Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 31. 
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Politische Uebersicht. 
* Der Reich sstag trat am Dienstag in die 
erste Berathung der Zolltarifnovelle. Abg. Rickert 
jprach gegen die Vorlage, welche dem armen Mann 
die Lebensmittel vertheuere, die Zunahme der Ver—⸗ 
brechen fördere und der Sozialdemokratie eine wirk⸗ 
same Waffe in die Hand gebe. Die Nothlage der 
Landwirthschaft werde übertrieben; erhöhte Getreide⸗ 
und Holzzölle seien nicht nothwendig. Minister 
Dr. Lucius glaubt, die trüben Prophezeihungen 
des Abg. Rickert würden sich diesmal ebenso wenig 
ersüllen, wie im Jahre 1879. Die Landwirthschaft 
sei durch eine Reihe mittelmäßiger oder schlechter 
Ernten in eine üble Lage gerathen, der Preis der 
Erzeugnisse werde durch die ausländische Einfuhr 
auf das bedenklichste herabgedrückt. Die Produk-. 
tionskosten seien enorm gesteigert, der Preis der 
landwirthsch. Erzeugnisse aber in gleichem Maße 
nicht in die Höhe gegangen. Die Vorlage könne 
eine mäßige Erhöhung des Preises der Erzeugnisse 
um so ruhiger ins Auge fassen, als erfahrungs⸗ 
mäßig das Ausland den größten Theil des Zolles 
trage. Abg. Frege ist für die Vorlage, besonders 
für die Textilzölle und die Holzzölle. Abg. Hol tz- 
mann spricht gegen die Erhöhung der Getreide— 
und Holzzölle. Fürst Bismarck bezeichnet als 
den Hauptzweck des Holzzolles die Erhaltung der 
Forsten und verweist auf die Verbesserung der 
Lage der zahlreichen Waldarbeiter durch den Holz⸗ 
zoll. Er betont die Vortheile der Holzindustrie für 
die Bauern. Bezüglich der Getreidezölle hebt der 
Reichstkanzler hervor, daß die 1879 geäußerten Be⸗ 
fürchtungen sich nicht erfüllt hätten. Eine weitere 
Erhöhung der Getreidezölle sei im Interesse der 
Landwirthschaft, welche die größte Anzahl der Ar⸗ 
bdeiter beschäftigt, sowie des Handwerkerstandes 
dringend geboten. Mit der Theorie von der Her— 
abdrückung aller Preise werde nichts erreicht. Falls 
in Deutschland vielleicht einmal Kornnoth eintrete, 
würde das nicht von dem Zoll herrühren. Deutsch⸗ 
land könne wesentlich mehr Getreide bauen als jetzt 
geschehe. Die Bindung der Roggenzölle durch den 
vanischen Handelsvertrag sei lästig und werde nach 
Ablauf des Vertrages nicht erneuert werden. Der 
Reichskanzler schließt mit der Versicherung, daß es 
ich bei der Tarifvorlage nur um den Schutz der 
nationalen Interessen handle. Abg. Schalscha 
spricht für Vorlage und regt die Frage an, ob 
nicht auch ein maͤßiger Schuhzoll auf die Kohlen 
zu legen sei. 
haftete mehrere der Plünderer, darunter den 18- 
ährigen Führer. Die Fenster eines Optikers auf 
»em Boulevard poissonière wurden ebenfalls von 
Ruhestörern eingeschlagen. — Im Verlaufe des 
Abends wurden zahlreiche Verhaftungen vorge⸗ 
rommen, etlwa 30 Individuen wurden in Haft 
dehalten, die Uebrigen wieder freigelassen. Mitter⸗ 
nachts war die Ruhe überall vollständig ungestört. 
London, 11. Februar. Wie hiesige Blätter 
nelden, folgte der Einnahme von Khartum durch 
den Mahdi ein unbeschreibliches Gemetzel. Die 
vilden Horden Kordofans und die Baggara-Reiter 
ielen massenhaft in die Stadt ein, worauf das 
Signal zum Gemetzel gegeben wurde, das stunden⸗ 
ang dauerte. Weiber und Kinder wurden nicht 
derschont; alle Verwandten der treuen Fünfhundert 
unter Nusri Pascha, die den Engländern bei Gubat 
deigestanden, traf das gleiche Geschick. Das Gros 
der Truppen ging zum Mahdi über, dessen Führer 
refort die Stadt in Vertheidigungszustand setzten. 
Korti, 11. Februar. Wilson und Stewart 
Wortley sind eben eingetroffen und berichten, daß 
Hordon todt ist. Ein von Oberst Boscawen in 
Hubat abgesendeter Bote meldet, ein verrätherischer 
Pascha ließ die Garnison Khartum in der Richtung 
dach Omdurman marschiren, vorgebend, er werde 
hier den Angriff des Mahdi erwarten. Ein anderer 
Pascha öffnete die Thore Khartums. Die Auf—- 
fändischen drangen zahlreich ein. Gordon erhielt, 
als er das Goubernementshaus verließ, einen Dolch⸗ 
toß. — „Dailynew's“ bringen über den Fall 
dhartums folgendes Telegramm: Gakdul ist am 
8. Februar aus Khartum entkommen. Eingeborene 
vestätigen, daß Gordon getödtet wurde, als er aus 
»em Haufe trat, um die treu gebliebenen Truppen 
zu sammeln. Letztere wurden sümmtlich niederge⸗ 
macht. Das Gemetzel dauerte mehrere Stunden; 
elbst die Frauen und Kinder wurden nicht ver⸗ 
chont. Die Notablen Khartums wurden außer 
weier verrätherischer Paschas getödtet. 
tung von Kunstdenkmälern und Alterthümern zu⸗ 
kommen lassen. 
— Dürkheim, 10. Februar. Wir leben 
jier eben in der Periode der Unglücksfälle! Erst 
jestern wurde unter zahlreicher Betheiligung der 
derunglückte Brauerbursche Bäßler der Erde über—⸗ 
seben und heute schon wieder ein Unglück mit tödt⸗ 
ichem Ausgang. Der Bader Friedrich Müller 
vurde von seinen Angehörigen todt aufgefunden. 
Derselbe soll durch einen unglücklichen Fall sich am 
hinterkopf so verletzt haben, daß der Tod unmittel⸗ 
zar darauf eintrat. (N. Bgztg.) 
— Speyer, 10. Februar. CDie nächste 
Frühjahrsprüfung für den Einjährig-Freiwilligen⸗ 
dienst beginnt sicherem Vernehmen nach am 16. 
a. M., Vormittags 8 Uhr, im Saale der Harmonie 
— Wittelsbacherhof. Zu derselben wurden 9 junge 
deute zugelassen, von denen 6 der Handelsschule 
»on S. Bärmann in Dürkgeim angehören. 
— In Ludwigshafen wurde der seit *4 
Jahren als Briefträger verwendete Postpacker und 
frühere Gendarm Jakob Liedy, gebürtig aus Iggel⸗ 
heim, verhaftet und geschlossen nach Frankenthal in 
Untersuchungshaft abgeführt. Der Verhaftete steht 
in dem Verdacht, Briefe unterschlagen zu haben. 
Vermischtes. 
K. Saarbrücken, 11. Februar. Wie dem 
hiesigen Kreis⸗Verein Gewaltungsstelle des 
berbands deutscher Handlungsge— 
hzülfen) mitgetheilt wird, sind dem Lezteren 
Mk. 15,000 als Geschenk zur Begründung der 
Wittwen⸗ und Waisen⸗Kasse zugegangen, so daß 
)emnächst neben einer vorzüglichen Kranken- und 
Begräbniß⸗Kasse, mit vollständiger Freizügigkeit im 
janzen deutschen Reiche, auch diese Kasse ins Leben 
reten wird. Möge es kein Kommis versäumen, 
diesem nationalen Wodlthätigkeitsinstitut unver— 
üglich beizutreten. 
FMannheim, 9. Februar. Die Verdachts⸗ 
gründe gegen den muthmaßlichen Mörder der Mar⸗ 
Jjaretha Ries werden immer belastender. Es stellt 
ich nämlich, dem „M. A.“ zufolge, heraus, daß 
)er verhaftete Jean Kief zur Gründung seines Ge— 
chäftes von der Ermordeten 1400 Mk. lieh, mit 
dem Versprechen, die Ries zu heirathen. Als je⸗ 
doch das Geschäft im Gang war, heirathete er ein 
inderes Mädchen, wovon die Ries erst längere Zeit 
nach der Verheirathung Keuntniß erhielt. Es liegt 
also sehr nahe, daß Kief, in der Absicht, sich seiner 
Beliebten und seiner Schuld zu entledigen, das 
Mädchen aus dem Wege räumte. 
In der Nähe von München fand dieser 
Tage ein Pistolenduell zwischen zwei Studirenden 
tatt, wobei der eine der Duellanten sehr schwer ver⸗ 
vundet wurde. 
— Ein unvermuthetes Glück hatte der unbe⸗ 
nittelte Taglöhner Michael Löffler in Hech⸗ 
ingen. Schon einige Zeit lag für denselben 
zahier eine bedeutende Erbschaft bereit, ohne daß 
er es wußte. Durch Nachforschungen ist nun fest⸗ 
zestellt, daß der Genannte einziger Erbe von ca. 
30,000 Mk. ist, welche Summe ein Nachkomme 
des Bruders von seinem Urgroßvater, der vor 
dielen Jahren von Hechlingen nach Auasburgq zog, 
hinterließ. 
F Köln, 9. Februar. Gestern Nachmittag 
'and zwischen zwei Ofsizieren des 65. Regiments ein 
Bistolenduell mit mehrfachem Kugelwechsel statt. Einer 
)er Duellanten wurde lebensgefährlich verwundet. 
xXur die Nedaktian nerantwartlich‘“ F1 »—ocr 
ee und pfalzische Nachrichten. 
RGür Ersatzreservisten) Wie man 
der „C. H.“ derichtet, werden im Laufe des Etats⸗ 
ahres 188586 in Bayern vier Jahrgänge von Er⸗ 
atzreservisten 1. Klasse zu einer vierzehntägigen bis 
ehnwöchentlichen Uebung zur Einziehung gelangen 
ind zwar der Jahrgang 1885 auf zehn Wochen, 
)»er Jahrgang 1884 auf vier Wochen, die Jahr⸗ 
zänge 1888 und 1882 auf vierzehn Tage. Die 
ersten beiden Jahrgänge werden im Spätsommer 
ind Herbste, die beiden letzten Jahrgänge im Laufe 
des Frühjahres und Sommers eingezogen werden. 
R.- Neuhäusel, 11. Februar. Heute 
vurde der Gemeinde Kirkel⸗Neuhäusel von Seite 
des kgl. Bezirkdamtmannes Herrn Spöhrer von 
homburg persönlich die freudige Nachricht zuteil, 
saß dem schon lange gehegten Wunsche, eine eigene 
Bürgermeisterei zu errichten, die ministerielle Ge⸗ 
nehmigung erhalten hat. Ob nun der künftige 
Zürgermeister von Kirkel⸗Neuhäusel seinen Sitßz in 
ersterem oder letzterem Orte haben wird, wird jeden⸗ 
alls von der bevorstehenden Wahl abhängig sein. 
— In Mühlheim fiel das dreijährige 
Söhnchen des Hrn. J. A. Wittner in einen 
Behälter in der Brennerei, der mit kochendem Ge⸗ 
ränk gefüllt war. Das Kind verschied nach 1V2- 
ttündigen schrecklichen Leiden. 
— Herr Regierungspräsident Staatsrath von 
Braun, Excellenz hat dem Trifelsverein in Anen⸗ 
veiler neuerdings für Restaurirung dieser Bur⸗ 
zruine 2333 Mkraus dem Kreisfonds für Erhal⸗ 
Deutsches Reich. 
Berlin, 10. Februar. Seitens der Reichs 
cegirung werden der Budgetkommission des Reichs- 
jags behufs weiterer Berathung über die Nachfor⸗ 
derungen sür Kamerun zahlreiche Schriftstücke, Ver⸗ 
räge mit den Häuptlingen und sonstige Nachweise 
über dortigen Ländererwerb zugehen. Auch eine 
neue Folge des Weißbuches ist in Vorhereitung. 
Trier, 10. Februar. Die „Triersche Zei⸗ 
lung“ veröffentlicht einen Aufruf eines CTomilés, 
an dessen Spitze Oberbürgermeister de Nys steht, 
zu Sammlungen für eine Ehrengabe als National— 
dank für den Reichskanzler Fürsien Bismarck 
Ausland. 
Paris, 10. Februar. Gestern Abend zer— 
lrümmerte ein Haufen von ca. 100 jungen Leuten 
das Schaufenster eines Waffenhändlers in der Rue 
Lafayette, drang in den Laden ein und raubie 
mebrere Gewebhre und Repolber. Die Polizei her⸗