Full text: St. Ingberter Anzeiger

welch? große Rerantwortlichkeit auf dieser Bedien⸗ 
stetenkategorie liegt, und wie sich die vielbeschäftig- 
len Manner das Jahr über, oft der härtesten Un⸗ 
hzill der Witierung ausgesetzt, abmühen müssen. 
ANuch' ist es eine bekannte Thatsache, daß gerade 
diese Arbeiter im Dienste des Staates und der 
Besellschafl schlecht besoldet sind. Eine entsprechende 
Spende als Ausdruck wohlverdienter Anerkennung 
an Neujahr wird darum in mancher Postboten⸗ 
familie als Sorgenbrecher gar wohlthuend empfunden 
werden und die wackern Maͤnner gewiß zu neuem 
kifer in ihrem Berufe ermuntern. 
*St. Ingbert, 29. Dez. Gestern Mittag 
gegen 1 Uhr wurde durch die Sturmglocke unsere 
Feuerwehr alarmiert. Doch kam es nicht zu einem 
Finschreiten derselben, da der Feuerlärm nur durch 
den Brand des Rußes in einem Kamine entstan- 
den war. 
* St. Ingbert, 29. Dez. Die bei uns 
in der Pfalz in Anwendung kommenden geseßlichen 
Beftimmungen bezüglich der Verjährung von 
Schuldforderungen sind folgende: 
2271. Die Klage der Lehrer der Wissenschaf⸗ 
len und Künste wegen der Unterrichtsstunden, welche 
ie monatsweise gegeben; 
die der Gastwirthe und Speisewirthe wegen der 
Wohnung und Nahrung, die sie liefern; 
die der Arbeiter und Taglöhner wegen Bezahl⸗ 
ing ihres Taglohnes, ihrer Lieferungen und ihres 
Arbeitslohnes 
verjähren in 6 Monaten. 
2272. Die Klage der Aerzte, der Wundärzte 
und Apotheker wegen ihrer Besuche, Operationen 
und Arzneien; 
die der Gerichtsvollzieher wegen der Gebühren 
ür die Urkunden, welche sie ausstellen, und für die 
Aufträge, welche sie vollziehen; 
die der Kaufleute wegen der Waaren, die sie 
mm Privatpersonen verkaufen, die nicht Kaufleute 
ñnd; 
die der Vorsteher einer Erziehungsanstalt wegen 
der Pension ihrer Zöglinge und die der Lehrherren 
wegen des Lehrgeldes; 
die der Dienstboten, welche sich jahrweise ver⸗ 
niethen, wegen der Zahlung ihres Lohnes 
verjähren in einem Jahre. 
2273. Die Klage der Anwälte auf Zahlung 
ihrer Auslagen und Gebühren verjährt in zwei 
Jahren nach Aburtheilung der Sache oder nach 
Vergleichung der Parteien oder nach Auft?ündigung 
ihrer Vollmacht. In Ansehung der nicht beendigten 
Sachen können sie wegen ihrer Auslagen und Ge⸗ 
hühren, die länger als fünf Jahre rückständig sind, 
eine Klage aufstellen. 
2274. Die in den obigen Fällen bestimmte 
Verjährung tritt ein, wenn gleich die Anschaffungen, 
— Dienste und Arbeiten fortgedauert 
aben. 
Sie hört auf zu laufen mit dem Abschlusse 
einer Rechnung, der Ausstellung eines Scheines 
oder einer Schuldverschreibung oder einer Vorladung 
zor Gericht. 
2275. Es können jedoch Diejenigen, welchen 
diese Verjährungen entgegen gesetzt werden, denen, 
welche dieselbe entgegen setzten, den Eid über die 
Frage zuschieben, ob die Sache wirklich bezahlt 
worden sei. 
Darnach ist der betreffende frühere Artikel 
richtig zu stellen. 
— Rohrbach, 27, Dez. Heute Vormittag 
11 Uhr vergiftete sich der Ackerer M. Quintus 
mittelst Arsenik. Die von dem hinjugerufenenen 
Arzt angewendeten Gegenmittel blieben leider ohne 
krfolg und gab der Lebensmüde nach kurzer Zeit 
einen Geist auf. (L. T.) 
— Pirmasens, 26. Dez. Gestern Abend 
zwischen 6 und 7 Uhr geriethen zwei Brüder, na⸗ 
mens Stein, beide Schuhmacher von hier, in der 
Winzlerstraße in Streit, der damit endete, daß der 
iltere dem jüngeren mehrere Stiche mit der sogen. 
Kneipe beibrachte, wovon ein solcher lebensgefährlich 
sein soll. 
— Kaiserslautern, 23. Dez. Auch vor 
dem Schöffengerichte hatten sich heute eine Reihe 
Jiesiger Bierbrauer wegen Uebertretung des Malz- 
aufschlaggesetzes zu verantworten. In zwei Fällen 
erfolgte Freisprechung, in einem wurde behufs 
veiterer Erhebungen Vertagung angenommen und 
nn den übrigen Fällen traten Bestrafungen von 
180 Mk. und Verurtheilung zu den Kosten ein. 
— Neustadt, 24. Dez. Wie die „Neust. 
24“ vernimmt. wird Herr Freitag, Geschäftsführer 
des ersten Kölner Gasthofs („Hotel du Nord“) mit 
dem 1. Oktoberen. Irs. die Pacht des Saalbau— 
dotels nebst Bahnhofrestauration auf 5 Jahre 
übernehmen. — Das Gasthaus „Zur Krone“ 
Post) hierselbst wurde um den Preis von 80,000 
Mark an den bisherigen Miether, Hrn. Jean Bried, 
XX J 
— Mußbach, 27. Dez. Ein imposanter 
deichenzug bewegte sich heute durch die Straßen 
rach dem Friedhof. Der in der pfälz. Lehrerwelt 
veithin gekannte und geachtete Lehrer, Philipp 
Schneider wurde zu Grabe getragen. Fünf-— 
indfünfzig Jahre wirkte er in dieser Gemeinde, in 
»er gegen drei Viertel der Bewohner zu seinen 
—AV—— 
uf allen Gebieten des Wissens wohl bewandert 
uind besaß ein ganz außergewöhnliches Maß von 
Kenntnissen. Seine schriftstellerische und journal- 
stische Thätigkeit verschaffte ihm einen Namen, der 
weit- über die Grenzen unserer Provinz hin⸗ 
ausreicht. Er besaß einen staunenswerthen Schaffens 
drang. Als ihm vor wenisjen Jahren der Lud—⸗ 
vigsorden überreicht wurde, gab ihm bei diesern 
festlichen Gelegenheit Dichter Hüll als Beauf- 
ragter die Urkunde als Ehrenmitglied des deutschen 
reien Hochstifts. Mit ganz hervorragenden Per⸗ 
önlichkeiten staud er in stetem Briefwechsel. So 
oft der berühmte Kapellmeister H. Vierling in der 
Pfalz weilte, nahm er Quartier bei seinem lang⸗ 
ahrigen Freunde Philipp Schneider. Sein Haupt- 
ind bleibendes Verdienst aber ist die Gründung 
)es pfälz. Lehrerwaisenstifts. Aus Dankbarkeit 
egte ihm darum auch der Vorstand des pfälz. 
dehrervereins, Herr Seminarlehrer Hildenbrand von 
daiserslautern einen Lorbeerkranz aufs Grab, indem 
r warme Worte der Anerkennung und des Dankes 
zabei aussprach. Die Grabrede des Pfarrers Herrn 
Matthias war eine ganz vortreffliche und hob die 
hielen Verdienste des Verstorbenen in markigen 
Zügen gebührend hervor. Desgleichen richtete auch 
der anwesende k. Dekan und Distriktsschulinspektor 
herr Pfarrer Leyser aus Neustadt an die Ver— 
ammlung in gewandter Rede packende Worte der 
Anerkennung über die seltenen Leistungen auf den 
ʒerschiedenen Gebieten des Wissens mit besonderer 
Zervorhebung seiner pädagogischen Wirksamkeit. 
Begen 70 Lehrer gaben ihrem Kollegen das lezte 
Beleite. Diese, sowie der Ortsgesangverein wid⸗ 
neten dem Entschlafenen drei erhebende Trauerge⸗ 
sänge. Seinen Hingang beweint eine Witwe, mit 
er er 52 Jahre in der Ehe gelebt, ferner eine 
Tochter und ein Sohn, Dr. Schneider, der als 
Themiker einer chemischen Fabrik vorsteht. — Der 
Heimgegangene aber ruhe in Frieden! (N. B. 3.) 
Vermischtes. 
FSaarbrücken, 28. Dez. Wie in an— 
deren Städten wird auch bei uns an der Saar 
ine würdige Feier des 25jährigen Regierungs— 
ubiläums unseres erhahenen Kaisers und Königs 
tattfinden. Für die Feier in den Kirchen und 
Schulen sind bereits von den Behörden die nöthigen 
Anordnungen getroffen. Für die Bürgerschaft ünd 
harnison findet eine Feier ähnlich wie die an Königs 
Beburtstag statt, namentlich wird ein Festessen die 
Spitzen der Behörde, das Offizierkorps und die 
Bürger vereinigen. (S. 3.) 
FPagny Cothringen), 25. Dez. Ein Rei⸗ 
ender aus Deutschland, der heute früh hier ange— 
'ommen war, zog während die polizeiliche Revision 
einer Papiere vorgenommen wurde, plötzlich eine 
bistole hervor und erschoß sich. 
4 Mannheim, 20. Dez. In einer zwei— 
ägigen Strafkammersitzung kam die Anklage gegen 
den 38jährigen ledigen Dr. jur. Abraham Christof 
aus Ibersheim, ehemaliger Amtsrichter aus Markirch 
m Elsaß, wegen einer großen Reihe Betrügereien 
c. zur Verhandlung, wozu nicht weniger als 60 
Zeugen, darunter aus München, Genf. Frankfurt 
c. geladen waren. Der Angeklagte, der einst etwa 
30,000 Mk. Vermögen besaß, hatte, wie man der 
„B. L. Zig.“ schreibt, durch engere Beziehungen 
zu der Gattin des Rentners Kufall aus Hamburg 
vodurch er auch seiner Stellung verlustig ging, 
einen ungeheuren Aufwand zu bestreiten. In Hei⸗ 
delberg, wo er sich mit genannter Familie nieder⸗ 
ietß und ein „fürstliches“ Leben führte, bestritt er 
die nicht unbedeutenden Ausgaben für Dienerschaft, 
Pferde ꝛc. aus eigener Tasche und machte überdies 
zrau Kufall, mit welcher er öfter in elegantem 
Befährte Ausfahrten machte. bedeutende Geschenke 
Um dieses luxurisse Leben aushalten zu koͤnnen 
beschwindelte er eine Reihe von Geschaften, namem 
lich Wein⸗ und Cigarrengeschaäfte, theilweise um 
ganz ungeheure Summen, bis schließlich der Boden 
unter seinen Füßen zusammenbrach. Der Ange. 
klagte wurde wegen mehrfachen Betrugs und Ban. 
kerrotts im Sinne des 8 218 Absatz 1 und li] 
der Konkursordnung zu einer dreijährigen Gefäng 
nißhaft verurtheilt, woran 5 Monate Untersuchung⸗ 
haft abgehen; ebenso trägt der Verurtheilte die nich 
unbedeutenden Kosten. 
FHeidelberg. Der Senat hat den Beginn 
der Jubiläumsfeier der Universitat auf den 
August 1886 festgesetzt. 
feKonstanz, 21. Dez. Der „Str. Pr.“ 
schreibt man in Sachen des unglücklichen Duell— 
Hellwig · Sachs: Hellwig wurde heute Morgen nach 
Freiburg abgeführt, um dort vor das Kriegsgerich 
gestellt zu werden. Sehr gravirend für den Offi— 
zier ist der ihm vorgeworfene Bruch des Ehren⸗ 
worts. Einige Zeit vor dem verhängnißvollen 
Zweikampf war ein höherer Offizier, Bekannter de 
Familie des erschossenen Premier⸗Lieutenants Sach— 
dahier erschienen, um Hellwig aufzufordern, sein⸗ 
verdächtigen Beziehungen zu der Frau des Kame— 
caden abzubrechen. Hellwig gab sein Ehrenwort 
den häuslichen Frieden des Letzteren nicht mehr zr 
stören, war aber acht Tage darauf schon wieder in 
dessen Haus. Frau Sachs ist durch einen energi⸗ 
schen Onkel von hier entfernt und in Genf be 
zwei älteren Damen in Obhut gegeben worden 
Das vaterlose Kind hat der Bruder des Verstorbe 
nen zu sich genommen. Lieutenant Sachs hatte inlder 
Nacht vor dem Duell einen Abschiedsbrief geschrieben 
in welchem er das Kind der Obhut der Verwandter 
anempfahl. 
F Der langjährige Oberkellner des Hotel Drerel 
derr Achtelsteller in Frankfurt a. M. 
hat den „Brüsseler Hof“ dorten für 400,000 Mt 
ibernommen. 
Bingen, 21. Dez. Der jungen, blühen 
den Gattin eines hiesigen Weinhändlers wurde don 
ihrem Arzte gegen erhebliche Halsschmerzen chlor⸗ 
saures Kali zum Gurgeln verordnet. Die Dam— 
glaubte jedoch, so wird der „F. Z.“ geschrieben 
daß dieses Mittel zum Einnehmen verordnet sei 
und verschluckte in dem Zeitraum von einigen 
Stunden einige Löffel voll von der in Wasser auf⸗ 
gelösten Arznei. Leider traten nach wenigen Stun⸗ 
den Symptome von Vergiftung ein, und trotz der 
eifrigsten Bemühungen der herbeigerufenen Aerzi⸗ 
war die Beklagenswerthe bereits am gestrigen Abend 
eine Leiche. 
F Düsseldorf, 24. Dez. Große Heiter 
keit herrschte kürzlich laut dem Düsseldorfer Volkz— 
blait in der Lindenallee, und hin und wieder hoͤrh 
man das Lied von der Mausefalle singen. Das 
hatte aber folgenden Grund: Eine Dame, die in 
letzterer Zeit jeden Mittag durch die Alle spazierte 
erregte durch die schöne Rundung ihrer Tournürt 
den Neid aller anderen Damen. Gestern Mittae 
jedoch fanden letztere Trost in süßer Schadenfreude 
Der Dame mit der Tournüre begegnete ein Herr, 
dem sie eine tiefe Verbeugung machte, dann ein 
Schrei und eine — Mausfalle von ziemlichem Um— 
fang mit Drahtkuppe rollt aufs Trottoir; die 
Kehrseite der Dame aber war auffallend schlanl 
geworden. Der Herr entführte sie dem Gelächter 
des angesammelten Publikums, die Mausefalle blieb 
zurück. Ein Herr, der vorbeikam, zog eine jener 
künstlichen Mäuse aus der Tasche, welche durch eir 
Federwerk im Innern in Bewegung gesetzt werden 
und setzte diese aufs Trotioir. Das Publikun 
gerieth in die größte Heiterkeit, als die Maus die 
Falle umkreiste. 
FOpladen, 24. Dez. Heute Vormittag 
um 11*24 Uhr explodirte eine Patronenbude der 
hiesigen Dynamitfabrik, wobei zwei unverheirathett 
Arbeiter getödtet wurden. Die Ursache des Unalück 
ist nicht zu ermitteln. 
München, 22. Dez. Nach Laähriger 
Pause wird zu Neujahr 1886 wieder der altherge— 
brachte beliebte Schäfflertanz die Straßen München— 
durchziehen. Des volkethümliche Brauch wird dies 
mal in ganz besonders feierlicher Weise mit einem 
historischen Weiheakte inauguriert werden, indem 
von Mitgliedern des bayerischen Königshauses und 
Münchener Bürgern den Schäfflern eine prachtvob 
gestickte Fahne in den Münchener Stadtfarben ver⸗ 
ehrt werden wird, deren Weihe und Uebergabe am 
Sylvesterabend stattfinden soll. Die Vorbereitungen 
zu'dem Feste. welches in den Zentralsälen abat