Full text: St. Ingberter Anzeiger

Truppen Osman Digmas niedergemacht worden 
sei. — Der Zivil Kommissar Dr. Harmaund ist 
aus Tonkin in Paris angekommen. 
London, 7. Febr. 500 Mann Marrosen 
und Marine⸗Infanterie haben Befehl erhalten, nach 
Suakim abzugehen. Daily News wird aus Kairo 
gemeldet, General Gordon werde wegen Erhebung 
der Araber⸗Stämme seine Reise nicht fortsetzen und 
in Korosko bleiben. 
Kairo, 6. Febr. Baker Pascha und 
Sartorius sind mit dem Reste der ihnen ver⸗ 
bliebenen Truppen in Suakim angekommen 
Ueber die Niederlage Baker Paschas 
liegen aus Suakim und Trinkitat Berichte vor, 
welche übereinstimmend bestätigen, daß die egypti⸗ 
schen Truppen es verweigerten zu kämpfen und 
Zeim ersten Angriffe der Araber die Flucht ergriffen. 
Die Schlacht fand in einer Entfernung von etwa 
10 Meilen von Trinkitat statt. Die türkischen 
und europäischen Soldaten hielten sich ausgezeichnet 
und nur ihrer Disciplin ist es zu danken, daß 
wenigstens ein Theil des Heeres (1500 Mann) im 
Stande war, sich zu retten. Die Araber, die in 
der Minderzahl waren, fochten heldenbaft und ver— 
ftolgten die Armee Baker's bis gegen Trinkitat. 
Die gesammte europäische Gendarmerie und die 
türkische Infanterie wurden niedergemetzelt; die vier 
Krupp'schen Kanonen, die Mitrailleusen, die Muni⸗ 
tion und Kameele fielen in die Hände des Feindes. 
Baker Pascha war mit seinem Stabe wiederholt 
von den Arabern umringt und hieb sich nur mit 
zroßer Mühe durch. 13 europäsche Offiziere und 
die meisten Offiziere der türkischen Infanterie sind 
gefallen. Jede Hoffnung, die Garnisonen von 
Tokar und Sincat zu entsetzen, muß nach diesem 
mißglückten Versuche aufgegeben werden. 
* Exerzieren oder Turnen? 
Man hat Deutschland, fpeziell Preußen von Alters 
her „das Land der Schulen und Kasernen“ genannt, 
und noch liegt die Zeit nicht allzufern hinter uns, 
vo man sagte, der preußische Schullehrer sei der 
Schullehrer von Königsgrätz gewesen. Wenn bei 
jenem Siege natürlich auch noch einige andere Fak— 
toren mitsprachen, so liegt in jenen Worten auch 
ein nicht zu unterschätzender Theil positiver Wahr⸗ 
heit, denn in der That hat die dem preußischen 
Heer durch die vorzüglichen Schulen anerzogene 
Intelligenz in vielen Fällen den Ausschlag gegeben. 
Man kann aber nach jeder Richtung hin zuviel 
thun, und das „Zuviel“ ist überall schädlich. Ein 
alter lateinischer Wahlspruch lautete: „Man muß 
beten, daß in einem gesunden Körper eine gesunde 
Seele sei', — nur eine Nation, die über eine 
möglichst große Anzahl von gesunden, thatkräftigen 
Individuen beiderlei Geschlechts verfügt, ist im 
Stande, ihre Mission voll und ganz zu erfüllen. 
Wie sehr man hiervon überzeugt ist, beweist die 
große Sorgfalt, die man augenblicklich im preuß⸗ 
ischen Abgeoronetenhause der körperlichen Erziehung 
der jungen Mädchen zuwendet. Wenn dieser Gegen⸗ 
stand selbstverständlich auch von weittragender Be— 
deutung ist, so ist doch die körperliche Erziehung 
der Knaben in vielen Beziehungen wichtiger. 
Augenblicklich tagt in den Reichslanden eine 
wissenschaftliche Kommission, die sich darüber schlüssig 
zu machen hat, in welcher Weise die Knabenerzieh—⸗ 
ung in Zukunft gehandhabt werden solle. Der Frei⸗ 
herr v. Manteuffel läßt nicht undeutlich die Absicht 
erkennen, daß er der französischen Einrichtung der 
Knabenbataillone zustimmen möchte, und die reichs⸗ 
ändische Presse, die im Grunde ihres Herzens immer 
noch franzosenfreundlich ist, kann ihre Freude über 
diesen Entschluß kaum verbergen; das Vorgehen des 
Statthyalters wird außerdem in elsäßischen Kreisen 
großen Beifall finden, denn in der Anschauung des 
Herrn von Manteuffel liegt ein gewisser Vorwurf 
gegen die dortigen, nach deutschem Muster einge⸗ 
richteten Schulen, und die französischen Mannöver, 
die Volksschulen militärisch zu organisiren, die 
Znaben schon frühzeitig zu Soldaten ahzurichten, 
ändet in den Reichslanden noch sehr viele Anhänger. 
Vorlaufig ist es noch nicht so weit, wir hoffen 
nicht, wie die elsässischen Blätter jetzt schon trium⸗ 
phiren, vollständig militärisch organisirte und armirte 
nabenregimenter exerzieren zu sehen. Wozu diese 
Spielerei überhaupt bei uns? In allen unseren 
Schulen ist der Turnunterricht obligatorisch einge⸗ 
führt und er genügt unserer Auffassung nach voll⸗ 
tändig, um den Knaben für seinen späteren Beruf 
ils Soldat völlig vorzubereiten. Eine körperliche 
Dressur von Jugend auf kann nur nachtheiliqg auf 
zie selbstständig geistige Entwickelung unserer Jugend 
virken, die Consequenz eines solchen Verfahrens 
vürde sein, daß wir statt frei und unabhängiger 
Männer Maschinen erziehen würden, denen jede 
Driginalität abgeht, die wohl auf einen Wink zu 
gjehorchen, niemals aber aus sich selbst herauszu— 
reten verständen. Mag es immerhin sein, daß 
inser Staat im Allgemeinen einen militärischen Zu— 
chnitt hat, wir wollen aber nicht annehmen, daß 
der Hauptberuf des Bürgers derjenige des Soldaten 
it. Nehmen wir aber französischen Unfug in keinem 
inserer Landestheile auf, lassen wir unsere Jugend 
pielen und turnen, in ungezwungener Freiheit soll 
ie sich entwickeln, aus solchem Material sollen und 
woslen wir unsere Soldaten entnehmen, denn in 
unserer Volkshymne heißt es ja: 
„Liebe des Vaterlands, 
Liebe des freien Mann's, 
Schützen den Herrscherthron 
Wie Fels im Meer.“ — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 8. Febr. Heute Mittag 
ourde uns ein im Freien eingefangener, lebender 
⸗—Ichmetterling, großer Fuchs, gebracht, dem 
ald darauf auch ein Maikafer folgte. 
— Aus Land au berichtet der L. Anz. Der 
zei den Herren Gebr. Breyvogel im „Trifels“ in 
diensten stehende Dienstknecht Friedrich Rothhaas 
yon Insheim bemerkte Montag Abend, daß sein in 
»em gemeinschaftlichen Schlafzimmer der Braubur⸗ 
ichen stehender Koffer gewaltsam gebrochen war und 
)aß ihm seine Baarschaft von 70 Mk. sowie seine 
Tylinderuhr gestohlen worden. Sein Verdacht lenkte 
ich sofort auf den ebenfalls im „Trifels“ bedien⸗ 
teten 19 Jahre alten Hausknecht Franz Frey von 
—AV 
izei den Diebstahl eingestand, worauf er in Haf 
abgeführt wurde. — Dasselbe Blatt meldet ferner 
rus Insheim, 5. Febr. Vorgestern Abend 
11 Uhr wurde vor der Schultz'schen Restauration 
hahier der 57 Jahre alte Zimmermann Philipp 
zdatob Hust von hier schwer verwundet aufgefunden. 
derselbe hatte einen Stich in das Auge und waren 
hmm die Lippen durchschnitten. Der Thäter wurde 
in der Person des 48 Jahre alten verheiratheten 
Ackerers Philipp Jakob Mayer von Landau ermit⸗ 
zelt, welcher gestern auch verhaftet und nach Landau 
cransportirt wurde. Soviel verlautet, soll derselbe 
die That aus Rache gethan haben, weil Hust vor 
etwa 4 Jahren auch ihn mißhandelt haben soll, 
vofür er zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt wor⸗ 
»en sei. Hust ist heute Nacht seinen Verletzungen 
erlegen. 
— Frankenthal, 5. Febr. Vor der Straf⸗ 
'ammer des k. Landgerichts wurde heute der Ackerer 
Sattler aus Mechtersheim, der beim Wildern von 
einem Jagdaufseher ertappt wurde und darauf auf 
diesen einen Schrotschuß abgefeuert hatte, zu zwei 
Johren und 9 Monaten Gefänaniß verurtheilt. 
Vermischtes. 
F Aus Bayern, B5. Febr. Kürzlich wurde 
n die Villa des Prinzen Luitpold in Hinterstein 
Allgäu) eingebrochen. Die Diebe nahmen etwa 
30 Stück sehr seltener Reh-⸗ und Hirschgeweihe im 
Werthe von 12,000 Mk. 
F München, 4. Febr. In unserer Stadt 
jerrscht momentan wieder eine Art von Selbstmord⸗ 
nanie. Nachdem sich eben erst das Grab über dem 
Ztudenten der Medizin geschlossen, welcher sich aus 
„unglücklicher Liebe“ den Tod gegeben, werden 
jeute bereits wieder nicht weniger als drei Selbst⸗ 
norde gemeldet. Ein 16jähriger Gymnasiast hat 
ich heute früh, angeblich von einem Balle heim⸗ 
ehrend, in einer Droschke erschossen; auf die gleiche 
Weise tödtete sich im englischen Garten ein Schlosser⸗ 
geselle, wie der Polizeibericht sagt: „aus Schwer⸗ 
nuth,“ und aus dem Wasser zog man die Leiche 
ines Mannes, der sich dem Anschein nach eben⸗ 
alls selbst den Tod gegeben hat, während aller⸗ 
ings auch behauptet wird, es lägen Anzeichen 
ines an demselben begangenen Verbrechens vor. 
Das ist ein wenig viel für einen Tag und die 
gemütliche“ Haupistadt. 
F München, 4. Febr. Ein junger Mensch 
yom Lande, der sich zuletzt in guter Stellung in 
jiesiger Stadt befand und sich bereits 1000 Mk. 
erspart hatte, las vor Kurzem in einer Zeitung 
ꝛaß ein hübsches Fräulein mit gutem Ge— 
chäste einen Bräutigem mit 1000 Mart 
Heschäftseinlage suche. Er meldete sich, ward als 
gräutigem angenommen und durfte sofort sein— 
1000 Mark in das Geschäft einzahlen. Er durft 
ich auch als Herr des Geschäfts betrachten, unter 
cchrieb als solcher verschiedene Zahlungsverpflich 
ungen und kündigte seine einträgliche Stellun, 
um zu heirathen. Als die Sache zum Ernst kam 
wvar die Braut sammt der Geschäftseinlage ver 
chwunden und der stellenlose Bräntigam dar 
etzt noch die fälligen, von ihm unterschriebene! 
Wechsel zahlen. Auch sein Bruder ist bei der Ge 
chichte mit 300 Mark reingefallen. 
FWürzburg, 6. Febr. Durch Komman 
vanturbefehl vom 3. d. Mts. wurden sämmtlicher 
Soldaten und Unteroffizieren der hiesigen Garnisor 
der Besuch der Rinnagel'schen Wirthschaftslokalitäter 
trengstens untersagt. Als Grund des von der 
dommandantur erlassenen Befehls wird die Abhal— 
ung von sogenan iten Volksversammlungen in der 
Jenannten Wirthschaft bezeichnet. Der eigentlicht 
Brund ist aber jedenfalls der, daß der sozialdemo— 
ratische Reichstagsabgeordnete Grillenberger und die 
trikenden Schreiner in der letzten Zeit ihre Vorträg⸗ 
ind Versammlungen in diesen Lokalitäten abgehalten 
haben. Thatsache ist ferner, daß viele Soldaten in 
dieser Wirthschaft verkehren. Der Besitzer derselben 
jat sich um Aufhebung des erlassenen Befehls direk 
an das Kriegsministerium gewendet, ferner wurde 
auch der Landtagsabgeordnete für Würzburg, Herr 
Herz, um Vermittlung an maßgebender Stelle an 
zegangen. 
F Regensburg, 5. Febr. Dieser Tage 
tarb dahier die Kaufmannswitiwe E. Dieselbe 
jatte anscheinend in dürftigen Verhältnissen geleb 
und alljährlich an verschiedene öffentliche Stiftungen 
Bittgesuche um Zuwendung von Unterstützungsbe⸗ 
trägen gerichtet. Nach ihrem Tode fanden sich in 
dem Bette, auf dem ihr Leichnam ruhte, Obligatio 
nen und Werthpapiere im Betrage von achtzehn⸗ 
tausend Mark vor, außerdem mehrere werthvolle 
Pretiosen. Da die Verlebte ohne Testament start 
ind nähere Verwandte von ihr nicht vorhanden 
ind, so fällt ihr gesammter Nachtrag an den 
Fiskus. 
FSit. Johann, 7. Febr. Seit einigen 
Tagen ist behufs Sammlung von Unterschriften 
eine Petition in Umlauf gesetzt, welche die voll—⸗ 
ttändige Abschaffung der weiblichen Bedienung in 
den Gast- und Schankwirthschaften unserer beiden 
Städten bezweckt, und soll dieselbe nach dem „Anz.“ 
hereits 53 Unterschriften gefunden haben; die Petition 
wird der zuständigen Behörde zur gefälligen Berück 
ichtigung resp., Entscheidung überreicht werden 
Unter den mit der Abschaffung der Kellnerinnen 
nicht einverstandenen Wirthen macht sich eine Gegen⸗ 
ttrömung bemerkbar. 
F In Trier wurden dieser Tage zwei hoff⸗ 
nungsvolle Pflänzchen durch einen Gendarm ein⸗ 
gebracht, die Söhne wohlhabender Eltern aus 
Saarbrücken, die die Absicht hatien, nach Ameriko 
auszuwandern. Um die nöthigen Mittel zu erlangen, 
hatte der eine sich einen Nachschlüssel verschafft und 
seinem Vater etwa 900 Mk. entwendet. 
F Mülhausen, 4. Febr. Heute feiert einer 
der angesehensten Bürger Mülhausens, Herr Jean 
Georges Schupp ein seltenes Fest, nämlich seinen 
104. Geburtstag. Der Jubilar ist sewohl körperlich, 
wie geisttg vollkommen gesund und rüstig. 
x Für die badische Arbeiterkolonie iß 
das Douauried zwischen Donaueschingen und Pfohren 
vorgeschlagen, wo die Gemeinde Pfohren 800 
Morgen Gemeindegut besitzt, dessen Entwässerung 
zenug zu thun gäbe. 
Darmstadt. Die Vermählungsfeier der Prin⸗ 
zessin Victoria von Hessen mit dem Prinzen Lud⸗ 
pig von Battenberg ist nunmehr auf den 15. April 
d. J. festgesetzt. Die Königin von England wird 
dazu, wie die „N. H. V.“ melden, von ihrer 
Billa in Baden-Badeu, wohin sie sich Ende Märj 
zegiebt, nach Darmstadt herüberkommen. Desgleichen 
verden der Prinz von Wales, der Herzog von Al⸗ 
zany und der Herzog von Cambridge, erstere Beide 
nebst ihren Gemahlinnen, dem Akte beiwohnen. 
F Der Defraudant Kremer, welcher in 
einer Eigenschaft als Assistent des Stadtbauamtes 
u Köoln die Stadtkasse um 30,000 Mt. schädigte 
ind seit 8 Tagen flüchtig ist. wurde in Rotterdam 
nerhaftet. 
F Nordhausen, 5. Febr. Der Forstlehr 
ing Behring von der Oberförsterei Rothehütte 
ei Ilefeld ist gestern Nachmittag im Forstort Zwerg⸗ 
herg ermordet worden.