Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ʒt. Jugherter Atzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wdchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstaßg, Dounnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltur qb⸗ 
Biatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Seilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 60 A einschließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen L. 75 —, einschlie zlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 R, Neclamen 830 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 44. 
Montag, 2. März 18883. 
9— Monm, 28. Februar. Die zweite Erpedition 
Pobitische Uebersicht. ist gestern in Assab eingetroffen. Die Ausschiffung 
findet heute siatt. Die Truppen werden auf Alfsab 
und Beilul vertheilt. 
London, 28. Februar. Die heutige Sitzung 
des Cabinetsraths dauerte von 2 bis 662 Uhr. 
Von bestunterrichteter Seite verlautet, dak die 
Minister beschlossen, nicht zu demissioniren. 
Die Vorbereitungen zu einer großartigen Feier 
des fünfzigjährigen Dienstjubiläums 
des Reichskanzlers find in vollem Gange. 
Zahlreiche Deputalionen aus allen Theilen des 
preußischen Staates und Deutschen Reiches werden 
Im 1. April ds. Is. dem Fürsien Bismarck ihre 
Glücwünjche darbringen. Die Beiträge zu der 
Ehrengabe für den Reichskanzler sollen, der „N. 
Pr. Zig.“ zufolge, bereits die Summe von 700.000 
Mark übersteigen. 
Der „Germania“ wird aus Rom telegraphirt, 
daß die Verhandlungen Preußens mit dem Vatikan 
wieder aufgenommen seien. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
JHomburg, 2. März. Gestern Nachmittag 
fand auf Einladung des k. Dekans Herrn Henn 
im Cappel'schen Saale dahier eine aus Geistlichen, 
dehrern und Kirchenvorstehern bestehende Versamm⸗ 
ung statt behufs Gründung eines Zweigpvereins 
der deutschen Lutherstiftung für das Dekanat Hom⸗ 
»urg. Den Vorsitz führte Herr Dekan Henn. 
Als Sekretäre funktionirten: Pfarrer Gerhard 
aus Landstuhl und Lehrer Hust aus Altstadt. 
Nachdem die Gründung des Vereins beschlossen, 
vurden an den Statuten des pfälzischen Kreisver⸗ 
ins der deutschen Lutherstiftung einige Abander⸗ 
ingen vorgenommen. Sodann wurde zu der Wahl 
»es Ausschuß geschritten. Aus jedem der vier 
dantone: Homburg, Waldmohr, Landstuhl und 
St. Ingbert wurden ein Geistlicher, ein Lehrer 
ind ein Presbyter gewählt, so daß also der Aus⸗ 
chuß 12 Mitglieder zählt. Herr Dekan Henn 
vird provisorisch die Geschäftsführung übernehmen. 
— Zweck des Vereins ist, wie schon früher er— 
vähnt, „Die Erziehung von Kindern evangelischer 
Pfarrer und Lehrer, insbesondere auf dem Lande, 
zu erleichtern durch Gewährung von Stipendien 
ind den Nachweis von Pensionen und Unterrichts⸗ 
anstalten, welche dem für die Kinder erwählten 
Beruf entsprechen.“ 
— Der im Laufe der verflossenen Woche in 
daiserslautern stattgehabte Frühjahrs-Saat ⸗ 
zutmarkt war sehr stark beschickt. Auch die Kauflust 
var eine rege. Ausgestellt waren folgende Saat⸗ 
zroben und sind die beigesetzten Ziffern das davon 
»erkäufliche Quantum: Sommerweizen 10 Ztr., 
Zommerkorn 22,5 Ztr., Sommergerste 803,5 Ztr., 
dafer 1056,8 Zir. Bohnen 120,2 Ztr. und von 
wei Sorten beliebige Quantitäten, Erbsen 80 Ztr., 
dinsen in beliebiger Quantität, Wicken 833 Itr., 
leesamen 1228 Z3tr., Hanf- und Leinsamen 0,5 
Ztr., Rübsamen circa 8 Ztr., Mais circa 200 Itr., 
Hrassamen außer 100 Zir. noch 5 Sorten je in 
zeliebiger Quantität, Kartoffeln 721 Itr. Abge⸗« 
geschlossen wurden 187 Verträge zu einem Ouan⸗ 
lum von 349,14 3tr. und M. 3982,27 Gesoremt⸗ 
preis. 
— Vom Weinlande wird dem „L. Tgbl.“ 
geschrieben: Alter Prophezeiung zufolge wird das 
Jahr 1885 das gesegnetste Weinjahr sein. Die 
Prophezeiung sagt: Wenn in einem Jahre auf einen 
Monat zwei Vollmonde kommen, so hat das Jahr 
eine große Menge Weines zu erwarten. Auch hat 
es sich schon vielmal bewährt, daß, wenn solches 
im Himmel geschieht, die Traubenstöcke Mühe haben, 
die Menge zu tragen. Je früher aber die zwei 
Vollmonde zu einem Monate zusammenkommen, 
esto langer dauert ihr Einfluß und desto voller 
verden die Kübel; am allerbesten ist es daher, wenn 
chon der Januar diese seltene Himmelserscheinung 
ringt. — Und so ist es heuer. Im Jannar (am 
. und 30.) war der Mond zweimal voll. Auch 
m Monat März werden wir zweimal Vollmond 
saben und 3zwar ebenfalls am GB. und 30 
Nachdem das englische Oberhaus einen 
Tadelsantrag gegen die Politik des Ministeriums 
Gladstone angenommen und das Unterhaus den⸗ 
jelben Antrag nur mit der schwachen Majorität von 
14 Stimmen abgelehnt hat, hält, Daily Telegraph“ 
es für zweifelhaft, ob Gladstone die ihm durch die 
neue parlamentarische Lage auferlegte schwere Last 
der Geschäfte werde tragen können. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 27. Februar. Die Vollzugsver⸗ 
ordnung zur neuen Forstorganisation hat die Ge— 
nehmigung Sr. M. des Königs erhalten und wird 
demnächst veröffentlicht werden. 
München, 1. März. Der Koͤnig empfing, 
vie die „Allg. Ztg.“ meldet in besonderer Audienz 
den Prinzen Friedrich von Anhalt, welcher dem 
önige im Auftrage des Herzogs von KAnhalt die 
Insignien des Hausordens Albrecht des Bären 
überreichte. 
Kiel, 28. Februar. Eine kaiserliche Kabinets⸗ 
ordre ordnet die Bildung eines Südsee⸗Kreuzerge⸗ 
ichwaders an, bestehend aus der Kreuzerfregatte 
„Stosch“, der Kreuzerkorvette, Marie“, dem Kreuzer 
„Albatroß“ und dem Kanonenboot „Hyäne“; Kom⸗ 
modore Paschen ist zum Geschwaderchef ernannt 
und geht sofort mit der Kreuzetfregatte „Stosch“ 
don Ostasien nach Sidney. Schering, Kommandant 
der Kreuzerfregatte „Elisabeth“ übernimmt das 
sKommando des ostasiatischen Geschwaders. Die 
Kreuzerkorrette, Ariadne“ ist von Westafrika zurück⸗ 
beordert. 
Straßzburg, 27. Februar. Der Landesaus⸗ 
schuß hat nach dem Kommissionsantrage die im 
borigen Jahre bewilligten 125,000 Mk. zur Bear—⸗ 
beitung des Planes des Kanals von Straßburg 
nach Ludwigshafen der Regierung von neuem zur 
Verfügung gestellt 
Ausland. 
Paris, 28. Februar. Die Kammer lehnte 
den Antrag Peytrat's, Karten Weizen vom Zollzu⸗ 
chlag freizulassen, ebenso den Zoll von 2 Frs. 
jür Roggen ab. Für Hafer, Roggen und Gerst? 
aus Europa oder direkt importirt wurde ein Zoll 
von 1,80 Frs., für Provenienzen aus europaischen 
kntrepots ein Zoll von 5,10 Frs. beschlossen. 
Paris, 28. Februar. Meldung der „Agence 
Havas“ aus Shanghai von heute, 1213 Uhr Mittags: 
Gerüchtweise verlautet in Peking, alle Würdenträger 
des Reiches seien aufgefordert, ihre Meinung abzu⸗ 
geben, ob es angezeigt sei, den Krieg gegen Frauk⸗ 
reich fortzusetzen oder Frieden zu bicten 
20. Jahrg. 
Vermischtes. 
FDie Einwohnerzahl der 185 größten 
bayerischen Städte nach dem Ergebnisse der letzten 
VBolkszählung und unter Berücksichtigung der in— 
wischen vorgekommenen Geburts⸗ und Sterbefälle, 
Zu- und Wegzüge ist folgende: München 244,000, 
Rürnberg 107,132, Augsburg 64,400, Würzburg 
56,580, Regensburg 37,280, Fürth 34 460, 
Bamberg 32,000, Kaiserslautern 28,500, Bayreuth 
24,720, Hof 22,763, Ludwigshafen 20,080, Er⸗ 
laugen 16,050, Landshut 19,466, Passau, 15,800, 
Ingolstadt 15,950 Einwohner. 
x Die Sammlung zur Errichtung eines bah e⸗ 
rischen Landesdenkmals zu Worth⸗Frösch⸗ 
veiler ist auf 48.507 Mtk. 57 Pf. gestiegen. 
F Wesel, 25. Februar. Eine herzzerreißende 
Scene bot sich gestern Abend unsern Blicken am 
stheine dar. Ein Schiffer, welcher mit einer La— 
dung Hopfenstangen in der Nähe der Landungs- 
»rücken vom Ufer abgetrieben war, sah zu seinem 
entsetzen, wie sich das Schiff plötzlich auf eine 
Zeite legte und in dieser Lage von der starken 
„trömung immer mehr in die Tiefe und weiter 
ortgezogen wurde. Sein Weib, welches sich mit 
)rei Kindern im untern Schiffsraum befand, öffnete 
n demselben Augenblick das Schiffsfenster und rief 
n jammervoller Weise um Hülfe. Allein — um⸗ 
onst! das Wasser drang mit solcher Gewalt in 
sen untern Schiffsraum, daß die unglückliche Mutier 
nit ihren drei Kindern darin ihr Grab fand. 
Wohl eilten zehn Nachen von kräftigen Armen 
zeführt, zu Hülfe, wohl warf man Stricke und 
illes Mögliche aus, um die Aermsten vor dem 
chrecklichen Tode zu bewahren, doch vergeblich; sie 
varen und blieben rettungslos verloren. Wahr⸗ 
cheinlich war die Verladung nicht regelrecht vor 
ich gegangen, sonst hätte das Schiff sich nicht so 
chnell umlegen können. 
Ein Mahnbrief an Kaiser Wil— 
Jelm.) Eine fatale Verwechslung ist einem in 
der Nahe Berlins auf dem Lande wohnenden 
dandelsmann passirt. Derselbe war zu einer 
angeren Freiheitsstrafe verurtheilt worden und 
vollte sich mit einem Gnadengesuch an den Kaiser 
venden. Nachdem er dies Schriftstück zustandege⸗ 
racht, schrieb er einen Brief an einen Geschäfts⸗ 
reund, welchen er um Berichtigung einer Forderung 
zon ca. 100 Mt. ersuchte. Beim Couveriiren ver 
vechselte er die beiden Briefe, so daß sein Geschäfts⸗ 
teund das Gnadengesuch erhielt, während der 
Mahnbrief als eingeschriebene Sendung an den 
daiser abging. 
. Im klassischen Jahrhundert. In 
»en Inseratenspalten Berliner Blätter stand 
iachstehendes Heirathsgesuch: „Eine gebildete Dame 
us guter Familie möchte gleich dem Käthcheu von 
Hheilbronn einem Grafen Wetter vom Strahl ihr 
öchstes Glück zu verdanken haben.“ Wenn diese 
werquickung der Literalur mit der Jagd nach dem 
iebesgott Mode wird, dürften die Heiraths⸗ 
nuoncen an Reiz gewinnen. Man würde dann 
ielleicht bald Inserate in folgender Fassung zu 
esen bekommen: Eine keusche Amalia, im Besitz 
on 50.000 Mark, sucht einen Karl Moor, der ihr 
»as Geld und das Herz raubt. — Ein Gretchen 
hne Familienanhang wünscht die Bekanntschaft 
ines Doktor Faust zu machen, dessen Kenntnisse 
in der Magie ausreichend sind, ihr das Herz zu 
bezaubern. — Eine Louise, blond, 18 Jahre ait. 
von stattlicher Gestait, möchte einen Ferdinand 
iennen lernen. dessen Lieutenantsapanage zur Gruün—