Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonnutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltur c⸗ 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
M 47.. 
20. Jahrg. 
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Samstag, 7. März 1885. 
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Politische Uebersicht. 
In der Reihenfolge der Verhandlungen im 
Reichstage wird die Dampfervorlage den 
Vorrang erhalten. Gleich nach der dritten Lesung 
des Etals, wahrscheinlich am Samstag dieser Woche, 
kommt der Gesetzentwurf auf die Tagesordnung. 
Das k. bayer. Staatsministerium hat 
an das Reichsamt des Innern folgende Zuschrift 
gerichtet: „Es ist diesseits die Frage aufgetaucht, 
ob die Rechnungen der Gemeinde⸗Krankenversicher- 
ungskassen erstmals für die Zeit vom 1. Dezember 
1884 bis zum 831. Dezember 1885, sohin für 18 
Monate zu stellen seien. Die Beanwortung dieser 
Frage, welche auch für die Rechnungen der nach 
Vorschrift des Krankenversicherungsgesetzes errichteten 
organisirten Krankenkassen Bedeutung hat, dürfte 
wesentlich davon abhängen, ob es im Sinne des 
unterm 16. Oktober v. J. veröffentlichten Bundes⸗ 
rathsbeschlusses liegt, daß die daselbst vorgeschriebenen 
Uebersichten und Rechnungsabschlüsse erstmals für 
die Zeit vom 1. Dezember 1884 bis 31. Dezember 
1885 aufgestellt werden.“ Das Staatsministerium 
claubt die angeregte Frage bejahen zu sollen. Der 
Staatssekretär v. Bötticher als Stellvertreter des 
Reichskanzlers meint in einer bezüglichen Zuschrift 
an den Bundesrath, daß die aufgeworfene Frage 
vom Bundesrath zu entscheiden sei. 
Wie die „B. P. N.“ hören, wird die engere 
Versammlung des preußischen Staats— 
raths, bestehend aus den Abtheilungen für Handel 
und für Finanzen, Anfangs nächster Woche behufs 
Berathung der Börsensteuer zusammentreten. 
Die von der ostafrikanischen Erpedition der 
deutschen Gesellschaft für Colonisation erworbenen 
Landschaften in Ostafrika, westlich von Zan— 
zibar, umfassen, wie die „Tägliche Rundschau“ mel⸗ 
det, 2500 Quadratmeilen, welches Gebiet durch 
kaiserlichen Schutzbrief vom 27. Februar unter 
kaiserlichen Schutz und Oberhoheit gestellt worden 
ist. Mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit ist 
Karl Jühlke (erster Beamter der Gesellschaft) betraut 
und dem kaiserlichen Generalconsul in Zanzibar 
unterstellt. Zur Verwaltung und Ausbeutung der 
Colonie ist aus Capitalinteressenten eine deutsch— 
ostafrikanische Gesellschaft gebildet worden, an deren 
Spitze für die nächsten 15 Jahre ein Directorium, 
bestehend aus Carl Peters, Friedrich Lange, Consul 
Raghe, Graf Behr.Bandelin und Hofgariendirecior 
Jühlke steht. Däneben fungirt eine aus fünf Per⸗ 
sonen bestehende Controlkörperschaft. — 
Deutisches NReich. 
Berlin. Zum 88. Geburtstage des Kaisers 
werden, wie offiziell von Stockholm hierher gemel⸗ 
det ist, auch der Kronprinz und die Kronprinzessin 
von Schweden mit ihren beiden jungen Söhnen 
hier eintreffen, so daß diesmal mit den Söhnen 
des Prinzen Wilhelm sämmiliche Urenkel des hohen 
Herrn an dessen Geburtstage hier vereinigt sein 
werden. 
Berlin, 4. März. Graf Herbert Bis— 
marck ist in besonderer diplomaͤtischer Sendung 
nach London abgetreisi. 
Berlin, 85. März. Der „Germania“ wird 
zus Rom gemeldet: Fardinal Lidochomskinist au 
Stelle des verstorbenen Chigi zum Sekretär der 
Breven ernannt worden. 
Berlin, 4. März. Die beantragte Wieder 
jerstellung der Regierungsvorlage bezüglich der Er— 
ichtung des Generalkonsulats in Capstadt wird 
Jenehmigt, bezüglich der Vertretung in Korea da— 
jegen der Beschluß der zweiten Lesung aufrechter— 
Jalten, wonach statt eines Generalkonsuls und eines 
Vicekonsuls nur ein Konsul Sektretär bewilligt 
perden. Ebenso wird der Beschluß der zweiten 
Lesung, wonach für Apia zwei Vicekonsuln ge— 
trichen werden, aufrechterhalten, die übrigen Posi⸗ 
ionen für die Konsulate und die allgemeinen 
Fonds unverändert genehmigt. 
Elberfeld, 3. März. Aus der Umgegend 
kommt die Kunde von anarchistischen Proclamationen. 
In Lüttringhausen und in Ronsdorf sind in der 
ibgelaufenen Woche mehrerensrts Plakate ange— 
schlagen mit Aufrufen an das „arbeitende Volk“ 
sich „nicht von den Reichen bedrücken zu lassen“ 
„es lebe Reinsdorf“, „es lebe die Anarchie“ u. s. w. 
Die öffentliche Meinung scheint geneigt, die Kund— 
jebungen fur einen „schlechten Scherz“ zu nehmen 
In der That hat man, obschon in Lüttringhausen 
und Ronsdorf bei den letzten Reichstagswahlen 
nehrere hundert socialdemokratische zStimmen abge⸗ 
zjeben wurden, bisher nicht gehört, daß in den 
heiden Orten besonders radicale Elemente unter den 
Arbeitern hausen. Trotzdem dürfte es voreilig sein, 
die Proclamationen so ganz ohne Prüfung als ein⸗ 
'altige Streiche gelten zu lassen. Die Polizei ist 
denn auch um die Ermittlung der Thäter umso 
eifriger bemüht, als die Verbreitung der Plakate 
iemlich ungeniert erfolgt, so z. B. in Ronsdorf 
einer der Zettel im Innern des Rathhauses ange— 
oracht worden ist. 
Ausland. 
London, 4. März. Heute bringt die radikale 
‚Pall Mall Gazette“ einen sehr bemerkenswerthen 
Artikel über den Konflikt mit Deutschland, der, 
venn man den exrtremen Standpunkt des Blattes 
n Erwägung zieht, manches Vernünftige enthält. 
„Weit ernstlicher, so heißt es in demselben, als 
das Gerücht von der Absendung eines englischen 
Ultimatiums in Betreff Pendjeh's und Pul⸗i⸗Kha— 
un's ist die unverhohlene Feindseligkeit des deut⸗ 
schen Reichskanzlers. Fürst Bismarck ist durchaus 
uind bei Weitem der mächtigste Mann in der Welt 
Sein Wort ist Gesetz von Moskau bis nach Paris. 
In einer oder der anderen Weise haben wir es 
angestellt bei diesem Diktator des Kontinents Em—⸗ 
findungen hervorzurufen, die es ihm schwer er⸗ 
ccheinen lassen, dieselben selbhst in dem weiten 
Rahmen seiner Weißbücher genügend auszudrücken 
und gestern ergoß er vor ganz Europa die Gefühle 
der Gereiztheit, Ungeduld und Verachtung, miß 
welchen er die gegenwärtigen englischen Staats— 
nänner betrachtet. Differenzen zwischen England 
ind Deutschland sind Familienzwiste, bei denen 
eines der beiden Reiche jemals daran denkt, es zu 
Schlägen kommen zu lassen. Sonst könnte man 
sich wohl kaum etwos den Frieden Europa's 
Bedrohendes denken, als gespannte Bezieh— 
ungen zwischen Berlin und Londen. Obgleich es in⸗ 
dessen keinen Krieg geben wird, so wird bei uns 
nichts recht gehen, bis man in dem Mittelpunkte 
der europäischen Macht englische Stautsmänner 
anders beurtheilt, als das in Fürst Bismarck's 
üngster Rede der Fall ist. Und es wird ein solch' 
inderes Uriheil, gleichviel welche Partei am Ruder 
»in maag. nicht eher gefällt werden his wir der 
Leitung unserer auswärtigen und kolonialen Politik 
itwas von dem logischen gesunden Menschenver⸗ 
stande und von Fähigkeit, Mittel dem Zwecke an⸗ 
zupassen, widmen, welche unerläßlich sind, um selbst 
ein Lumpengeschäft vor dem Bankerott zu bewahren. 
Wir werden den Parteihader unterdrücken müssen 
oder der Parteihader wird kurzen Prozeß mit uns 
machen. Falls wir das gute Werk nicht mit festem 
Vorsatze in die Hand nehmen, dürften wir über 
lkurz oder lang bei einer Regierung der National- 
dertheidigung anlangen und dann wird es waähr⸗ 
icheinlich zu spät sein.“ 
London, 5. März. Graf Herbert Bismarck 
ist hier eingetroffen und hatte gestern Abend eine 
Unterredung mit Lord Granville. — Die „Times“ 
knüpft an die Anwesenheit des Grafen Bismarck 
die Hoffnung, es würden Mittel für die Wieder—⸗ 
aufnahme freundlicher Beziehungen zwischen Deutsch⸗ 
land und England gefunden. Mißverständnisse 
hätten wahrscheinlich eine bedeutende Rolle in der 
Zerbeiführung der gegenwärtigen unglücklichen Ver⸗ 
zältnisse gespielt. Unter dem Einflusse persönlicher 
Erklärungen und der beiderseitigen versönlichen 
Neigung dürften dieselben verschwinden. Deutsch⸗ 
land und England, durch viele Bande verknüpft, 
hätten vieles gemein, daß Eifersucht und Unfreund⸗ 
lichkeit, wofür keine wirklichen Gründe vorhanden. 
niemals zwischen ihnen entstehen sollten. 
Sokale und pfälzische Nachrichten. 
— An die schon in die Ferien gereisten Müen⸗ 
chhener Studenten aus der Pfalz wird 
folgender Aufruf erlassen: „Commilitonen und 
dandsleute! Die Studenten⸗-Versammlung betreffs 
Bismarckfeier hat sich für einen Anschluß Münchens 
an die übrigen 17 Universitäten entschieden. Von 
diesen 18 deutschen Universitäten wird eine gemein⸗ 
'ame, schön ausgestattete Huldigungsadresse und 
daneben noch von jeder einzelnen ein Album, ent⸗ 
haltend die Namen derer, die sich unterzeichneten, 
überreicht werden. Commilitonen! Ihr wißt, wie 
chwer es besonders hier ist, ein Zusammengehen 
der Studenten herbeizuführen, Ihr wißt auch, daß 
diele Studenten hier die Begriffe deutsch und 
„bayerisch“‘ für unvereinbar halten. Und doch gilt 
es, daß die drittgrößte deutsche, die erste bayerische 
Universität nicht an Zahl der Unterschriften den 
ibrigen deutschen Hochschulen verhältnißmäßig nach⸗ 
tehe. Ich bitte Euch deßhalb, sobald wie möglich 
Fueren Vor- und Zunamen, sowie Fakultät dem 
Kassier des Komites, Herrn Richard v. Bibra, 
zud. jur., Schellingsstraße 141, mitzutheilen, so⸗ 
wie einen Minimalbeitrag von 1 Mk. zu über— 
ienden. Commilitonen! Es gilt das Ansehen 
unserer Universität bei allen deutschen Studenten 
Fuer Landsmann Franz Bauer, cand. jur., 
Schriftführer.“ 
— Pirmasens, 4. März. Der Küfer und 
Wirth A. Koch dahier nahm vor einigen Tagen 
zinen 40 Jahre alten Handwerksburschen, Joh. 
Jäger, Buchbinder aus Vake bei Kassel, als Haus⸗ 
hursche auf. Heute früh 6 Uhr sollte er zum Faß— 
kochen den Kessel feuern. Als die Küferburschen 
nach einiger Zeit nach dem Kessel sahen, bemerkten 
sie, daß die in dem Raume vor dem Herde liegen— 
den Späne in Brand gerathen waren; sie löschten 
dieselben sofort und gewaäahrten alsbald zu ihrem 
Schrecken den Feuerschürer mit verbranntem Barte, 
chwarzem Gesichte und verbtanntem Kopfhaare 
odt vor dem Kessel sitzend. Die Kleider bis an 
ve HKnie sollen gänzlich verhrannf sein