Amtliches Organ des koͤnigl. Amtsgerichts St. Ingbert.
Der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wdchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstatz, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltur gs
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 4, einschließli
40 A Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, Ib R,. Meclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
Politische Uebersicht.
Der Reichstag setzte am Mittwoch die Be—
rathung der Zolltarifnovelle fort. Abg. Bebel
erklärte sich gegen die Vorlage und versuchte nach⸗
zuweisen, daß eine Besserung der jetzigen Agrar—
berhältnisse nur durch den Sozialismus herbeige⸗
führt werden könne. Abg. Leemann ist für
die Erhöhung der Getreidezölle, Abg. Dirichlet
gegen dieselbe. Abg. v. Kardoff spricht dafür
und beantragt die Getreidezölle im Plenum weiter
zu berathen, die Holzzölle aber an einen besonderen
Ausschuß und die übrigen Zölle an einen 21glied—
rigen Ausschuß zu verweisen. Nachdem noch Abg.
Brömel gegen, Abg. Grad für die Vorlage
gesprochen, wird die Sitzung auf morgen 1 Uhr
bertagt. Fürst v. Bismarck war während des
zrößten Theiles der Sitzung anwesend. Auf eine
Anfrage des Abg. Lenz erklärte Abg. Brömel,
er hoffe den Bericht des Dampferausschusses gegen
Ende der Woche fertig zu stellen, man könne ihm
nicht verdenken, wenn er jetzt der Tarifnovelle seine
Zeit widme.
Die auf der Versammlung bayerischer Land—
wirthe in Regensburg gefaßten Resolutionen, die
Erhöhung der Getreide zölle betreffend, wurden
mit 47,008 Unterschriften bedeckt, an den Reichs⸗
tag abgesandt. Die Landwirthe aus dem gesamm⸗
ten Königreiche betheiligten sich an der Petition,
besonders die Kreise Oberbayern, Pfalz, Unter⸗
franken und Schwaben.
Ueber das Vorgehen der deutschen Kriegsfchiffe
in Polynesien liegen jetzt auch deutsche Berichte
vor, welche der „Hamb. Korr.“ veröffentlicht. Wir
entnehmen denselben Folgendes: Am 21. Oktober
traf das Kanonenboot „Hyäne“ und am 21. No—⸗
dember die Kreuzerfregatte „Elisabeth“, beide direkt
von Sydney in Matupi (Neu-⸗Britannien) ein.
Am 83. November wurde in Matupi und bald dar—
auf in Mioko (Duke of York) und an circa 10
anderen Plätzen der Küste Neu-Britanniens die
deutsche Flagge gehißt. Am 10. November gingen
beide Schiffe nach Nusa (Neu⸗Irland), woselbst und
ebenfalls in Kapsu, die Flagge gehißt wurde.
Dann dampften die genannten Kriegsschiffe nach
Neu⸗ Guinea, trafen dort in der Nähe von Port
Constantin den Dampfer „Samoa“ in Friedrich
Wilhelms«Hafen und zogen dort und später in
huon Golf die deutsche Flagge auf. „Elisabeth“
traf am 25. November wieder in Matupi ein.
Am 1. Dezember langte auch die Kreuzercorvelte
„Marie“ von Apia kommend an und arrivirten am
selben Tage noch „Hyäne“ und das englische Ka⸗
nonenbvot „Swinger“, so daß zur Zeit drei deut⸗
sche und ein englisches Kriegsschiff in Matupi vor
Anker lagen. „Elisabeth“ irat dann am 4. Dez.
ihre Weiterfahrt nach HYokohama an, woselbst sie
am 2. Januar eingetrofsen ist.
Betreffs Errichtung einer Garnison in dem
deutschen Schutzgebiete von Kamerunn schreibt das
„Wilhelmshavener Tageblatt“: „Es verlautet, daß
einige in Reserve befindliche ältere Schiffe (wahr⸗
scheinlich „Vineta“ in Wilhelmehaden und „Niobe“
in Kiel) vach Westafrika übergeführt werden sollen,
um im Kamerunstrom als sagenannt. Hulks bezieh⸗
ungsweise Kasernenschiffe zu dienen, für welchen
Zwet diese mit noch guten Maschinen dersehenen
Schiffe sich trefflich zianen dürften Es win vper
Samstag, 14. Februar 18885.
20. Jahrg.
muthet, daß dann für diese beständig dort bleiben⸗
den Fahrzeuge eine Besatzung aus Negern gewonnen
und möglichst sorgsam für die Bedienung, eventuell
Vertheidigung ausgebildet wird, um dem einstigen
Bouverneur in Kamerun eine bewaffnete Macht
zur Aufrechthaltung von Ruhe und Ordnung zur
Verfügung zu stellen.“ — Gegen eine derartige
Einrichtung wird sich kaum etwas einwenden lassen,
da die blutigen Ereignisse in Kamerun zur Genüge
dargethan haben, daß der dort zu installirende
Bouverneur eines militärischen Schutzes dauernd
henöthigt sein wird.
Paris, 11. Februar. Die Abendblätter
melden, daß die Polizei Vormittags bei mehreren
ausländischen Anarchisten Haussuchungen vorgenom⸗
men habe. Ein Anarchist aus Oesierreich wurde
dabei verhaftet.
Madrid, 11. Februar. Bei der hiesigen
Arbeitslosigkeit sah sich die Gemeindeverwaltung
deranlaßt. größere städtische Arbeiten vornehmen zü
assen. Gegen 2300 feiernde Arbeiter fanden hier⸗
hei Beschäftigung.
Neapel, 11. Februar. Die Einschiffung der
Truppen der zweiten Expedition von 1000 Mann
nuf dem „Principe Amadeo“, „Vincenzio“ und
„Florio“ hat heute begonnen. Die Schiffe gehen
morgen ab.
Konstantinopel, 11. Februar. Die ita⸗
ijenischen Aufklärungen über die Besetzungen der
häfen am Roihen Meere haben hier eine freund⸗
iche Aufnahme gefunden. Man erwartet eine fried⸗
liche Auseinandersetzung zwischen der Pforte und
Italien.
SEondon, 11. Februar. Meldung von Reu⸗
ser's Bureau aus Kairo: Nubar Pascha benach⸗
cichtigte den deutschen und den russischen diploma—
ischen Vertreter, daß England der Vertretung
Deutschlands und Rußlands bei der Staatsschulden-
zafse zustimme und Italien seinen früheren Vor—
dehalt zurückziehe. Demgemäß sei die egyptische
Regierung bereit, die Ernennung zu vollziehen, so⸗
hald Rußland und Deutschland ihre Vertreter de—
ignirt haben werden.
Loudon, 12. Februar. Wolseley übermittelt
eine Depesche des Generals Brackenbury, welche von
der Dulkainsel unterm 10. Februar meldet: General
Farle erstürmte nach fünfstündigem Kampfe die
tark befestigten Stellungen des Feindes auf der
Anhöhe; die Kavallerie nahm inzwischen des Feindes
dager. Earle ist bei Erstürmung der Höhe ebenso
Qberstlieutenant Eyre an der Spitze des Staffot⸗
hire · Regiments gefallen. Brackenbury hat das
ommando übernommen. Das Treffen durfte die
Wirkung haben, die Straße nach Berber ohne wei⸗
teren Kampf aufzuschließen. Der Verlust des Feindes
st beträchtlich, die meisten Führer sind gefallen.
Der englische Verlust beträgt 12 Todte, 25 Ver—
wundete.
Das russische Blatt „Nowoje Wremja“ bespricht
den deutschen Einfluß in Konstantinopel und sagt
u. A.: „Die Deutschen steigen oder, besser gesagt,
vir selbst sinken. Wohin man auch blickt, sieht
nan deutsche Waaren, deutsche Geschäfte, deutsche
Schulen oder andere derartige Institute.“
Wie aus Newsyork berichtet wird, veröffent⸗
icht „United Irishman“ eine äußerst heftige Pro—
lamation, unterzeichnet Shawn und O'Neil in
Dublin, welche 10,000 Dollars Demjenigen zusichert,
der den Prinzen von Wales todt oder lebendig ihr
überliefert.
Deutsches Reich.
Berlin, 11. Februar. Die „Nordd. Allg.
Ztg.“ hört, gegenüber der Behauptung Rogozinsky's
n einer polnischen Zeitung, daß das Eindringen
der Deutschen in Kamerun die Eingeborenen hoch⸗
zradig erregt habe und letztere gesonnen seien, sich
uuf's Aeußerste zu wehren, aus unparteiischer
Zuelle, daß diese Behauptung unrichtig sei. Die
Erbitterung der Neger sei nicht gegen die Deutschen
jerichtet; vielmehr meinten einige Negerstämme,
nsbesondere die Foßneger, daß sie bei der Verthei—
ung des Kaufschillings für die von den Deutschen
rworbenen Ländereien von den schwarzen Brüdern
zetrogen worden seien, und ergriffen die Waffen,
nicht um die Deutschen zu bekämpfen, sondern um
den Negerstämmen, wovon sie vermeintlich üher—⸗
portheilt seien, das unrechtmäßige Gut wieder
abzujagen.
Berlin, 12. Februar. Die Postsparkassen⸗
dommission beendigte in ihrer heutigen Sitzung die
Berathung der Vorlage. Nach langer Debatte
vurden zunächst die Paragraphen 830 bis 32,
velche von der Verwaltung und Vertheilung der
Fonds handeln, nebst den dazu gestellten Anträgen
Braschma's, Handjery's, Kalle's, Francke's, Rhein⸗
baben's mit theilweilweise erheblicher Majorität ab—
gelehnt, und ebenso die Paragraphen 33 bis 48
derworfen.
Berlin, 12. Febr. Die Kommission für die
Postsparkassen-Vorlage hat alle Paragraphen von
z 30 an abgelehnt. Es wird eine zweite Lesung
n der Kommission stattfinden, doch dürfte die Vor—
age als gescheitert anzusehen sein. — Der Bundes⸗
cath wird sich heute nicht mit dem Antrag v. Wedell
Malchow, sondern nur mit der auf ihn bezüglichen
Eingabe der Handelskammer zu Nordhausen befassen.
Eokale und vfälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 13. Februar. In der
gestrigen Stadtrathssitzung wurden als Distrikts—
räthe gewählt die Herren: Heinrich, Bürger⸗
meister Paul M., Laur H. Kahn Wolfq. und
Grewenig Louis.
*St. Ingbert, 13. Februar. (Ein Carne⸗
»alsscherz.. Dem Vernehmen nach wurde dor
inigen Tagen an der von hier nach Schnappbach
ührenden Straße in recht augenfälliger Lage ein
Papier gefunden, das die Drohung enthielt, das
hiesige Stadthaus werde nächstens in die Luft
sliegen. Die Drohung ist sicher nur als Scherz
nufzufassen. Von welchem Spaßvogel aber der
Scherz herrührt, ist leider nicht bekannt.
— Gom Schulbesuche befreit.) Wie
chon in der Dienstags-Nr. ds. Bl kurz erwähnt,
ind zufolge einer Verfügung der k. Kreisregierung
ille werktagsschulpflichtigen Kinder katholischer Com
ession, welche am weisen Sonntag, d. i. an dem
Sonntag nach Ostern, zur ersten“ hl. Communion
ugelassen werden, fortan auf Ersuchen des betr.
Pfarramts von dem Schulbesuche während der
Isterwoche zu befreien. Zuständid zur Bewilligunq
Ausland.
Luremburg, 11. Februar. Staatsminister
Blockhausen erklärte in der Kammer, die Minister⸗
risis sei beendigt und die Frage der Thronfolge
durch die Erklarung des Königs entschieden, daß
r die Rechte des Herzogs von Nassau anzuerkennen
Jewillt sei. Die Kammer gob kein Botum ahb