Saarbrücken machte sich früh 4 Uhr vor einigen
Tagen mit 74 Thlr. in der Tasche auf, um in
Spiesen eine Kuh zu kaufen. Im Walde zwischen
Suͤlzbach und Spiesen wurde er plötzlich von einem
Sirolch in offenbar räuberischer Absicht angegriffen.
Der Mann wehrte sich jedoch nach Kräften; er zog
zu seiner Vertheidigung sein Taschenmesser und
Frachte dem Angreifer im Laufe. des Kampfes eine
Freractige Wunde bei, daß derselbe liegen blieb.
Währenddem brachen aus dem Gebüsch drei weitere
Ferle heraus, wadhrscheinlich Spießgesellen des
—V0
Fer Uebermacht, der Bahnwärter für gehboten, sein
Zeil in der Flucht zu suchen. Die Geldsumme
jatte er gerettet. Das Messer, welches abgebrochen
ind blutbefleckt war, wird ihm eine Erinnerung an
sen frechen Ueberfall sein.
Stuttgart, 29. Dez. Der „Neck. 3.“
vird von hier geschrieben: „Wenn sich die hier
irkulirenden Gerüchte bestätigen, so wäre es ge—
ungen, dem vier ten Complicen bei den anar—⸗
histischen Schandthaten in Straßburg und Stutt⸗
jart auf die Spur zu kommen. Bekanntlich gelang
Z nicht, die drei Mordgesellen Stellmacher, Kammerer
ind Kummie hinsichtlich ihres vierten bei der That
»etheiligten Genossen zu einem Geständniß zu bringen.
Zummie gab zwar zu, von einem ihm persönlich
mbekannten Fremden hierherbestellt worden zu sein,
indessen war die Beschreibung desselben so allgemein
jehalten daß die angestellten Recherchen fruchtlos
zlieben. Nach geschehener That hier flüchteten die
Mordbuben in der Richtung nach Kolmar, während
„ie Polizei ihr Augenmerk nach Mühlhausen richtete.
Wie sich später herausstellte, hatten die Thäter ein
sendezvous in der Stadt Mühlhausen und Kolmar
derabredet. Ob sie sich dort fanden, mag dahin
gestellt bleiben; Kummie wurde bekanntlich in
ßforzheim uach heftiger Gegenwehr verhaftet. Der
ierte bis jetzt unentdeckt gebliebene Theilnehmer
in dem Verbrechen soll ein gewisser Marovsky und
n Mühlhausen domicilirt sein. Man darf mit
stecht darauf gespannt sein, ob das Gerücht
Bestätigung findet.“
In Schwabing hat eine Werktagsschülerin
einer andern, Therese Rehm, Tochter eines Oeko—
romen von Neufreimann, mit einer Stahlfeder der⸗
art in das eine Auge gestoßen, daß nach der Er—
flärung des Augenarztes Dr. Berger in München
»ie Getroffene das Auge verlieren muß.
Klagenfurt, 29. Dez. In Tarvis und
Amgegend fanden Samstag in der Nacht heftige
Erderschütterungen statt, insbesondere wurden drei
Stöße von großer Stärke wahrgenommen. Die
Mauern der Häuser zeigen vielfach Sprünge und
Risse.
München. König Ludwig gab zum
Weihnachtsfeste für die Stadtarmen 1800 Mark,
Brinz Otto dem Veteranen⸗, Krieger⸗ und Kampf⸗
jzenossenbund 300 Mk. zu Unterstützungszwecken.
Ger Werth des Bergsteigens für
die'Gesundheit) Ein höchst interessantes Ur⸗
heil über den Werth des Bergsteigens für die Ge⸗
undheit findet sich in dem „Handbuch der Allge⸗
meinen Therapie der Kreislanfs ⸗Störungen“ von
Professor Dr. Oertel. Nicht nur für Touristen
illein bieten die Anschauungen des berühmten Pro—
essors der Münchener Universität ein hervorragen-
des Interesse, sondern auch der leidenden Mensch⸗
Jeit dürften dieselben zur Würdigung empfohlen
verden. Professor Oertel stellt den Grundsatz auf,
daß bei Kreislaufsstörungen vor allem auf Ver⸗
minderung der Flüssigkeitsmenge im Körper hinzu⸗
virken sei, was sowohl durch Verminderung der
Aufnahme von Flüssigkeiten in den Körper, als
auch durch Vermehrung der wässerigen Ausscheidungen
rzielt werden soll. Seine experimentellen Unter⸗
uchungen in letzterer Hinsicht hatten nun ein Er—⸗
gebniß, welches er mit folgenden Worten darlegt:
Wenn wir die durch die verschiedenen Methoden
der Wasserentziehung des Körpers erhallenen Ge⸗
vichtsverluste nebeneinanderstellen, so weisen die
Bersuche, bei welchen eine Vermehrung der Wasser⸗
ibgabe des Körpers durch Bergsteigen erzielt wurde,
die höchsten Zahlen auf. Schon bei mittlerer Ar⸗
heitsleistung, der Ersteigung einer Höhe von 362
Meter über der Thalsohle, wurden Gewichtsverluste
notiert, wie sie in den zwei anderen Bersuchsreihen,
zurch römisch⸗irische Bäder und Dampfbäder, nicht
rreicht wurden.“ Im weiteren Verlaufe führt
Brofessor Oertel aus, daß beim Bergsteigen gerade
ene Bewegungen stattfinden, welche die Kreislaufs-
thätigkeit steigern: „Für die Kräftiqung des Herz—
muskels haben wir nur die Gymnastik als einziges
Mittel und ihre Ausführung besteht in der An⸗
regung kräftiger Kontraktionen desselben durch Be—
vegung, theils in der Ebene, vorzüglich aber durch
Besteigung größerer Höhen oder Berge. Man hat
bisher diese Verhältnisse viel zu sehr außer acht
gelassen und solchen Kranken jede körperliche An—
treugung, ermüdendes Gehen oder gar Bergsteigen
treng verboten, damit vor allem der Herzmuskel
zeschont bliebe. Dadurch hat wan aber den Kranken
jor allem geschadet und die erste Möglichkeit einer
Verfettung dieses Muskels geboten, anstatt denselben
zu kräftigen.“ Weiter heißt es: „Die Wirkung
der Ersteigung von Bergen bis zu 1000 Meter
Höhe über der Thalsohle und darüber ist eine so
gewaltige auf das Herz und die Lungen, wie wir
eine gleichwertige durch andere Mittel erzielen
önnen. Eine so vollständige Ausgleichung von
Firkulationsstörungen so hochgradiger Art wie durch
Zergsteigen ist bis jetzt niemals so geglückt und sie
zeigt so recht, wie gewaltige Eingriffe in den Or—
janismus und wie weitgehende Rekonstruktionen
auf physiologischem Wege möglich sind. Entwässer⸗
uing des Körpers und Bergsteigen wird wohl von
nun an bei Krankheiten im Cirkulationsapparate,
S„tauungen im Venensystem, Herzschwäche (bei
Tuberculose), Beengung des Lungenkreislaufes,
nangelhafter Verbrennung und Verfettung des Herz⸗
muskels, als hauptsächlichstes Heilmittel zu nennen
ein.“ Hieraus würde also folgen, daß „die lei—
»ende Menschheit“ nichts Besseres thun kann, als
dem Vogesen⸗ oder dem Schwarzwaldverein beizu⸗
reten, um in Gemeinschaft jener bergfröhlichen
vesellen die Höhen unserer prächtigen Nachbarge—
zirge zu erklimmen und sich dort Gesundheit und
Frische zu ergehen und zu erathmen.
f(Gegen den übermäßigen Bierge—
nwuß.) Die Klage, daß wir, besonders aber unsere
Jugend, zu viel Bier vertilge, ist ziemlich alt und
ie Mäßigkeitsoereine sind kein Produkt der Neuzeit
Schon 1524 vereinigten sich Kurfürsten und Bischöfe
u einem solchen. Der wegen seiner Sparsamkeit
dekannte Herzog Ernst von Sachsen wendete sich
jegen das viele Biertrinken an seinem Hofe
ind bestimmte im Jahre 1648 in einer Keller—
xdnung Folgendes: „Vors gräfliche und adeliche
Frauenzimmer aber 4 Maß Bier und des Abends
um Abschenken 3 Maß Bier.“ Im Jahre 1495
vurde geboten, sich des „Zutrinkens zu Gleichen,
Vollen und Halben“ zu enthalten. Edikte gegen
die Trunksucht finden sich schon im 7. Jahrhundert.
In den nächsten Jahren des 9. Jahrhunderts wur—
nen besonders die älteren Geistlichen ermahnt, den
üngern mit gutem Beispiele voranzugehen und sich
»es Trunkes, dieser Amme aller Laster, zu enthalten.
Das älteste Schriftstück aber, welches sich gegen das
tarke Biertrinken der Jugend wendet, ist ägyptischen
Ursprungs und einige Jahrtausende alt. Es ist
in Brief, der in einem ägyptischen Grabe
jefunden und von Professor Lauth in Mün—
hen veröffentlicht wurde. Darin heißt es: „Es
st mir gesagt worden, Du vernaächlässigest das
Studium, sehnest Dich nach Lustbarkeiten und gehesl
yon Kneipe zu Kneipe. Wer nach Bier riecht, ist
ür Alle abstoßend; der Biergeruch hält die Leute
ern, er macht Deine Seele verhärtet. .. Du
indest für gut, eine Wand einzurennen und das
Zretterthor zu durchbrechen. . . Dein Ruf ist no—
orisch; es liegt der Greuel des Weines auf Deinem
Besicht. Thue doch nicht die Krüge in Deine Ge—
zanken, vergiß doch die Trinkbecher. .. Du trom—
nelst auf Deinem Bauche, Du strauchelst, Du fällst
zuf Deinen Bauch. ....“ Der Schreiber dieser
Zeilen hieß Ameneman und der, an den sie gerichtet
varen, war sein Schüler Pentaur.
Gas Vaterherz.) Aus der Mainebene
chreibt man dem „Rh. K.“: Welch tiefes Gefühls
eben noch in unserem Volke vorhanden ist, davon
zibt wohl der folgende Vorfall, der sich in jüngster
Zeit bei uns ereignete, einen schönen Beweis. Vor
wanzig Jahren zog ein junger Spenglergeselle
zus Alsheim nach Amerika. Nach manchen Irr—
ahrten, fehlgeschlagenen Versuchen und Unterneh—
nungen dort drüben gelang es ihm endlich, sich
nuf Long-Island eine ehrenvolle, sichere Existenz
u gründen und bereits vor 12 Jahren ließk er
jann seinen jüngeren Bruder dorthin nachkommen.
Der zurückgebliebene Vater baute während dessen
nit der Muttet und einer Tochter das kleine
Hütchen und nährte sich mit dense!ben darauf in
Finfachheit und Genügsamkeit: die Söhne unter⸗
tützten die Eliern wieder namhaft. Bereits seit
Jahren aber war im Herz des jetzt 74jährigen
Breises die Sehnsucht nach seinen fernen Kindern
rege geworden und mehrmals schon hatte er gegen
die Seinen den Wunsch zu erkennen gegeben, den
Söhnen in Amerika einen Besuch zu machen, wo⸗
von jedoch seine Frau und seine Töchter nichts
wissen wolliten. Als er unun in diesem Sommer
seine kleine Ernte einbrachte und seine Kräfte dazu
kaum mehr ausreichen wollten, sagte er zu seiner
Tochter: „Ich kann nicht mehr, es ist die letzte
Ernte, welche ich einbringen helfe, eines aber will
ich noch thun.“ Seit der Zeit erfaßte den Alten
zuweilen eine gewisse Unruhe, und oft, wenn er
fich unbeachtet glaubte, waren seine Augen voll
Trauer nach Westen gerichtet.. Am 22. Oktober
abends wurden in dem kleinen Familienrathe noch
die Arbeiten für den folgenden Tag besprochen und
verteilt; als jedoch die Tochter morgens in die
Schlafkammer des Vaters trat, fand sie das Bett
unberührt und oben in einem Wandkörbchen einen
Zettel mit den Worten: „Ich bin nach Amerika.“
Von Antwerpen aus gab der Greis den Zurück—
gebliebenen zuerst wieder Nachricht und entschuldigte
und erklärte seine geheime Abreise mit der unwider⸗
stehlichnn Sehnsucht nach den Söhnen und dem
Widerspruche, den die Abreise an Frau und Tochter
gefunden haben würde. Bereits gegen Ende No—
bember meldeten dann die beiden“ Söhne die glück⸗
liche Ankunft des Vaters und schilderten die große,
herzerhebende Freude, welche ihnen das Wieder⸗
sehen bereitet habe.
Der Franksurter Palmengarten wird
um 22 Morgen vergrößert, welche die Stadt für
260,000 M. angekauft hat. Der gesammte städtische
Besitz beläuft sich nunmehr auf 70 Morgen.
7 (Trinkstubenpo esie.) Die Trinksprüche,
welche die Wände einer Berliner Bierstube zieren,
entbehren nicht einer urwüchsigen Originalität. Dem
ewig Durstigen, der mehr trinkt, als sein Geldbeutel
vertragen kann, ruft es mahnend von der Wand
herab zu:
Manche Kehl —kostet veel.
Mancher Magen — kost'n Kragen!
Dem unglücklich Liebenden, dem Schwärmer
für „höhere Töchter“ wird folgender nicht mißzu—
verstehender Rath ertheilt:
Hast Du Kummer, Liebesschmerz,
Drück' ein Seidel Dir an's Herz.
Zum Frühschoppen mit obligatem Katerfrühstück
ladet der Spruch ein:
Den größten Kater, lehrt Erfahrung,
Bezwingt ein guter sau'rer Harung!
F Anläßlich der jüngsten Defraudation in
Wien scheint eine allgemeine Kassenvisitarion bei
großen und kleinen Banken stattgefunden zu haben.
Wenigstens führt folgende in ihrer lakonischen Kürze
sehr beredte Nachricht aus Laibach zu dieser Ver—
muthung. Sie lautet: „Bei der Kassenkontrollie—
rung der hiesigen Eskomptegesellschaft ergab sich ein
Abgang von 70,000 Gulden. Direktor Zenari
erschoß sich vor seiner Verhaftung.
F Madrid, 28. Dez. Das Erdbeben
hat auch in Saen, Benargaza, Alfarmatijo, Nerja
und in der Provinz Malaga großen Schaden an⸗
gerichte und sehr viele Häuser zerstört. Die
Alhambra in Granada hat keinen Schaden erlitten.
— Die Provinz Castilien ist von einem großen
Schneesturm heimgesucht worden.
FMadrid, 29. Dez. Die Gesammtzahl
der Opfer des in den Provinzen Granada und
Malaga stattgehabten Erdbebens beträgt nach der
amtlichen Zeitung 266.
F Madrid, 29. Dez. Das bereits gemeldete
Erdbeben zerstörte einen großen Theil der Stadt
Granada und des alten Maurenschlosses Alhambra.
Die Vorderseite der Kathedrale Granda senkte sich
etwas. Die Kathedralen von Sevilla und Giralda
ind beschädigt. Von den Einwohnern der Ort—⸗
chaft Albunudos in der Provinz Granada sind
viele umgekommen.
Furchtbare Verluste an Menschenleben und
Figenthum sind durch den jüngsten Orkan in Ja—
pan, hauptsächlich an der Westküste verursacht
vorden. In einem Orte Namens Kurashiki wur—⸗
den 500 Häuser zerstört und 1800 Menschen
hüßten ihr Leben ein. In Tamashina wurden die
düstendämme weggespült; 430 Häuser niedergeweht
uind 100 Menschen kamen um; während in Im—
»ari, Matsuyama und Iyo 151 Häuser zerstört
vurden, 112 Dschunken sanken und 170 Personen
rtranken.
Für die Redaklion verantwortlich: F. x Deme —