFolonie, die sich im nördlichen Theile von Shasta
Founty ansiedeln und nur Glaubensgenossen in
hre Gemeinde ziehen wird. Der Land-Prospektor
zer Einwanderungsgesellschaft in San Franzisks
st jüngst mit einer Anzahl Mitglieder dieses deutschen
Folonieberbandes an den Big Bend der Pit River
circa 40 Meilen von der Eisenbahn und Redding)
gereist, um dort schöne, fruchtbare Ländereien für
diese Colonie zu besichtigen. So steht Californien
iin großer deutscher Zuzug, theils aus Europa,
zevor, wodurch das dortige Deutschthum einen neuen
Aufschwung und bedeutende Stärkung erhalten wird.
Vermischtes.
Aus den Reichslanden, 27. Dez. Der
Redakteur des „Moniteur de la Moselle“, Edgar
Robin, ist aus Elsaß-Lothringen ausgewiesen worden.
Robin hielt sich hier als Franzose auf; der „Mo—
naiteur“ hat bei der letzten Wahlkampagne die Kan⸗
zidatur Antoine's befürwortet; die Haltung des
Blattes ist im allgemeinen eine maßvolle. obgleich
entschieden protestlerische.
F (Gesindemarkt.) Zu den Eigenthüm⸗
ichkeiten des lothringischen Volkslebens gehört der
Hesindemarkt, welcher alljährlich am Stephanstage
26. Dezember) auf dem Domplatze in Mezß ab—⸗
Jjehalten wird. Nachdem die städtischen Dienstboten
ich schon seit längerer Jeit zur Erlangung eines
dienstes an die verschiedenen Vermiethungsstellen
n der Stadt wenden, ist der Gesindemarkt lediglich
)en ländlichen Dienstboten verblieben, welche sich
»aselbst auf die Dauer eines Jahres mit Hanud⸗
chlag und Handgeld vermiethen. Nach Abschluß
dieses einfachen Miethsvertrages wird dieselbe in
einer benachbarten Wirthschaft durch einen Trunk
bestätigt und der Miether nimmt den Gedungenen
sogleich mit nach Hause. Die Loöhne richten sich
hierbei, wie auf jedem Markte, nach Angebot und
Nachfrage. Der diesjährige Gesindemarkt war von
mehreren Hundert Personen, Miethern und Gesinde,
desucht. Im Allgemeinen ist dieser Markt ein höchst
nüchternes Geschäft und wird nicht einmal mehr
zurch die gefällige lothringische Bolkstracht, welche
nuch in der ländlichen Bevölkerung immer mehr
ibnimmt, belebt; immerhin bildet er noch ein Stück
alten Gebrauchs, welcher vorläufig sich wohl noch
ange erhalten wird.
Aus Dudweiler wird der „St. Joh. Ztg.“
hexichtet: Ein Bahnwärter der Strecke Dudweiler⸗