vt. Ingherser Aiheiget
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wdchentlich fünfmal: Am Lontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und oumncag; 2mal wöchentlich mit Unterhalturg
blait und Sonntagt mit Sseitiger illustrirter Seilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich J.M 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Pot bezogen 1.4 75 4, einschließlic
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 Z, Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 28. I
Politische Ueberficht.
*Der Reich stag nahm am Donnerstag in
weiter Lesung das Anleihegesetz in der Ausschuß
assung an, wonach die nachträgliche Idemnität für
die Verwendung mehrerer Millionen im Jahre
1884185 für Grenzschußmaßregeln ausgesprochen
wurde. Staatssekretaͤr Burchard erklärte sich
nit der Fassung des Ausschusses einverstanden. —
Der Gesetzeniwurf wegen des Zollanschlusses Bremens
zing an einen vierzehngliedrigen Ausschuß, nachdem
nimtliche Redner für die Vorlage gesprochen hatten.
— Das Zusatzgesetz zu dem Tabaksteuererhebungs⸗
zesetz wurde in erster und zweiter Lesung ange—
hommen. Es folgten dann nach Wahlprüfungen,
die größtentheils nach den Ausschußanträgen erledigt
wurden.
——— —
Dem Bundesrath ist vorgestern der Geseßent⸗
wurf betr. die Abänderung von Bestimmungen des
Gerichtsverfassungszesetzes und der
Strafprozeß-Ordnungqq zugegangen.
Nicht blos in Afrika, sondern auch in Zen-
tral-Asien soll es den Engländern schlecht
gehen. Wie verlautet, sollen die Russen nur noch
100 Kilometer von Herat entfernt stehen. Ein
Zusammenstoß zwischen Rußland und England, der
chon lang erwartet wird. dürfte daher in nicht
allzuferner Zeit zu erwarten sein.
Deutsches Reich.
Berlin, 5. Februar. Die „Nordd. Allg.
Ztg.“ sagt: Die Ablehnung der Dampfervorlage
wird von den verbündeten Regierungen nicht anders
verstanden werden können, als einen Protest gegen
die Colonialpolitik. Wie aber auch die Entscheidung
desß Reichstages ausfalle, vor Allem komme es
zarauf an, daß eine solche gefällt werde. Die
Taktik, Ftagen, wozu man weder Nein noch Ja
agen will, in der Commission zu begraben,
st neuerdings wiederholt und mit Erfolg ver⸗
ucht worden, und sicherlich sind die Fort—⸗
chrittspartei und das Centrum geneigt, auch die
dampferrorlage auf diese Weise aus der Welt zu
chaffen. Indeß diesmal dürfte doch einem salchen Ver⸗
juche die öffentliche Meinnng sich mit aller Energie
entgegenstellen. Wenn der Reichstag diese Angelegen—
Jeit, der eine entscheidende Bedeutung für die Ent⸗
vickelung unserer gesammten industriedlen und kom⸗
nerziellen Verhältnisse beigelegt wird, einfach in den
Sumpf würfe, würde die öffentliche Meinung das
instimmig für eine frivole und gewissenlose Behand⸗
ung der Interessen unseres Volkes erklären. Wir
ind überzeugt, daß dann von kompetenter Seite der
Nothwendigkeit einer bestimmten Entscheidung Aus—
dxuck gegeben wird. Die „Norddeutsche“ schließt:
Dem Reichstag liegt ein so bedeutendes Arbeis-
densum vor, daß der Gedanke an eine Vertagung
ür eine gewissenhafte Volksdertretung ausgeschlossen
ein sollte.
Berlin, 5. Februar. Die Kreuzerkorvette
Marie“, welcher bei Neuirland das Ruder an
dorallenfelsen beschädigt wurde, geht nach Sydnei,
im daselbst zu docken. — Die Kreuzerfregatte
Stosch geht mit 16 Geschützen und 404 Mann an
Bord nach Kamerun. Künftig sollen alle größeren
Fregatten oder Corbetten mit wenigstens 80 Sol-
daten besetzt sein. Die Schiffe Bismarck und Olga
führen keine solche Abtheilungen, die ihnen doch
dewiß bei den Unternehmungen in Kamerun sehr
willkommene Stütze geboten hälten.
Sonntag, 8. Februar 1885.
20. Jahrg.
Auslaud.
Paris, 5.Februar. In der Deputirten⸗
kammer stellte Tony Revillon den Antrag zur
Bewilligung des Kredits von 25 Millionen für die
inbeschaͤftigten Arbeiter und verlangte Dringlich⸗
eitsertlärung. Der Minister des Innern, Waldeck⸗
Rousseau, sprach gegen die Dringlichkeit, überhaupt
jegen die Bewilligung des Kredits. Nach einer
äangeren erregten Debatte wird die Dringlichkeit
nit 338 gegen 125 St. abgelehnt und der Antrag
an die Budgetkommission verwiesen.
London, 6. Febr. Ueber Gordon's Schick
sal laufen verschiedene Gerüchte um, alle jedoch
darin übereinstimmend, daß Khartum durch Verrath
in den Besitz des Feindes gelangte. Es verlautet,
»er mit der Bewachung der Wälle betraute Com⸗
mandeur solle am 26. Januar dem Feinde die
Thore Khartums geöffnet haben.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 7. Februar. Für die
durch das Erdbeben geschädigten armen Spanier
zingen uns von einem ungenannt sein Wollenden
1 Mark zu. Wir hoffen, daß dieser ersten Gabe
noch weitere aus dem Kreise unserer geehrten
Leserinnen und Leser folgen und werden solche mit
Vergnügen dem Hauptkomité in München übermitteln.
— Wie wir s. Zt. mittheilten wurden in
Rziterberg wei Kaiserslauterer Velocipedisten,
velche dahin einen Ausflug machten, durch Zer⸗
chneiden der Gummiringe ihrer Vehikel schwer ge⸗
chädigt. Ein 18jähr. Mädchen wurde deßhalb vom
Schöffengerichte in Otterberg sammt einer Wittwe,
velche Beihilfe leistete resp. dazu Anleitung gab,
drozessirt, und erhielten beide Geldstrafen von je
50 Mik. Der Polizeianwalt hatte 6 Wochen Ge—⸗
ängniß beantragt. Der Schadenersatz ist fur die
Verurtheilten nun die nächste Folge.
— In Neustadt haben einige Jagdliebhaber
den Pachtzins für die Waldjagd dieser Stadt, wo⸗
ür bisher 135 Mk. bezahlt wurden, auf 700 Mlk.
sinaufgetrieben. Jeder geschossene Rebbock wird
etzt blos 100 Mk. kosten.
— Speier, 5. Februar. Die gestern Abend
m Rathhaussaale dahier behufs Wahl des Planes
Ur den Bau der Gedaächtnißkirche abgehaltene
Beneralversammlung des Retschervereines war gut
zesucht. Dieselbe faßte nach eingehender Berathung
'olgenden einstimmigen Beschluß: „Die General⸗
»ersammlung, indem sie dem Urtheile der Preis—
richter beipflichtet, empfiehlt in erster Linie den
Plan der Herren Architelten Flügge und Nordtmann
»on Eisen zur Ausführung.“ An die Generalver⸗
ammlung sich anreihend fand eine Sitzung des
veiteren Ausschusses des Retschervereins statt, wel⸗
her auf Grund des Beschlusses der Generalver⸗
'ammlung sich dahin einigte, es sei bei der seiner⸗
eitigen Ausführung des Baues der Entwurk der
herren Flügge und Nordtmann mit den nothwen⸗
digen Modifikationen ins Auge zu fassen.
Bormischtes.
FSaarbrücken, 5. Februar. Wir ent⸗
nehmen der „S. Z.' folgendes nette Geschichtchen:
„In einem Landorte unseres Kreises sollte kürzlich
ein Brautpaar getraut werden und die Hochzeits⸗
zesellschaft war versammelt, um zur Kirche zu
siiehen. Da wurde der Bräutigam vermißt. Nach
angem Suchen fand man ihn im Wirthshaus
sinterm Schoppen sitzen und es bedurfte der güt⸗
ichsten Worte der Braut, um den saumseligen
xhestandskandidaten zum Mitgehen in die Kirche
u bewegen. wo später der Trauungsakt stattfand.
Nach der Heimkehr aus der Kirche sollte der Hoch⸗
seitsschmaus beginnen, das neue Ehepaar aber war
sich mittlerweile in die Haare gerathen und es
regnete Schläge so hageldicht, daß die Gäste, auf
das lecker bereitete Mahl verzichtend, Reißaus
nahmen. Das wird wohl eine recht glückliche Ehe
werden!
— In besonders fideler Weise wird der Carne⸗
bal in Forbach C(othringen) begangen. Der
zortige Bürgermeister hat nämlich eine Verordnung
erlassen, wonach es zur Vermeidung von „Unord⸗
nungen“ und „Unfällen“ verboten ist, ohne bürger⸗
neisteramtliche Erlaubniß sich maskirt, verkleidet
»der entstellt auf öffentlicher Straße zu zeigen.
Diese bürgermeisteramtliche Erlaubniß kostet aber
pro Nase 2 Mark.
F Nürnberg, 2. Februar. Hier erschoß
sich am 81. vor. Mts. Abends der Privatier
Schmidt, 73 Jahre alt. Bei der Leiche wurde
ein Zettel mit folgenden Worten gefunden: „Geld
gar und ich auch.
Die Emmerich'sche Millionen⸗
erbschaft, die in Rheinhessen und der Pfalz
puckt, ist nichts! Das Schreiben eines Notars aus
Philadelphia an einen Interessenten in Bechtolsheim
besagt, daß fragliche Erbschaft nicht existire und
eder, der gegentheilig aussage, sich eines Betruges
chuldig mache!
Die Vorbereitungen zum Mainzer
sarneval sind in vollem Gange. Zum Zug
im Fastnachtmontag sind 42 Gruppen zugelassen
zegen 32 im Vorjahre. Prinz Karneval wird am
Samstag vor Fastnacht seinen Einzug in die Stadt
durch das Neuthor halten.
F EGEine blutdurstige Petition.)
Unter dieser Spizmarke schreibt man dem „Liegn.
Anz.“: „Die Petitionskommission des Reichstages
hjat über das Gesuch eine Dame aus Bregslau,
einer alten Kostgängerin der Petitions⸗Kommission,
zerathen, welche die endliche Vollstreckung „des
1848 gefällten Todesurtheils“ am dem Chefredak⸗
eur Dr. Stein (Breslauer Zeitung) befürwortet.
Die Petentin sieht in dem allen vortrefflichen Stein
— dem Nestor der deutschen Journalistil — den
Vater des Nihilismus, Anarchismus und sonstiger
schönen Sekten mehr. Die Petitionskommission hat
Uebergang zur Tagesordnung unter verständniß⸗
mnniger Theilnahme für den Geisteszustand der Pe—⸗
tentin beschlossen.“ Die „Bresl. Ztig.“ fügt dieser
Rotiz hinzu, daß die erwähnte Dame Herrn Dr.
Stein seit mehr als 20 Jahren mit ihrem Haß
oerfolgt und beim Landtag und beim Reichstag
ühnliche Petitionen, wie die obengenannte, einbringt.
fFHamburg, 5. Februar. Zufolge tele⸗
zraphischer Ocdre wurde auf dem aus Rewyork
angelangten Dampfer „Bohemia“ eine ankommende
Dame nebst 10 Männern hierselbst im Hafen von
der Polizei empfangen, durchsucht und verhaftet.
Es wurrden anarchistische Schriften bei derselben
gefunden.
Dienstesnach richten.
Der Sekretär am Landgericht Kaiserslautern,
Erhardt, wurde auf Ansuchen zum 8. Staatsanwalt
in Frankenthal, Amtsanwalt Nikolaus in Kirch—
reimbolanden auf Ansuchen zum Sekretär in
daiserslautern ernannt.
N) Gerichtsvollzieher Clauß in Edenkoben wurde
auf Ansuchen nach Waldmohr versetzt, der geprüfte
Bewerber Völkel in Neustadt ah. zum Gerichts⸗
»ollzie her in Edenkoben ernannt.
Für die Redaktion veramwortlicch F —