Full text: St. Ingberter Anzeiger

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das im „Merseburger Kreisblatt“ vom 30. Dezember 
uu lesen ist: Mehrere patriotische Damen haben be— 
chlossen: Sr. Durchlaucht dem Fürsten Bismarck 
ine Ergebenheits⸗Adresse, aus Anlaß des ihm von 
er Majorität des Reichsstags gewordenen Mißtrauens- 
otum, zu übersenden. Dieselbe liegt Domplatz 4 
r gleichgesinnte Frauen und Jungfrauen zur 
interschrift — bis 1. Januar abends — aus.“ 
da den Damen gegenüber Opposition auch in 
olitischen Dingen aus Höflichkeit nicht gestattet 
it, soölägt das Tagbl. als Rettung der Manchester—⸗ 
arteien ein Aufgebot ihrer ganzen unverehelichten 
NRannschaft vor, mit der öffentlichen Erklärung, daß 
iese entschlossen ist, nur an solche patriolischen 
zungfrauen ihr Herz zu verlieren, welche sich nicht 
n Politik mischen. Dann blieben die Mütter schon 
von selber zu Hause. 
F In Berlin hat sich ein neuer Fechtverein 
jebildet, der im Gegensatz zu den Fechtschulen in 
Nagdeburg und Lahe für ausschließlich katholische 
Waisenhäuser sammeln will. 
F In Berlin gibt es 564 Straßen, 22 Gassen, 
1 Alleen, 58 Plätze, 7 Märkte und 48 Brücken. 
die Zahl der Wohnungen im Miethpreise bis 450 
Nk. ging von 3511 Proz. im Jahre 1869 auf 26,50 
zroz. im Jahre 1883 herunter, während die Woh⸗ 
sungen im Preise über 4500 Mk., von 10,03 auf 
30,04 stiegen. Seit 1878 find die leerstehenden 
Vohnungen in beständiger Abnahme begriffen. Im 
zjahre 1883 betrug deren Zahl 11 710, im Jahre 
884 nur noch 9260. Es sind im Jahre 1884 
iber 400 neue Häuser gebaut worden. Die Zwangs- 
ersteigerungen haben im Prozentsatz der vorhandenen 
Bebäude von O,ss auf O,ss abgenommen. Gewiß 
ein sehr günstiges allgemeines Bild von den wirth— 
chaftlichen Verhältnissen der Reichshauptstadt. 
fFZeitungswesen. Interessant ist ein 
Vergleich der großen deutschen Städte hinsichtlich 
der Anzahl der von jeder einzelnen jährlich ver⸗ 
andten Zeitungsnummern. Gemäß den Erhebungen 
es statistischen Amtes versandten nämlich im Jahre 
883 durch die Post: 
Berlin . .. 84,780,885 Zeitungsnummern 
Köln..22,044,066 
Frankfurt a. M. 21,243,915 
Breslau. 20,525,604 
Leipzig. .. 15344,766 F 
Vürde man zu der auffallend schwachen Ziffer von 
deipzigs Postbeförderung jene der Beförderung auf 
»em Buchhändlerwege hinzurechnen, so würde Leipzig 
den zweiten Platz und Köln die dritte Stelle ein 
nehmen. 
F. Wien, 4. Jan. Das nächste allgemeine 
)eutsche Sängerbundesfest soll in Wien abgehalten 
verden. 
x In dem ungarischen Dorfe Nagy aros zi, 
nächst Gran wurden bei der Wahl des Ortsrichters 
echs Menschen erschlagen. Aus Gran wurde 
Militär hingeschickt. 
F Madrid, 5. Jan. Nach amtlicher Fest⸗ 
tellung sind durch das Erdbeben in Alhama 1300 
däuser zerstört, 302 Personen getödtei und 280 
derwundet. 
Madrid, 5. Januar. Nach amllicher 
Feststellung wurden durch die jüngsten Erdbeben in 
Alhama 1300 Häuser zerstört und 302 Personen 
Jetödtet, sowie 280 verwundet. 
fFLondon, 2. Jan. Ein außerordentlicher 
Vorfall ereignete sich am Mittwoch in Chiswick. 
rin junges Dienstmädchen, Namens Ratson, erhielt 
von ihrer Herrin, die im Begriffe stand, auszugehen, 
ewisse die Häuslichkeit betreffende Weisungen, die 
hm nicht gefallen zu haben scheinen. Gleich nach 
»em Ausgange der Hausfrau kleidete Ratson die 
eiden Kinder derselben, zwei kleine Mädchen, an, 
ind hieß sie vor dem Hause warten. Alsdann 
erstörte sie in der Wohnung eine Masse Gegen— 
lände, die nicht niet · und nagelfest waren. Küchen⸗ 
Utensilien, Gemälde u. s. w., führte die beiden 
dinder nach der nahen Themfe, warf beide in den 
Fluß, und stürzte sich dann selbst hinein. Glück 
icherweise waren Bootsleute in der Nähe, die, durch 
jas Angstgeschrei der Kinder herbeigelockt, alle drei 
n nahezu leblosem Zustande wiederum ans Ufer 
rachten. Die Kinder erholten sich bald, aber das 
dienstmädchen konnte erst nach vierstündiger Bewußt⸗ 
osigkeit wieder zu sich gebracht werden. 
f London, 3. Jan. Gestern Abend um 6 
Uhr fand auf der unterirdischen Eisenbahn zwischen 
en Stationen Gower⸗Street und Kingscroß eine 
ẽerplosion statt. Die Eisenbahnbeamten behaupten, 
sieselhe sei durch Dynamit verürsacht. Die Fespsser. 
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cheiben der Eisenbahnwagen wurden zectrümmert, 
das Gas erlosch und in die Mauer des Tun— 
nels wurde ein Loch von 2 Fuß im Quadrat 
gzerissen. Die Explosion war so heftig, daß die in 
der Nähe liegenden Gebaude erschüttert wurden. 
Drei Personen sind leicht verletzt. 
F Ein fürchterliches Ungläck ereignete 
sich in den Dorothea-Schieferbrücken in Nanttle 
unweit Carnarnon (Wales). Während acht Mann 
)es Nachtarbeiterpersonals in dem 200 Meter tiefen 
Bruche beschäftigt waren, fiel von einer Höhe von 
00 Metern eine enorme Felsenmasse herab, wodurch 
ieben Arbeiter auf der Stelle getödtet wurden; der 
ichte entkam mit schweren Verletzungen. Der Felsen— 
utsch wurde, wie geglaubt wird, durch das einge« 
retene Thauwetter verursacht. 
Der Bankerott des Expräsidenten General 
Hrant bildet, nachdem er nunmehr offenkundige 
Thatsache geworden, das Tagesgespräch von New— 
hork. Vanderbilt, der große Eisenbahnkönig, 
ennt in Geldsachen auch dem einst so gefeierten 
Feldherrn gegenüber keine Schonung; er hat auf 
zahlung jener 150,000 Dollars bestanden, welche 
ßrant von ihm für das Geschäft seines Sohnes, 
urz vor dessen Bankerott geborgt hat, und Grant 
sat alles hingeben müssen, was er besißgt, um dem 
Hläubiger gerecht zu werden. Sogar die persön⸗ 
ichen Effekten des Exprasidenten hat Vanderbilt mit 
Zeschlag belegt und am 3. Januar kommen sie 
inter den Hammer, wenn die Schuld nicht auf 
indere Weise beglichen wird. Seine Schwerter, 
eine Andenken, seine Geschenke, alles hat Grant 
erloren. Die Häuser und Farmen in Philadelphia, 
St. Louis und anderen Orten sollen später an die 
steihe kommen. Der General hat mit dem „Cen 
ury Magazine“ ein Abkommen getroffen und wird 
ür dasselbe Artikel schreiben, die er freilich so an— 
tändig bezahlt bekommen wird, daß er recht ge— 
nächlich zu leben vermag. Außerdem haäben seine 
Freunde, General Shermann, Cyrus Field, Hamil⸗ 
on Fish und andere bereits die einleitenden Schritte 
jsethan, um Vanderbilt, der sich, wie es heißt, mit 
sjunderttausend Dollars begnügen will, abzufinden 
ind dann Grants Besitzthum zu kaufen und für 
hu verwäalten zu lassen. 
Einamüsantes Geschichtchen er— 
ählt das „D. M.Bl.“ Da kam vor einiger Zeit 
n der Residenz eines Herzogthums eine fremde 
Sängerin an, um dort lebende entfernte Verwandte 
u besuchen. Der Regent hörte davon, daß die 
erühmte * in seiner Kapitale weile, und er beeilte 
ich, ihr durch den Hofmarschall wegen eines be— 
orstehenden Hofkonzerts einen Wink geben zu lassen. 
Ddie Säugerin ließ sich bereit finden, sie sagte ihre 
Nitwirkung zu und sprach gleichzeitig aus, daß sie 
ein Honorar dafür beanspruche. Das Konzert fand 
'att, auch der Bürgermeister der Residenz, der 
erade sein 30jähriges Amtsjabiläum feierte, war 
azu befohlen worden — als Zuhörer natürlich. 
endlich wurde die fremde Sängerin, die Alles ent⸗ 
ückt hatte, in Gnaden entlassen. — Am nächsten 
Tage wurde sie durch das Erscheinen eines Hof—⸗ 
ediensteten überrascht, der ein Packet gegen Quitt- 
ing abzugeben hatte. Die Sängerin öffnete mit 
ingeduldiger Neugier das Päckchen und fand zu 
hrer nicht zu beschreibenden Ueberraschung: eine 
joldene Schnupftabacksdose. — Nicht minder er— 
taunt dürfte der würdige Bürgermeister der Resi⸗ 
»enz gewesen sein, der fast zu gleicher Zeit ein mit 
sauten besetztes Armband aus den Händen des 
akais empfing. Natürlich wagte keines der beiden 
Ipfer der Vetwechselung sich gegen sein unpassen⸗ 
es Geschenk aufzulehnen. Der Bürgermeister stellte 
ein Armband in den Silberschrein und die Sängerin 
og mit ihrer Schnupftabacksdose ab. Man hat 
hr den schlechten Trost gegeben, daß sie damit 
hren Bräutigam beglücken möge, — der aber 
atürlich auch nicht schnupft. 
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Sterbefälle. 
Gestorben: in Dürkheim Jean Heußer, Guts— 
zesitzer, 63 J. a.; in Bergzabern Gustav Blum, 
39 J. a.; in Kaiserslautern Valentin Heß, 32 
J. a., ehemaliger Sergeant im 8. Inf.Reg.; in 
höcklingen Katharina, T. v. Fr. Jakob Müller; 
n Rohrbach bei Landau Christien Weber. 63 
Jahre alt. 
Für die Redaktion verantwortlich: F. X. Demek. 
Einige Worte ũüber Nachahmungen. 
Die zahlreichen Prozesse, welche alljährlich die Ge— 
richte wegen Nachahmung eingetragener Schutzmarken, oder 
wegen anderweitiger Täuschung des kaufenden Publikums 
heschäftigen, veweisen, wie vorsichtig man in vielen Fällen 
»eim Ankauf einer bestimmten Waare sein muß. Von 
olchen Fälschern wird fast jede Branche heimgesucht und 
Jat sich irgend ein Produkt durch besondere Eigenschaften 
die Gunst des Publikums erworben, so kann man sicher 
ein, daß über kurz oder lang eine Reihe von Nachahmun— 
jen auftreten, welche mit dem ächten Produkte häufig, aber 
aichts weiter, als den Namen resp. die „Bezeichnung“ ge⸗ 
nein haben. Daß solche Nachahmungen billiger sein können, 
als das Original, wird jeder Einsichtige begreifen, nicht 
ninder, daß das für einen nachgeahmten Gegenstand be— 
jahlte Geld, und mag es noch so wenig sein, hinausge⸗ 
vorfen ist, wenn die Nachahmung, wie es in ver Regel der 
Fall, die Eigenschaften des üchten Artikels nicht besitzt. 
Unter andern sind es auch die allerwärts bekannten 
ind wegen ihren vorzüglichen Eigenschaften, sowohl bei den 
Autoritäten der Medizin, wie beim Publikum gegen Leibes⸗ 
»erstopfung verbunden mit Kopfschmerzen, Herzklopfen, 
Ithemnoth, Schwindelanfälle, Appetitlosigkeit ete. so sehr 
elie bten Apotheker Rich. Brandt'schen Schweizerpillen, 
velche mehrfach, selbst unter Usurpation seines Namens, 
nachzuahmen versucht wurden. In einer Reihe von Pro⸗ 
essen, welche gegen die Fälscher bei den Gerichten anhängig 
emacht wurden, sind obsiegende Erkenntnisse erzieli worden, 
illein selbst die Verurtheilung in, zum Theil recht empfind⸗ 
liche, Strafen vermochte doch nichi zu verhindern, daß wieder 
neue Fälscher und Nachahmer auftauchen. — Es kann da— 
her das Publikum nicht dringend genug darauf aufmerk⸗ 
am gemacht werden, beim Ankaufe von ächten „Apotheker 
Rich. Brandt'schen Schweizerpillen““ ja darauf zu achten, 
zaß dieselben in Metallschächtelchen verpackt sind, welche als 
Ftiquette ein weißes Kreuz in rothem Grunde und den 
Ramenszug R. Brandt's tragen müssen und nur zu M. 1 
ver Schaͤchtel verkauft werden. 
Alle nicht so genau uussehende Schachteln find nicht 
die ächten, daher zurückzuweisen und man wird jedem dank⸗ 
bar sein, welcher Nachahmer behufs gerichtlicher Verfolgung 
dem Fabhrikanten der Schweizerpillen, Apotheker R.VBrandt 
in Zürich, zur Anzeige bringi. 
Soeben erschien Nr. 1 der neuen Musik-Zeitung 
Verlag von P. J. Tonger, Koöln; Preis pro 
Quartal 80 Pfg.) Mit dieser Nummer beginnt 
das Blatt seinen 6. Jahrgang; wie sehr dasselbe 
bestrebt ist dem Leser nur das Beste zu bieten be— 
weist vorliegende Nummer, welche außer den be—⸗ 
kannten reichhaltigen Concert und Theaterberichten, 
Mittheilungen aus dem Künstlerleben ꝛc. folgende 
besonders hervorzuhebende Artikel bringi: Die 
Portraits- und Biographien von Desires Artot, 
Thristine Nilsson, Adelina Patti und Zelia Trebelli. 
Zum neuen Jahre! Gedicht von Franz Siking. 
Der blonde Dickkopf, Erinnerung an Joͤs. Haydn 
don Dr. B. Stavenow. Mendelssohn in Leipzig. 
Musikalische Humoresken aus Beethovens Leben von 
A. Morsch. 
Als Gratisbeilage: C. Bohm „Salon⸗Mazurka“ 
für Klavier. 
Wir machen unsere Leser ganz besonders auf 
dieses gediegene Familienblatt aufmerksam. Probe 
Nummern gibt jede Buch⸗ und Musikalien Handlung 
gratis ab 
Nr. 118 des praktischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus“ enthält: 
Zum neuen Jahr. — Allzu wirthschaftlich! 
— Einheizen. — Wirthschafts- und Hausregeln fuͤr 
eden Monat des Jahres. — Das Abhellen und 
Abziehen des Weines. — Schlittschuhlaufen. — 
Der Hausgarten im Januar. — Die Cholera. — 
dauswirthschaftlicher Kalender für Januar. — 
dassirerin. — Photogrammatapicia. — NKinder⸗ 
pistolen — Kinder-Glaube. — Frostballen. — 
Zitherspiel, — Gestrikte Reisedecken. — Fünf⸗Uhr⸗ 
Thees und frühes Abendbrot. — Wirkung des 
dampfers auf Blumen. — Zimmerpflanzen. — 
Hühnerzucht. — Rollschutzwände. — Papierschüsseln. 
— Photographien zu reinigen. — Bunte Kleider 
chwarz zu färben. — Thee-Bowle. — Wildenten 
mit gedämpftem Savoyer Kohl. — Weincrême. — 
Plumpudding. — Echt englischer Plumpudding. — 
Reiskersuppe. — Küchenzettel. — Silbenräthsel. — 
Fernsprecher. — Echo. — Anzeigen. — Probe⸗ 
nummer gratis in allen Buchhandlungen und der 
Geschaftsstelle „Fürs Haus“ in Dresden· N. — 
Preis vierteljährlich ! Mark. — Notariell beglau⸗ 
bigte Auflage 70,000. — Wochenspruch: 
Schließ das Aug' und harre still, 
Was der Herr Dir senden will. 
Viel gewinnt — wer wenig heischt, 
Viel gehofft — ist viel getäuscht, 
Viel gestrebt — ist viel gestritien, 
Hiel geliebt — ist viel gelitten.